Vor hinreißender Kulisse des illuminierten Biebricher Schlossparks feierten am 22. Mai 2015 über 15 000 Besucher den 20. Geburtstag der seit 14 Jahren von der Wiesbadener Spielbank gesponserten Pferdenacht zum Auftakt des 79. Internationalen Pfingstturniers Wiesbaden.
Mit zwei Siegern startete die Pferdenacht in ihre Geburtstags-Vorstellung. Marco Kutscher, Doppel-Europameister 2007, und Jonas Vervoorst aus Belgien siegten in der Internationalen Barrierespringprüfung. Beide überwanden mit ihren Pferden Balermo und For Blondie die immer höher werdenden Hindernisse bis zu 1,95 Meter.
Mit dem großen Wiesbadener Kutschenbild begann die einzigartige Pferdeshow – von Hochzeitskutschen und Shetland-Einspännern über Tandem- und Einhornanspannungen bis zum Pfungstädter Brauereiwagen. Im Nu verwandelten 20 Ein- bis Achtgespänner den großen Turnierspringplatz in ein gigantisches lebendiges Kutschenmuseum.
Ein ebenso großer Zuschauermagnet war der Turnierkampf der Rittergruppe Excallibur. Komplett verhüllt in „adligen Rossgewändern“ preschten die Recken, unter ihnen eine leichtbeschürzte Fantasy-Amazone – mit ihren Streitrössern in die Arena, Sie spießten von Knappen gehaltene Ringe auf, bevor sie mit ihren Lanzen in ein dramatisches Ritter-Turnier-Stechen übergingen, den der Schwarze Ritter in König-Artus-Manier für sich entschied .
Den Rittern folgten die „Schwarzen Perlen“, eine Damen-Quadrillie im Stil der spanischen Hofreitschule. Die acht pechschwarzen Friesen aus dem Darmstädter Gestüt Kranichstein bilden die größte Friesenquadille Süddeutschlands. Sie sind groß, schwarz, elegant und überzeugten am Wiesbadener Abend mit höchster sportlicher Ästhetik.
Springreiter Jörg Oppermann und der professionelle Westernpferde-Trainer Rene Opitz haben ihre Pferde getauscht: „Springen goes Western“. Zwei Profis, die im jeweils anderen Sattel doch deutlich verunsichert waren.
In völligem Kontrast zur perfekten Formation der „Schwarzen Perlen“ eroberte eine wilde Herde Dülmener Pferdchen den Springplatz. Die „Dülmener“ zählen zu den ältesten deutschen Pferderassen und einzig freilebenden Pferden Deutschland. Sie stehen, da vom Aussterben bedroht, seit 1994 auf der Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen. Sie werden vom Dülmener Gestüt in Westfalen auf einem rund 350 Hektar großen Naturschutzgebiet gezüchtet, ohne große Eingriffe des Menschen . Bei aller Wildheit haben sich die kleinen Pferde als wunderbare Freizeitpartner bewährt – für kleine und größere Pferdefans, für jüngere und erfahrenere.
Einen Augenschmaus für alle Jagdfreunde bot das Jagdbild. Mit tosendem dumpfen Hufengegrolle gallopierten 80 Jagdreiter zwei Runden durch die Arena, bevor die beiden Hundemeuten der Jagdgesellschaft folgten. Gezeigt wurde der Abschluss einer Treibjagd. Es bot sich ein grandioses Gesamtbild.
Dunkel war es zum zweiten Teil der Pferdenacht. Mit originellem Lichterketten-Anzug überraschte Moderator Dirk Alexander Lude, der durch den Abend führte. Die LEDs leuchteten ähnlich an ihm wie die von der Mähne bis zum Schweif mit Lichtern bestückten Pferde der Lichterquadrille vom Verein der Freunde des iberischen Pferdes. : Dressur im Lichterketten-Outfit, Mystik im Schlosspark.
Zu mystisch anmutenden Klängen und flankiert von 20 Fackelträgern, trabten sie ein bisschen an den Abschluss einer Holiday-on-Ice-Show erinnernd ins tiefe Arenadunkel und faszinierten in ihrem Lichterketten-Outfit das Publikum.
Für eine völlig andere Stimmung und Tempo sorgten die beiden Vierergespanne des tschechischen Nationalgestüts Kladruby. Die Familie Nesvaçil schreibt Fahrsport- und Pferdenachtgeschichte. Aus Tschechien sind die Brüder Radek und Jiri Nesvacil jr. vom Nationalgestüt Kladruby nad Labem angereist. Die beiden Brüder und ihr Vater Jiri Nesvaçil bildeten bei den Weltreiterspielen in Caen im vergangenen Jahr das tschechische Team der Gespannfahrer – ein komplettes Familienteam! Mit ihren zwölf Kladruber Hengsten sorgten sie auch wieder in Wiesbaden für Furore. Auch der eingangs der Pferdenacht gezeigte Achtspänner gehört zu ihrem Gestüt.
Eine großartige Dressurnummer boten anschließend die drei Feuerreiter. Stefan Schneider, Hermann Klapsing und Roland Heiß schafften es, mit ihren Schimmeln entgegen deren natürlichen Fluchtinstinkt vor Feuer in einen Käfig aus brennenden Zeltstangen zu reiten und minutenlang dort mit den Tieren zu verharren.
Für eher halsbrecherische Pferde-Akrobatik sorgten die „amerikanischen“ Stuntreiter „Future Guys“ aus den Niederlanden. Schnell, gefährlich, mit einer gehörigen Portion Nervenkitzel – im rasendem Galopp unter den Pferden durch, um die Pferde herum und über die Pferde rüber, hängend, stehend oder springend, zeigten sie Westernartistik von höchster Qualität.
Ganz ohne Action kam hingegen die sinnliche Freiheits-Dressur des französischen Pferdeflüsterers Pierre Fleury aus: Ein kurzes Kopfnicken, eine winzige Geste, der Hauch einer Bewegung, vermochte er – stehend auf den Rücken zweier Pferde reitend – seine fünf Tiere zu delegieren und zu gewünschten Formationen zu synchronisieren. Es geht hierbei um feinste Kommunikation und perfektes Zusammenspiel zwischen Mensch und Pferd. Pierre Fleury beherrscht dies meisterhaft.
Zum Abschluss der Pferdenacht gegen 23.30 Uhr donnerte nochmals das tschechische Team mit ihren beiden Vierspännern über den abgedunkelten „Rasen“ und feuerte bei voller Fahrt das Abschluss-Feuerwerk ab.
Gerührt und berührt war der Macher und Vater der Wiesbadener Pferdenacht, Ulrich Schneider vom Wiesbadener Reit- und Fahr-Club. 300.000 Zuschauer, 5.000 Pferde und 12.000 Mitwirkende in 20 Jahren Pferdenacht – „Mit so einer Erfolgsstory haben wir wirklich nicht gerechnet.“ Sprach es und begann schon mal die Pferdenacht 2016 zu planen…
Bis zum nächsten Jahr, zur 21. Pferdenacht am 13. Mai 2016.