March for Science Professorin Concettina Sfienti Hypothesen müssen frei überprüfbar bleiben

Professorin Concettina Sfienti – Der Fortschritt gehört den Menschen

Professorin Concettina Sfienti, Dekanin des Fachbereichs Physik der Gutenberg-Universität in Mainz, in privater Mission. Foto: Diether v. Goddenthow
Professorin Concettina Sfienti, Dekanin des Fachbereichs Physik der Gutenberg-Universität in Mainz, in privater Mission. Foto: Diether v. Goddenthow

Dann ergreift die erste Rednerin der Abschlusskundgebung, Professorin Dr. Concettina Sfienti, Dekanin des Fachbereichs Physik der Gutenberg-Universität in Mainz, das Wort. Selbstironisch meint sie dass sie eigentlich lieber ‚E-Mail lesen‘ würde, als vor großem Publikum zu reden“. „Ich hasse das!!“. Aber ihre Abneigung, öffentlich zu reden, und da ist sie schon beim Thema,  habe einen bestimmten Grund. Der Grund ihrer Redeangst, von der man nicht mal ansatzweise etwas spürt,  hätte ihrer Meinung nach vermieden werden können, wenn die Schule in ihrer Kindheit rechtzeitig auf wissenschaftliche Fakten und weniger auf Tradition oder Meinungen gehört hätte. Professorin Concettina Sfienti, die rein privat gekommen sei und nicht für ihre Uni spreche, erzählte, dass sie Linkshänderin sei, und seitdem  sie ihre Lehrerin bei der Einschulung zum Rechtsschreiben gezwungen habe, stottere. Bis in die 70er Jahre galt Rechtshändigkeit als die Norm, was bedeutete, so Professorin Concettina Sfienti, das  Linkshänder gezwungen wurden, entgegen ihrem Naturell mit der rechten Hand zu schreiben. „Schon damals übrigens gab es wissenschaftliche Beweise, Fakten, die darauf hingewiesen haben: Leute, wenn ihr Linkshänder zwingt, mit der rechten Hand zu schreiben, dann bekommen diesen Menschen Sprachstörungen bis hin zu physischen Störungen. Schon damals jedoch wären Meinungen lauter gewesen als ordentliche Beweise, warnt Professorin Concettina Sfienti vor Wissenschaftsignoranz anhand des eigenen Schicksals. Mit viel Training und Mühen habe sie sich das Stottern wieder abtrainieren können. Stimmt, und zwar so gut, dass sie beim Zuruf, näher ans Mikro zu gehen augenzwinkernd ins Publikum ruft: „Ich bin Italienerin, eigentlich sollten sie mich hören auch ohne Mikro!!“

Ich bin Italienerin, eigentlich sollten sie mich hören auch ohne Mikro!!“ ruft Professorin Concettina Sfienti augenzwinkernd dem Publikum zu als sie  gebeten  wurde näher ans Mikro zu gehen.Foto: Diether v. Goddenthow
Ich bin Italienerin, eigentlich sollten sie mich hören auch ohne Mikro!!“ ruft Professorin Concettina Sfienti augenzwinkernd dem Publikum zu als sie gebeten wurde näher ans Mikro zu gehen.Foto: Diether v. Goddenthow

Auch die Kinderlähmung ihrer Großmutter, die trotz Rollstuhlschicksal ihren Humor nie verloren hätte, wäre vielleicht in den späten 50er Jahren vermeidbar gewesen, hätte man sich im damaligen Sizilien rascher frei für den wissenschaftlichen Fortschritt des Schutzimpfens entscheiden können. Dr. Jonas Edward Salk, der Erfinder der Polio-Schutzimpfung, habe übrigens am 12. April 1955 in einem Interview auf die Frage, wem das Patent gehöre, gesagt: „Den Menschen!“ Diese Erfindungen, die Krankheiten heilen oder ähnliche Dinge täten, gehörten den Menschen, und Salk habe hinzugefügt: „Würden Sie die Sonne patentieren?“.

Und genau das sei ihr Punkt, dass ihrer Meinung  nach nämlich wissenschaftlicher Fortschritt den Menschen gehöre. Aber den Menschen gehöre mehr, nämlich alles, was dahinter steht, „insbesondere die wissenschaftliche Methode, die ihnen ermöglicht, auf Fakten basierende Entscheidungen zu treffen“, plädiert  Professorin Dr. Concettina Sfienti gegen eine „Wissenschaft der Herrschenden“. Dies dürfe man nie vergessen, weil eine freie Zugänglichkeit von Wissenschaft und ihren Methoden jedes wissenschaftliche Ergebnis überprüfbar mache. Man solle auch den Regimen sagen, „die die Wissenschaft zum Schweigen bringen wollen, ob deren Theorien überprüfbar sind. Die müssen Vorhersagen machen. Sei die Erde flach! Ja, wunderschön! Dann sag mir, was du anderes vorhersagen kannst mit dieser wunderschönen Theorie?“, führt die Kernphysikerin all jene vor, die aus politischem, religiösem oder wirtschaftlichen Kalkül unüberprüfbar „Fakten“ oder bewusst „alternative Fakten“ in die Welt setzten.

Aus Dokumentation March for Science in Frankfurt gegen Fake-News u. Religionsfundamentalismus für eine aufgeklärte, pluralistische Gesellschaft auf Rhein-Main.Eurokunst von Diether v. Goddenthow