UGO RONDINONE. SUNRISE. EAST. – Stonehenge im Städelgarten Frankfurt

Ein Hauch von Stonehenge umweht ab dem 28. Juni 2023 den Städelgarten in Frankfurt. Es sind groteske Wesen, die das Publikum ab dem Sommer im Städel Garten empfangen. Der Schweizer Konzept- und Installationskünstler Ugo Rondinone (geb. 1964) verwandelt den markanten Hügel über den Gartenhallen in eine sonderbare Landschaft. © Foto Diether von Goddenthow
Ein Hauch von Stonehenge umweht ab dem 28. Juni 2023 den Städelgarten in Frankfurt. Es sind groteske Wesen, die das Publikum ab dem Sommer im Städel Garten empfangen. Der Schweizer Konzept- und Installationskünstler Ugo Rondinone (geb. 1964) verwandelt den markanten Hügel über den Gartenhallen in eine sonderbare Landschaft. © Foto Diether von Goddenthow

Von ihrer kreisförmigen Anordnung  her betrachtet, atmen Ugo Rondinones 12 im Jahreszyklus aufgestellten Skulpturen der Serie „sunrise.east“ einen Hauch von Stonehenge in England. Sie können bis zum 5. November 2023 im Städelgarten bei freiem Eintritt besichtigt werden. In Stonehenge hatten sich vor einer Woche tausende Fans an einem großen Kreis aus ehemals 30 stehenden Megalith-Quadern getroffen, um die Sommer-Sonnenwende zu feiern. Sie wollten vor dieser  jungsteinzeitlichen mystisch anmutenden Kulisse einmal mehr ihre Alleingebundenheit in Natur und Gezeiten  erfahren. Auch die archaisch anmutenden Kopf-Skulpturen des Schweizer Konzept- und Installationskünstler Ugo Rondinone (*1964)  laden geradezu ein, sich auf spielerische Weise einzulassen auf die vielen  Grundfragen zum Menschsein, zur Dualität von Natur und Kultur und zu  individuellen und universellen Auffassungen von Zeit.

Am schönsten, wenn man in diesen Dimensionen überhaupt werten darf, finden die Besucher die Skulptur mit dem Namen Mai von Ugo Rondione aus der Serie SUNRISE. EAST. © Foto Diether von Goddenthow
Am schönsten, wenn man in diesen Dimensionen überhaupt werten darf, finden die Besucher die Skulptur mit dem Namen Mai von Ugo Rondione aus der Serie SUNRISE. EAST. © Foto Diether von Goddenthow

Rondinone nähert sich dem Phänomen Zeit über ein zentrales wie simples Konzept der zyklischen Zeiterfassung, symbolisiert durch seine zwölfteilige Werkgruppe sunrise. east.: Er weist jedem der im Kreis angeordneten Köpfe namentlich einen Monat des Jahres zu: von sunrise. east. january über sunrise. east. july bis zu sunrise. east. december. Natürlichkeit und Künstlichkeit lässt Rondinone in den Figuren miteinander verschmelzen. Aus Aluminium gegossen, simuliert ihre silberne Farbe Tau, der sich am Morgen bildet und durch das Licht belebt wird. Auf der Oberfläche der Skulpturen werden auch Rondinones Fingerabdrücke sichtbar, die an den mehrteiligen Herstellungsprozess erinnern: Rondinone modellierte jeden einzelnen Kopf mit Ton auf einem Styroporkern. Die Betonsockel, auf denen die Werke stehen, sind Abgüsse von verwittertem Scheunenholz. Die Maserung des Holzes ist im Beton erkennbar. sunrise. east. greift Rondinones wiederkehrendes Motiv der Maske auf und setzt auch Assoziationen zu Totems in archaischen Kulturen frei, beispielsweise die monumentalen Moai-Steinköpfe der polynesischen Osterinsel. Trotz ihres mythischen Eindrucks haftet Rondinones Köpfen aus Aluminium eine karikaturistische Note an, die sich auf die innere Welt der Besucher bezieht, an ihre Emotionen appelliert und die Skulpturen in der Gegenwart verortet.

Mutig blickt eine Besucherin in den Monsterschlund aus Spaß am Geisterbahngrusel-Flair, oder  auf der Suche nach ihren archaischen Wurzeln oder der verlorenen Zeit oder, oder, oder.?  Rondinones Figuren regen auf und an!© Foto Diether von Goddenthow
Mutig blickt eine Besucherin in den Monsterschlund aus Spaß am Geisterbahngrusel-Flair, oder auf der Suche nach ihren archaischen Wurzeln oder der verlorenen Zeit oder, oder, oder.? Rondinones Figuren regen auf und an!© Foto Diether von Goddenthow

Besucher werden im Städel-Garten von Rondiones von den Hinterköpfen seiner in den Kreis hineinschauenden, grotesken Wesen empfangen und entdecken, wie Ugo Rondinone den markanten Hügel über den Gartenhallen in eine sonderbare Landschaft verwandelt hat. In der Werkgruppe sunrise. east. (2005) ordnet Rondinone jedem Monat einen Kopf mit charakteristischen und gleichsam stark reduzierten Gesichtszügen zu. Überlebensgroß und in silbern glänzendem Aluminium sind die klobigen, zwei Meter hohen Skulpturenköpfe auf ihre Mimik reduziert: Mit aufgerissenen Mündern blicken sie aus kleinen Augen von freundlich naiv über skeptisch und überrascht bis hin zu schaudererregend. Sie lösen die unterschiedlichsten Assoziationen aus, lassen an rituelle Masken und Geister, aber auch an die Bildsprache von Comics, Emoticons oder Memes denken. Die Besucher des Städel Gartens sind eingeladen, allen zwölf Wesen – und damit allen Monaten – von Angesicht zu Angesicht zu begegnen und die unterschiedlichen Freuden, Widrigkeiten und Emotionen eines ganzen Jahres im Schnelldurchlauf zu erleben.

Ugo Rondione Skulpturen zwischen Humor und Horror aus der Serie SUNRISE. EAST. © Foto Diether von Goddenthow
Ugo Rondione Skulpturen zwischen Humor und Horror aus der Serie
SUNRISE. EAST. © Foto Diether von Goddenthow

Ugo Rondinones Schaffen umfasst neben der Skulptur unterschiedliche Medien wie Malerei, Video und Installation. Besondere Bekanntheit erlangte der Künstler durch seine Arbeiten im öffentlichen Raum, die er seit den 1990er-Jahren kreiert. Im Sinne einer „Kunst für alle“ möchte er mit seinen charakteristischen Skulpturen im Außenraum ein breites Publikum erreichen. In seinen poetischen und konzeptuellen Arbeiten thematisiert Rondinone die Widersprüche des Lebens und schafft einen Dialog zwischen Künstlichkeit und Natur, Kultur und Gesellschaft sowie Ewigkeit und Vergänglichkeit.

Philipp Demandt, Direktor des Städel Museums, und ein großer Fan von Rondione, sagte beim Presserundgang „Die Werke des Künstlers Ugo Rondinone berühren und sprechen jeden an. Seine Skulpturen wurden bereits in Städten wie Paris, New York, Rom, Miami und sogar in der Wüste Nevadas präsentiert. Es ist eine wahre Freude, dass wir nun auch Werke im Städel Garten – mitten in Frankfurt – zeigen können. Der Städel Garten ist der erste Sammlungsraum des Museums. Rondinones Arbeiten fügen sich darin hervorragend ein, denn sie unterstreichen unseren Ansatz, Kunst uneingeschränkt für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“
Die Kuratorin Svenja Grosser, stellvertretende Leiterin Sammlung Gegenwartskunst, Städel Museum, erleutert, dass Rondione „mit seiner klaren formalästhetischen Bildsprache  reduzierte Formen, Elemente und Schriftzüge zu Kunstwerken erhebt. Dabei arbeitet er in wiederkehrenden Serien, die er stetig, über Jahrzehnte hinweg weiterentwickelt und zu denen auch sunrise. east. gehört. Sie sind eine Einladung an den Betrachter, kurz im Treiben des Alltags innezuhalten.“

Viele Ideen und Ansätze Rondinones zur Verbindung von Natur, Mythologie und Alltagsmomenten erwiesen sich als prägend für nachfolgende Künstlergenerationen. Während sich die Bildhauerei der 2000er-Jahre durch eine explizite Künstlichkeit auszeichnet, besinnt sich Rondinone in seiner Werkgruppe der Masken bereits seit 2003 auf klassische Materialien wie Ton und Bronze. Mit einer archaischen Form und einer Haptik, die den Werkprozess offenlegt, übersetzt er Phänomene der Kultur- und Kunstgeschichte in das 21. Jahrhundert: So entsteht eine singuläre und meditative Bildsprache, die in aktuellen künstlerischen Positionen nachzuklingen scheint.

Der Schweizer Konzept- und Installationskünstler Ugo Rondinone (*1964) verwandelt den markanten Hügel über den Gartenhallen in eine sonderbare Landschaft. In der Werkgruppe sunrise. east. (2005) ordnet Rondinone jedem Monat einen Kopf mit charakteristischen und gleichsam stark reduzierten Gesichtszügen zu.© Foto Diether von Goddenthow
Der Schweizer Konzept- und Installationskünstler Ugo Rondinone (*1964) verwandelt den markanten Hügel über den Gartenhallen in eine sonderbare Landschaft. In der Werkgruppe sunrise. east. (2005) ordnet Rondinone jedem Monat einen Kopf mit charakteristischen und gleichsam stark reduzierten Gesichtszügen zu.© Foto Diether von Goddenthow

Ugo Rondinone wurde 1964 in Brunnen, Schweiz, geboren. Er studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien, bevor er 1997 nach New York zog, wo er bis heute lebt und arbeitet. Seine Werke wurden u. a. präsentiert in Einzelausstellungen im Storm King Art Center, New York (2023); im Musée d’Art et d’Histoire, Genf (2023); in der Schirn Kunsthalle, Frankfurt (2022); im Tamayo Museum, Mexiko-Stadt (2022); im Petit Palais, Paris (2022); in der Scuola Grande San Giovanni Evangelista di Venezia, Venedig (2022); im Belvedere, Wien (2021); im Berkeley Art Museum, Berkeley (2017); im Contemporary Arts Center Cincinnati, Cincinnati (2017); im Bass Museum of Art, Miami (2017); im Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (2016); im MACRO, Rom (2016); im Carré d’Art, Nîmes (2016); im Palais de Tokyo, Paris (2015); in der Secession, Wien (2015); im Rockbund Art Museum, Shanghai (2014); im Art Institute of Chicago, Chicago (2013); in der Whitechapel Gallery, London (2006) und im Centre Georges Pompidou, Paris (2003). Im Jahr 2007 vertrat Ugo Rondinone die Schweiz auf der 52. Biennale von Venedig.

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

UGO RONDINONE. SUNRISE. EAST. vom 28. Juni bis 5. November 2023
Kuratorin: Svenja Grosser (Stellvertretende Leiterin Sammlung Gegenwartskunst, Städel Museum)
Ort: Städel Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt am Main
Information: staedelmuseum.de
Besucherservice: +49(0)69-605098-200, info@staedelmuseum.de
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do 10.00–21.00 Uhr
Sonderöffnungszeiten: Aktuelle Informationen zu besonderen Öffnungszeiten unter staedelmuseum.de