„La Bohème – Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre“ – Kurpfalzmuseum Heidelberg feiert 60 Jahre deutsch-französische Freundschaft

„La Bohème – Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre“. Vom 5.März bis 11.Juni 2023 Kurpfälzisches Museum Heidelberg. © Foto Diether von Goddenthow
„La Bohème – Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre“. Vom 5.März bis 11.Juni 2023 Kurpfälzisches Museum Heidelberg. © Foto Diether von Goddenthow

Das Kurpfälzisches Museum Heidelberg feiert 60 Jahre deutsch-französische Freundschaft mit einem ganz besonderem künstlerischen Feuerwerk: der Überblicksschau „La Bohème – Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre“. Seit dem 5. März bis einschließlich 11.Juni 2023 werden absolute Meisterwerke der Plakatkunst um 1900 präsentiert, darunter wertvolle Originallithographien, die zu den einschlägigen Klassikern der Kunstgeschichte zählen.

Neben Lautrecs Plakaten hält „La Bohème“ viele spannende Entdeckungen aus seinem künstlerischen Umfeld bereit, dazu gehören Arbeiten von Alfons Mucha, Théophile-Alexandre Steinlen, Pierre Bonnard und Felix Vallotton aus den Jahren 1885 bis 1900. Im Zusammenspiel mit kunsthandwerklichen Kostbarkeiten bringt die Ausstellung das einzigartige Flair des Pariser Fin de Siècle nach Heidelberg.

„La Bohème – Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre“ Ausstellungsimpression.© Foto Diether von Goddenthow
„La Bohème – Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre“ Ausstellungsimpression.© Foto Diether von Goddenthow

Besucher können hier wunderbar eintauchen in die faszinierende Belle Époque: Theater und Opernhäuser und auch zwielichtige Etablissements der Halbwelt (demimonde) waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Paris die populären Orte der Zeit. Im „théâtre libre“ sollten die Schauspieler nicht nur ihre Rollen – im klassischen Verständnis von Theater – „spielen“, sondern auch diese regelrecht „verkörpern“.

Die Theater und Opernhäuser, die vor dem Hintergrund zum Teil großer Not breiter Schichten die Illusion einer schillernden anderen Welt „des Lebens und Spielens“ kontrastierten,  wurden für Zuschauer und zahlreiche Künstler zum Zufluchtsort vor der  Realität des Alltags. So verbrachten viele Künstler sehr viel Zeit in den Etablissements der Pariser „demi-monde“ (Halbwelt) und traten ohne Scheu  auf laszive Art und Weise auf als Tänzerinnen, Sängerinnen und Prostituierte.

Henri Toulouse-Lautrec Plakat für die Tänzerin Jane Avril-1899 © Foto Diether von Goddenthow
Henri Toulouse-Lautrec Plakat für die Tänzerin Jane Avril-1899 © Foto Diether von Goddenthow

Fasziniert von weiblichen Reizen und „dem“ Milieu, fanden Toulouse Lautrec und die Künstler des Montmartre in den Vergnügungstempeln der Umgebung ihre Modelle, um sie in entsprechenden, oftmals animierenden Posen auf ihren Werbeplakaten verewigen zu können. Mit charakteristischen Accessoires wie Hüten, Pelzen, Röcken oder Handschuhen peppten sie die „Werbeauftritte“ der Damen und der Kabarett-Betriebe auf.

Besonders bekannt sind die Plakate aus der Welt von Zirkus und Kabarett, durch die auch  Toulouse Lautrec  populär wurde, insbesondere mit seinem Werbeplakat  der  gefeierten Cancan-Tänzerin La Goulue im Moulin Rouge. Dieses Plakat-Debüt verhalf Lautrec über Nacht zum Durchbruch. Gute Plakate steigerten zudem die Popularität seiner Modelle. So machten Lautrecs Plakate beispielsweise auch den Kabarettbesitzer Aristide Bruant zu einer der bekanntesten Figuren des Montmartres. Lautrec malte ihn häufig ausgestattet mit schwarzem Hut und rotem Schal. Populär war auch das Chat Noir, ein „cabaret atistique“, wo Dichter, Intellektuelle, Künstler und Sänger sich trafen und debattierten.

Ende des 19. Jahrhunderts gelangte das Werbeplakat insbesondere auch durch die erstmals mögliche industrielle Massenfertigung zu großer Popularität. Das Plakat war „das“ Werbemedium der aufblühenden Gründerzeit im öffentlichen Raum schlechthin.
Beworben wurde praktisch alles, ob es um Glühbirnen, Champagner, Schokolade oder um technische Geräte ging, oder es sich, wie in der Ausstellung gezeigt, um Reklame für die Zentren von Vergnügen und Zerstreuung handelte.

Zahlreiche Künstler konnten mit dem neu aufkeimenden „Reklamemarkt“ ihre Auftragseinbußen aufgrund des Siegeszuges der Fotografie im  Portrait-Bereich kompensieren. Rein motivtechnisch  wurden mitunter banale Werbebotschaften nicht selten durch Rückgriffe auf traditionelle anspruchsvolle Bildmuster überhöht, um Plakate inhaltlich aufzuladen und aufzuwerten.

„La Bohème – Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre“ Ausstellungsimpression.© Foto Diether von Goddenthow
„La Bohème – Toulouse-Lautrec und die Meister vom Montmartre“ Ausstellungsimpression.© Foto Diether von Goddenthow

Auch im literarischen Bereich herrschte im ausgehenden 19. Jahrhundert Aufbruchsstimmung. Eine neue zu Geld gekommene bürgerliche Mittel- und Oberschicht konnte sich Zeitschriften und Magazin und auch Bücher leisten.  So wurden immer mehr Grafiken benötigt, um die populären und mitunter auch politischen Magazine dieser Zeit zu illustrieren, wie etwa Le Mirliton und Le Courrier francais. Die politisch aufgeladenen Illustrationen waren häufig zudem ironisch, karikierend und kritisch wie die Ausrichtung der Zeitschriften selbst.

Außerdem wurden Theaterprogramme und Buchcover häufig genutzt, um bevorstehende Aufführungen oder Literaturveröffentlichungen anzukündigen oder zu bewerben.

Toulouse-Lautrecs Malstil war von der japanischen Kunst und dem französischen Impressionismus beeinflusst. Er verwendete lebendige Farben und flache Flächen, um seine Figuren darzustellen, und legte Wert auf die Erfassung von Bewegung und Momentaufnahmen.

Einige seiner berühmtesten Werke sind „Moulin Rouge: La Goulue“ (1891), „Jane Avril“ (1893), „Aristide Bruant dans son cabaret“ (1892) und „La Toilette“ (1896).

Toulouse-Lautrec ist einer der prominentesten Künstler Frankreichs und seine Arbeiten gehören heute fraglos zum kollektiven Bildgedächtnis der Europäer.

Kurpfälzisches Museum
Hauptstraße 97
69117 Heidelberg
https://www.museum-heidelberg.de/

Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr
Montag geschlossen sowie am 24., 25. und 31. Dezember, 1. Januar, 1. Mai und am Fastnachtsdienstag