SAM Wiesbaden präsentiert verborgene Schätze aus Frühgeschichte, Römerzeit und Frühmittelalter der Sammlung nassauischer Altertümer

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums zeigt das Stadtmuseum die Sonderausstellung "Eine Schatz-Insel für die Sammlung Nassauischer Altertümer" vom 15. Juli 2020 bis 15. Juli 2021 mit herausragenden  Objektne. © Foto: Diether v. Goddenthow
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums zeigt das Stadtmuseum die Sonderausstellung „Eine Schatz-Insel für die Sammlung Nassauischer Altertümer“ vom 15. Juli 2020 bis 15. Juli 2021 mit herausragenden Objektne. © Foto: Diether v. Goddenthow

Endlich dürfen die „Alten Schätze“ der Sammlung Nassauer Altertümer nach und nach wieder ans Licht der Öffentlichkeit, seit sie in den 1990er Jahren der konzeptionellen Profilbildung des Hessischen Landes-Museums Wiesbaden zum Opfer fielen und in Depots verschwanden. Damit bestand die Gefahr, dass die 340 000 Exponate der SNA drohten, gänzlich aus dem öffentlichen Blickfeld  zu fallen. Denn es sei tatsächlich so, dass Dinge, „wenn man sie nicht sieht, auch in Vergessenheit geraten“ betonte Museumdirektorin Dr. Sabine Philipp bei ihrer Begrüßung von Vorstands-Mitgliedern des Fördervereins Stadtmuseum, des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung e.V. sowie von Vertretern des Hessischen Ministeriums für Kunst und Wissenschaft und der Stadt Wiesbaden anlässlich der coronabedingt nicht öffentlichen Ausstellungs-Eröffnung am 15. Juli 2020 im Wiesbadener sam-Stadtmuseum am Markt.

Bügelfibel 5. bis 7. Jh. n. Chr. Fundort: Oberlahnstein 1885. © Foto: Diether v. Goddenthow
Bügelfibel 5. bis 7. Jh. n. Chr. Fundort: Oberlahnstein 1885. © Foto: Diether v. Goddenthow

Es war Frau Dr. Sabine Philipps Idee, das 100jährige Jubiläum der Sammlung zum Anlass zu nehmen, mit einer Reihe Sonderausstellungen auf die Geschichte und Bedeutung der SNA hinzuweisen. Das sei so kurzfristig nur möglich gewesen, so die Museumsdirektorin, da seit 1. Mai Dr. Daniel Burger-Völlmecke das sam -Team unterstützt. Er hat Ausstellung konzipiert und kuratiert: die Objektauswahl getroffen und Texte verfasst. Der neue wissenschaftliche sam -Mitarbeiter ist Archäologe, Frühgeschichtler und insbesondere Römerspezialist und wechselte von der Goethe-Universität Frankfurt nach Wiesbaden.

Dr. Rolf Faber, Ltd. Ministerialrat a.D., Vorsitzender des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung e. V. © Foto: Diether v. Goddenthow
Dr. Rolf Faber, Ltd. Ministerialrat a.D., Vorsitzender des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung e. V. © Foto: Diether v. Goddenthow

In seinem Grußwort dankte der Vorsitzender des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung e. V. Dr. Rolf Faber, Ltd. Ministerialrat a.D., der Museumsdirektorin und ihrem sam -Team ganz herzlich, „für die Initiative, die Sie ergriffen haben, die ‚Alten Schätze‘ verstärkt wieder ans Licht zu rücken“. Dr. Faber wies zugleich einmal mehr darauf hin, dass der 1812 gegründete Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung e.V. Deutschlands ältester Geschichtsverein ist und von Anbeginn an eng mit der Sammlung Nassauischer Altertümer verbunden war. Es sei unbegreiflich, so Faber fortfahrend, dass eine so renommierte Sammlung von internationalem Ruf, die in einem eigenen Museumsflügel auf drei Etagen präsentiert und unzähligen Schülergenerationen Geschichte begreifbarer gemacht habe, einfach aus dem Museum genommen wurde und untergehen konnte und „bis heute in Magazinen liegt, und nicht in einem Museum untergekommen ist“, obgleich damals alles hierfür da war: „Das Grundstück war da. Es war auch das Geld da – 30 Millionen waren damals vorhanden. Und dann ist das Ganze abgesagt worden“, ärgert sich Faber. Eigentlich habe ja das Land Hessen, welches im Vertrag die Aufsicht hatte, darauf bestanden, „dass ein großes Museum für die Sammlung gebaut wird, nachdem die Sammlung wieder an die Stadt Wiesbaden zurück übertragen worden ist. Leider ist das alles nicht verwirklicht worden aus politischen Gründen“, erinnert sich Faber und fügt hinzu, „dass alle diejenigen, die sich mit der Vergangenheit unseres Landes beschäftigen, eigentlich gar nicht verstehen können, dass wir in einer solchen Stadt kein ansprechendes Museum haben, das die Schätze zeigt“. Das Interesse der Wiesbadener an ihrer Geschichte sei riesig, das zeigten auch die stets bestens ausgebuchten Vorträge im Hessischen Hauptstaats-Archiv, insbesondere, wenn die renommierte Wiesbadener Archäologin Dr. Margot Klee zum Thema „Wiesbaden in der Römerzeit“ spreche, „ dann ist das Haus gesprengt“, so Faber.

Exponate aus der Eisenzeit, zirka 6. bis 5. Jh. v. Chr. © Foto: Diether v. Goddenthow
Exponate aus der Eisenzeit, zirka 6. bis 5. Jh. v. Chr. © Foto: Diether v. Goddenthow

Deswegen sei es gut, aus Anlass des 100jährigen Jubiläums „auf diese Sammlung hinzuweisen, und zu zeigen, was eben gesammelt worden ist, und welche Schätze da sind“. Wie man am Beispiel der fast 2.000 Jahre alten bronzenen Tür, die jahrelang in unserem Depot lagerte, und nun nach Mainz gegangen ist, sehe, greife man auf die international renommierte Sammlung Nassauischer Altertümer zurück. Aber manchmal, so der Vereinsvorsitzende, müsse eingestanden werden: „Nein, wir wissen gar nicht, wo etwas ist, in welchem Magazin!“. Das sei, gelinde gesagt, „eigentlich blamabel für eine solche Stadt wie Wiesbaden!“. Es ist katastrophal wie diese Sammlung behandelt worden ist. Aber „wir vom Verein konnten nichts machen“, da die Erneuerungsaktion vom Land Hessen damals abgedeckt war, bedauerte der Vereinsvorsitzende, betonte aber: „Lasst uns aber lieber in die Zukunft schauen“.

sam-Museumdirektorin Dr. Sabine Philipp © Foto: Diether v. Goddenthow
sam-Museumdirektorin Dr. Sabine Philipp © Foto: Diether v. Goddenthow

Diese Zukunft, mit dem Wunschziel, bis 2030 das neue Museum für die SNA realisiert zu haben, hat nun begonnen mit der Sonder-Ausstellung „Eine Schatz-Insel für die Sammlung Nassauischer Altertümer“. Präsentiert wird eine feine Auswahl außergewöhnlicher Objekte von der Frühgeschichte über die Römer bis zum frühen Mittelalter. Dies sei der erste Schritt, so Dr. Philipp. „Nächstes Jahr wollen wir dann anknüpfen mit dem zweiten Obergeschoss, welches damals im Museum Wiesbaden dem Kunsthandwerk und Alltagsgegenständen gewidmet war. So dass man nach und nach eine Ahnung bekommt, was damals auch zu sehen war, und was wir immer noch haben“, so die Museumsdirektorin.

Impression der Sonderausstellung "Eine Schatz-Insel für die Sammlung Nassauischer Altertümer" vom 15. Juli 2020 bis 15. Juli 2021.© Foto: Diether v. Goddenthow
Impression der Sonderausstellung „Eine Schatz-Insel für die Sammlung Nassauischer Altertümer“ vom 15. Juli 2020 bis 15. Juli 2021.© Foto: Diether v. Goddenthow

Auch wäre es wichtig, dass die Objekte nicht nur der breiten Öffentlichkeit, sondern auch der wissenschaftlichen Forschung zugänglich gemacht würden. Regelmäßige Leihanfragen aus dem In- und Ausland belegten die Bedeutung der Sammlung. Viele herausragende Museen kämen bei der Konzeption von Sonderausstellungen nicht ohne Fundstücke der SNA aus. Zahlreiche Exponate befänden sich als Leihgabe in Dauerausstellungen großer Häuser, das uns noch einmal mehr bestätigt, „was für herausragende Schätze wir haben“, erläuterte Dr. Philipp. Aber das stelle das sam -Team zugleich auch vor ganz praktische Herausforderungen, da man an den Großteil der Sammlungsgegenstände gar nicht heran käme. Diese befänden sich nämlich immer noch weitestgehend im selben Zustand, wie sie vor 10 Jahren in Kisten verpackt wurden, beklagte die Museumsdirektorin. In den vergangenen 10 Jahren seien von den rund 340 000 Sammlungsgegenständen erst gerade mal 10 Prozent digital erfasst worden. Die Stücke seien einzeln fotografiert, digital erfasst und mit neuen Inventarnummern versehen worden, um sie in der Datenbank schnell wieder finden zu können, so Dr. Philipp. Das heißt: Um die gesamten Objekte auch der wissenschaftlichen Forschung besser und schneller zugänglich machen zu können, müsste eine Großinventarisierung stattfinden und hierzu ein Digitalisierungsprojekt angestoßen werden. Dies würde sich, von der Öffentlichkeit unbemerkt, im Hintergrund abspielen. Umso wichtiger sei es auf der anderen Seite, „immer wieder Ausstellungen und Führungen wie die jetzige SNA-Sonderausstellung „zu machen, um auf die Sammlung hinzuweisen.“

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst )

Ort:
sam160sam – Stadtmuseum am Markt
Eingang Dern’sches Gelände

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr und Donnerstag von 11 bis 20 Uhr.
Für den Besuch im Stadtmuseum gelten die allgemeinen Hygieneverordnungen (Mund-Nasen-Schutz, Abstandshaltung).

 

Weiterführende Informationen: zur Geschichte der SNA und aktuellen Ausstellung „Eine Schatz-Insel für die Sammlung Nassauischer Altertümer“

Grußwort von  Axel Imholz, Kulturdezernent und Kämmerer der Landeshauptstadt Wiesbaden