Mehr als 100 Jahre Mainzer Buchdruckgeschichte im Bild: Stadtarchiv erhält Portraits der Familie von Zabern geschenkt
Kulturdezernentin Marianne Grosse und Stadtarchivleiter Wolfgang Dobras sind hocherfreut über eine großzügige Schenkung; 13 Bildnisse der ehemaligen Mainzer Drucker- und Verlegerfamilie von Zabern gingen jüngst in den Besitz des Stadtarchivs über.
Dass die wertvollen Gemälde nicht in den Kunsthandel, sondern in das Stadtarchiv gelangt sind, hob Kulturdezernentin Marianne Grosse nochmals eigens hervor und sprach dem Spender ihren großen Dank für seine Entscheidung aus: „Ich bin sehr glücklich, dass diese äußerst qualitätsvollen Portraits, die bislang nur aus Reproduktionen bekannt waren, nun die Sammlung des Stadtarchivs Mainz wunderbar ergänzen und damit der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dem Schenker Joachim Ihering danke ich sehr herzlich für diese schöne Geste und das große Vertrauen.“
„Mit den von Zabern-Gemälden hat das Stadtarchiv einen wichtigen bildlichen Schatz zur Geschichte des Mainzer Bürgertums im 19. Jahrhundert hinzugewonnen“, ergänzt Archivleiter Dr. Wolfgang Dobras zur Bedeutung der außergewöhnlichen Gabe.
Die Familie von Zabern hat mit ihrer 1802 gegründeten Offizin, die bis 2010 als eigenständige Firma existierte und deren Name als Imprint der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Darmstadt weiterlebt, den Ruf von Mainz als Medienstadt entscheidend mitgeprägt. Schon im 19. Jahrhundert sind Druckerei und Verlag durch Werke zur antiken Geschichte überregional bekannt geworden. Die dem Stadtarchiv nun übergebenen Bildnisse decken einen Zeitraum von gut 100 Jahren Familiengeschichte ab: Aus dem Jahr 1825 stammen die beiden ältesten Ölgemälde, die von der Hand des angesehenen Mainzer Porträtisten Philipp Kieffer den Firmengründer Theodor von Zabern und seine Ehefrau Wilhelmine Friederike Schenk zeigen.
Auf dem jüngsten Porträt, einer kolorierten Fotografie, ist Anna Benndorf, geb. von Zabern, zu sehen, die nach dem Erlöschen der Familie im Mannesstamm 1902 die Firma erbte. Zu diesem Zeitpunkt gelangten die Bilder nach Leipzig, wo Anna Benndorf mit ihrem Mann, dem Kommerzienrat Paul Benndorf, lebte. Seitdem haben die Bilder eine bewegte Odyssee hinter sich. Die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs überstanden die Gemälde in Leipzig unbeschadet. Der Enkelin von Anna Benndorf, Barbara, gelang es bei ihrer Flucht aus der DDR in den 1950er Jahren, einige wenige Familienstücke, darunter die von Zabern-Gemälde, per Paketpost an Bekannte im Westen vorauszuschicken.
Auch wenn Verlag und Druckerei seit 1926 bzw. 1929 nicht mehr in Familienbesitz waren, zeugten die Gemälde als sichtbarer materieller Rest von der großen Familientradition und wurden von Barbara Benndorf entsprechend hochgeschätzt. Besuchern ihrer Wohnung fiel beim Betrachten immer die verblüffende Ähnlichkeit Barbara Benndorfs zu ihrer Urgroßmutter Christine von Zabern auf, deren Porträt vom Mainzer Maler Benjamin Orth aus dem Jahr 1854 ebenfalls zur Schenkung gehört. Jetzt hat der Ehemann der 1997 verstorbenen Nachfahrin der Familie von Zabern, der ehemalige Frankfurter Architekt Joachim Ihering, alle Bildnisse der Stadt Mainz geschenkt.
Der fast neunzigjährige, seit einigen Jahren in Nürtingen lebende Witwer Joachim Ihering erklärte dazu, der Entschluss, die Bilder ins Stadtarchiv zu geben, sei im Laufe der Jahre gereift. Den entscheidenden Anstoß habe der Ausstellungskatalog über den ägyptischen Pharao Tutenchamun 1980 gegeben. „Erst nachträglich bemerkten meine Frau und ich, dass das Buch im Zabern-Verlag erschienen war“. Sie hätten daraufhin den Kontakt mit der Firma gesucht, woraus eine Freundschaft mit dem damaligen Verleger Franz Rutzen und dessen Frau entstanden sei.
Über Franz Rutzen wiederum habe man den späteren Archivdirektor Friedrich Schütz kennengelernt, der 1985 die Geschichte zum 200jährigen Jubiläum der Offizin (einschließlich ihrer bis 1785 reichenden Vorgeschichte) verfasste. Mit den Jahren habe sich ein Vertrauensverhältnis entwickelt, so dass er mit Friedrich Schütz dann schon 2002 die jetzt erfolgte Übergabe geregelt habe. Gerne hätte Joachim Ihering die Bilder dem Stadtarchiv persönlich überreicht, doch wegen der Corona-Pandemie war dies nicht möglich, so dass diese Aufgabe bereits vor einigen Wochen sein Neffe Martin Ihering übernommen hat.
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