„Was von uns bleibt“ – RGZM eröffnet Sonderausstellung mit Videokünstlerin Sarah Mock

Collage aus diversen S/W-Fotografien, Papier, Metall, Glas, Plastik, Zeichnungen © massow-picture
Collage aus diversen S/W-Fotografien, Papier, Metall, Glas, Plastik, Zeichnungen © massow-picture

Mainz. »PHASO. Was von uns bleibt« ist der Titel der Sonderausstellung, die ab dem 7. April im Kurfürstlichen Schloss zu sehen ist. Unter der Teilnahme des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Mainz wurde die Ausstellung am Vorabend feierlich eröffnet. Die Videokünstlerin Sarah Mock setzt ihre künstlerische Perspektive der Wissenschaft gegenüber: Ihre Arbeiten zum Thema der Archäologie sind noch bis zum 17. Juli 2016 im Römisch-Germanischen Zentralmuseum (RGZM) zu sehen. Mit der Ausstellung einer Gegenwartskünstlerin erprobt das RGZM, inwieweit andere als die rein wissenschaftliche Perspektive andere Zugänge zur Archäologie schaffen und neue Zielgruppen erschließen kann.

vli.:Prof. Dr.Falko Daim, Leiter des RGZM, Sarah Mock, Künstlerin und Michael Ebling, Oberbürgermeister von Mainz beim Rundgang durch die Ausstellung. © massow-picture
vli.:Prof. Dr.Falko Daim, Leiter des RGZM, Sarah Mock, Künstlerin und Michael Ebling, Oberbürgermeister von Mainz beim Rundgang durch die Ausstellung. © massow-picture

Die Idee zur Kooperation zwischen dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum und der Künstlerin Sarah Mock entstand unter dem Gesichtspunkt Perspektiven der Kunst und Wissenschaft gegenüberzustellen. „Im Grunde ist es eine Versuchsanordnung. Wir möchten testen, inwieweit sich andere Ausstellungen als rein wissenschaftliche dafür eignen, den Besuchern archäologische Methoden nahezubringen und ihnen Lust auf Archäologie zu machen. Im Idealfall sollten die Besucher anders aus der Ausstellung herauskommen, als sie reingekommen sind“, erklärt Professor Falko Daim, Generaldirektor des RGZM und gleichzeitig Ideengeber zur Kooperation der Sonderausstellung. Oberbürgermeister Michael Ebling eröffnete die Ausstellung mit den Worten: „Mit „PHASO. Was von uns bleibt“ wagt sich das RGZM auf ungewohntes Terrain: weg vom Betrachten und Interpretieren realer Dinge, weg von der reinen Vernunft, und hin zum Surrealen, Bedrohlichen und Phantastischen, hin zu einer Welt voller Rätsel und Absurditäten.“

Die Sonderausstellung »PHASO. Was von uns bleibt« basiert auf dem Gedanken der Zeit nach der menschlichen Zivilisation. In einer fernen Zeit, nachdem die Menschheit seit Jahrhunderten ausgestorben ist, werden die Forschungsergebnisse der fiktiven Post-Human Archaeological Studies Organisation (PHASO) einer intelligenten nachmenschlichen Weltbevölkerung präsentiert. PHASO definiert sich folgendermaßen: „PHASO is a non-profit association to administrate the open source collection of evidences for the former life of human beings on the planet earth“.

Eine Collage aus verschiedenen Videoarbeiten, Graphiken und Objekten enthüllt die nach und nach gewachsen Erkenntnis der PHASO Wissenschaftler, dass es auch vor ihnen schon intelligentes Leben gegeben haben muss. Kurz vor ihrem Untergang in einer Flut  entfremdete sich die Menschheit zunehmend von der Natur.

Post-Human Archaeological Studies Machine "Der Krieg" beschäftigt sich mit der kriegerischen Selbstausrottung des Menschen sowie mit dessen Wirkung auf das Individuum. Einige uralte Medienfragmente der Menschen, die Bild und Ton enthalten, wurden in der versunkenden Wüstenstadt entdeckt und konnten restauriert werden. Sie überliefern erschreckende Zeugnisse darüber, wie sich die Menschheit immer wieder selbst ihrer Lebensgrundlage beraubt und ihre eigenen Individuen vernichtet hat. © massow-picture
Post-Human Archaeological Studies Machine „Der Krieg“ beschäftigt sich mit der kriegerischen Selbstausrottung des Menschen sowie mit dessen Wirkung auf das Individuum. Einige uralte Medienfragmente der Menschen, die Bild und Ton enthalten, wurden in der versunkenden Wüstenstadt entdeckt und konnten restauriert werden. Sie überliefern erschreckende Zeugnisse darüber, wie sich die Menschheit immer wieder selbst ihrer Lebensgrundlage beraubt und ihre eigenen Individuen vernichtet hat. © massow-picture

Die „Funde“, die PHASO gemacht hat, zeigen, dass die Menschen immer mehr in organisches Leben eingriffen und dabei Natürliches durch Künstliches optimierten und ersetzten. Die Abgrenzung dieser beiden Kategorien voneinander wurde brüchig. Zentrales Ausstellungsstück der PHASO- Ausstellung ist ein „archäologischer Fund“, die „Golden Record“. Auf diesem ist ein Video (The Deluge/ 대홍수/ Die Flut) wiederzufinden. Es handelt sich um Videomaterial, das der letzte Protagonist auf der Erde zur Erinnerung an die Menschheit und die Geschichte ihres Untergangs bewahrt hat, ähnlich der Voyager Golden Record, die 1977 ins All geschossen wurde.

Sarah Mock

Sarah Mock mit dem Begleitband ihrer Ausstellung © massow-picture
Sarah Mock mit dem Begleitband ihrer Ausstellung © massow-picture

geboren 1984 in Worms, ist preisgekrönte Videokünstlerin und Bildhauerin. Sie hat in Mainz, Kassel und Berlin studiert. Für die Arbeit am PHASO-Projekt hat sie eine Künstlerresidenz in Seoul verbracht und ein DAAD-Reisestipendium erhalten sowie am Anthropozän-Projekt des Hauses der Kulturen der Welt in Berlin teilgenommen. Für die Vorbereitung der Ausstellung hat sie ein Stipendium der Sparkasse Mainz erhalten.

Interventionen im RGZM

Im Hinblick auf den Museumsneubau und den Umzug in das Archäologische Zentrum (AZM) in Mainz experimentiert das RGZM mit Besucherinnen und Besuchern neue Vermittlungsformate. Probeaufbauten sollen neue Perspektiven auf Altbekanntes öffnen und werden als »Interventionen« in die bestehenden Ausstellungen integriert. Die Eröffnung zur Dauerausstellung »Codes der Macht – Mit 16 auf den Thron« im November 2015 machte den Anfang, Archäologie und die damit verbundene Arbeit des RGZM neuen Zielgruppen zugänglich zu machen. Die Besonderheit der Ausstellung ist die Einbindung in eine multimediale Kampagne, in der die Geschichte der Machtübernahme des späteren Frankenkönigs Chlodwigs in der Medienwelt der Gegenwart erzählt wird.

Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM)

Das RGZM ist eine weltweit tätige Forschungseinrichtung für Archäologie mit Hauptsitz in Mainz sowie Nebenstellen in Mayen und Neuwied. 1852 vom Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine gegründet, ist es seit 1870 eine Stiftung des öffentlichen Rechts und seit 2002 Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

Das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) richtet seine Forschung derzeit neu aus. Der Beitrag, den archäologische Forschung mit ihrem weit zurück reichenden Blick für die Bearbeitung und Bewältigung von Problemstellungen des gegenwärtigen Menschen leisten kann, wird zukünftig noch mehr im Fokus seiner wissenschaftlichen Arbeit und deren Vermittlung stehen. Die Kompetenzen des RGZM liegen u.a. im Zusammenspiel von Restaurierung, Archäometrie, experimenteller und antiquarischer Archäologie. Die Forschungen erfolgen in einem internationalen und interdisziplinären Netzwerk. In mehreren Museen und breitgefächerten Publikationen aus dem eigenen Verlag vermittelt es seine Forschungsergebnisse an die Öffentlichkeit.