Kategorie-Archiv: Grube Messel

»Großes« Säugetier in der Grube Messel gefunden

Fundstelle Grube Messel .Jubelndes Grabungsteam 2023 © Foto Torsten Wappler
Fundstelle Grube Messel .Jubelndes Grabungsteam 2023 © Foto Torsten Wappler

Nordöstlich von Darmstadt befindet sich die Fossilienlagerstätte Grube Messel. Der ehemalige Ölschiefer-Tagebau steht bereits seit 1995 auf der Weltnaturerbe-Liste der UNESCO und wird als eines der bedeutendsten Naturdenkmäler der Welt angesehen. Auf einer Fläche von ca. 40 ha sind hier bituminöse Tonsteine (»Ölschiefer«) erschlossen, die im sogenannten Mittel-Eozän vor ca. 48 Millionen Jahren am Grunde eines Maarsees abgelagert wurden. Die dort konservierten Fossilien fungieren als einzigartiges Archiv der Erdgeschichte. Neben der überaus vielfältigen und hervorragend erhaltenen Flora und Fauna ist die Grube Messel vor allem für herausragende Säugetierfunde bekannt.

Das Hessische Landesmuseum Darmstadt besitzt nicht nur eine der ältesten und weltweit bedeutendsten Messel-Sammlungen, sondern nimmt seit 1966 auch selbst regelmäßig Ausgrabungen vor. Dass bei diesen Grabungskampagnen auch heute noch bedeutenden Funde zu Tage kommen können, haben unter anderem die Ausgrabungen 2015 und 2016 bewiesen, bei denen jeweils ein Urpferd geborgen werden konnte.

Auch das Grabungsjahr 2023 startet vielversprechend: An neuer Grabungsstätte kann das Team um Prof. Dr. Torsten Wappler gleich in der ersten Woche einen großen Fund verzeichnen. Am Freitag, den 28. August 2023, sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf einen gut erhaltenen Säuger gestoßen. »Das war wieder einer dieser Tage, die man als Teilnehmer*in einer solchen Grabung nicht vergessen wird!«, so Prof. Dr. Torsten Wappler, Kurator für die Grube Messel am Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Bis Ende der Woche soll der Fund vollständig geborgen werden. Mit einer genauen Bestimmung und Einordnung des Fundes ist im Spätherbst zu rechnen, nachdem die Präparation abgeschlossen wurde.

Bis es so weit ist, können die bereits präparierten Funde in der Dauerausstellung des Hessischen Landesmuseums Darmstadt besucht werden.

Ort:
Hessisches Landesmuseum Darmstadt
Friedensplatz 1
64283 Darmstadt

Öffnungszeiten:
Dienstag, Donnerstag, Freitag: 10.00 – 18.00 Uhr
Mittwoch: 10.00 – 20.00 Uhr
Samstag, Sonn- und Feiertag: 11.00 – 17.00 Uhr

Impression aus der naturhistorischen Abteilung  im Landesmuseum Darmstadt . © Foto Diether von Goddenthow
Impression aus der naturhistorischen Abteilung im Landesmuseum Darmstadt . © Foto Diether von Goddenthow

Dr. Philipe Havlik wird neuer Geschäftsführer der Welterbe Grube Messel gGmbH

Philipe Havlik, hier mit Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst Ayse Asar, wird neuer Geschäftsführer der Welterbe Grube Messel gGmbH. © Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst
Philipe Havlik, hier mit Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst Ayse Asar, wird neuer Geschäftsführer der Welterbe Grube Messel gGmbH. © Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst

Wiesbaden. Wie das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst mitteilt, wird Dipl. Geol. Philipe Havlik aus dem Hause Senckenberg neuer Geschäftsführer der Welterbe Grube Messel gGmbH. Das habe  die Aufsichtsratsvorsitzende der Gesellschaft, die Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst Ayse Asar, Ende Dezember 2022 bekanntgegeben.

Philipe Havlik leitet derzeit die Kuration des Senckenberg Naturmuseums Frankfurt und wird zum 1. April 2023 zur UNESCO Welterbestätte Grube Messel wechseln. Dort löst er Dr. Marie-Luise Frey ab, die Ende April nach fast 20 Jahren als Geschäftsführerin in den verdienten Ruhestand geht. Zudem stärkt das Land die Welterbe Grube Messel gGmbH bei ihren Aufgaben mit mehr als verdoppelten Mitteln: Im Regierungsentwurf für den Landeshaushalt der Jahre 2023 und 2024 ist eine Erhöhung um jeweils 400.000 Euro auf rund 770.000 Euro pro Jahr vorgesehen.

Einzigartiger Blick in die Urzeit
„Die Grube Messel ermöglicht einen weltweit einzigartigen Blick in die Urzeit – ich bin glücklich, dass wir für diesen besonderen Ort einen so erfahrenen Museumsmacher gewinnen konnten“, erklärt Staatssekretärin Ayse Asar. „Philipe Havlik hat schon für Senckenberg wunderbare Ausstellungsprojekte geleitet, wie etwa ,Edmonds Urzeitreich – Eine Dinograbung in Frankfurt‘, und damit eindrucksvoll vorgeführt, wie man Wissen im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar machen kann. Philipe Havlik hat die Findungskommission mit seinen begeisternden Ideen für die Welterbestätte und ihr Besucherzentrum schnell für sich eingenommen. Ich freue mich sehr darauf, diese Ideen Wirklichkeit werden zu sehen.“

Partnerschaft vertiefen
Aufgabe der Welterbe Grube Messel gGmbH ist die öffentliche Präsentation der Weltnaturerbestätte. Dazu betreibt sie das Besucherzentrum „Zeit und Messel Welten“ und bietet Führungen durch die Grube an. Gesellschafter sind das Land Hessen und die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung – ein produktives Miteinander, das Prof. Dr. Klement Tockner, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft, so beschreibt: „Die Abteilung Messelforschung wurde vor genau 30 Jahren in Senckenberg etabliert und steht seitdem für anregende, fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Forschungsmuseum und Welterbestätte. In Zukunft werden wir diese Partnerschaft zusätzlich vertiefen und so Synergien in Forschung, Vermittlung und Dialog noch stärker nutzen und heben.“

„Ich freue mich sehr auf die Aufgabe, die einzigartige UNESCO-Welterbestätte Grube Messel einem breiten Publikum zugänglich zu machen“, erklärt der Wirbeltierpaläontologe und designierte Geschäftsführer Philipe Havlik. „Diese Fossillagerstätte wird weltweit erforscht, sie bietet einmalige Einblicke in ein Ökosystem vor 48 Millionen Jahren, mitten in den hessischen Tropen. Die Ergebnisse aktueller Forschung möchte ich mit meinem Team für alle erlebbar machen.“

Kurator am Senckenberg Naturmuseum
Philipe Havlik ist seit 2021 leitender Kurator am Senckenberg Naturmuseum Frankfurt. Der Geologe arbeitete am Lehrstuhl für Ingenieurgeologie der Technischen Universität München und war Kurator der Paläontologisch-Geologischen Sammlung der Universität Tübingen, bevor er in die Zentrale Museumsentwicklung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung nach Frankfurt wechselte. Für die Grube Messel begeistert sich Philipe Havlik schon lange: 2004 betreute er eine Messel-Ausstellung in Stuttgart und bereitet derzeit für Senckenberg eine Ausstellung zum 30-jährigen UNESCO-Jubiläum der Grube im Jahr 2025 vor.

Dr. Marie-Luise Frey ist seit 2003 Geschäftsführerin der Welterbe Grube Messel gGmbH. Ihr Verdienst ist es, das Besucherzentrum mit aufgebaut zu haben. Die ersten Ausstellungen unter ihrer Geschäftsführung fanden in einem provisorischen Container am Rand der Grube statt, noch bevor das heutige Besucherzentrum 2010 eröffnet wurde. „Wir sind Frau Dr. Frey für Ihre Verdienste um die Grube Messel sehr dankbar: Sie hat hier eine große Aufbauarbeit geleistet und das Unternehmen auch durch schwierige Zeiten geführt, durch die von Besucherausfällen geprägten Jahre der Corona-Pandemie“, so Staatssekretärin Asar. „Und sie hat für die Welterbestätte internationale Erfolge errungen, wie zuletzt die Auszeichnung als einer der 100 wissenschaftlich bedeutendsten geologischen Orte der Welt.“

Grube Messel: Bizzare Baumwanzen entdeckt Neubeschreibung von zwei fossilen Insektenarten aus der hessischen Fossilienfundstelle

Neuentdeckung aus der Grube Messel: Die fossile Stinkwanze Eospinosus peterkulkai. Foto: Senckenberg
Neuentdeckung aus der Grube Messel: Die fossile Stinkwanze Eospinosus peterkulkai. Foto: Senckenberg

Frankfurt/Messel, 08.12.2021. Ein internationales Forschungsteam hat zwei neue fossile Insektenarten im UNESCO-Welterbe Grube Messel und in einer nordamerikanischen Fossilienfundstelle entdeckt. Die zur Familie der Baumwanzen gehörenden Arten aus dem Eozän beeindrucken durch ihre Wehrhaftigkeit: Neben Stinkdrüsen verfügten sie über bizarre stachlige Auswüchse an ihrem Körper. Die Studie erscheint heute im Fachjournal „Royal Society Open Science“.

Charakteristisch für die zur Familie der Baumwanzen (Pentatomidae) oder „Stinkwanzen“ gehörenden, etwa 6,5 bis 8,5 Millimeter langen Insekten sind ihre deutlich sichtbaren dornigen Auswüchse an Hinterleib und am Halsschild. “Wir haben sowohl aus der Grube Messel bei Darmstadt als auch aus der Green River Formation im nordamerikanischen Colorado zwei neue fossile Arten dieser bizarr aussehenden Baumwanzen beschrieben“, erklärt Dr. Sonja Wedmann vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt und fährt fort: „Ihre ‚Dornen‘ dienten wahrscheinlich vor allem zur Tarnung, weil sie den Körperumriss auflösen. Doch wissen wir beispielsweise von bedornten Grillen, dass solche Strukturen auch Beutegreifern die Jagd erschweren können, wenn die stacheligen Insekten ihnen quasi im Hals stecken bleiben”. Zusammen mit den Stinkdrüsen halfen die Stacheln den Insekten also vermutlich auch zur besseren Abwehr kleiner Wirbeltiere, wie Vögel oder Reptilien.

Ungewöhnlich sind nicht nur die Körperformen der Wanzen, sondern auch die weit voneinander entfernten Fundorte: Die beiden neuen Arten (Eospinosus peterkulkai und Eospinosus greenriverensis), die sich sehr ähnlich sehen, wurden in etwa 8000 Kilometer Entfernung voneinander gefunden. Studienleiterin Wedmann erläutert: „Im Eozän, der Zeit vor etwa 56 bis 33,9 Millionen Jahren vor heute, scheint der Bauplan dieser Baumwanzen so erfolgreich gewesen zu sein, dass er über die gesamte Nordhalbkugel verbreitet war. Heutzutage sind ähnlich aussehende Wanzen nur in Madagaskar und in Südamerika verbreitet.”

Das aus Messel beschriebene Exemplar wurde als Dank nach Peter Kulka benannt, der als Architekt für den jüngsten Umbau des Senckenberg Forschungsinstituts in Frankfurt verantwortlich war.

Publikation
S. Wedmann, P. Kment, .LA. Campos, T. Hörnschemeyer (2021): Bizarre morphology in extinct Eocene bugs (Heteroptera: Pentatomidae). R. Soc. Open Sci. 8: 211466. https://doi.org/10.1098/rsos.211466

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