Kategorie-Archiv: Wilhelm Leuschner-Medaille

Bischof der Herzen, Kardinal Lehmann, ist mit der Wilhelm-Leuschner-Medaille im Wiesbadener Schloss Biebrich geehrt worden

Langjähriger Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann von Ministerpräsidenten Volker Bouffier mit höchster hessischer Auszeichnung, der Wilhelm-Leuschner-Medaille, geehrt. Foto: Heike v. Goddenthow
Langjähriger Mainzer Bischof Karl Kardinal  Lehmann von Ministerpräsidenten Volker Bouffier mit höchster hessischer Auszeichnung, der Wilhelm-Leuschner-Medaille, geehrt. Foto: Heike v. Goddenthow

Der frühere Mainzer Bischof Karl Kardinal  Lehmann ist während eines Festaktes am 30. November 2016 mit der Wilhelm Leuschner-Medaille ausgezeichnet worden. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, der auch die Laudatio hielt, überreichte Lehmann die höchste Auszeichnung des Landes Hessens im Wiesbadener Biebricher Schloss.

Bouffier  würdigte Lehmann als „Idealbesetzung im Amt des Bischofs“ ,als  einen „herausragenden Brückenbauer“ und als einen „Mittler zwischen den Welten“. Wörtlich sagte der Hessische Ministerpräsident: „Sie haben die Fähigkeit zu verbinden und sowohl menschlich als auch intellektuell Gegensätze zu überwinden. Ihnen ist es gelungen, ein Mittler zwischen der Wissenschaft und dem Glauben, der katholischen und der evangelischen Kirche, zwischen den christlichen und nichtchristlichen Religionen, zwischen Gesellschaft und Politik, ja sogar zwischen Kirche und Sport“, sagte der Ministerpräsident in seiner Laudatio im Wiesbadener Schloss Biebrich. „Sie sind ein Mann unserer Zeit und waren als Bischof von Mainz eine Idealbesetzung. Die Menschen in und um Hessen haben ‚ihren Karl‘ tief ins Herz geschlossen und Ihre Arbeit sehr geschätzt.“

Ministerpräsident Bouffier  würdigte Lehmann als „Idealbesetzung im Amt des Bischofs“ ,als  einen „herausragenden Brückenbauer“ und als einen „Mittler zwischen den Welten“. Foto: Heike v. Goddenthow
Ministerpräsident Bouffier würdigte Lehmann als „Idealbesetzung im Amt des Bischofs“ ,als einen „herausragenden Brückenbauer“ und als einen „Mittler zwischen den Welten“. Foto: Heike v. Goddenthow

In Anspielung auf das auf Georg August Zinn  zurückgehende Zitat „Hesse ist, wer Hesse sein will“, sei auch Lehmann ein Hesse, selbst wenn er bekennender Mainzer sei, so Bouffier. Immerhin befänden sich  zwei Drittel des Mainzer Bistums auf hessischer Seite. So  war Kardinal Lehmann als Bischof von Mainz auch für den größten Teil der in Hessen lebenden Katholiken das geistliche Oberhaupt. „Karl Kardinal Lehmann war wie kein anderer in mehr als drei Jahrzehnten, fast 33 Jahren, der Repräsentant des Katholizismus in der Diözese Mainz. Von 1987 bis 2008 war er Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. An seinem 80. Geburtstag trat er im Mai als Bischof von Mainz zurück. Durch sein fundiertes theologisches Wissen und seine mitmenschliche Ausstrahlung hat er dem Bistum und seinen Gläubigen weit über die Grenzen Deutschlands hinaus eine geachtete Stimme verliehen. Kardinal Lehmann war und ist für gesellschaftliche und politische Fragen stets ein wichtiger und allseits geschätzter Ratgeber. Er war ein beliebter Verwalter und Gestalter eines jahrtausendealten Erbes. Für sein Lebenswerk bei der Erneuerung der Kirche und den gelebten Geist der Ökumene erhält Kardinal Lehmann die höchste Auszeichnung des Landes Hessen“, sagte der Ministerpräsident.

Volker Bouffier hob in seiner Laudatio Kardinal Lehmanns Standfestigkeit in Glaubensfragen hervor. Als Sprecher der deutschen Bischöfe habe Lehmann mit Entschiedenheit und großem Engagement die Interessen der deutschen Katholiken auch immer wieder vor dem Vatikan vertreten.

„Sie haben den Menschen auch außerhalb der katholischen Kirche Ihre Hand gereicht und sich mit Einfühlungsvermögen, Kraft und Beharrlichkeit für das Miteinander eingesetzt. Das Zusammenführende von katholischer und evangelischer Kirche war immer Triebfeder, um sich mit Beharrlichkeit für die Gemeinsamkeiten der Christen im Glauben einzusetzen. Ihr Wort war stets geschätzt und hat auch weiterhin für die Katholiken in Hessen, in Deutschland, und für unsere gesamte Gesellschaft Gewicht. So wurden Sie zum Gesicht einer menschenfreundlichen Kirche“, sagte Regierungschef Volker Bouffier und betonte, dass Lehmann stets zum wertschätzenden Miteinander eintreten sei, das Gemeinsame unter Menschen zu suchen, ohne das Trennende zu missachten. Lehmann sei ein „Glücksfall“ für sein Bistum und sein Land gewesen.

Seine Eminenz Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz: "Ich verstehe die Verleihung der Medaille als Dank für die Anerkennung meines Dienstes für die Demokratie und das Gespräch zwischen Staat und Kirche“  Foto: Diether v. Goddenthow
Seine Eminenz Karl Kardinal Lehmann, Bischof em. von Mainz: „Ich verstehe die Verleihung der Medaille als Dank für die Anerkennung meines Dienstes für die Demokratie und das Gespräch zwischen Staat und Kirche“ Foto: Diether v. Goddenthow

In seinem Dankwort sagte Kardinal Lehmann, die Verleihung als „Dank für die Anerkennung meines Dienstes für die Demokratie und das Gespräch zwischen Staat und Kirche“ zu verstehen. Er wolle sich für die „Art und Weise des Umgangs miteinander im politischen Geschäft und zumal mit den Kirchen und Religionen“ bedanken. „Es gibt in diesem Land klare Konturen der einzelnen Parteien und der verantwortlichen Persönlichkeiten, auch gelegentlichen Streit und – gar nicht so selten – ein erstaunliches, geradezu friedliches Miteinander. Dies ist gewiss nicht alle Tage so. Aber ich meine darin doch etwas von den bleibenden Errungenschaften der Widerstandskämpfer für uns und – wie es schon in der Gründungsurkunde des Preises heißt – vom Geist Wilhelm Leuschners‘ zu erkennen“, betonte der Kardinal.

Dem Lande Hessen sei er seit 1983 in besonderer Weise verbunden, sagte Lehmann: „Weit über zwei Drittel der katholischen Christen im Bistum Mainz, für die ich 33 Jahre Bischof sein durfte, leben in Hessen. Ich lernte Land und Leute schätzen und nicht selten lieben. Dies gilt besonders auch für die wirtschaftlichen und sozialen, die kulturellen und wissenschaftlichen Beiträge von vielen Frauen und Männern.“

Kardinal Lehrmann ist der 226. Träger der Wilhelm Leushcner-Medaille, die der  ehemalige Ministerpräsident Georg August Zinn am 29. September 1964 anlässlich des 20. Todestages Wilhelm Leuschners stiftete. Wilhelm Leuschner war von 1928 bis 1933 hessischer Innenminister. Leuschner zählte zu den wichtigsten Persönlichkeiten des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler wurde Leuschner zum Tode verurteilt und am 29. September 1944 hingerichtet. Die nach ihm benannte Medaille wird an Persönlichkeiten vergeben, die sich beispielhaft für Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit eingesetzt haben. Die Medaille wird seit 1965 verliehen. Zu den Trägern der Medaille gehören etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Philosoph Jürgen Habermas und der vor drei Jahren verstorbene Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki.

Die Ehrung markiert den  Auftakt der  Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag des Landes, der am 30. November und 1. Dezember mit vielen Programmpunkten in der Landeshauptstadt gefeiert wird.

 

 

Wilhelm Leuschner-Medaille Irmgard Heydorn und Trude Simonsohn für besondere Verdienste

„Große Persönlichkeiten, die gegen das Naziregime kämpften und Freiheit und Demokratie in den Mittelpunkt stellten“

Trude Simonsohn Foto: Privat, ©  Hessische Staatskanzlei
Trude Simonsohn Foto: Privat, © Hessische Staatskanzlei

Wiesbaden. Zwei Trägerinnen der Wilhelm Leuschner-Medaille feiern in diesen Tagen ein besonderes Jubiläum. Irmgard Heydorn vollendet am 24. März das 100. und Trude Simonsohn am 25. März das 95. Lebensjahr. Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier würdigte  anlässlich der bevorstehenden Geburtstage den Kampf der in Frankfurt lebenden Freundinnen für eine solidarische und humanitäre Gesellschaft. „Irmgard Heydorn und Trude Simonsohn sind zwei große Persönlichkeiten, die gegen das Naziregime kämpften, sich trauten Nein zu sagen und Freiheit und Demokratie in den Mittelpunkt stellten. Seit vielen Jahren referieren sie als Zeitzeuginnen über die schrecklichen Erlebnisse während des Holocausts und bewahren die grausamen Kapitel unserer Geschichte mahnend in Erinnerung. Irmgard Heydorn und Trude Simonsohn fungieren dabei als Vorbilder, denn ehrenamtliches Engagement bildet das Fundament der Verantwortung unseren Mitmenschen gegenüber.“

Irmgard Heydorn,  ©  Hessische Staatskanzlei
Irmgard Heydorn, © Hessische Staatskanzlei

Irmgard Heydorn war der Kult um Führer, Fahne und Vaterland von Beginn an zuwider. „Bereits in jungen Jahren, direkt nach dem Abitur, entschied sie sich gegen ein Leben nach den Vorstellungen des Nationalsozialismus und verzichtete bewusst auf ein Medizinstudium. Stattdessen nahm sie eine Stelle in einem jüdischen Bankhaus an, um dem Inhaber zur Flucht ins Ausland und zur Rettung seines Vermögens zu verhelfen“, so der Ministerpräsident. Als Mitglied des damals verbotenen Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) kämpfte sie gegen das Naziregime und leistete Aufklärungsarbeit mit dem Ziel, die Nationalsozialisten zu schwächen und die Regierung zu stürzen. 1943 versteckte sie einen geflohenen Gefangenen und riskierte dabei ihr Leben.

„Trude Simonsohn ist eine Überlebende des Konzentrationslagers Theresienstadt. Im Juni 1942 geriet die damals 21-Jährige nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich wegen angeblichen Hochverrats und illegaler kommunistischer Tätigkeit in Haft“, sagte Volker Bouffier. Nach ihrer Befreiung arbeitete Trude Simonsohn noch einige Monate an der Auflösung des Konzentrationslagers, angestellt vom Sozialministerium in Prag. Sie engagierte sich später ehrenamtlich als Jugendschöffin, im Arbeitskreis für den Frieden im Nahen Osten und unterstütze verschiedenste Einrichtungen. Neun Jahre fungierte sie als Gemeinderatsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt. Darüber hinaus übte sie Ehrenämter im Vorstand der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, bei den Freunden der Hebräischen Universität Jerusalem und im Beirat der Anne Frank-Stiftung aus.

Die höchste Auszeichnung des Landes Hessen haben Trude Simonsohn am 2. Dezember 1996 und Irmgard Heydorn am 1. Dezember 2007 für ihren unermüdlichen Einsatz gegen den Nationalsozialismus erhalten. Die Wilhelm Leuschner-Medaille erinnert an den 1944 ermordeten hessischen Innenminister und Widerstandskämpfer Wilhelm Leuschner. Sie wird seit 1965 an Persönlichkeiten verliehen, die sich zur Würdigung des Einsatzes für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit eingesetzt und Staat, Gesellschaft sowie Kultur in vorbildlicher Weise geprägt haben.