Life doesn’t frighten me. Michelle Elie wears Comme des Garçons – bis 30. August 2020 Museum Angewandte Kunst Frankfurt

© Museum Angewandte Kunst
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Das Modelabel Comme des Garçons (deutsch: So wie Jungs) wurde 1969 von Rei Kawakubo gegründet. Durch Dekonstruktion, Verschiebung, Zerstörung und durch Ausbuchtungen ohne Rücksicht auf Körperformen bricht die Designerin mit Konventionen der Schnittkunst und stört damit den durch westliche Schönheitsideale gelenkten Blick.

Das Museum Angewandte Kunst zeigt über 50 Ensembles der umfangreichen Comme des Garçons-Sammlung von Michelle Elie und fragt wie wir Kleidung nutzen, um uns selbst auszudrücken. Die Mode-Ikone, Schmuckdesignerin und Stylistin erzählt Geschichten zu einzelnen Kleidungsstücken – vom Moment der Entdeckung auf dem Laufsteg in Paris über den Erwerb bis hin zum Erleben auf dem eigenen Körper und den unterschiedlichsten Reaktionen, die das Tragen dieser Stücke bei anderen provoziert.

„Life doesn’t frighten me“ sagt Elie, und tatsächlich gehört Mut dazu, Comme des Garçons zu tragen, aufzufallen und sich damit klar gegen gesellschaftliche Normen zu positionieren. Elie eignet sich die Kleidungsobjekte als eine zweite Haut an, überspitzt ihre Körpererfahrungen selbstbewusst und fordert Betrachter*innen heraus, ihr eigenes Körpererleben zu reflektieren.

Body Meets Dress, Dress Meets Body
Michelle Elies innige Beziehung zur Marke beginnt 1997 mit dem Erwerb eines Outfits aus der Frühjahrskollektion Body Meets Dress, Dress Meets Body. Dieses ist nicht nur in der Ausstellung zu sehen, sondern auch Zentrum einer von Elies Erzählungen in der Ausstellung: Rock und Oberteil entdeckt sie in einer New Yorker Boutique. Sie ist von den außergewöhnlichen Formen, den Polsterungen und Ausbuchtungen des Stoffes fasziniert, scheitert in der Umkleide allerdings an dem Versuch, das Outfit anzuprobieren. Später in Köln bereut sie, die Teile nicht gekauft zu haben. Mit etwas Glück trifft sie dort in einem Laden auf einen Sammler, der das Outfit besitzt. Es gelingt ihr, ihn zu überzeugen, es ihr zu verkaufen. Während ihrer ersten Schwangerschaft trägt sie es für ein Fotoshooting und berichtet uns, wie für sie die Ausformungen des Kleides mit der Transformation ihres eigenen Körpers korrespondierten.
Dies ist nur ein Beispiel von mehreren persönlichen Geschichten, die sie mit jedem ihrer einzelnen Kleidungsstücke verbindet. Sie erzählt nicht nur, welchen Aufwand sie betreibt, um an die begehrten Stücke zu kommen, sondern was das Tragen der außergewöhnlic hen Kleidungsobjekte mit ihr selbst macht und welche Reaktionen sie in anderen Menschenauslöst, denen sie begegnet.

Fragen der Repräsentation
In der Ausstellung verbinden sich ein hedonistischer und lebensfroher Blick auf die Mode aus der Perspektive eines kompromisslosen Fans mit pragmatischen Antworten auf Fragen der Repräsentation. Michelle Elie wurde in Haiti geboren und wanderte als Jugendliche mit ihrer Familie nach New York aus. Dort studierte sie später an der New York University und arbeitete mehrere Jahre als Model, obwohl sie nicht den damaligen Modelstandards entsprach. Elie gestaltete sich stets ihren eigenen Raum und schafft dadurch bis heute Präsenz und Sichtbarkeit. Sie betont, dass es vor allem Kawakubos klare Positionierung gegen die Schönheitsideale der Modewelt waren, die ihr dabei geholfen haben, sich selbst und ihren Körper zu akzeptieren und eigene Visionen von Körperlichkeit zu entwickeln. Entsprechend wurde auch eine Entscheidung für Schwarze Mannequins in der Präsentation der Kleidung in der Ausstellung im Museum Angewandte Kunst bewusst getroffen. Sie sind zum einen vom Abbild Elies speziell in der Kölner Manufaktur Moch gefertigt, zum anderen kontern sie die Unterrepräsentation von Schwarzen Menschen und People of Colour in der Geschichte und Gegenwart der Mode- und Kunstwelt.

Vom Laufsteg auf die Straße
Sogenannte Streetstyle-Fotografien, die in den letzten Jahren von Michelle Elie auf den Pariser Straßen und Plätzen während der Fashionweek aufgenommen wurden, bilden einen weiteren Aspekt der Frankfurter Ausstellung. Streetstyle-Fotograf*innen haben in den letzten zehn Jahren den Fokus vom Laufsteg auf die Straße verlagert; von den Models, die Designentwürfe präsentieren, auf die aufwendig gestylten Fashionweek -Besucher*innen. Die Bilder in Magazinen und sozialen Netzwerken begründeten ein neues Genre, zu dem Michelle Elie entschieden beiträgt. Mit rund 19.000 Followern auf Instagram ist sie durch ihren eigenwilligen Stil selbst zur Modeikone und erfolgreichen Influencerin geworden. Darüber hinaus werden zwei Filme, Sitting in a Cloud und The Fashion Teller, gezeigt, in dem der Regisseur Gianluca Matarrese Michelle Elie bei ihren Besuchen auf den Pariser Fashion Weeks begleitet. Wir sehen Elie, die mittlerweile bei vielen Fashionshows in der ersten Reihe sitzt, in ihrem Element und in Interaktion mit Models und nicht zuletzt di e Erfüllung eines lang ersehnten Traums: einem Treffen mit ihrer persönlichen Heldin, Rei Kawakubo.

Begleitprogramm
Sobald die Ausstellung der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden kann, bietet die Vermittlungsabteilung des Museums ein abwechslungsreiches Begleitprogramm. Geplant sind neben öffentlichen Führungen für Kinder mit Michelle Elie und Tandemführungen mit Kuratorin Dr. Mahret Ifeoma Kupka auch Workshops, u.a. ein Modezeichnen -Workshop für Erwachsene.

Ort
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
Information
T +49 69 212 31286
F +49 69 212 30703
info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de
www.museumangewandtekunst.de

Öffnungszeiten
Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr
Eintritt
12 Euro, ermäßigt 6 Euro
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Studierende der Goethe-Universität Frankfurt, der Städelschule
und der HfG Offenbach frei