Laure Prouvost „all behind, we’ll go deeper, deep down and she will say:“ MMK3 Frankfurt, 3.09.2016

Video Installation, Courtesy of the artist and MOT International, London & Brussels, Foto: Tim Bowditch
Video Installation, Courtesy of the artist and MOT International, London & Brussels, Foto: Tim Bowditch


3. September – 6. November 2016 im MMK 3

Laure Prouvost (*1978) verwandelt das MMK 3 mit der Ausstellung „all behind, we’ll go deeper, deep down and she will say:“ in ein raumgreifendes Environment. „Das MMK Museum für Moderne Kunst freut sich sehr, die Turner-Preisträgerin mit ihrer ersten umfassenden Einzelpräsentation in Deutschland zu zeigen, in der sie mehrere Neuproduktionen mit filmischen Arbeiten der letzten Jahre sowie mit skulpturalen Elementen und Malerei zu einer neuen Erzählung verbindet“, so Prof. Susanne Gaensheimer, Direktorin des MMK.

Ausgangspunkt der Ausstellung im MMK 3 ist die fiktive Geschichte der Großeltern der Künstlerin. Der Großvater – eine Persiflage der heroisch männlichen Künstlerfigur – gräbt im Rahmen eines Kunstprojektes einen Tunnel, verschwindet darin und ist seither nicht wieder aufgetaucht. Die Großmutter wird unterdessen im Bericht der Enkelin zur eigentlichen Protagonistin, die sich die zurückgelassenen Kunstwerke des Großvaters zu eigen macht, sie umfunktioniert und so ihr eigenes künstlerisches Schaffen entfalten kann. Diese Geschichte, die Prouvost bereits 2013 in ihrer mehrfach preisgekrönten Arbeit „Wantee“ angelegt hat, dient der Künstlerin als Motiv für die Beschäftigung mit dem Thema Eskapismus und der damit verbundenen Abwendung von gesellschaftlich etablierten Rollenbildern, Werte- und Ordnungssystemen sowie der Hinwendung zu alternativen, fantastischen Weltvorstellungen.

Bereits vor Betreten der Ausstellungsräume fordert Prouvost die Besucher mit dem monumentalen Schild „IDEALLY YOU WOULD LEAVE EVERYTHING BEHIND“ (2016) auf, alles hinter sich zu lassen, um in ihre bizarre Vorstellungswelt einzutauchen. Diese Aufforderung wird durch die eigens für die Frankfurter Ausstellung entworfenen Installationen „On Our Way“ (2016) und „Deep Travels Ink.“ (2016) im Eingangsbereich aufgegriffen. Der Besucher findet sich in einem Reisebüro wieder und wird zum Akteur in einem surrealen Szenario, das ihn auf die zentralen Themen der Ausstellung einstimmt: die Sehnsucht nach dem Unbekannten und das Abtauchen in ferne Welten, Alltagsflucht und das bewusste sich Verlieren, in der Hoffnung, am Ende wieder zu sich selbst zu finden. Die Eingangsinstallation dient als Prolog für den Hauptteil der Präsentation im zentralen Saal des MMK 3. Nacheinander werden hier auf fünf großen Screens Videoarbeiten projiziert. Die Choreografie der Bilder umfasst zudem Licht- und Soundinstallationen. Erstmals löst Prouvost die einzelnen Filme aus ihren individuellen, räumlichen Inszenierungen und lässt sie in einer Art Traumwelt ineinandergreifen. Sie erzeugt ein Setting, das den Betrachter auf unterschiedlichen Sinnesebenen in seinen Bann zieht. Requisiten, die Prouvost in den Videos einsetzt, tauchen im Ausstellungsraum zusammen mit exotischen Pflanzen, von Erde und Kunstharz umfasst, wieder auf. Es entsteht eine dystopisch erscheinende Gesamtinszenierung, in der zusehends die Grenze zwischen Fiktion und Realität verschwimmt. 

Prouvosts Filme gehen immer über die erzählerische Ebene hinaus. Die Künstlerin erforscht die Verführungskraft von Bildern, deren Illusionspotenzial und die unmittelbar räumliche Dimension. Sie verbindet den filmischen mit dem realen Raum der Ausstellung und untersucht das Zusammenspiel von Bild, Ton, Schrift und Sprache. Besonders mit „Feeling the Wall“ (2014) schafft sie ein Bewusstsein für den Ausstellungsraum, der zum Hauptakteur dieser Sound- und Lichtinstallation wird. „Für Prouvosts vielschichtige Videoarbeiten ist eine surreale Grundstimmung sowie die Verwendung skurriler Wortspiele charakteristisch. Sie untersucht die Vorstellung von Fiktion und Wahrheit und regt den Betrachter dazu an, Wahrnehmungskonventionen zu hinterfragen“, erklärt Anna Goetz, Kuratorin der Ausstellung.

Im MMK 3 wird das zweite und zentrale Kapitel einer dreiteiligen Überblicksausstellung erzählt. 
Sie begann Ende Juni 2016 unter dem Titel „Dropped here and then, to live, leave it all behind“ in einer labyrinthischen Struktur im Le Consortium, Dijon (Frankreich). In Frankfurt gleitet die Geschichte nun in eine zeitlose Welt, die bestimmt ist von parallel verlaufenden Erzählsträngen. Ende Oktober 2016 kommt die Erzählung im Kunstmuseum Luzern (Schweiz) aus der Dunkelheit wieder ans Licht und trägt den Titel „and she will say: hi her, ailleurs to higher grounds…“. Obwohl die drei Ausstellungsorte einem übergreifenden thematischen Faden folgen, steht jede Präsentation für sich und bietet den Besuchern eine in sich geschlossene und eigenständige Ausstellungserfahrung. 

Ermöglicht durch: Jürgen Ponto-Stiftung
Mit Unterstützung von: Instiut Francais
In Kooperation mit Le Consortium, Dijon und Kunstmuseum Luzern
Ausstellungsdesign: Diogo Passarinho

Ort:
MMK3
Domstraße 3,
60311 Frankfurt am Main