Das inklusive RambaZamba Theater Berlin eröffnete mit „Einer flog über’s Kuckucksnest“ das 25. Mainzer Theaterfestival „Grenzenlos Kultur“ – 12. – 22. Oktober 2023 Mainz

Szene aus "Einer flog übers Kuckucksnest" in der Inszenierung von Leander Haußmann bei der Theaterfestival-Premiere am 12. Oktober 2023 im Mainzer Staatstheater. © Foto Diether von Goddenthow
Szene aus „Einer flog übers Kuckucksnest“ in der Inszenierung von Leander Haußmann bei der Theaterfestival-Premiere am 12. Oktober 2023 im Mainzer Staatstheater. © Foto Diether von Goddenthow

Riesen Applaus, Standing ovations – so feierte am gestrigen Abend das Mainzer Publikum die Premiere des inklusiven RambaZamba Theaters aus Berlin mit Leander Haußmanns inszeniertem Stück „Einer flog über das Kuckucksnest“ anlässlich der 25. Ausgabe des Mainzer Theaterfestivals „Grenzenlos Kultur“ (12. – 22.Okt. 2023).

„Grenzenlos Kultur“ ist Deutschlands ältestes Theaterfestival mit behinderten und nicht behinderten Künstlern und Künstlerinnen.
Hausmann lässt die „Kuckucks-Nest“-Geschichte von den Schauspielerinnen und Schauspielern aus inklusiver Perspektive neu erzählen. In Hausmanns Inszenierung „Einer flog über das Kuckucksnest“ bleibt daher von Ken Keseys gleichnamigen Antipsychiatrie-Roman aus den 1960er-Jahren, 1975 von Miloš Forman verfilmt (Jack Nicholson Hauptrolle), lediglich die Hülle, und im Kern als Schlüsselhandlung der „Ausbruch aus der Klinik“ erhalten. Dieser „Ausbruch aus der Geschlossenen“ wird dargestellt  in einem Film  als grandioses Flucht-Happening durch den Prenzlauer Berg, symbolisch als ein Versprechen für die grenzenlose Freiheit.  Es ist vor allem ein Wahnsinns Spaß, der die Menschlichkeit feiert, und das Publikum für 90 Minuten einlädt, sich – ähnlich wie bei einer künstlerischen Performance – auf eine ganz andere Welt einzulassen.

Die Flucht aus der "Geschlossenen" ist soeben gelungen. Langsam tasten sich die Ausreißer heran an die neue, und noch so fremde Welt. © Foto Diether von Goddenthow
Die Flucht aus der „Geschlossenen“ ist soeben gelungen. Langsam tasten sich die Ausreißer, den Medizinschrank der Station unterm Arm, heran an die neue, und noch so fremde Welt. © Foto Diether von Goddenthow

„Draußen hätten wir uns wahrscheinlich nie getroffen. Wenn doch, wären wir aneinander vorbeigegangen und hätten uns für ganz und gar normal befunden. Was auch immer das ist, das Normale. Hier drinnen findet man es vermutlich nicht. Hier ist das Kuckucksnest, regiert von der Oberschwester, Herrscherin über diese abgeschlossene Welt. Hier hängen wir alle zusammen, ein riesiger müder Haufen. Jeder Tag gleich: Pillen, Essensausgabe, Therapie, Pillen. Du bist schon ganz wirr im Kopf. Du wehrst dich nicht einmal mehr. Du sagst ja gar nichts. Und so stört niemand das Delirium. Doch dann kommt der Neue, McMurphy, und stellt die Regentschaft in Frage. Die Herrscherin zückt die Spritze. Und Du weißt genau: Das wird nicht gut ausgehen.“

Bei einer Rangelei mit einem Aufseher kann schließlich McMurphy den Zentral-Schlüssel ergattern, und von diesem wird bei der nächst günstigen  Gelegenheit gnadenlos Gebrauch gemacht. Die Flucht aus der „Irrenanstalt“ gelingt, und nun beginnt ein amüsanter Showdown durch Berlin nach eigenen Regeln: durch Klamottenläden, die Rotlichtszene, eine Kneipe bis hin in den Görlitzer Park, in dem sie aus dem mitgenommenen Medizinschränkchen  Drogenabhängigen ihre Pillen probieren lassen. Dabei liefern sie sich immer wieder lustige Verfolgungsjagden mit einem tollpatschigen Streifenpolizisten (Detlev Buck). Dieser merkt nicht, mit wem er es zu tun hat. Und einem Zuhälter (Leander Haußmann), dessen Auto sie entwendet haben, gibt’s richtig Stress.

Szene aus "Einer flog übers Kuckucksnest" in der Inszenierung von Leander Haußmann bei der Theaterfestival-Premiere am 12. Oktober 2023 im Mainzer Staatstheater. © Foto Diether von Goddenthow
Szene aus „Einer flog übers Kuckucksnest“ in der Inszenierung von Leander Haußmann bei der Theaterfestival-Premiere am 12. Oktober 2023 im Mainzer Staatstheater. © Foto Diether von Goddenthow

Regie, Bühne & Kostüm Leander Haußmann Mit Christian Behrend, Phil Haussmann, Franziska Kleinert, Anil Merickan, Matthias Mosbach / Norbert Stöß, Dirk Nadler, Jonas Sippel, Sebastian Urbanski, Amon Wendel, Nele Winkler Dramaturgie Steffen Sünkel Regieassistenz Michael Geißelbrecht Musik gespenster Videoprojektionen, Visualisierungen Marco Casiglieri Realisierung Kostüme Beatrix Brandler Mitarbeit Kostüme Kunigunde Kuhl Schneiderei Juan Antonio Dimateo López Hospitant*innen Regie Muriel Hardt, Amon Wendel, Joy von Wienskowski Hospitantinnen Kostüm Ludovica Lombardi, Lilly Meyer Licht Andrei Albu Ton Kevin Sanchez Gebärdensprachverdolmetschung Ilonka Linde, Bella Wehner
Audiodeskription Alfons Römer-Tesar. Die Darsteller im Film Detlev Buck, Tanju Bilir, Claudia Graue, Leander Haußmann, Kunigunde Kuhl, Clara Metzger, Karla Sengteller.

25. Mainzer Theaterfestival „Grenzenlos Kultur“ – 12. – 22. Oktober 2023

Ebenfalls am ersten Wochenende zeigen die Münchner Kammerspiele Wer immer hofft, stirbt singend, Jan-Christoph Gockels fulminante Hommage an das Theater nach Geschichten und Motiven des Autors und Filmemachers Alexander Kluge. Den Festivalabschluss bildet Der kaukasische Kreidekreis, Bertolt Brechts episches Drama in neuer Fassung als Koproduktion der Salzburger Festspiele von Helgard Haug (Rimini Protokoll) und Theater HORA mit dem Staatstheater Mainz. Dazwischen begibt sich Grenzenlos Kultur wie der aktuelle Kultursommer „westwärts“ und freut sich etwa auf die belgischen Theater Stap und FroeFroe, die sich an eine skurrile Adaption von Friedrich Dürrenmatts Besuch der alten Dame wagen, die unter dem Titel My Black Panther zu sehen ist.

Und natürlich dürfen bei der Jubiläumsausgabe treue Weggefährten wie Candoco, tanzbar_bremen, Das Helmi und Theater Thikwa nicht fehlen. Nach den Aufführungen gibt es in der Kakadu Bar Gelegenheit, mit ihnen über alte Zeiten und neue Pläne ins Gespräch zu kommen. Auch beim Fachtag 25 Jahre Inklusion in den Darstellenden Künsten am 21. Oktober lädt Grenzenlos Kultur Kunst- und Kulturschaffende aus allen Sparten ein zu Impulsvorträgen, Gesprächen und Diskussionen. Gemeinsam richten sie den Blick auf zweieinhalb Jahrzehnte inklusiver Kulturarbeit und aktuelle Entwicklungen für die Zukunft.

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