„Bildwerke des Wissens“ zeigt Bilderschatz durch 450 Jahre Uni- und Landesbibliothek ab 2.Nov. im Landesmuseum Darmstadt

Bildwerke des Wissens. Ein Querschnitt durch 450 Jahre Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt 2. November 2017 bis 4. Februar 2018 Foto: Diether v. Goddenthow
Bildwerke des Wissens.
Ein Querschnitt durch 450 Jahre Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt
2. November 2017 bis 4. Februar 2018 Foto: Diether v. Goddenthow

 

 

(Text Landesmuseum Darmstadt)

Bildwerke des Wissens.
Ein Querschnitt durch 450 Jahre Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt
2. November 2017 bis 4. Februar 2018

Aus dem seit 450 Jahren gewachsenen Bestand der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt stellt die Ausstellung ausgewählte Bildwerke ins Zentrum und lässt anschaulich werden, dass sich bereits seit den Anfängen mit der Büchersammlung des Landgrafen Georg I. (1547-1596) und der ersten Erweiterung der Bibliotheksbestände durch Ankäufe im Jahr 1568 die »Macht des Wissens« mit der »Macht der Bilder« verschränkte.

Aquarell "Päpstin Johanna", die lt. Legende, als Mann verkleidet, bei einer Prozession ein Kind gebar. in:Thesaurus Picturarum - Ende 16.Jhrd.  Foto: Diether v. Goddenthow
Aquarell „Päpstin Johanna“, die lt. Legende, als Mann verkleidet, bei einer Prozession ein Kind gebar. in:Thesaurus Picturarum – Ende 16.Jhrd. Foto: Diether v. Goddenthow

Zu sehen ist u.a. das 33 Bände umfassende bebilderte Werk »Thesaurus Picturarum« des Heidelberger Kirchenrats Markus zum Lamm (Speyer 1544-1606 Heidelberg), welches erwiesenermaßen in direktem Zusammenhang mit der Sammeltätigkeit der Darmstädter Landgrafen steht, indem Georg II. (1626-1661) es seiner Gemahlin Sophie Eleonore schenkte. Diese enzyklopädische Sammlung ist eine der wichtigsten Quellen für die Umbruchzeit in der Kurpfalz Ende des 16. Jahrhunderts. Ebenso werden Stichwerke des Künstlers und Archäologen Giovanni Battista Piranesi (1720-1778) gezeigt, darunter »Le Vedute di Roma« (4 Bde., 1756). Piranesi war ein bildmächtiger Rekonstrukteur des alten Rom sowie Chronist und Bildgeber seiner Gegenwart. Aber auch die ersten manufakturell hergestellten Reliefkarten des Kartographen Georg Michel Bauerkeller (1805-1886) sind zu bestaunen. Mit seiner Erfindung der »Geomontographie« verlieh Bauerkeller seinen farblithographischen Plänen bereits in den 1830/40er Jahren Dreidimensionalität und lieferte auf Grundlage neuen geographischen Wissens visuelle Werkzeuge für das Denken und die Erkenntnis.

Alle genannten Werke waren herausragende Veröffentlichungen ihrer Zeit und legen Zeugnis ab von der Kunstbegeisterung und dem Qualitätsbewusstsein der Landgrafen und später Großherzöge von Hessen-Darmstadt.

RAUMFOLGE

RAUM 1
Bildwerke des Wissens – Einführung zur Ausstellung

Im Raum 1 werden neben Einführungstexten und Porträts des Begründers von Residenz und Bibliothek um 1567 Georg I. Ahnentafeln derer von Hessen-Darmstadt gezeigt. Foto: Diether v. Goddenthow
Im Raum 1 werden neben Einführungstexten und Porträts des Begründers von Residenz und Bibliothek um 1567 Georg I. Ahnentafeln derer von Hessen-Darmstadt gezeigt. Foto: Diether v. Goddenthow

Die heutige Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (ULB) und das Hessische Landesmuseum Darmstadt (HLMD) haben ihren gemeinsamen Ursprung bei den Landgrafen und späteren Großherzögen von Hessen-Darmstadt. Die ältere, große Schwester ist die Bibliothek, entstanden aus der Büchersammlung des Landgrafen Georg I. (1547-1596) und der ersten Erweiterung der Bibliotheksbestände durch Ankäufe im Jahr 1568. Zum 450jährigen ULB-Jubiläum zeigt das HLMD diese Ausstellung, die in Kooperation zwischen beiden Institutionen erarbeitet wurde.

Aus dem seit 450 Jahren gewachsenen Bestand der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt stellt „Bildwerke des Wissens“ drei Werkkomplexe ins Zentrum, die mit historischen Stationen der Entwicklung der Bibliothekssammlungen korrespondieren. Sie lassen anschaulich werden, dass sich bereits seit den Anfängen mit der Büchersammlung der Landgrafen und der ersten Erweiterung der Bibliotheksbestände die „Macht des Wissens“ mit der „Macht der Bilder“ verschränkte.

Thesaurus picturarum_ 1564-1606 Bd.4_S.139r Foto: Universitäts und Landesbibliothek Darmstadt.
Thesaurus picturarum_ 1564-1606 Bd.4_S.139r Foto: Universitäts und Landesbibliothek Darmstadt.

Den Auftakt macht der Thesaurus Picturarum von Marcus zum Lamm (1544-1606). Erstmals werden alle 33 Bände dieses „Schatzes der Bilder“ in einer Ausstellung gezeigt. Als Enzyklopädie der Frühen Neuzeit führt uns das Werk zum Primärgedanken der im 16. Jahrhundert entstandenen Bibliothek der Landgrafen von Hessen-Darmstadt und den Anfängen ihrer Sammeltätigkeit, die das Wissen der Welt vereinen und bewahren wollte.

Als papiernes Anschauungsmaterial des antiken Roms erwarb der Landgraf Ludwig 1792 das Stichwerk des zeitgenössischen Künstlers und Archäologen Giovanni Battista Piranesi (1720-1778), darunter 106 Blätter der großformatigen Vedute di Roma (1747-1778). Piranesis Radierungen wurden damals als Bilddokumente betrachtet, weshalb sie nicht zu den Kunstwerken in die Museumssammlungen, sondern zu den Büchern in die Hofbibliothek kamen. Heute hat sich die Sichtweise auf diese topographischen Ansichten gewandelt. Längst sind es museumswürdige Kunstwerke ersten Ranges. Anlässlich dieser Ausstellung wurde der im 19. Jahrhundert geheftete Band der Vedute di Roma aufgebunden und aufgelegt. So können diese Veduten, die der wertvollen Erstausgabe entstammen, erstmals ausgestellt werden.

Als dritten Werkkomplex zeigen wir seltene Reliefkarten des gelernten Buchdruckers und Kartographen Georg Michael Bauerkeller (1805-1886). Fast 200 Jahre vor dem digitalen 3D-Druck verlieh Bauerkeller dank seiner Erfindung der „Geomontographie“ (griech.- lat.: „Erd- und Bergdarstellung“) seinen farblithographischen Plänen bereits in den 1830/40er Jahren Dreidimensionalität und lieferte auf Grundlage neuen geographischen Wissens visuelle Werkzeuge für das Denken und die Erkenntnis.

450 Jahre nach ihren Anfängen ist die ULB Darmstadt dabei, sich in ein universelles Informationszentrum zu verwandeln mit Öffnungszeiten rund um die Uhr. Stück um Stück werden die wertvollen, urheberrechtsfreien Schätze eingescannt und online gestellt. Ob ein Mehr an enzyklopädischem Wissen, wie es digitale Bibliotheken zur Verfügung stellen, tatsächlich auch zu mehr Erkenntnis führt, lag und liegt an uns Menschen.

RAUM 2
Giovanni Battista Piranesi: Vedute di Roma

96 Drucke von Giovanni Battista Piranesi zeigt Raum 2.  Foto: Diether v. Goddenthow
96 Drucke von Giovanni Battista Piranesi zeigt Raum 2. Foto: Diether v. Goddenthow

Der Architekt, Zeichner und Radierer Giovanni Battista Piranesi (1720 – 1778) kam 1740 erstmals nach Rom. Von da an sollte die ewige Stadt sowohl biographisch als auch inhaltlich das Zentrum seines Schaffens bleiben. In Rom waren damals etliche Bauwerke dem Verfall preisgegeben oder ihnen wurden, jegliche Wertschätzung entbehrend, Materialien entnommen, die man als Baustoffe für Neubauten verwendete. Piranesi fasste daher den Plan, Stichwerke zu erarbeiten, die nicht zuletzt die antiken Bauten für die Menschheit auf ewig bewahren sollten. Ihm war in seinen Vedute di Roma daran gelegen, die antiken und barocken römischen Bauten in ihrer architektonischen Qualität zu würdigen und gleichzeitig ihre Monumentalität und Schönheit zu inszenieren.

Bildkonstruktion und Inszenierung

Giovanni Battista Piranesi: Vedute di Roma, Bildkonstruktion und Inszenierung.  Foto: Diether v. Goddenthow
Giovanni Battista Piranesi: Vedute di Roma, Bildkonstruktion und Inszenierung. Foto: Diether v. Goddenthow

Als ausgebildeter Architekt vermaß und erforschte Piranesi die Bauwerke oftmals bis ins Detail. Als Künstler ging es ihm jedoch weniger um die Einhaltung der in der Realität gegebenen Proportionen. Im Gegenteil vernachlässigte er nicht selten eine realistische Perspektive zugunsten einer Bedeutungsperspektive. Piranesi schuf idealisierte Veduten, in denen er Proportionen und Blickachsen verfremdete und an ästhetische Maßstäbe anpasste. Der architektonischen Inszenierung dienen zudem geschickt angelegte Blickachsen, die Wahl einer Perspektive, die eine extreme Unter- oder Aufsicht erzeugt oder eine dramatische Schattengebung. Ein Können, das Piranesi durch seine Mitarbeit bei dem Perspektivlehrer und Bühnenarchitekten Carlo Zucchi sowie im Atelier der Theater- und Dekorationsarchitekten Valeriani erworben hatte. Dem Betrachter der Stiche wird die Monumentalität der Gebäude durch meist kleine Staffagefiguren vor Augen geführt. Sie beleben die Szenen und führen den Betrachter ins Bild hinein. Aus den Werken Piranesis spricht die Ästhetik des Sublimen, das überwältigende Erhabene.

Die Vedute als Bildungsobjekt
Rom übte nicht nur auf Piranesi, sondern ebenso auf zahlreiche Romreisende und Gebildete, die nicht selbst die Reise nach Rom antreten konnten, eine große Faszination aus. Die zum Erwerb angebotenen Einzelblätter, die Innen- und Außenansichten variieren, ließ Piranesi ab 1760 in seiner eigenen Druckerei in Rom produzieren. Sie waren jedoch nicht für jeden Geldbeutel erschwinglich. Um Piranesis Bilddokumente der ewigen Stadt nach Darmstadt zu holen, musste der junge Landgraf Ludwig im Jahr 1790 tief in die Tasche greifen und die erkleckliche Summe von 450 Gulden zahlen (das Jahresgehalt eines Lehrers betrug damals ca. 135 Gulden).

RAUM 3
Die Reliefkarten der Gebrüder Bauerkeller

Die Reliefkarten der Gebrüder Bauerkeller  in Raum 3. Foto: Diether v. Goddenthow
Die Reliefkarten der Gebrüder Bauerkeller in Raum 3.
Foto: Diether v. Goddenthow

Neben neuen Vermessungsmöglichkeiten, territorialen Verschiebungen und kriegerischen Impulsen erfuhr die Kartographie am Ende des 18. Jahrhunderts bzw. Anfang des 19. Jahrhunderts durch große offizielle Landvermessungen einen Aufwind. Bereits im frühen 16. Jahrhundert finden sich Versuche, topographischen Karten durch zeichnerische Raffinesse eine reliefartige Wirkung zu verleihen und somit ihre Anschaulichkeit zu erhöhen. Noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Landkarten stets von Hand koloriert, bis die Erfindung der Lithographie einen seriellen Farbdruck ermöglichte.
Die plastischen „Geländemodelle“ der Gebrüder Bauerkeller, deren Produktion Anfang der 1840er Jahre begann, eröffneten ihren Zeitgenossen einen summarischen Blick über Gebirge, Flüsse und Täler aus einer den meisten Menschen des 19. Jahrhunderts noch unbekannten Perspektive. Bauerkeller sprach hierbei von „Geomontographie“, was etwa mit „Erd- und Bergdarstellung“ zu übersetzen ist.

Die Halbbrüder Georg Michael Bauerkeller (1805-1886) und Georg Leonhart Bauerkeller (1809 – 1848) aus Wertheim a. M. hatten in Paris die Druckerei „Bauerkeller & Cie.“ gegründet, die als erste Großdruckerei für Prägedrucke bezeichnet werden kann. Während die Firma in Paris florierte, ließ sich Georg Leonhart Bauerkeller 1844 in Darmstadt nieder. Hier entstand die Firma „Bauerkellerˈs Präganstalt Jonghaus und Venator“. Das Darmstädter Unternehmen gab zwischen 1844 und 1848 Pläne, Karten, Atlanten und diverse Kartenwerke im Relief heraus. Entscheidend für die Genese der Firma Bauerkeller war die Entwicklung von großformatigen Karten im Flächen-Prägedruck in Kombination mit Papiermaché (Pappmachee; Gemisch aus Papier mit Kleister). Die erste belegbare Landkarte in dieser neuen Technik ist die hier gezeigte Karte „Die Schweiz und angrenzende Länder“ (Paris, 1842).

Hierfür wurde zunächst eine mehrfarbige Landkarte im lithographischen Verfahren gedruckt. Darauf folgte die Gestaltung einer maßstabsgetreuen und seitenverkehrten Platte mit eingegrabenen Vertiefungen (Prägeform, Matrize) sowie einer passgenauen Gegenform (Patrize). Die gedruckte Landkarte wurde mittels Feuchtigkeit formbar gemacht und unter hohem Druck farblos geprägt. Um die so erzeugten Höhungen dauerhaft zu fixieren, wurde die unbedruckte Rückseite mit einer dünnen Schicht aus Papiermaché unterfüttert. Ein abschließender Firnis (Lack) gab dem farbigen Druck mehr Tiefe.

Auch wenn es bereits zuvor Reliefkarten unter der Verwendung von Papiermaché gab, blieben diese doch seltene Originale, da sie im aufwendigen händischen Verfahren gebaut werden mussten. Die Bauerkellerˈschen Reliefkarten waren hingegen maschinell hergestellt, so dass ihr Blick aus der Vogelperspektive einer breiten Masse zur Verfügung gestellt werden konnte.

RAUM 4
Marcus zum Lamm: Thesaurus Picturarum

Raum 1 der Thesaurus Picturarum von Marcus zum Lamm (1544-1606). 33 Bände dieses „Schatzes der Bilder“. Enzyklopädie der Frühen Neuzeit. Foto: Diether v. Goddenthow
Raum 4 der Thesaurus Picturarum von Marcus zum Lamm (1544-1606). 33 Bände dieses „Schatzes der Bilder“. Enzyklopädie der Frühen Neuzeit. Foto: Diether v. Goddenthow

Thesaurus Picturarum lässt sich als „Schatz der Bilder“ übersetzen, was den Anspruch seines Namensgebers und Erfinders Marcus zum Lamm wiedergibt, seine Zeit in Worten und Bildern zu erfassen und zur Bewahrung zwischen Buchdeckeln zu pressen.

Der Autor
Der in Speyer am 3. März 1544 geborene Juristen-Sohn Marcus zum Lamm studierte Jura in Heidelberg. 1576 wurde der inzwischen zum Calvinismus konvertierte Jurist vom Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz (1515-1576) in Heidelberg zum Kirchenrat berufen. Entlassen aus religiösen Gründen durch den lutherischen Nachfolger des Kurfürsten verblieb er dort ohne Beschäftigung – anstatt wie viele bekannte Calvinisten ins Exil zu Johann Kasimir von Pfalz-Simmern (1543-1592) in das heutige Neustadt an der Weinstraße zu flüchten. 1579 wurde er zum „Rat und Diener“ Johann Kasimirs. Dieser übernahm 1584 das Kurfürstenamt und Marcus zum Lamm bekam mit der Wiedereinführung des Calvinismus in Heidelberg wieder sein vormaliges Amt des Kirchenrates. Marcus zum Lamm starb am 13. Februar 1606.

Der gesamte Thesaurus muss auf der Grundlage des Lebens seines Machers verstanden werden. Denn von seinem Standpunkt aus als reicher Bürger, als Akademiker, als Calvinist und aus seiner örtlichen Gebundenheit an Heidelberg ist das Werk entstanden. Im Thesaurus macht uns Marcus zum Lamm in zahlreichen Kommentaren zu den von ihm gesammelten Darstellungen seine persönliche Meinung zu den Ereignissen zugänglich.

Die Thematik

Darstellung calvinistischer Schmährhetorik gegen die Lutheraner ist Teil einer Bildergeschichte. Hier: Eine junge Frau bringt im Beisein eines lutherischen Geistlichen und zweier Hebammen ein geflügeltes Ungeheuer zur Welt als Symbol der Lutherlüge. Die sexuell aufgeladene Bildpolemik bedient die Gier nach bizarren und monströsen Geschichten, wie sie sich um die am 13. Juni 1525 geschlossene Ehe von Martin Luther mit der entlaufenen Nonne Katharina von Bora rankten. aus Thesaurus Picturarum, Bd. 28, Blatt 89. Foto: Diether v. Goddenthow
Darstellung calvinistischer Schmährhetorik gegen die Lutheraner ist Teil einer Bildergeschichte. Hier: Eine junge Frau bringt im Beisein eines lutherischen Geistlichen und zweier Hebammen ein geflügeltes Ungeheuer zur Welt als Symbol der Lutherlüge. Die sexuell aufgeladene Bildpolemik bedient die Gier nach bizarren und monströsen Geschichten, wie sie sich um die am 13. Juni 1525 geschlossene Ehe von Martin Luther mit der entlaufenen Nonne Katharina von Bora rankten. aus Thesaurus Picturarum, Bd. 28, Blatt 89. Foto: Diether v. Goddenthow

Wir befinden uns mit dem Werk in einer Zeit der konfessionellen Konflikte nach der Reformationsbewegung. Der Thesaurus ist gespickt mit Flugblättern und Zeichnungen, die sowohl die römisch-katholische Kirche wie auch die lutherische Konfession kritisieren und karikieren. Wichtige Persönlichkeiten der Reformation werden dargestellt und kommentiert. Doch nicht nur sie, sondern auch angesehene Literaten, Persönlichkeiten der Antike oder längst verstorbene Akteure der Geschichte füllen neben dem Hochadel Europas sowie bekannten Hochstaplern und Verbrechern mit ihren Porträts die Bände. Unzählige zeitgenössische Schlachtendarstellungen spiegeln die unruhige Epoche wider. Spektakuläre Prozesse, schaurige Mordserien, prophetische Zeichen und Wunder finden ihren Weg in das Werk. Rauschende Feste zur Krönung, Taufe oder Hochzeit des Adels werden nacherzählt. Mit Akribie ließ Marcus zum Lamm die Mode der Zeit verschiedenster Schichten und aus unterschiedlichen Regionen in seinen Trachtenbänden darstellen. Ähnlich verfuhr er im Thesaurus bei seinen Vogelbildern, nicht nur seltene Exemplare, sondern auch häufig vorkommende Arten sind aufgenommen.

Der Weg des Thesaurus nach Darmstadt
Nach dem Tod des Marcus zum Lamm ging der Thesaurus Picturarum an seinen Sohn Marcus Christian zum Lamm (1580-1625), der das Werk selbst geringfügig erweiterte und auf den wahrscheinlich auch die heutige Zusammenstellung der Bände zurückgeht. Wohl aus finanziellen Gründen wechselte der Thesaurus in den Besitz des hessisch-darmstädtischen Kanzlers Antonius Wolff von Todenwarth (1592–1641) und nach dessen Tod in den seines Sohnes Eberhard (1614–1663). Georg II. von Hessen-Darmstadt (1605–1661) fragte 1644 bei Eberhard an, da seine Ehefrau Sophie Eleonore (1609–1671) Interesse an dem Bilderschatz bekundete und von dort gelangte der 33 bändige Thesaurus Picturarum schließlich in die Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt.

Hessisches Landesmuseum Darmstadt
Friedensplatz 1
64283 Darmstadt