Frank Brabant entdeckt Karl Otto Hy. Museum Wiesbaden präsentiert in Kabinettausstellung den künstlerischen Chronisten Wiesbadens Hy u. weitere Depotschätze

Karl Otto Hy, Waldstraße in Wiesbaden, 1935 © Museum Wiesbaden, Foto: Museum Wiesbaden ⁄ Bernd Fickert
Karl Otto Hy, Waldstraße in Wiesbaden, 1935 © Museum Wiesbaden, Foto: Museum Wiesbaden ⁄ Bernd Fickert

In Folge eines Depotbesuches des Wiesbadener Mäzens Frank Brabant präsentiert eine Kabinett-ausstellung im Museum Wiesbaden den Wiesbadener Architekt, Dekorationsmaler und Werbegestalter Karl Otto Hy. Vom 17. Februar bis zum 25. Juni 2023 geben 18 Werke einen Überblick über das Schaffen des vielseitigen Künstlers, der in seinen neusachlichen Stadtansichten das noch vom Krieg unversehrten Wiesbaden der 1930er-Jahre in Öl, Aquarell und Bleistift festgehalten, dokumentiert und interpretiert hat. Der Wiesbadener Sammler Frank Brabant wurde anlässlich seines 85. Geburtstags eingeladen, in den Depots des Museums Wiesbaden auf Entdeckungsreise zu gehen. Aufgefallen ist ihm der unbekannte Karl Otto Hy (1904—1992), der zwischen 1920 und 1937 als Maler in Wiesbaden gewirkt hat.

„Für mich waren immer auch die in der Region ansässigen Künstler relevant. Natürlich Alexej von Jawlensky, der 20 Jahre hier gelebt hat von 1921 bis 1941. Aber neben diesem großen, weltweit bekannten Künstler gab es auch viele andere Maler, die es zu entdecken galt und gilt — wie Karl Otto Hy, einer der wohl unbekanntesten der hiesigen Künstlerschaft,“ schildert Frank Brabant.

Karlo Otto Hy Kriedricher Strasse (Wiesbaden) 1937. Öl auf Leinwand. © Foto Diether von Goddenthow
Karlo Otto Hy Kriedricher Strasse (Wiesbaden) 1937. Öl auf Leinwand. © Foto Diether von Goddenthow

Karl Otto Hy war Architekt, Dekorationsmaler und Werbegestalter. Er erhielt größere öffentliche Aufträge und war u.a. an der Ausgestaltung der Herbert-Anlage und Theaterkolonnaden beteiligt. Hy entwarf Werbeprodukte für die Firmen Albert, Dyckerhoff, Glyco und Kalle und bemalte für die Mainzer Aktien- und die Wiesbadener Germania-Brauerei sowie für das Hotel Schwarzer Bock und das Opelbad Hauswände mit großflächigen Werbebildern. Als Architekt begleitete er Bauprojekte im Wiesbadener Stadtgebiet, darunter die Bebauung des äußeren Rheingauviertels. Den Puls der Zeit hat Hy mit seinen neusachlichen Wiesbadener Stadtansichten getroffen — sie wirken klar und poetisch gleichermaßen und zeigen Straßenzüge, Plätze sowie Alltagsmomente. Trotz seines langen Lebens ist das Werk Hys überschaubar geblieben. Die meisten und wichtigsten Werke entstanden zwischen 1927 und 1937. Einen Einblick in das Schaffen des wiederentdeckten Künstlers ermöglicht die neue, in Kollaboration mit Kurator Dr. Roman Zieglgänsberger entstandene Kabinettausstellung „Frank Brabant entdeckt … Karl Otto Hy“.

„Im ersten Moment scheinen all diese Stadtansichten mit ihren rollerfahrenden Kindern, den schicken Hutläden oder der Trambahn entlang der Alleen unbedarft, fast naiv“, so Roman Zieglgänsberger, „aber je länger man schaut, macht sich durch die grauen Himmel, das Marionettenartige der Spaziergänger oder einfach durch eine zerknüllte Zeitung auf dem sonst blitzblank gekehrten Trottoir ganz nebenbei eine große Unheimlichkeit breit, die es verhindert, dass wir es uns zu gemütlich machen beim Betrachten der Bilder, die in einer Zeit entstanden sich, die man nicht mehr heraufbeschwört sehen möchte.“

Dr. Roman Zieglgänsberger, Kustos Klassische Moderne Museum Wiesbaden, erläutert Karl Otto Hys Bild und Symbolik "Hotel Vierjahreszeiten /Nassauer Hof (Wiesbaden). © Foto Diether von Goddenthow
Dr. Roman Zieglgänsberger, Kustos Klassische Moderne Museum Wiesbaden, erläutert Karl Otto Hys Bild und Symbolik „Hotel Vierjahreszeiten /Nassauer Hof (Wiesbaden). © Foto Diether von Goddenthow

Bei der Mehrzahl der Wiesbadener Stadtansichten nach 1933 meint man mit heutigem Wissen eine Atmosphäre ausmachen zu können, die bereits eingetretenes und noch bevorstehende Unheil vermittelt, so Zieglgänsberger. So lasse die Farbgebung die Szenerien in einer fortwährenden Dämmerung mit von Wolken verhangenen Himmelspartien erscheinen. Das wird besonders deutlich bei Karl Otto Hys Werk „Hotel Vierjahreszeiten /Nassauer Hof (Wiesbaden) von 1937, welches im Stil eines realistischen Symbolismus in seiner düsteren Ausstrahlung  bedrückend wirkt. Hy zeigt zwar die der Zeit geschuldeten roten Fahnen der NSDAP , diese jedoch windstill eingerollt, so dass deren politisches Emblem nicht zur Geltung kommt. Im Hintergrund ist hingegen an einem Gerüst noch der Schriftzug eines geschlossenen Modegeschäftes zu sehen, welches einst einem jüdischen Kaufmann gehört hatte.

Neben Werken aus der musealen Sammlung ergänzen Leihgaben, unter anderem von Frank Brabant, den Kabinettraum. Im Begleitheft zur Ausstellung finden sich ein einführender Essay zu Karl Otto Hy von Nikolas Werner Jacobs sowie ein Interview zwischen dem Sammler und Roman Zieglgänsberger (erhältlich für 3,– Euro an der Museumskasse). In der MuWi-App werden Interview-Auszüge des Malers bereitgestellt, in welchem er von Lothar Bembenek im Jahr 1981 aufgrund seiner Kontakte zu Widerstandskämpfern befragt wurde (Quelle: © Baruch Archiv – Archiv für jüdische Familienforschung / Rhein – Main – Nahe).

Museum Wiesbaden
Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur
Friedrich-Ebert-Allee 2,
65185 Wiesbaden
https://museum-wiesbaden.de/