Mainzer Museumsnacht 2023 lockt bei herrlichem Wetter Tausende Kulturschwärmer in Galerien und Museen

Ein Magnet der Mainzer Museumsnacht 2023 war der Druckerladen des Gutenberg-Museums. Hier konnte, wer wollte, erste Druckversuche wagen, und durfte, wie hier auf dem Bild zu sehen, sein eigenes Kunstwerk mit nach Hause nehmen.  © Foto Diether von Goddenthow
Ein Magnet der Mainzer Museumsnacht 2023 war der Druckerladen des Gutenberg-Museums. Hier konnte, wer wollte, erste Druckversuche wagen, und durfte, wie hier auf dem Bild zu sehen, sein eigenes Kunstwerk mit nach Hause nehmen.
© Foto Diether von Goddenthow

„Wie fängt man es am geschicktesten an, um in 7 Stunden aus der Angebotsfülle von über 36 Museen, Galerien und Ausstellungsorten möglichst viel „mitzunehmen“?, fragten sich Tausende Kulturschwärmer bei der Mainzer Museumsnacht am 3./4. Juni 2023 angesichts der Angebotsfülle. Alles war nicht zu schaffen, nicht einmal, überall mal kurz reinzuschauen. Aber um Vollständigkeit ging es auch nicht: Die Mainzer Museumsnacht soll vielmehr Appetit auf mehr machen, dazu einladen, wiederzukommen. Sie möchte vor allem auch Besuchergruppen und junge Menschen ansprechen, die eher nicht zu den typischen Museums- und Galerie-Besuchern zählen, ihnen auf lockere Art und Weise Gelegenheit geben, in Kunst- und Museums-Atmosphären hinein zu schnuppern und vielleicht Gefallen daran zu finden, beziehungsweise für sich Gewünschtes auszuwählen.

Impression der Mainzer Museumsnacht. "Trotz der pandemiebedingten Pause bleibt sich die Mainzer Museumsnacht treu und bringt von großen Museen und kleinen Galerien über Kunstvereine und Künstler:innen Ateliers bis hin zu temporären Pop-Up Projekten unterschiedliche Orte und Formate der Bildenden Kunst für einige Stunden zusammen. Während der Museumsnacht bieten sie erneut ein außergewöhnliches, spannendes und definitiv sehenswertes Programm für Kunst und Kulturbegeisterte jeden Alters." (Programmheft). © Foto Diether von Goddenthow
Impression der Mainzer Museumsnacht. „Trotz der pandemiebedingten Pause bleibt sich die Mainzer Museumsnacht treu und bringt von großen Museen und kleinen Galerien über Kunstvereine und Künstler:innen Ateliers bis hin zu temporären Pop-Up Projekten unterschiedliche Orte und Formate der Bildenden Kunst für einige Stunden zusammen. Während der Museumsnacht bieten sie erneut ein außergewöhnliches, spannendes und definitiv sehenswertes Programm für Kunst und Kulturbegeisterte jeden Alters.“ (Programmheft). © Foto Diether von Goddenthow

Wer wollte, konnte   von 18 Uhr bis 1 Uhr morgens ins kreative Universum der Domstadt eintauchen, ganz unterschiedliche Kunst-Richtungen und Kulturformate kennenlernen, Artefakte aus 400 Mio. Jahren vor unserer Zeit bis heute erleben, an (Ein-)Führungen, Vorträgen und Musikdarbietungen (von mittelterlicher bis Techno-Musik) und an Events teilnehmen, Leute treffen, mit anderen ins Gespräch kommen, Weine der Region kosten und tanzen. Ab 1 Uhr hatte das Landesmuseum Mainz bis 4 Uhr morgens zur großen Abschluss-Fete geladen.

Aus dem deutsch-jüdischem Liederbuch mit Capella Antiqua Bambergensis

Capella Antiqua Bambergensis mit Andreas, Anke, Nina, Thomas und Wolfgang Spindler u. rechts Dr. Thomas Sparr. © Foto Heike von Goddenthow
Capella Antiqua Bambergensis mit Andreas, Anke, Nina, Thomas und Wolfgang Spindler u. rechts Dr. Thomas Sparr. © Foto Heike von Goddenthow

Wo die Nacht früh morgens für manchen endete, hatte sie für viele Kultur-Eulen um 18.00 Uhr begonnen, und zwar mit einer ganz außergewöhnlichen musikalischen Überraschung. sozusagen zum Auftakt durch die Capella Antiqua Bambergensis in der Großen Steinhalle im Mainzer Landesmuseum: Auf historischen Instrumenten spielte die Gruppe den Liederzyklus „Vom Sommer, vom Herbst zum Winter des Jahrhunderts“ mit Werken aus dem 12. bis 20.Jhd., entnommen dem erst kürzlich in der Jerusalemer Nationalbibliothek entdeckten deutsch-Jüdischen Liederbuch von 1912.

Dr. Thomas Sparr, Autor u. Literaturwissenschaftler, früherer Geschäftsführer im Suhrkamp-Verlag. © Foto Diether von Goddenthow
Dr. Thomas Sparr, Autor u. Literaturwissenschaftler, früherer Geschäftsführer im Suhrkamp-Verlag. © Foto Diether von Goddenthow

Dieses in der Musikwissenschaft nahezu unbekannte Liederbuch war ein Sensationsfund, als es 2019 in der Israelischen Nationalbibliothek wiedergefunden wurde. Es ist weltweit einzigartig. Es enthält eine Sammlung der beliebtesten hebräischen und deutschen Lieder, faszinierende Melodien aus mehr als 800 Jahren, so Dr. Thomas Sparr, Sprecher und Autor zur Einführung. Das Buch sei 1912 von dem jüdischen Mäzen und Unternehmer Dr. James Simon und dem Kantor Zvi Idelsohn herausgegeben worden. Es zeuge vom fruchtbaren Ineinander jüdischer und deutscher Musik in der „Belle Epoque“ deutsch-jüdischer Gemeinsamkeit, einer Zeit der Erfindungen, des Fortschritts in Wissenschaft und Technik in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg in Deutschland wie in Europa, einer Zeit die ebenso von einer großartigen Literatur, dem Theater, der Kunst wie Musik geprägt war, so Dr. Sparr. Dieses Liederbuch konnte auch im Musikunterricht in Kindergärten, Volks- und höheren Schulen in Palästina, Deutschland und in der Diaspora eingesetzt werden.

Nina Spindler Capella Antiqua Bambergensis. © Foto Diether von Goddenthow
Nina Spindler Capella Antiqua Bambergensis. © Foto Diether von Goddenthow

Das deutsch-Jüdischen Liederbuchs von 1912, jetzt vom Mainzer Schott-Verlag neu herausgegeben, wird auch Eingang finden in die digitale Bibliothek und Wissensplattform „Arche Musica“, dem Kern des deutsch-israelischen Forschungs- und Bildungsprojekts „Projekt 2025 – Arche Musica“. Dabei „handelt sich um eine musikalische Erinnerung , vergleichbar mit der „Arche Noah“. Ihre Aufgabe ist es, die fast vergessenen Kompositionen und Musikstücke aus der Zeit der jüdischen Emanzipation und des Holocaust, den Jahren 1890 – 1945, zu bewahren, zu digitalisieren und diese Manuskripte und Musikstücke einem möglichst breiten Personenkreis zugänglich zu machen.“ (https://www.arche-musica.org/)

Die weitere Tour durch die Mainzer Museumsnacht

Impression der Ausstellung "Whats Is It Like to Be a Bat?" Kunsthalle Mainz  © Foto Diether von Goddenthow
Impression der Ausstellung „Whats Is It Like to Be a Bat?“ Kunsthalle Mainz © Foto Diether von Goddenthow

Je nach individuell gewähltem Parcours, gelangte man beispielsweise vom Landesmuseum zur Schaufensterausstellung des „Künstlerkollektivs Vitrine“, dort vorbei zum das Naturhistorischen Museum mit Artefakten von vor 400 Millionen Jahren vor unserer Zeit bis heute,  mit Info-Ständen (Kräuter- u. Duftpflanzen, Präparationsexkurs etc.), Musik, Cocktailbar usw. Vor dort zum Landtag Rheinland-Pfalz (Ausstellungen, Führungen, Referate über die Arbeit von Parlament, mit Musik u. Gastronomie). Buslinie 70 brachte Besucher zur Kunsthalle Mainz (Begleitprogramme zu aktuellen Ausstellungen). Anschließend mit einem Turn durch die neue Zollhafen-City zur Hafen-Galerie. Oder, stattdessen einen 15minütigen Marsch zur Emde-Gallery („Heart of Darkness“ Thomas Wunsch) in der Richard-Wagnerstraße. Mit Bus 62 vom Bismarck-Platz zurück zum Höfchen: Entweder von dort einen Katzensprung entfernt, kam man zur „Mainzer Kunstgalerie“ von Prof. Vahl ( Fotoausstellung von Kristina Schäfer). Dann in Richtung Süd ging es zum LEIZA (Leibniz-Zentrum für Archäologie mit Begleitprogramm u. Führungen). Von dort einen Abstecher zur Zitadelle mit Mainzer Garnisonsmuseum, Stadthistorischen Museum und Kulturei.

Dr. Winfried Wilhelmy. Direktor des Dommuseums führt eine Besuchergruppe fachkundig durch die  Ausstellung von Bonifatius zum Naumburger Baumeister in der Gewölbehalle.© Foto Diether von Goddenthow
Dr. Winfried Wilhelmy. Direktor des Dommuseums führt eine Besuchergruppe fachkundig durch die Ausstellung von Bonifatius zum Naumburger Baumeister in der Gewölbehalle.© Foto Diether von Goddenthow

Oder vom Höfchen in die andere Richtung, erreicht man rasch das Bischöfliche Dom- und Diözesan-Museum mit Meisterwerken aus 1000 Jahren, Musik, Führungen, Wein und Tapas. Visavis: das Gutenberg-Museum (Drucktechnik u. Shape of Colour von Veronika Weingärtner), Popmusik, Foodtruck. Nebenan: der Druckerladen, völlig umringt, unter anderem mit der Möglichkeit für junge Besucher, sich in Linoldrucktechnik zu üben.

Impression aus dem Zentrum für Baukultur. Architektur-Studenten der Hochschule Mainz präsentieren ihre Werkschau. © Foto Diether von Goddenthow
Impression aus dem Zentrum für Baukultur. Architektur-Studenten der Hochschule Mainz präsentieren ihre Werkschau. © Foto Diether von Goddenthow

Das nahegelegene Zentrum für Baukultur zeigt noch bis 16.06. die Werkschau der Fachschaft Architektur der Hochschule Mainz. Und im benachbarten Kunstverein im Eisenturm e.V. konnten Franziska Rutishauser bekannten Anthropa-Stein-Werke (aus unterschiedlich farbigen Sanden erstellte Werke), betrachtet werden.

Aber es gab noch so viel mehr zu sehen an  diesem Abend, in dieser herrlichen Mainzer Nacht der Museen, so dass begeisterte  Nachtschwärmer  bekundeten, bei der kommenden 13. Mainzer Museumsnacht 2025 überall dorthin zu gehen, wo sie dieses Mal nicht waren. Diese findet  turnusgemäß am Wochenende nach Pfingsten 2025 statt .

(Diether von Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)