28. Mainzer Kunstpreis Eisenturm 2019 zur Vernissage „Odyssee“ in der Mainzer Volksbank verliehen

„ODYSSEE“ – Ausstellungseröffnung im MVB-Forum - anlässlich der 28. Verleihung des Eisentumpreises 2019.© Archivbild: Diether v Goddenthow
„ODYSSEE“ – Ausstellungseröffnung im MVB-Forum – anlässlich der 28. Verleihung des Eisentumpreises 2019.© Archivbild: Diether v Goddenthow

Am 7. November 2019 haben der Kunstverein Eisenturm Mainz e.V. und die Mainzer Volksbank zur Eröffnung der Vernissage „Odyssee“ im MVB-Forum den „28. Mainzer Kunstpreis Eisenturm 2019 – Hans Jürgen Imiela Gedächtnispreis“ in der Gesamthöhe von 10 000 Euro verliehen: Tanja Lebski erhielt für ihr Triptychon „Post Mortem“ den mit 5000 Euro dotierten ersten Preis. Den mit 3000 Euro ausgestatteten zweiten Platz holte Regina Geißler für ihr Werk „Abenteurer“. Clemens Tremmels Ölgemälde „Die Heimkehr“ erhielt den dritten Preis mit 2000 Euro.

Das Ausstellungs-Motto „Odyssee“ war als Vorgabe für die einzureichenden Arbeiten im bundesweiten Ausschreibungstext bewusst offen gehalten. Wie es dort heißt, sind „Menschen seit Jahrtausenden unfreiwillig unterwegs und begeben sich auf eine Reise ins Ungewisse. Sie verlassen ihre gewohnte Umgebung, ihre Heimat, und werden zu Fremden in einem neuen Land. Getriebene. Wie die Figur aus der griechischen Mythologie irren sie durch das Meer, durch die Welt und suchen Wege  eine sichere menschenwürdige Existenz. Dabei werden sie oft Opfer von Missgunst und Gewalt und geraten zwischen kulturelle und politische Fronten. Und wünschen sich doch nur eins: Ankommen.“

Ume Abel, Vorstandsvorsitzender der MVB, begrüßt die Gäste. © Foto: Diether v Goddenthow
Ume Abel, Vorstandsvorsitzender der MVB, begrüßt die Gäste. © Foto: Diether v Goddenthow

In seinen Begrüßungsworten ging der Vorstandsvorsitzende der Mainzer Volksbank, Uwe Abel, auf die Bedeutung des Mottos „Odyssee“ ein und hob die Bedeutung der Kunst als wichtiges gesellschaftliches Korrektiv hervor. Ganz besonders begrüßte er Marianne Grosse in ihrer Eigenschaft als Kulturdezernentin der Stadt Mainz sowie Dietmar Gross, den Vorsitzenden des Kunstvereins Eisenturm. „Ohne ihn und den Kunstverein Eisenturm würde es diese Veranstaltung nicht geben“, hob Abel hervor und dankte „dem Kunstverein Eisenturm für diese, wie auch die vielen bisherigen großartigen Ausstellungen in unseren Räumen.“ Der Vorstandsvorsitzende freute sich, dass die Kunsthistorikerin Dr. Nicole Nieraad-Schalke zum wiederholten Male die Einführung halten werde. Er fügte ein wenig nachdenklich und stolz zugleich hinzu, dass es wohl nur noch eine Regionalbank in Mainz und vielleicht überhaupt gäbe, „die sich dem Thema Kunst und Kultur seit vielen Jahren widme“ und „wir wollen es auch in Zukunft tun“, so Abel.

Marianne Grosse betonte in ihrem Grußwort ausdrücklich, dass die Mainzer Volksbank verlässlicher Teil der Stadtgesellschaft sei, und ein wichtiger Begleiter der Kultur über viele, viele Jahre hinweg. Ohne die Mainzer Volksbank „wären wir in Mainz nicht so, wie wir sind“, so die Kulturdezernentin, die solch ein Engagement insbesondere in einer Gesellschaft wichtig findet, „die immer mehr auseinander zu driften scheint.“ Und ganz persönlich fügte sie hinzu: Was nütze da eine anonyme Internet-Bank, die praktisch keinen Kunden kenne.

Kulturdezernentin Marianne Grosse dankt der MVB, dem Eisenturm und den Künstlern. © Foto: Diether v Goddenthow
Kulturdezernentin Marianne Grosse dankt der MVB, dem Eisenturm und den Künstlern. © Foto: Diether v Goddenthow

Kunstwerke seien Erzeugnisse künstlerischen Schaffens und seien immer auch Eigensinn, Widersinn, Dekonstruktion, Formenbruch und Wirklichkeitsverzerrung, so Grosse. Die so in der Kunst stets entfachte Lebendigkeit und Dynamik wäre ohne Freiheit und Offenheit undenkbar. Auch der Kunstverein Eisenturm arbeite überaus offen. „Denn der Kunstpreis Eisenturm, den sie seit 2005 verleihen, wendet sich eben nicht nur an bildende Künstlerinnen und Künstler in unserer Region, sondern auch an Künstlerinnen und Künstler in ganz Deutschland, von denen bei der Preisvergabe drei Personen für ihre Arbeit geehrt werden“, vertiefte die Kulturdezernentin, die sehr glücklich darüber sei, „dass wir in einer Stadt leben, die so bereichert ist von zahlreichen Vereinen und Einrichtungen wie dem Kunstverein Eisenturm“.

„380 Bewerbungen für den Kunstpreis Eisenturm sind eingegangen. Ich finde, das ist eine unheimlich beeindruckende Zahl.“ Allein das Begutachten der 380 eingegangenen Bewerbungen für den Kunstpreis Eisenturm und das Herausfiltern der interessantesten Motive mache vor allen Dingen auch einmal mehr deutlich, „mit welch einem organisatorischen Aufwand sie es dann tatsächlich zu tun haben. Wenn wir uns vor Augen halten, lieber Herr Gross, dass Sie und Ihr Team das alles ehrenamtlich machen, müssen wir ihnen allerhöchste Hochachtung zollen, auch dieses Jahr wieder eine unglaubliche Leistung. Vielen Dank!“, lobte die Kulturdezernentin.

Dietmar Gross, Vorsitzender des Kunstvereins Eisenturm, dankte der Mainzer Volksbank, seinem Team und den Künstlern. © Foto: Diether v Goddenthow
Dietmar Gross, Vorsitzender des Kunstvereins Eisenturm, dankte der Mainzer Volksbank, seinem Team und den Künstlern. © Foto: Diether v Goddenthow

Dietmar Gross, Vorsitzender des Kunstvereins Eisenturm, freute sich über den Erfolg des Kunstpreises. „Über 300 Bewerbungen aus ganz Deutschland zeugen vom hohen Renommee, das der Preis bundesweit erreicht hat. Dass wir einen Kunstpreis über 28 Jahre vergeben können, verdanken wir dem Stifter des Preises, der Mainzer Volksbank.“ Anschließend übergab er gemeinsam mit Uwe Abel Preise und Blumen an die Preistäger.

Preisverleihung und Einführung 

(v.li.): Der Vorsitzende des Kunstverein Eisenturm Dietmar Gross, die Zweitplatzierte Regina Geißler, der Vorstandsvorsitzende der Mainzer Volksbank Uwe Abel, die Siegerin Tanja Lebskis, der Drittplatzierte Clemens Tremmel sowie die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse. © Foto: Diether v Goddenthow
(v.li.): Der Vorsitzende des Kunstverein Eisenturm Dietmar Gross, die Zweitplatzierte Regina Geißler, der Vorstandsvorsitzende der Mainzer Volksbank Uwe Abel, die Siegerin Tanja Lebskis, der Drittplatzierte Clemens Tremmel sowie die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse. © Foto: Diether v Goddenthow

Die  Kunsthistorikerin Dr. Nicole Nieraad-Schalke führte in die Ausstellung und preisgekrönten Werke ein.
Bereits Johann Wolfgang von Goethe sah vor 220 Jahren im tragisch griechischen Epos einen idealen Nährstoff für Künstler, von denen jedoch niemand vor des Dichterfürsten gestrengen akademischen Auges zu bestehen vermochte. Die Odyssee  zähle  noch immer zu den einflussreichsten Werken der Kulturgeschichte, so Dr. Nieraad-Schalke.

Die Kulturwissenschaftlerin Dr. Nicole Nieraad-Schalke  befasste sich in ihrer Einführung mit jedem einzelnen Werk der Ausstellung.© Foto: Diether v Goddenthow
Die Kulturwissenschaftlerin Dr. Nicole Nieraad-Schalke befasste sich in ihrer Einführung mit jedem einzelnen Werk der Ausstellung.© Foto: Diether v Goddenthow

Nachdem Troja erobert war, „muss der griechische König Odysseus auf der Rückfahrt in seine Heimat Ithaka unzählige Abenteuer bestehen. Während der 10 Jahre dauernden Reise (mit  Trojanischen Krieg 18 Jahre) erleidet der Held und Stratege von Troja mehrfach Schiffbruch, wird von Insel zu Insel getrieben, kämpft mit menschenfressenden Zyklopen, Meeresungeheuern, liebt betörende Nymphen und widersteht verführerischen Sirenen, steigt in die Unterwelt hinab und verhandelt mit Wind, Sonne und Meeresgöttern.“ Dieser Prototyp der spannungsgeladenen Action-Geschichte diene bis heute bildenden Künstlern als reiche Quelle der Inspiration, so auch den Schöpfern der zur Ausstellung eingereichten und nominierten Arbeiten.

Dritter Platz „Die Heimkehr“ von Clemens Tremmel

Dritter Platz "Die Heimkehr" von Clemens Tremmel
Dritter Platz „Die Heimkehr“ von Clemens Tremmel

Clemens Tremmels Bild „Die Heimkehr“ sei beispielhaft dafür, „wie in der Auseinandersetzung mit anderen Figuren und Zeiten eine solch hervorragende Schöpfungsleistung entstehen kann“. Das meisterhafte Ölbild „Die Heimkehr“, ein im trüben Dämmerlicht schwimmendes und zurückkehrendes kleines Boot des jungen Leipziger Künstlers, erinnere in seiner Technik und stimmungsvollen Atmosphäre zunächst an die romantische Malerei des 19. Jahrhunderts. Die mutwillige Zerstörung der malerischen Einheit durch aggressive Abkratzspuren transportiere jedoch Tremmels Arbeit auf einzigartige Weise ins 21. Jahrhundert. „Metallisch glänzend tritt das moderne Trägermaterial aus Aluminium hervor, und wir Betrachtenden reagieren fast körperlich auf dieses offenkundige Symbol von roher Gewalt. Wie lebenslang zeichnende Narben erinnern sie den Heimkehrer an innere und äußere Kämpfe“, so die Kunsthistorikerin.

Zweiter Platz  „Abenteurer“ von Regina Geißler

Zweiter Platz  „Abenteurer“ von Regina Geißler
Zweiter Platz „Abenteurer“ von Regina Geißler

Auch das den zweiten Platz belegende Acrylbild „Abenteurer“ von Regina Geißler lasse die Grenzen zwischen innerer und äußerer Welt verschwimmen, so Dr. Nieraad-Schalke. Die Mainzer Künstlerin entfache in gewaltiger Atmosphäre ein Spannungsfeld von körperlich minimaler und virtuell maximaler Dynamik in Gestalt des computerspielenden Jugendlichen. Dieser sei umhüllt von digitalen Spielständen, gegnerischen Figuren und feuerfegenden Monstern, wobei manche der Elemente gar an Galaxien oder mythologische Sagengestalten erinnerten. Unverkennbar spiegele sich hier der kulturelle Einfluss von Homers antiken Epos bis in die digitale Computerspielewelt wider, wobei jeder heutzutage mit Action-Adventure-Spielen wie „Assassin’s Creed: Odyssey“ selbst virtueller Abenteurer sein und in die Rolle des furchtlosen Helden schlüpfen könne. „Doch, obwohl die Kämpfe in der Illusion ausgetragen werden, finden sie einen körperlichen Widerhall“. Regina Geißler geschickte Farbgebung fange vor allem die sehr reale Aufregung in Herz und Bauch ein.

Erster Platz „Post Mortem“ von Tanja Lebski

Erster Platz "Post Mortem" von Tanja Lebski
Erster Platz „Post Mortem“ von Tanja Lebski

Tanja Lebski aus Altleinigen wählte für ihre außergewöhnliche Arbeit „Post mortem“, welches den ersten Preis erhielt, die sakrale Form eines Triptychons, ein Bild-Format, welches bereits im Mittelalter eine zentrale Bedeutung bei Altar- oder Andacht-Bilder spielte und auf welches noch heute Kunstschaffende gerne zurückgreifen, „wenn es um existentielle Grenzsituationen um Leben und Tod geht“, so Dr. Nieraad-Schalke. Auf der Mitteltafel habe die Preisträgerin in Acrylmalerei eine rührende Szenerie von Krieg und Zerstörung entwickelt, im Zentrum der medialen Erinnerungssplitter die Verwüstung der bosnisch-herzegowina’schen UNESCO-Weltkulturerbe-Brücke „Kriva Ćuprija“, die Jahrhundertelang als Symbol für das friedliche Miteinander unterschiedlicher religiöser, kultureller und ethnischer Traditionen stand. Auf den stoffbespannten Seitenflügeln, die quasi eine Kommentarfunktion einnähmen, spanne die Preisträgerin diesen thematischen Bogen noch weiter. Die aufgebrachten Strickfragmente und verdreckten Stoffreste symbolisierten eine zurückgelassene Vergangenheit, eine übliche Folge, wenn Menschen durch Krieg, Verfolgung und Diskriminierung ihre Heimat verlassen müssten. Letztlich stünde die Frage im Raum, was nach dem Heimatverlust noch bliebe, wobei Religiosität als Form der Trauerbewältigung zumindest angedeutet würde, so das Fazit der Kunsthistorikerin.
Ort und Dauer

Ausstellung Odyssee bis 17. Januar 2019 © Foto: Diether v Goddenthow
Ausstellung Odyssee bis 17. Januar 2019 © Foto: Diether v Goddenthow

Die Ausstellung „Odyssee“ im MVB-Forum, Neubrunnenstr. 2 in Mainz, zeigt  bis Freitag, 17.01.2020, die besten 25 Bilder aus 380 Einreichungen. Es lohnt sich.

Öffnungszeiten: montags bis donnerstags von 9:00 bis 18:00 Uhr sowie freitags von 9:00 bis 13:00 Uhr.

(Diether v. Goddenthow / Rhein-Main.Eurokunst)