Stadtlabor-Ausstellung „Gärtnern Jetzt! – Die Stadt und das Grün“.

Grün_Alihoctzic Fata+Frau Winnig 13.06.20 Die Stadt und das Grün – Stadtlabor Gärtnern ©HMF
Grün_Alihoctzic Fata+Frau Winnig 13.06.20
Die Stadt und das Grün – Stadtlabor Gärtnern ©HMF

Ob im Vorgarten, Kleingarten, Gemeinschaftsgarten, auf dem Balkon, in der Landwirtschaft oder beim Urban Gardening – die Möglichkeiten zum Gärtnern in der Stadt sind vielfältig! Die Stadtlabor-Ausstellung ist in Zusammenarbeit mit über 50 Gärtner*innen entstanden. Sie geben Einblicke in ihre gärtnerische Praxis und Auskunft darüber, welche Bedeutung die Pflege und der Erhalt von städtischen Grünflächen für sie hat. Der Fokus liegt dabei auf der aktiven Handlung des Gärtnerns und der Frage: Was können wir von den Gärtner*innen lernen, um die Stadt nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten?
Coronabedingt wurde die Eröffnung der Stadtlabor-Ausstellung im Historischen Museum Frankfurtnun auf den
26. Mai verschoben. Sie geht bis zum 10. Oktober 2021
und befindet sich auf Ebene 3 des Museums.

Intention

Die Auswirkungen der Klimaveränderung auf die Stadt sind unübersehbar. Begrünungen und autofreie Zonen scheinen geeignete Maßnahmen zu sein, um Klimawandel und Hitzewellen in der Stadt zu begegnen. Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie ist der Garten zudem ein wichtiger Aufenthalts- und Betätigungsort im Freien und eine Erweiterung der Wohnung ins Grüne geworden. Nicht nur in der Stadt liegt Gärtnern deshalb im Trend. In Frankfurt entstehen immer mehr Projekte, um die Stadt zu „vergrünen“. Die Spanne reicht vom Selbstversorgungs- bis zum Wellnessgarten, von öffentlichen Urban Gardening-Projekten und privaten Freizeitgärten über Dachbegrünungen bis hin zur genossenschaftlichen Landwirtschaft. Die Möglichkeiten zum Gärtnern in der Stadt sind vielfältig!

Ebenso vielseitig sind die Motivationen zu gärtnern. Sie variieren zwischen politischem Akt, Freizeitausgleich, Lohnarbeit und Versorgung. Gärtnern dient einer nachhaltigen Stadtentwicklung in gleichem Maße wie der individuellen Entspannung und Erholung.

Die Ausstellung

Gärtnern Jetzt - Stadtlabor Historisches Museum Frankfurt ©HMF, Jens Gerber
Gärtnern Jetzt – Stadtlabor Historisches Museum Frankfurt ©HMF, Jens Gerber

Die Stadtlabor-Ausstellung „Gärtnern Jetzt!“ ist in Zusammenarbeit mit über 50 Gärtner*innen entstanden. In vier Themenbereichen (Ernähren, Erleben, Kümmern und Engagieren) geben sie Einblicke in ihre gärtnerische Praxis und Auskunft darüber, welche Bedeutung die Pflege und der Erhalt von städtischen Grünflächen für sie hat. Das Stadtlabor legt den Fokus auf die aktive Handlung des Gärtnerns und fragt: Was können wir von Gärtner*innen lernen, um die Stadt nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten?

Ernähren:
Ein wesentlicher Aspekt des Gärtnerns ist die Versorgung mit Lebensmitteln. Urban Gardening-Projekte wie zum Beispiel „Essbares Fechenheim“ oder das Selbsternte Feld „Oberräder Krautgärten“ dienen der regionalen und ökologischen Ernährung in der Nachbarschaft. Ein zentrales Anliegen ist dabei, die Produktion von Gemüse und Obst zurück in die Stadt zu holen. Die Menschen sollen sich auch in der Stadt gesund ernähren und selbst versorgen können. Dieser Themenbereich umfasst Projekte, die mit dem Anlegen von (Hoch-) Beeten den öffentlichen Raum nachhaltig gestalten möchten. Er greift Erzählungen über die Weitergabe von Wissen in der Selbstversorgung auf und zeigt die Nutzung sowie den Strukturwandel eines Feldes in Oberrad.

Gezeigt werden Projekte von der „Klimawerkstatt Ginnheim“, den „Initiativen Essbares Fechenheim“ sowie „Höchst wachsen lassen“, den „Krautgärten Oberrad“ und Privatpersonen.

Erleben:
Für viele ist der Garten ein Ort der Ruhe, eine Quelle der Inspiration sowie des gemeinschaftlichen Schaffens und Zusammenkommens. Der Garten bildet einen wichtigen Ausgleichsort zum Alltag, sei es zur Arbeit, zu beengten Wohnverhältnissen oder zur verkehrsbelasteten und bebauten Stadt. Der Blick ins Grüne ist für viele vor allem eines: Entspannung. Doch Freizeit-Gärtnern ist auch ein Privileg für jene mit genügend Zeit und Platz. Für Berufsgärtner*innen – wie auch Freizeitgärtner*innen – ist der Garten mit viel harter Arbeit verbunden.

Die Fotografin Stefanie Kösling präsentiert in ihrer raumgreifenden Installation Menschen in ihren Gärten. Die Fotografien zeigen, wie sich die Persönlichkeiten im geschaffenen Garten spiegeln sowie das Gärtnern im Detail. Mal erkennt man die Stadt Frankfurt deutlich im Hintergrund durch Fernsehturm, prominenten Siedlungsbau und Skyline. Bei anderen Aufnahmen hingegen vermutet man kaum, dass sie in Frankfurt entstanden sind. Der Stadtlaborant Alexander John hingegen lenkt in seiner Fotoarbeit „Von Beruf Gärtner*in. Eine rosige Angelegenheit?“ den Fokus auf das Gärtnern als Lohnarbeit. Vier Gärtner*innen berichten von ihren Erfahrungen im Beruf.

plakat-gaertnern-jetzt bDer Themenbereich Erleben erzählt von den Freuden des Gärtnerns und der Inspiration durch die Natur. Aber auch Schattenseiten des Gärtnerns werden gezeigt: die bürokratischen Hürden zum Anlegen eines Gemeinschaftsgartens, die Herausforderungen der Gartenarbeit als Lohnarbeit sowie Erfahrungen von Solidarität, aber auch Ausgrenzung im Kleingarten.

Ausgestellt werden auch Projekte aus den Gemeinschaftsgärten „Gallus Garten“ und „Chamisso Garten“ sowie Beiträge von Privatpersonen.

Kümmern:
Die Aufgaben der Gärtner*innen sind vielfältig. Sie reichen von der Gestaltung der Fläche bis hin zur Pflege der Pflanzen durch die Jahreszeiten: das Bepflanzen von Fassaden und Dächern, das Anlegen von Beeten und Streuobstwiesen, die Pflege von Vorgärten oder das Aktivieren von öffentlichen Grünflächen. Doch wer übernimmt die Verantwortung für die grüne Stadt, deren Bedeutung in Zeiten der Klimakrise immer weiter wächst?

Dieser Themenbereich beschäftigt sich mit der Bildung über und Vermittlung von Umweltschutz sowohl im privaten Garten als auch in öffentlichen Grünflächen. Gezeigt werden Projekte, die die Ideen der Grünplanungen des städtebaulichen Programms Neues Frankfurt (1920er Jahre) aufgreifen und auf Heute übertragen. Das Team vom „Schulgarten Ostpark“ ruft in seinem Beitrag „Vom historischen Central-Schulgarten zum grünen Lernort“ dazu auf, sich bereits in der Schule mit der Vermittlung von Stadt, Natur und Lebensmittelversorgung zu befassen. Ein Laubbläser und ein ausrangiertes Schaukelpferd machen auf die Arbeit der Gärtner*innen des Grünflächenamtes aufmerksam und zeigen die vielfältigen Aufgaben, die mit der Pflege von öffentlichen Grünflächen zusammenhängen.

Zwei Audioinstallationen befassen sich im Bereich „Kümmern“ zudem mit dem Zusammenhang gegenwärtiger Botanik und kolonialer Vergangenheit.

Gezeigt werden weitere Projekte des drei Zonen Gartens „Hortus Nucis – Nussgarten“, der Streuobstwiese Albert-Schweitzer-Siedlung und der Performancekünstler*innen Roland Siegwald und Ana Berkenhoff. Letztere rufen dazu auf, ihren virtuellen Garten (www.berkenhoffsiegwald.com/garten) zu besuchen und Kartoffeln in der Stadt zu pflanzen.

Engagieren: Die Erhaltung von Grünflächen und der Biodiversität ist ein wesentliches Anliegen beim Streit um eine klimagerechte Stadt für Alle. Begrünungen sind ein vergleichsweise einfaches Mittel, um Hitzewellen und Trockenperioden in der Stadt zu begegnen. Jede Fläche ohne Beton oder Asphalt dient der Stadt als Regenspeicher. Zudem kühlen begrünte Dächer und schattenspendende Bäume die Umgebung. Grünflächen sind notwendiger Bestandteil einer nachhaltigen Stadtentwicklung, nicht nur ökologisch, sondern auch gesellschaftlich. Denn der Garten dient zudem als wichtiger Treffpunkt und bildet eine Erweiterung zur Wohnung.

Eine begehbare Installation zeigt die Entwicklungsetappen zu den Bebauungsplänen des Areals „Grüne Lunge“ aus Sicht der BIEGEL (Bürgerinitiative für den Erhalt der Grünen Lunge e.V.). Den Bestrebungen der Stadt für den Neubau von Wohnungen werden Argumente für eine grüne, partizipative Stadtentwicklung gegenübergestellt. Die Videoarbeit von Itai Barami und Stefan Holubek-Schaum (saloonY e.V.) thematisiert das Bespielen von öffentlichen Grünflächen als Mittel zur Stadtentwicklung von unten, das heißt durch ihre Bewohner*innen.

Der Themenbereich Engagieren erzählt von Kämpfen um den Erhalt von Grünflächen, dem Gärtnern als Mittel zur Stadtentwicklung sowie von Visionen und Utopien für eine sozial gerechte und ökologische Stadt.

Gezeigt werden, neben den genannten Projekten, Projekte von den „GemüseheldInnen Frankfurt“ und dem Internationalen Kinderhaus in Zusammenarbeit mit den Künstler*innen Katharina Müller und Clara Schuster.

Audiotour und Begleitprogramm
Die Ausstellung erstreckt sich über das Museum hinaus und breitet sich in der Stadt aus. Einzelne Projekte und das dort kultivierte gärtnerische Wissen werden herausgestellt und direkt vor Ort erlebbar.

Eine Audiotour lädt zur Erkundung von Gärten und Grünräumen in Frankfurt ein. Die Tour kann individuell über das Smartphone abgerufen werden. Kathrin Dröppelmann (Architektin und Künstlerin) führt an sieben Orte in der Stadt, an denen Stadtlaborant*innen gärtnern. Vor Ort sind Interviews zu hören, atmosphärische Aufnahmen und Anregungen, um sich mit dem Ort auseinanderzusetzen. Man erfährt, welche Bedeutung Grünflächen für die Stadt haben, was das Gärtnern mit städtischer Ernährungssouveränität zu tun hat und wie man sich engagieren kann. Link zur Audio Tour: https://bit.ly/3wbGVzf (Stadtlabor Digital)

 

Im Rahmen der Ausstellung werden, sobald wieder möglich, Führungen von Stadtlaborant*innen durch ihre Gärten angeboten. Die Künstlergruppe um „Mobile Albania“ veranstaltet mit ihrem „Innerstädtischen Wanderverein“ und in Zusammenarbeit mit „saloonY e.V.“ eine spielerische Erkundung von Grünräumen in der Platensiedlung. Die Bürgerinitiative zum Erhalt der Grünen Lunge lädt zum Keltern ein. Bei der europaweiten Aktion „Rendezvous im Garten“ öffnen Stadtlaborant*innen vom 4. bis 6. Juni ihre Gärten. Angeboten werden Führungen durch den Gallus Garten, Yoga auf den Oberräder Krautgärten, eine Soiree am Ginnheimer Kirchplatzgärtlein und Soli-Konzert für die „Initiative 19. Februar Hanau“ in einem privaten Garten.

Die Gesprächsreihe „Urban Green. Gemeinsam auf dem Weg zur grüneren Stadt“ widmet sich aktuellen Fragestellungen im Zusammenspiel von Städtebau, Gesellschaft und Klimakrise. An drei Terminen diskutieren Expert*innen aus Stadtplanung, Wissenschaft und Aktivismus über die Zukunft der grünen Stadt. Eine Kooperation zwischen dem Historischen Museum Frankfurt, Deutschen Architekturmuseum, Heussenstamm. Raum für Kunst und Stadt und Urban shorts – das Metropole Magazin. Alle Informationen zum Begleitprogramm entnehmen Sie bitte dem Veranstaltungsprogramm.

Stadtlabor Das Stadtlabor ist die partizipative Ausstellungsreihe des Historischen Museums Frankfurt seit 2010. Zentrales Anliegen dieses Formats ist die multiperspektivische Erkundung der Stadt und ihrer Lebenswelten. In enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Gruppen der Stadtgesellschaft entstehen Ausstellungen, die der Information, Reflexion und Diskussion von Themen dienen, die die Stadtgesellschaft bewegt.
plakat-gaertnern-jetzt bStadtlabor-Ausstellung Gärtnern Jetzt!
Historisches Museum Frankfurt
(28. April) bis 10. Oktober 2021
Di – Fr 10 – 18 Uhr
Sa + So 11 – 19 Uhr
Eintritt Wechselausstellung 8 €/4 €
Eintritt Museum Vollpreis 12 €/6 €

 

 

Historisches Museum Frankfurt
Saalhof 1, 60311 Frankfurt am Main
www.historisches-museum-frankfurt.de