March for Science – Professor Dr. Joybrato Mukherjee: „Fantasie versus Verstand“, darum geht es!

Professor Dr. Joybrato Mukherjee – Den Sonnenschein der Freiheit für den Baum wissenschaftlicher Erkenntnis sichern

Nach der akrobatischen Physik-Nummer, bei der Markus Furtner letztlich doch nicht wie „fliegende Jogis“ die Schwerkraft seiner wirbelnden Stöckchen überwinden vermochte, holte der Präsident der Universität Gießen, Professor Dr. Joybrato Mukherjee, die lebendige Menge wieder zum eigentlichen Thema zurück: Er brachte Intention und Ziel des March for Science mit den Worten Justus Liebigs auf den Punkt, dass es in diesen Tagen „um eine eigentlich selbstverständliche Unterscheidung, nämlich um Fantasie und Verstand, ginge. Justus Liebigs, Begründer der organischen Chemie, nach dem auch seine Universität benannt sei, habe das mal folgend formuliert: „Die Erfindung ist Gegenstand der Kunst, der der Wissenschaft ist die Erkenntnis, die erstere findet oder erfindet die Tatsachen, die andere erklärt sie; die künstlerischen Ideen wurzeln in der Phantasie, die wissenschaftlichen im Verstande“

Professor Dr. Joybrato Mukherjee, Präsident der Universität Gießen Foto: Diether v. Goddenthow
Professor Dr. Joybrato Mukherjee, Präsident der Universität Gießen Foto: Diether v. Goddenthow

„‚Fantasie versus Verstand‘ darum geht es!“, so Professor Dr. Mukherjee: „Wer Daten herbeifantasiert, Ereignisse und Entwicklungen erfindet, Erklärungen aus Bauchgefühl oder gar Machtkalkül heraus entwickelt, der kann für sich keine Wissenschaftlichkeit beanspruchen.“, sagte der Unipräsident und konnte es kaum fassen, dass wir, obgleich wir in einem der Kernstaaten des aufgeklärten Westen lebten, heute gegen die Angriffe der Unterscheidung zwischen  Fantasie und Verstand die Stimme erheben und uns wehren müssten. Wir müssten die Dinge wieder beim Namen nennen, Eternity Facts sind Lügen.  Fake News sind Erfindungen. Meinungen sind keine Tatsachen!“, so Professor Mukherjee.

Niemand ist eine Insel – Wissenschaft wirkt global

Selbst Einschränkungen der Wissenschaft in anderen Ländern träfe auch uns, denn wir lebten in einer internationalen vernetzten Wissenschaftsgemeinde. Und gerade wir in Deutschland wären ein global vernetzter Wissenschaftsstandort, wie nur wenige andere. Ohne internationale Zusammenarbeit, „ohne das Zusammenbringen der besten Köpfe weltweit, ohne den ständigen interkulturellen Erfahrungsaustausch werden wir die großen Fragen und drängenden Probleme der Menschheit nicht angehen können, sei es in den geistigen Sozialwissenschaften, sei es in den Natur- und Lebenswissenschaften, sei es in den Ingenieur- und Technikwissenschaften“, so  Professor Dr. Mukherjee

Deutschland stelle mit seinen 80 Millionen Einwohnern lediglich ein Prozent der Weltbevölkerung: „Ohne den Austausch mit den vielen klugen Menschen unter den anderen 99 Prozent der Weltbevölkerung sind wir verloren. Das sollte uns klar sein. „

Deswegen gäbe es in Sachen Wissenschaftsfreiheit keine Außenpolitik. Alles sei Innenpolitik. „Das finanzielle Aushungern von Wissenschaftsgebieten wie der Klimaforschung in den USA, die Schließung von wissenschaftlichen Institutionen in Ungarn, die Drangsalierung von Wissenschaftlern in der Türkei, all das geht uns an, betrifft uns, kann uns nicht kalt lassen. Auch dagegen wehren wir uns hier und heute!“, bekräftigte der Unipräsident die Wichtigkeit des March for Scienc in Frankfurt.

Politik und Gesellschaft müssen Pluralität von Wissenschaft aushalten

Auch bei uns in Deutschland müssten wir wachsam sein und bleiben. Auch bei uns käme es mitunter vor, dass Kolleginnen und Kollegen von bestimmten lautstarken Gruppen wegen ihrer wissenschaftlichen Meinung diffamiert würden, dass politisch oder gesellschaftlich unerwünschte Forschungsergebnisse entwertet würden, dass ganze Wissenschaftsthemen diskreditiert würden. „Politik und Gesellschaft müssen es aushalten, dass Wissenschaft Pluralität braucht, dass Erkenntnisfortschritt ohne eine Vielfalt der Ansätze und Plausibilisierungen nicht möglich ist, dass die die wissenschaftliche Suche nach der Wahrheit nicht immer kompatibel ist mit der Suche nach einer politischen oder gesellschaftlichen Mehrheit“, so der Gießender Unipräsident.

Es ginge in diesen Tagen einmal mehr um die Erhaltung des wachsenden Baums der Erkenntnis.  „Wir wissen jetzt“, zitiert Professor Dr. Mukherjee Justus Liebig, „daß die Ideen der Menschen nach bestimmten Gesetzen der Natur und des Geistes organisch sich entwickeln und sehen den Baum menschlicher Erkenntnis wachsen ohne Unterbrechung und im Sonnenschein der Freiheit blühen und Früchte tragen zur richtigen Zeit!“

Dieser Baum der wissenschaftlichen Erkenntnis sei  „unser Baum, den wir hegen und pflegen, den wir schützen müssen, für den wir den Sonnenschein der Freiheit sichern müssen. Darum geht es!“, so Professor Dr. Mukherjee.

Aus Dokumentation March for Science in Frankfurt gegen Fake-News u. Religionsfundamentalismus für eine aufgeklärte, pluralistische Gesellschaft auf Rhein-Main.Eurokunst von Diether v. Goddenthow