Die Pietà des Frankfurter Doms wird zurzeit im Dommuseum restauriert und ist dort nach dem Lockdown zu besichtigen

Derzeit restaurieren die erfahrenen Restauratorinnen Moya Schönberg und Anke Becker die Pietà im Kreuzgang des Dommuseums. © Moya-Schönberg
Derzeit restaurieren die erfahrenen Restauratorinnen Moya Schönberg und Anke Becker die Pietà im Kreuzgang des Dommuseums. © Moya-Schönberg

Seit Jahrzehnten ist sie eines der am meisten besuchten Bildwerke im Frankfurter Dom: die Pietà – die lebensgroße Figurengruppe mit der trauernden Maria, die ihren toten, vom Kreuz genommenen Sohn im Schoß hält. 1914 wurde die Holzskulptur des Bildhauers Caspar Weis (1849–1930) im Dom aufgestellt. Seitdem wurden vor ihr unzählige Kerzen angezündet und Blumen niedergelegt. Und die ernst und traurig blickende Muttergottes war Zeugin vieler stiller Gebete und Fürbitten.

Doch nun ist das Werk mit seiner kostbaren Farbfassung im Stil der Neugotik – Kleid und Mantel Marias sind als edler Brokatstoff mit einem feinen, kleinteiligen Muster wiedergegeben – akut gefährdet. An vielen Stellen finden sich Spuren von Berührungen oder von allzu nah an die Holzskulptur gerückten Kerzen. Durch Klimaschwankungen löst sich die Farbfassung und es sind schon zahlreiche Fehlstellen entstanden, Kerzenruß und der in der Innenstadt allgegenwärtige Feinstaub haben sich auf das beliebte Bildwerk gelegt.

1914 wurde die Holzskulptur des Bildhauers Caspar Weis (1849–1930) im Dom aufgestellt © Axel Schneider
1914 wurde die Holzskulptur des Bildhauers Caspar Weis (1849–1930) im Dom aufgestellt © Axel Schneider

Deshalb hat die Pietà nun ihren angestammten Platz in der Scheid-Kapelle des Kaiserdoms verlassen und befindet sich derzeit im Kreuzgang des Dommuseums. Dort wird sie seit Ende Februar im Quadrum durch die beiden erfahrenen Restauratorinnen Moya Schönberg und Anke Becker restauriert. Sobald das Dommuseum seine Pforten wieder öffnet, können Besucherinnen und Besucher die zwei bei der Arbeit und die Pietà im Dommuseum besuchen.
Der steinerne Sockel der Figur und die Kapelle werden während der Restaurierung durch die Stadt Frankfurt wieder hergestellt.

Veranstaltungen / Begleitprogramm*
MI 24.3. / 18 Uhr In Restauro – Die Pietà des Frankfurter Doms und ihre aktuelle Restaurierung. Mit Moya Schönberg (Restauratorin) und Bettina Schmitt (Kunsthistorikerin und Leiterin Dommuseum Frankfurt)
MI 31.3. / 18 Uhr Erbarmen – Pietà. Bildbetrachtung in der Karwoche. Mit Rektor Dr. Stefan Scholz und Bettina Schmitt
Anmeldung zu den Veranstaltungen: info@dommuseum-frankfurt.de / 069 800 87 18 290

* vorbehaltlich der Pandemie-Bestimmungen des Landes Hessen. Bitte informieren Sie sich aktuell unter: dommuseum-frankfurt.de

Hintergrundinfo zur Pietà

© Axel Schneider
© Axel Schneider

Als Pietà (Italienisch für Mitleid, Erbarmen) bezeichnet man die Darstellung der Muttergottes, die ihren vom Kreuz abgenommenen, toten Sohn auf dem Schoß hält und ihn beweint. Diese Szene ist in keinem der Evangelien beschrieben. Es handelt sich vielmehr um eine Bilderfindung des 14. Jahrhunderts (abgeleitet von byzantinischen Ikonen), das die Passion Christi in das Zentrum der Frömmigkeit rückte und das persönliche Nacherleben und Nachfühlen des Leidens (Compassio) zu einer religiösen Praxis erhob. Bildliche Darstellungen von Schlüsselmomenten spielten dabei als Andachtsbilder eine bedeutende Rolle. Die Pietà wurde vor allem nördlich der Alpen häufig dargestellt; die schönsten Beispiele entstanden in den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts in Süddeutschland, Österreich und Tschechien. Dennoch steht die berühmteste in Rom – Michelangelos Pietà im Petersdom. Die Pietà des Frankfurter Kaiserdoms orientiert sich an Vorbildern der Spätgotik aus dem deutschsprachigen Raum und den Niederlanden, die sie in eine monumentale Größe übersetzt. Sie wurde einen Monat vor dem Beginn des ersten Weltkriegs im Frankfurter Dom aufgestellt. Damals empfand man sie als „völlig aus dem Rahmen der Domausstattung herausfallend“ und „modern“ (Kaufmann 19224, S. 31; vgl. Dillmann1929, S. 24).
Caspar Weis führte eine große Werkstatt in Oberlahnstein. Er arbeitete eng mit Stadtpfarrer Franz Münzenberger zusammen und war auf Restaurierung und Neupolychromierung von Altären und Figuren spezialisiert.