One Day in Life – Größtes Konzertspektakel der Geschichte der Alten Oper Frankfurt übertrifft jetzt schon alle Erwartungen

Der übersichtliche Folder informiert komprimiert über Orte, Programme und Termine aller 75 Konzert-Ereignisse bei "One Day in Life" Foto: © massow-picture
Der übersichtliche Folder informiert komprimiert über Orte, Programme und Termine aller 75 Konzert-Ereignisse bei „One Day in Life“ Foto: © massow-picture

One Day in Life – Das größte Projekt in der Geschichte der Alten Oper Frankfurt übertrifft schon vor Beginn alle Erwartungen – Die Aktion geht noch bis Sonntag 22. Mai 2016 um 16.00 Uhr!

Seit Samstag, 21. Mai 2016,  16 Uhr, läuft das 24-Stunden-Projekt „One Day in Life” von Daniel Libeskind und der Alten Oper in Frankfurt am Main. Es ist das größte Projekt, das die Alte Oper je gemacht hat. Bis Freitag waren bereits über 14 000 Tickets verkauft.

Dr. Stephan Pauly, Intendant und Geschäftsführer der Alten Oper © massow-picture
Dr. Stephan Pauly, Intendant und Geschäftsführer der Alten Oper © massow-picture

„Das hat all unsere Erwartungen übertroffen“ , so Dr. Stephan Pauly, Intendant und Geschäftsführer der Alten Oper. An dem Projekt seien über 200 Musiker beteiligt und „wir haben ein Riesen-Projektteam, das über 2 Jahre lang an diesem Projekt gearbeitet hat“, umreißt der Intendant die Eck-Dimensionen dieses „Experiments“, zu dessen Entwicklung er vor zwei Jahren den weltbekannten New Yorker Architekten Libeskind gewinnen konnte. Der Hintergrund von Paulys Idee war immer sein Wunsch oder die Hoffnung, „dass ein fremder Blick eines Nichtmusikers auf das, was wir machen, nämlich Menschen Musikerlebnisse zu ermöglichen, uns neue Entdeckungen beschert zu der  Frage: Wie kann man denn heute Konzerte veranstalten? Was können vitale und tolle Situationen sein, in denen Künstler und Publikum sich begegnen? Wie können wir ausbrechen aus dem manchmal doch sehr verkrusteten Betrieb der klassischen Musik und ebenso der zeitgenössischen Musik?“

Architekt Daniel Libeskind © massow-picture
Architekt Daniel Libeskind © massow-picture

Daniel Libeskind, der unter anderem in Berlin das Jüdische Museum entworfen und in seiner Heimatstadt New York den Masterplan für das wiedererichtete World Trade Center lieferte und zudem studierter Musiker ist, hatte  Stephan Pauly vor zwei Jahren sofort seine Mitarbeit zugesagt. Libeskind hatte völlig freie Hand; denn es war eine Einladung ohne Vorgaben, festgelegte Regeln, sondern eine, „die ganz offen war“, so Pauly. Libeskind sei  nicht schwergefallen, sich dieser Aufgabe zu stellen, denn für ihn „ist Musik die Grundlage von allem, sie kommt zuerst, auch vor der Architektur. Was die Architektur angeht, so verstehe ich sie als Fortsetzung der Welt der Musik.“ Musik ist für Libeskind „social art“, sie bringe Menschen zusammen, lasse sie genießen.

Libeskinds Ur-Idee lautete: 20 Konzerte in 24 Stunden an 80 Orten, über die ganze Stadt verteilt, anzubieten, um Menschen aufzufordern, aktiv zu werden und die Stadt, die Musik und das Leben für 24 Stunden, eben für einen Tag, neu zu entdecken. Nach zwei Jahren Vorbereitungs- und Realisierungszeit war das Wochenende „One Day in Life“ mit 75 Konzerten in 24 Stunden an 18 außerordentlichen Orten Frankfurts geboren: Diese spektakuläre Aktion ist aber nicht einfach „nur“ ein Event wie die „Lange Nacht der Musik“, sondern hat eine tiefere Dimension. Daniel Libeskind versucht quasi, eine Reise durch‘s eigene Leben zu beschreiben, indem er zu jedem dieser Orte „Dreiecke“ erfunden hat zwischen Musikwerk, dem Ort selber, dessen Geschichte, und einer Dimension des menschlichen Lebens wie: Arbeit, Wille, Geheimnis, Glaube, Simulation, Natur, Schwerkraft, Übersetzung usw. Zu den ungewöhnlichen Konzert-Orten gehören unter anderem ein Operationssaal, ein Wolkenkratzer, ein Schwimmbad, das Magazin der Deutschen Nationalbibliothek, das Senckenberg-Naturmuseum, ein Feuerwehr- und Trainings-Zentrum und viele weitere ungewöhnliche Räume mehr für Musikerlebnisse. Drei dieser Orte werden  stellvertretend kurz vorgestellt werden:

Musikerleben im Feuerwehr & Rettungs-Trainings-Center der Frankfurter Feuerwehr

Feuerwehr & RettungsTrainings Center © massow-picture
Feuerwehr & RettungsTrainings Center © massow-picture

Ein unglaublich beeindruckendes Erlebnis haben viele Besucher beispielsweise beim Betreten des hallenartigen Feuerwehr- und Rettungs-Trainings-Center in der Feuerwehrstrasse 1, wenn Stockhausens „Gesang der Jünglinge im Feuerofen“ für Tonband sie empfängt. Man braucht nicht zwingend den tieferen Sinn des zugrunde liegenden biblischen Textes von verbrennenden Seelen in der Feuersglut verstehen oder sich auf das Spiel mit der Metapher Feuer einzulassen. Es geht einfach um Stimmungen, um ein völlig anderes Erleben und Rezipieren von Musik aufgrund der nicht als ‚Konzertsaal‘ erkennbaren ungewöhnlichen Location:

Aglaya Gonzalez und Ota Kohei © massow-picture
Aglaya Gonzalez und Ota Kohei © massow-picture

Wenn Aglaya Gonzalez und Ota Kohei die „Rosenkranz-Sonaten“ für Violine und Basso continuo von Franz Biber anstimmen, dauert es eine Weile, die Musiker mit ihren Instrumenten inmitten eines Doppelfenster-Zargen in der Vierten Etage einer nackten Hochhaus-Übungswand auszumachen. Gewöhnlich proben hier oben Einsatzkräfte der Feuerwehr den Rettungs-Ernstfall.

Während man Franz Bibers Rosenkranzsonate von Aglaya Gonzalez und Ota Kohei lauscht, entdeckt man zwei Während man Franz Bibers Rosenkranzsonate, gespielt  von Aglaya Gonzalez und Ota Kohei, lauscht, entdeckt man zwei Fenster daneben die simulierte Katastrophe.© massow-picture
Während man Franz Bibers Rosenkranzsonate von Aglaya Gonzalez und Ota Kohei lauscht, entdeckt man zwei Während man Franz Bibers Rosenkranzsonate, gespielt von Aglaya Gonzalez und Ota Kohei, lauscht, entdeckt man zwei Fenster daneben die simulierte Katastrophe.© massow-picture

Zwei Fenster  seitlich davon künden  simulierte Brandspuren und ein zersplittertes Fenster von einem möglichen Wohnzimmer-Inferno.

Intendant Dr. Stephan Pauly und Architekt Daniel Libeskind folgen der Rosenkranzsonate. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Intendant Dr. Stephan Pauly und Architekt Daniel Libeskind folgen der Rosenkranzsonate. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Ein wenig erschrocken, huscht der  Blick weg, unvermeidlich auf weitere potemkinsche Brand-Übungsbauten, etwa auf das „Autohaus Schmid“, ein gelbes  Walmdach-Doppelhaus,  ein Wohn-Quartier mit „Gaststätte zum Anker“ im Erdgeschoss, einen  Drogerie-Markt und sogar auf ein nachempfundenes Lager mit „Logistik Rampe“.

Christian Fritz, Musikstudent und angehender Pianist spielt fünf Mal täglich Beethovens Sinfonie Nr. 5 C-Moll Op. 67, Foto: © massow-picture
Christian Fritz am Flügel Foto: © massow-picture

Die Pseudo-Bauten im hallenartigen Trainings-Center helfen beinahe jede Brand-Situation am Bau zu simulieren und Feuerwehreinsätze zu üben. Auf der nachgebauten Laderampe steht jetzt vorübergehend ein Konzert-Flügel. In dessen Tasten hämmert Christian Fritz, studentischer Pianist an der Hochschule für Musik Frankfurt, allem Widerhall zum Trotz äußerst gekonnt Beethovens „Fünfte C-Moll Op. 67“. Es ist der letzte dreier Musikbeiträge, die alle zwei Stunden an diesem Ort gespielt werden.  Ein Gäsehaut-Feeling jagt das andere. Bilder von Brandkatastrophen, Blaulicht und Sirenen  vermischen sich mit den äußerst prägnanten ersten fünf Takten der „Schicksalssinfonie“, welche von Niederlage und Triumph, vom ewigen menschlichen Schicksalskampf, von Leid und Erlösung erzählt. Kaum ein Ort wäre hierfür wohl prädestinierter als dieses „Katastrophen-Simulations-Center“ der Frankfurter Feuerwehr.

Musikstudent und Pianist Christian Fritz Foto: © massow-picture
Musikstudent und Pianist Christian Fritz Foto: © massow-picture

„Mit dem überbordenden Schall“, so Pianist Christian Fritz, müsse man beim Spielen „ähnlich verfahren, wie beim Konzertieren in einer Kirche“. Richtig: Der schlichte Ort hat etwas seltsam Sakrales!  Aber im Unterschied zu einem Gotteshaus probt man wohl im Feuerwehrtrainings-Center nicht die Seelen-Rettung, sondern die Rettung von Menschen aus Bränden für’s Diesseits.

Libeskind hat diesen Ort der simulierten Menschenrettung unter die menschliche Dimension „Simulation“ gestellt.

 

Musikerleben im Magazin der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt a. M.

Foto: © massow-picture
Foto: © massow-picture

Ein, unter der „menschlichen Dimension Übersetzung“ angebotenes Musikerlebnis erwartet Besucher auf der 11. Treppenhausebene des Magazins der Deutschen Nationalbibliothek. Die gesamte Magazinfläche beträgt 30 000 m² und reicht für 18 Millionen Bücher. Rollregal an Rollregal, müssen hier täglich durchschnittlich 1500 bis 2000 Neuerscheinungen eingelagert werden. Ohne Führung verliefe man sich im unendlichen Labyrinth der Gänge. Auf einem Hauptgang, links und rechts nur die unzähligen Rücken der Rollregale, können alle zwei Stunden bis maximal 100 Personen über 50 Meter zu zwei Musikereignissen wandeln.

Daniel Lorenzo (Klavier) und Jan Baumgart (Klangregie), hinten. Foto: © massow-picture
Daniel Lorenzo (Klavier) und Jan Baumgart (Klangregie), hinten. Foto: © massow-picture

Empfangen werden sie von Daniel Lorenzo (Klavier) und Jan Baumgart (Klangregie) mit einem, für ungeübte Ohren zeitgenössischer Musik gewöhnungsbedürftigen Stück von Peter Ablinger: „Voices and Piano“. Man kann dort in einer Art Mini-Foyer, wo ansonsten Bücher-Transportkarren stehen, kurz oder länger verweilen, bis man sich auf den Marsch durch den langen Gang einlässt, und  rechts und links Blicke in unendliche „Bücherwände“ werfen kann.

Vocal Connection mit Dorotea Pavone (Sopran), Susanne Rohn (Mezzosopran), Rolf Ehlers (Tenor), Peter Bachon (Bass). © massow-picture
Vocal Connection mit Dorotea Pavone (Sopran), Susanne Rohn (Mezzosopran), Rolf Ehlers (Tenor), Peter Bachon (Bass). © massow-picture

Schreiten Besucher  weiter in den Gang hinein zum anderen Ende, tönt ihnen ab Mitte allmählich, immer deutlicher hörbar, Claudio Monteverdis „Il Quinto Libro de Madrigali a Cinque Voci“ (Fünftes Madrigalbuch für fünf Stimmen) entgegen.  Irgendwann unterwegs mischen sich zeitgenössische und „klassische“ Musik, bis nur noch die wunderbaren Stimmen der Gruppe Vocal Connection zu hören sind. Die Musiker singen hier in etwa einem Meter Abstand gegen  Bücher-Rücken, unter anderem eine 2013er Monographie über Karl May. Wer leicht klaustrophobisch veranlagt ist und lieber die unterirdischen Gänge meidet, kann sich auch im Lesesaal Schuberts Klaviersonate Nr. 18 G-Dur D 894 hingeben. Ob Magazin oder Lesesaal – Auf den ersten Blick mutet eine solche Bibliothek wie die Deutsche Nationalbibliothek  für Musikaufführungen  seltsam an: Denn während Musik-Töne eher zu verschwinden drohen, wächst  täglich das in Buchstaben übersetzte und in Büchern und Digital-Publikationen verfrachtete und hier endgelagerte Wissen an.

Musikerleben im Boxcamp Gallus

boxcampgallusSelten  hat man Gelegenheit, Ludwig van Beethovens Klaviersonate Nr. 31 AS-Dur Op. 110 in einem Boxcamp, wie an diesem Wochenende im Boxcamp Gallus, zu erleben. Das Ereignis steht hier unter der zunächst etwas missverständlich klingenden menschlichen Dimension „Glaube“. Aber dieser „Glaube“ hat weder etwas mit Religion noch mit Imagination oder Illusionskunst zu tun. Der gewählte Begriff meint den  „Glauben an sich selbst“ und will zu mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten auffordern. Denn das Boxcamp bietet seit 2010 vielen Kindern und Jugendlichen des Brennpunktviertels, unabhängig von Geschlecht, Religion, Kultur und Nationalität, kostenlos pädagogische Betreuung und Hausaufgabenhilfe bis hin zum professionellen Boxtraining an. Es geht im Besonderen darum, die jungen Leute zum Durchhalten in den verschiedenen Situationen ihres Lebens zu motivieren und sich und die eigenen Ziel nicht allzu schnell aufzugeben. Die Jugendlichen sollen neue Perspektiven für Schule, Ausbildung und einen Arbeitsplatz erhalten, indem sie sich hier in die Gemeinschaft einbringen und unter fachlich kompetenter Anleitung lernen, sich im wahrsten Wortsinne „durchzuschlagen“, allerdings fair und nach Regeln.
Für Daniel Libeskind ist der Boxring kein Widerspruch zur feinsinnigen Musik, denn Musik hat für ihn auch eine starke physische Dimension. Dieser Ort konfrontiert Betrachter einmal mehr mit den Grundängsten menschlicher Existenz, musikalisch unterfüttert mit Beethovens Klaviersonate Nr. 31 Opus 110.

Pianist Pierre Laurent Aimard, © massow-picture
Pianist Pierre Laurent Aimard, © massow-picture

Pianist Pierre-Laurent Amard, ist nicht das erste Mal in einen Ring gestiegen, in dem der Konzertflügel gehievt wurde, Beethovens Werk entstand 1821, als der Komponist bereits taub war und eigentlich nicht mehr als Musiker arbeiten konnte. Die Klaviersonate Nr. 31 Opus 110 steht daher hier insbesondere als Symbol fürs „Immer-wieder-neu-anfangen“, ähnlich  wie Beethoven seinerzeit seinem Schicksal von Herzrhythmusstörungen und Gehörlosigkeit immer wieder kompositorisch von Neuem die Stirn bot und niemals den Glauben an sich selbst verlor. So könnte Beethoven durchaus auch Pate für ein Motto im Boxcamp Gallus stehen, wenn es dort an einer Wand heißt: „Schmerzen sind vergänglich. Aufgeben für immer!“ Vielleicht ist dies auch eine kleine Motivation für manchen Besucher über den „One Day in Life“ hinaus!?

Weitere Infos über alle Orte „One Day in Life“

Diether v. Goddenthow