„Kollwitz und Barlach Im Tod vereint“ als 3. Teil des Zyklus „Erster Weltkrieg in der Malerei“ ab 29. Juli 2016 im Museum Wiesbaden

Ernst Barlach Gruppe aus drei Figuren  Der Tod, 1925 Museum Wiesbaden Foto: © massow-picture
Ernst Barlach. Gruppe aus drei Figuren
Der Tod, 1925
Museum Wiesbaden Foto: © massow-picture

Mit  der  einzigartigen Ausstellung „Kollwitz und Barlach Im Tod vereint“, ab 29. Juli 2016 als dritter Teil des Zyklus „Erster Weltkrieg in der Malerei“, schließt das Museum Wiesbaden  den Reigen von sehr kriegsbejahender Propaganda-Kunst eines Fritz Erlers bis hin zur Antikriegskunst von Käthe Kollwitz und Ernst Barlach.

Nach „Fritz Erler in Verdun Von der Scholle in den Krieg“ und „August Macke zu Gast bei Jawlensky“ präsentiert das Museum Wiesbaden  parallel zu den beiden genannten Ausstellungen jetzt erstmals aus seinen eigenen Beständen, ergänzt durch Leihgaben des Käthe-Kollwitz-Museums Köln und aus Privatsammlungen, mit insgesamt 75 Werken eine  beeindruckende Werkschau  von Käthe Kollwitz (1867–1945) und Ernst Barlach (1870–1938).

Kurator Roman Zieglgänsberger führt durch die Ausstellung. Im Vordergrund die Barlach-Skulptur "Der Flötenbläser", der symbolisch für die innere Emigration und Rückzug ins Private im Dritten Reich steht. Foto: © massow-picture
Kurator Roman Zieglgänsberger führt durch die Ausstellung. Im Vordergrund die Barlach-Skulptur „Der Flötenbläser“, der symbolisch für die innere Emigration und den Rückzug ins Private  steht. Foto: © massow-picture

Kuratiert wurde die Ausstellung von Roman Ziegelgänsberger und Sibylle Discher, wissenschaftlich-kuratorische Aussistentin.

Von beiden, seit 1907 eng miteinander befreundeten Künstlern, die es neben ihrer bildhauerischen Tätigkeit vor allem auch durch ihre sozialkritischen Grafiken zu Weltruhm gebracht haben, befinden sich zentrale, bislang selten gezeigte Werke in der Sammlung des Museums. Die bedeutendste Kollwitz-Arbeit darunter stellt eine Selbstbildnis-Zeichnung aus den Zwischenkriegsjahren dar. Wertvolle Leihgaben aus dem Käthe Kollwitz-Museum Köln ermöglichen es, sie in einer Kabinettausstellung zu zeigen mit Themenkomplexen wie „Bilder von Frauen und Männern“, Selbstbildnissen, sozialkritische Werke und Kriegsdarstellungen.

barlach-reiseVon Barlach werden sowohl Skulpturen wie die berühmte Plastik Der Tod präsentiert, als auch Zeichnungen, die während seiner sagenumwobenen Russlandreise im Jahr 1906 entstanden sind. Auf dieser abenteuerlichen Fahrt, die ihn gemeinsam mit seinem Bruder Nikolaus von Warschau über Kiew bis nach Belgorod und Bachov in den Süden des Landes führte und er im Nachhinein 1912 unter dem Titel „Steppenfahrt“ beschrieb, fand Barlach insbesondere durch die Beobachtung der einheimischen Bevölkerung, die er in spontanen Skizzen festhielt, zu seinem unverwechselbaren expressiv-poetischen Stil.

Käthe Kollwitz. Die Klage. Modell von 1938-40 Foto: © massow-picture
Käthe Kollwitz. Die Klage. Modell von 1938-40 Foto: © massow-picture

In dem ausgestellten Relief Die Klage, in dem Kollwitz den Tod ihres Freundes „beklagt“, solidarisiert sie sich mit Barlach und dessen Werk.
Wie Dr. Alexander Klar Direktor Museum Wiesbaden, im  Begleit-Katalog ausführt, spielt der Untertitel der Ausstellung „Im Tod vereint“ auf das traurige Ende beider eng befreundeten Künstler an, die vom politischen Unrechtsregime der Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert. Beide mussten aus der Preußischen Akademie der Künste, deren Mitglied sie waren, austreten, erhielten Ausstellungsverbot und wurden in die innere Emigration gedrängt.

„Die Erlösung aus dieser dunklen Zeit sollten sie nicht mehr erleben. Kollwitz zeichnete Ernst Barlach nach dessen Totenfeier im Sarg und schuf das weltberühmte Relief Die Klage, in dem sie sich selbst darstellte, wie sie das Ableben des Freundes betrauert. Barlach wiederum hatte bereits 1927 der Freundin als  Schwebender Engel (Antoniuskirche zu Köln) ein Denkmal geschaffen. Immer wieder und über ihr gesamtes Wirken hinweg haben sich beide mit dem Tod auseinandergesetzt: Barlach beispielsweise, indem er aus der klassischen Ikonografie der Pietà die allgemeingültige Figurengruppe Der Tod entwickelte, die nunmehr allen Menschen gewidmet war, nicht nur Christen.

Käthe Kollwitz. Ruf des Todes.1937  (Blatt 8 der Folge "Tod"). Foto: © massow-picture
Käthe Kollwitz. Ruf des Todes.1937 (Blatt 8 der Folge „Tod“). Foto: © massow-picture

Kollwitz hingegen beschäftigte das Thema nicht nur als Mutter oder Revolutionärin, sondern auch ganz direkt auf ihre eigene Person bezogen, etwa in dem Moment als die Künstlerin 1943 kurz vor ihrem Ableben das ergreifende Blatt Da stehe ich und grabe mir mein eigenes Grab zeichnete.“

Laufzeit der Ausstellung: 29 Jul – 23 Okt 2016

Begleitband zur Ausstellung:

begleitbandkollwitzRoman Zieglgänsberger,   Sibylle Discher für das Museum Wiesbaden (Hrsg.): Kollwitz und Barlach. Im Tod vereint. Mit einem Bestandsverzeichnis der Werke von Käthe Kollwitz und Ernst Barlach im Museum Wiesbaden, Verlag Museum Wiesbaden, Wiesbaden 2016, 180 Seiten, Euro 20,00,  ISBN 978-3-89258-109-3

 

Biographie Käthe Kollwitz

1867- 1885
Käthe Schmidt wird 1867 in Königsberg geboren. Ersten Unterricht erhält sie bei dem Maler Gustav Naujok und dem Kupferstecher Rudolf Maurer.
1886–90
Zunächst studiert sie an der Berliner Künstlerinnenschule, bevor sie ab 1888 an die Damenakademie in München wechselt.
1890–98
Nach der Heirat mit dem Arzt Karl Kollwitz ziehen beide nach Berlin, wo die Söhne Hans und Peter geboren werden. Es entsteht der Grafikzyklus Ein Weberaufstand, der ihr zum Durchbruch verhilft.
1899–1908
Erste Werke gelangen in deutsche Museen. Ab 1901 wird Kollwitz Mitglied der Berliner Secession. Sie lernt 1904 in Paris Auguste Rodin kennen. Der begehrte Villa-Romana-Preis verhilft ihr 1907 zu einem Stipendium in Florenz.
1908–18
Erste gesellschaftskritische Arbeiten entstehen für den Simplicissimus. Ab 1909 beginnt Kollwitz plastisch zu arbeiten. Die Künstlerin wird 1912 als erste Frau in den Vorstand der Berliner Secession gewählt, ein Jahr später wechselt sie zur Freien Secession. Der Verlust ihres Sohnes Peter, der 1914 Opfer des Ersten Weltkriegs wird, veranlasst sie, die Sinnlosigkeit des Krieges öffentlich anzuprangern. Die besondere Tragik war: Sie hatte ihrem Mann überredet, dem damals 17jährigen Peter zu erlauben, sich freiwillig als Soldat zu melden. Aus diesem Umstand heraus ist Ihr besonderes Engagement gegen Krieg zu verstehen.
1919–32
Kollwitz wird Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin und zur Professorin ernannt. Angeregt durch Ernst Barlach wendet sie sich dem Holzschnitt zu. 1928 übernimmt sie die Leitung des Meisterateliers für Graphik und ein Jahr später erhält sie den Orden Pour le Mérite der Friedensklasse für Wissenschaft und Künste.
1933–45
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ist die Künstlerin gezwungen, ihre Ämter niederzulegen. Ihre Arbeiten werden aus dem öffentlichen Raum entfernt, Ausstellungen abgesagt. Im Bombenhagel wird ihr Atelierhaus zerstört. Käthe Kollwitz stirbt am 22. April 1945 in Moritzburg bei Dresden.

Biografie –  Ernst Barlach

1870–1906
Ernst Barlach wird 1870 als ältester von vier Söhnen in Wedel geboren. An der Hamburger Kunstgewerbeschule erlernt Barlach den Beruf des Zeichners. Es folgt ein Studium an der Königlichen Akademie der bildenden Künste zu Dresden. Durch seinen Lehrer, den Bildhauer Robert Diez, gelangt Barlach zu einer naturalistischen Formensprache. Er reist wiederholt nach Paris und entdeckt dort den Jugendstil für sich. Für einen Lehrauftrag an der Königlichen Keramischen Fachhochschule kommt er 1904 nach Höhr, stürzt jedoch wenig später in eine schwere Schaffenskrise und zieht nach Berlin.
1906–10
Auf einer Reise nach Südrussland sucht Barlach nach Zerstreuung. Die dortigen Eindrücke verhelfen ihm zum künstlerischen Durchbruch. In Berlin beteiligt er sich an der 13. Secessions Ausstellung, wodurch Paul Cassirer auf ihn Aufmerksam wird. Er erhält ein Florenz-Stipendium in der Villa Romana.
1910–19
Barlach zieht nach Güstrow und wird Vorstandsmitglied der Berliner Secession. Sein erstes Drama Der tote Tag erscheint 1912, weitere folgen. Während des Kriegs rückt die bildhauerische Tätigkeit vorübergehend in den Hintergrund, er widmet sich der Dichtung und Grafik sowie ab 1918 erstmals dem Holzschnitt.
1919–33
Wie Kollwitz wird Barlach in Berlin Mitglied der Preußischen Akademie der Künste. In dichter Folge entstehen Illustrationen zu seinen Dramen. 1925 wird er Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste in München, ab 1927 entstehen zahlreiche plastische Arbeiten für den öffentlichen Raum.
1933–38
Barlachs Werke werden sukzessive aus der Öffentlichkeit entfernt. Der Künstler erhält Ausstellungsverbot und wird zum Austritt aus der Preußischen Akademie der Künste gezwungen. Am 24. Oktober 1938 verstirbt Barlach in Rostock.

Raum 1 der Ausstellung "Kollwitz und Barlach. Im Tode vereint" Foto: © massow-picture
Raum 1 der Ausstellung „Kollwitz und Barlach. Im Tode vereint“ Foto: © massow-picture

Führungen und Veranstaltungen zur Ausstellung

Führung
So 31 Juli 15:00 Uhr
So 7 August 15:00 Uhr
Sa 13 August 15:00 Uhr
Sa 20 August 15:00 Uhr
Sa 27 August 15:00 Uhr
So 4 September 15:00 Uhr
Sa 10 September 15:00 Uhr
So 18 September 15:00 Uhr
Sa 1 Oktober 15:00 Uhr
So 9 Oktober 15:00 Uhr
So 23 Oktober 15:00 Uhr

KunstPause
Mi 28 September 12:15 Uhr
Ernst Barlach – Die Skulpturen

Art After Work
Di 20 September 19:00 Uhr
„Enge Freunde“ – Käthe Kollwitz und Ernst Barlach

Kunst&Kuchen
Do 11 August 15:00 Uhr

Kunst&Religion
Di 11 Oktober 18:30 Uhr
„Ich steh an meinem Grab…“, Ernst Barlach, Der Tod, 1925 und
Käthe Kollwitz, Die Klage, 1938-40

60+
Di 20 September 15:00 Uhr

Vermittlungsangebote für Kinder und Familien
Edu
Sa 10 September 11:00 – 13:30 Uhr
Museumswerkstatt für Kinder: „Was Gesichter über das Leben
verraten“, Zeichnen nach Werken von Barlach und Kollwitz

Di 20 September 15:00 – 18:00 Uhr
Lehrerfortbildung Kollwitz und Barlach
Vermittlungsangebote für Schulklassen

Edu-spezial ab 10.Klasse bis Oberstufe
Bilder für den Krieg – Bilder gegen den Krieg.
Der erste Weltkrieg in der Malerei, von Werken des glühenden
Nationalsozialisten und Kriegsbefürworter Fritz Erler auf der einen, zu Arbeiten von Käthe Kollwitz und Ernst Barlach auf der anderen Seite. Diese Maler Letztere setzten sich mit dem Leid und Elend des Kriegs künstlerisch fruchtbar auseinander – woran kann man die jeweilige Haltung zum Krieg am Bild selbst erkennen?

Bildgespräch in den Ausstellungen
Fritz Erler in Verdun – Von der Scholle in den Krieg und
Kollwitz und Barlach – Im Tod vereint

Anmeldung/Beratung 0611 335 – 2185 und
bildungundvermittlung@museum-wiesbaden.de
Museum Wiesbaden
Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur
Friedrich-Ebert-Allee 2, 65185 Wiesbaden
Fon 0611 ⁄335 2250, Fax 0611 ⁄335 2192
www.museum-wiesbaden.de
museum@museum-wiesbaden.de

Öffnungszeiten
Mo geschlossen
Di, Do 10:00—20:00 Uhr
Mi, Fr—So 10:00—17:00 Uhr
An Feiertagen 10:00—17:00 Uhr geöffnet.
Auch Ostermontag und Pfingstmontag geöffnet.

Eintritt
Sonderausstellung* 10,— Euro (7,— Euro)
* Eintritt in die Sonderausstellungen beinhaltet den Besuch der
Sammlungen. Familienangebot: Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre
in Begleitung ihrer Eltern freier Eintritt. Weitere Ermäßigungen und
Tarife für Gruppen unter www.museum-wiesbaden.de ⁄preise

Verkehrsanbindung
PKW und Reisebusse: A 66, Abfahrt Wiesbaden-Erbenheim,
Richtung Stadtmitte, Parkhaus Rheinstraße
Bahn: Zum Hbf Wiesbaden mit DB und S1, S8 und S9 aus Richtung
Frankfurt und Mainz. Vom Hbf 10 min Fußweg zum Museum
Linienbusse: Rheinstraße und Wilhelmstraße

Service Service
Schwellenfreier Zugang links des Haupteingangs.
Ausleihbare Rollstühle, Buggies und Sitzhocker im Foyer.
Museumsshop: Fon 0611 ⁄ 335 2251