Wiedereröffnung des Frankfurter Museums Judengasse am 20. März 2016

Geschichte der jüdischen Geschichte in Frankfurt auf einen Blick. Foto © massow-picture
Geschichte der jüdischen Geschichte in Frankfurt auf einen Blick. Foto © massow-picture

Die neue Dauerausstellung eröffnet spannende Einblicke in das Leben der Frankfurter Judengasse ( Eröffnungsprogramm)

Am Sonntag, den 20. März 2016, wird das Museum Judengasse nach rund zweijähriger Schließung wieder eröffnet.
Die neue Dauerausstellung thematisiert die jüdische Geschichte und Kultur Frankfurts vom Mittelalter bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts und bildet den ersten Teil der Neukonzeption des Jüdischen Museums. Der zweite Teil der Dauerausstellung, der die Zeit von der Emanzipation bis zur Gegenwart präsentiert, wird ab 2018 im frisch sanierten und erweiterten Rothschild-Palais zu sehen sein.

Museum Judengasse: Blick in die Ausstellung – Bilder in der Judengasse © Norbert Miguletz, Jüdisches Museum Frankfurt
Museum Judengasse: Blick in die Ausstellung – Bilder in der Judengasse © Norbert Miguletz, Jüdisches Museum Frankfurt

Vor der feierlichen Eröffnung wurde heute das neu gestaltete Museum in einer ausführlichen Pressevorbesichtigung präsentiert. Es sprachen die Direktorin des Jüdischen Museums Dr. Mirjam Wenzel, Kulturdezernent Prof. Dr. Felix Semmelroth und für die MuseumsBausteine Frankfurt GmbH deren Geschäftsführerin Carolina Romahn.

 Dr. Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums , Prof. Dr. Felix Semmelroth, Kulturdezernent, Carolina Romahn, Leiterin des Kulturamtes und nebenamtliche Geschäftsführerin der MuseumsBausteine Frankfurt GmbH. © massow-picture
Dr. Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums , Prof. Dr. Felix Semmelroth, Kulturdezernent, Carolina Romahn, Leiterin des Kulturamtes und nebenamtliche Geschäftsführerin der MuseumsBausteine Frankfurt GmbH. Foto © massow-picture

„Die Neugestaltung des Museums Judengasse zeigt, wie gut es gelungen ist, die beiden Standorte des Museums zusammenzuführen und aufeinander abzustimmen. Die in den Jahren 2012 bis 2014 von der Stadtverordnetenversammlung gefassten Beschlüsse zur Sanierung und Erweiterung des Jüdischen Museums ermöglichten den Umbau hin zu einer zeitgemäßen Ausstellungskonzeption am authentischen Schauplatz“, sagt Kulturdezernent Prof. Dr. Felix Semmelroth. „Am Börneplatz ist durch die räumliche Nähe des Museums Judengasse mit der Gedenkstätte für die deportierten und ermordeten Frankfurter Juden und dem alten jüdischen Friedhof ein historisches Ensemble entstanden, das die Auseinandersetzung mit der jüdischen Geschichte Frankfurts auf besondere Weise ermöglicht.

im Vordergrund älteste Jüdische Begräbnisstätte der Stadt Frankfurt, im Hintergrund das Jüdische Museum, links der neue Eingangsbereich Battonnstrasse 47. Foto u. Montage: © massow-picture
im Vordergrund älteste Jüdische Begräbnisstätte der Stadt Frankfurt, im Hintergrund das Jüdische Museum, links der neue Eingangsbereich Battonnstrasse 47. Foto u. Montage: © massow-picture

Frankfurt ist die einzige Großstadt in Deutschland, in der die jüdische Gemeinschaft vor Ort bis ins 12. Jahrhundert zurückgeht. Das neue Jüdische Museum ist ein Lernort gerade auch für die junge Generation. Die interaktive Ausstellung trägt dazu bei, das Verständnis füreinander und ein tolerantes Miteinander zu fördern“, so Semmelroth weiter. „Mit der multimedialen Installation zu Beginn der Ausstellung und dem besonderen Angebot für Kinder werden insbesondere Familien zu einem Museumsbesuch eingeladen“, ergänzt Dr. Mirjam Wenzel. „Die zeitgemäße Inszenierung soll dabei vor allem den Ort selbst zum Sprechen bringen und unseren Besuchern einen vielseitigen und abwechslungsreichen Einblick in die jüdische Alltagskultur der Frühen Neuzeit geben“.

Dr. Mirjam Wenzel erläutert, dass nur durch  großen Bürgerprotest  die 1987 beim Bau des Verwaltungsgebäudes der Stadtwerke ausgegrabenen Fundamente von zwei Mikwen und 19 Häusern der Judengasse am Börneplatz gerettet werden konnten  Diese archäologischen Funde waren die Grundlage des Museums Judengasse. Foto © massow-picture
Dr. Mirjam Wenzel erläutert, dass nur durch großen Bürgerprotest die 1987 beim Bau des Verwaltungsgebäudes der Stadtwerke ausgegrabenen Fundamente von zwei Mikwen und 19 Häusern der Judengasse am Börneplatz gerettet werden konnten Diese archäologischen Funde waren die Grundlage des Museums Judengasse. Foto © massow-picture

Bereits der erste Raum der neuen Dauerausstellung betont die Vielschichtigkeit des Platzes: Neben Zeugnissen aus der Börneplatzsynagoge und Fotos von deren Zerstörung thematisiert er die Protestkundgebungen, die hier im Jahr 1987 stattfanden. Damals stieß man bei Bauarbeiten auf die Fundamente von zwei Mikwen und mehreren Häusern der Judengasse. Daraufhin entbrannte eine heftige Auseinandersetzung um das öffentliche Verantwortungsbewusstsein der Bundesrepublik Deutschland im Umgang mit jüdischem Kulturgut. Der Konflikt führte zur Bewahrung der archäologischen Zeugnisse von fünf Häusern sowie zur Entstehung des Museums Judengasse.

Ostzeile der Judengasse kurz vor dem Abbruch und Verschwinden aus dem Stadtbild Frankfurts um 1880 von Carl Friedrich Mylius (1827 - 1916), © Museum Judengasse
Ostzeile der Judengasse kurz vor dem Abbruch und Verschwinden aus dem Stadtbild Frankfurts um 1880 von Carl Friedrich Mylius (1827 – 1916), © Museum Judengasse

Die neue Dauerausstellung im Museum Judengasse eröffnet verschiedene Zugänge zum alltäglichen Leben im ersten jüdischen Ghetto Europas. Inmitten von Ruinen werden Objekte anschaulich gezeigt, die einst vor Ort gefertigt oder genutzt wurden.

Der Besarmimturm, Gewürzturm, 1. Hälfte   18. Jh., Silberfiligran, Emaille, Glassteine Foto © massow-picture
Der Besarmimturm, Gewürzturm, 1. Hälfte 18. Jh., Silberfiligran, Emaille, Glassteine Foto © massow-picture

Den Auftakt der Rauminszenierung bilden jüdische Zeremonialobjekte und Druckzeugnisse aus der Frühen Neuzeit. Sie eröffnen einen Einblick in die Traditionen, die in der Judengasse gepflegt und weiter entwickelt wurden, sowie in die damaligen Beziehungen zwischen Juden und Christen.

 

 

 

In der Frankfurter Judengasse arbeiteten viele Geldwechsler. Münzen wurden über ihr Metallgewichtverglichen. Deshalb war die Waage das wichtigste Instrument der Geldwechsler. Man muss wissen, dass jedes der vielen Territorien in Deutschland seine eigenen Münzen hatte. Vor allem zu Messezeiten hatten Geldwechsler Hochbetrieb. Foto © massow-picture
In der Frankfurter Judengasse arbeiteten viele Geldwechsler. Münzen wurden über ihr Metallgewichtverglichen. Deshalb war die Waage das wichtigste Instrument der Geldwechsler. Man muss wissen, dass jedes der vielen Territorien in Deutschland seine eigenen Münzen hatte. Vor allem zu Messezeiten hatten Geldwechsler Hochbetrieb. Foto © massow-picture

Die wirtschaftsgeschichtlichen Zeugnisse, die an anderer Stelle präsentiert werden, legen nahe, dass Juden das Ghetto häufig verließen, um Geschäften nachzugehen. In Anlehnung an jüngere Forschungsergebnisse zeigt die Ausstellung, dass die Judengasse kein in sich geschlossenes Wohngebiet mit eigenen Regeln war. Sie präsentiert anstatt dessen ein differenziertes Geschichtsbild, das verschiedene Formen der Zusammenarbeit und wechselseitigen Einflussnahme zwischen den jüdischen Einwohnern der Gasse und den christlichen Stadtbewohnern thematisiert. Dass Juden in Frankfurt trotz kaiserlichen Schutzes auch antijüdischen Maßnahmen und Gewalt ausgesetzt waren, verdeutlichen rechtliche Anordnungen und die Spuren von Pogromen an geraubten und geschändeten Schriften. Mit diesen Dokumenten der jiddischen wie auch hebräischen Schriftkultur und den vertonten Gesängen und Gedichten aus der Judengasse findet der Ausstellungsrundgang seinen Abschluss.

Foto © massow-picture
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Das Vermittlungsangebot in der Ausstellung umfasst sowohl mediale wie auch interaktive Elemente. Der Multimediaguide, der als App auf mobilen Geräten installiert werden kann, bezieht eine der bedeutendsten jüdischen Grabstätten Europas in den Ausstellungsrundgang mit ein. Eine multimediale Installation zu Beginn sowie mehrere Medienstationen innerhalb der Ausstellung geben einen Überblick über die jüdische Alltagskultur der Frühen Neuzeit. Kinder zwischen 6 und 12 Jahren können die Ausstellung mit spielerischen Mitmachangeboten, einem eigenen Katalog und einer Audioführung erkunden. Das Kinderprogramm des Pädagogischen Zentrums und besondere Führungen ergänzen das Angebot für Familien.

Direktorin Mirjam Wenzel (li) und Fritz Backhaus, stv. Direktor (ganz rechts) erläutern den Aufriß der Judengasse mit allen einstigen Gebäuden und ihren Hausnamen, z.B. Rotes Schild, woraus später einmal der Name der berühmten Banker-Familie Rotschild werdem sollte. Foto © massow-picture
Direktorin Mirjam Wenzel (li) und Fritz Backhaus, stv. Direktor (hinten) erläutern den Aufriß der Judengasse mit allen einstigen Gebäuden und ihren Hausnamen, z.B. Rotes Schild, woraus später einmal der Name der berühmten Banker-Familie Rotschild werdem sollte. Foto © massow-picture

Die städtischen Mittel der Stadt Frankfurt für die gesamten Neubau- und Sanierungsarbeiten des Jüdischen Museums inklusive der Neugestaltung des Museums Judengasse belaufen sich auf bis zu 50 Millionen Euro. Für die Verlegung des Eingangs sowie die neue Dauerausstellung im Museum Judengasse wurden davon 3,25 Millionen Euro eingesetzt. Die Stadt Frankfurt legte dieses Bauprojekt in die Hände der städtischen MuseumsBausteine Frankfurt GmbH. Die Museums- und Ausstellungsgestaltung erfolgte nach dem Entwurf der Planungsgemeinschaft Space 4/teamstratenwerth GmbH. Den Gebäudeumbau gestaltete die Firma Dirschl.Federle_architekten. Durch Drittmittel der Art Mentor Stiftung und der Hertie-Stiftung wurden der letzte Raum der Ausstellung sowie die Realisierung des Multimediaguides finanziert und die Neugestaltung des Museums damit abgeschlossen.

Von den Galerien, die sich auf der Höhe des ursprünglichen Erdgeschosses der Häuser Judengasse befinden, blicken die Besucher auf die Ruinen von fünf Häusern, die in Form von kleinen 3 D-Modellen rekonstruiert wurden. Foto © massow-picture
Von den Galerien, die sich auf der Höhe des ursprünglichen Erdgeschosses der Häuser Judengasse befinden, blicken die Besucher auf die Ruinen von fünf Häusern, die in Form von kleinen 3 D-Modellen rekonstruiert wurden. Foto © massow-picture

Das Jüdische Museum lädt alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Frankfurt und der Region zur feierlichen Eröffnung des Museums Judengasse ein. Das Fest findet am 20. März 2016 zwischen 14 und 21 Uhr statt, der Eintritt ist kostenfrei. Kuratoren- und Familienführungen geben einen Einblick sowohl in die Alltagskultur als auch in die Bestattungsrituale in der Judengasse. Ein eigenes Kinderprogramm bietet Spiel, Spaß und Spannung. Das Theater Willy Praml inszeniert Auszüge aus Heinrich Heines „Rabbi von Bacharach“ und die Global Shtetl Band schließt den Tag mit einem Konzert ab. Auf den festlichen Tag folgt ein Eröffnungsmonat mit einem umfangreichen Führungs-, Veranstaltungs- und Konzertprogramm.

Ort: Neuer Eingang: Battonstrasse 47
( Eröffnungsprogramm)

Museum Judengasse
Battonnstraße 47
60311 Frankfurt am Main
Tel: +49 69 212 70790
Fax: +49 69 212 30705
info@museumjudengasse.de
www.museumjudengasse.de
www.facebook.com/juedischesmuseumfrankfurt #MuseumJudengasse

Öffnungszeiten
Dienstag: 10-20 Uhr
Mittwoch – Freitag: 10-18 Uhr
Samstag – Sonntag: 10-18 Uhr
Montag: geschlossen

Eintritt 6 Euro, ermäßigt 3 Euro (Audioguide 2 Euro)
Führung 50 Euro, Führung für SchülerInnen: 3 Euro pro Person

Kostenlose öffentliche Führungen Dienstag 18 Uhr und Sonntag 14 Uhr

Führungsthemen
 Alltagsleben in der Judengasse
 Judengasse und alter Friedhof
 Jüdische Geschichte im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

Öffentliche Verkehrsmittel: S 1, S 8, S 9, U 4, U 5 (Konstablerwache), Tram 11, 12 (Battonnstraße)