„Ohne Zweifel Gutenberg?“ – Die Erfindung des Buchdrucks in Europa und Asien – Ab 21.09.2018 im Gutenberg-Museum Mainz

Buchdruckwerkstatt, 1646 Abraham von Werdt, Gutenbergmuseum GS 2017 © Gutenberg-Museum
Buchdruckwerkstatt, 1646 Abraham von Werdt, Gutenbergmuseum GS 2017 © Gutenberg-Museum

Als glanzvollen Höhepunkt im Gutenbergjahr 2018 anlässlich des 550. Todestages des Mainzer Erfinders, eröffnet das Gutenberg-Museum in Anwesenheit hochkarätiger Ehrengäste aus Korea, Frankreich und Deutschland heute Abend die Sonderausstellung „Ohne Zweifel Gutenberg? Die Erfindung des Buchdrucks in Europa und Asien“. Ausstellungsdauer: 21.September 2018 bis 28.April 2019.

Die Skulptur Johannes Gutenbergs wurde vom Sockel im Gang des "Römischen Kaisers" ins Foyer des Schellbaus umgezogen, von wo aus der Erfinder des Buchdrucks die Besucher begrüßt.© Foto: Diether v. Goddenthow
Die Skulptur Johannes Gutenbergs wurde vom Sockel im Gang des „Römischen Kaisers“ ins Foyer des Schellbaus umgezogen, von wo aus der Erfinder des Buchdrucks die Besucher begrüßt.© Foto: Diether v. Goddenthow

Gleich im Foyer des Schellbaus, von wo aus sich die Ausstellung nach links zur europäischen und nach rechts zur asiatischen Drucktechnik zweiteilt, begrüßen Johannes Gutenberg und Bi Sheng, der dienstbare Geist des Chinesischen Kaisers in der Tracht des 11. Jahrhunderts, die Besucher.

Dr Claus Maywald, Experte für fernöstliche Drucktechnik bei Gutenberg, demonstriert den historischen Metall-Lettern-Guss  Ostasiens. Zuvor wurden auf Holz geschriebene Lettern ausgesägt, die in Formsand gedrückt wurden. Zirka 1085 Grad heißes geschmolzenes Metall wurde in die Öffnung der zweiteiligen Gussform gegossen. Nach erkalten wurden die noch an den Gusskanälen hängenden Lettern herausgenommen (siehe in der Hand v. Dr. Maywald). © Foto: Diether v. Goddenthow
Dr Claus Maywald, Experte für fernöstliche Drucktechnik bei Gutenberg, demonstriert vor einem Schmelzofen  den historischen Metall-Lettern-Guss Ostasiens. Zuvor wurden auf Holz geschriebene Lettern ausgesägt, die in Formsand gedrückt wurden. Zirka 1085 Grad heißes geschmolzenes Metall wurde in die Öffnung der zweiteiligen Gussform gegossen. Nach Erkalten wurden die noch an den Gusskanälen hängenden Lettern herausgenommen (siehe in der Hand v. Dr. Maywald). © Foto: Diether v. Goddenthow

Eine zentrale technik-historische Frage der Ausstellung lautet: Wann genau und vom wem wurde der Buchdruck erfunden? Besucher werden feststellen, dass diese Frage gar nicht so einfach und eindeutig beantwortet werden kann. Denn, obgleich Gutenberg 1450 den Buchdruck erfand und entscheidend die Innovation neuer, dickerer Papiere (für den Zweiseitendruck) und geeigneterer Druckfarben sowie neuer Druckerpressen voranbrachte und die Medienmöglichkeiten der alten europäischen Welt revolutionierte, hatte man in Japan, China und Korea schon seit dem 6. Jahrhundert Texte im Druck vervielfältigt. Seit dem 11. Jahrhundert gelang es in Asien schon mit beweglichen Lettern, was eigentlich Gutenberg zugeschrieben wird. Aber, um es vorwegzunehmen: Es gibt technisch derart gravierende Unterschiede, dass die technischen Verfahren von Gutenberg nicht einfach eins zu eins mit den fernöstlichen einander verglichen werden können.

Ostasiatischer Holzlettern-Setzkasten. Im Unterschied zu den rund 130 bzw. 300 unterschiedlichen Zeichen Gutenbergs besteht allein der chinesische Grundwortschatz aus 6000 Lettern, was ein rationelles rasches Drucken unmöglich machte.  © Foto: Diether v. Goddenthow
Ostasiatischer Holzlettern-Setzkasten. Im Unterschied zu den rund 130 bzw. 300 unterschiedlichen Zeichen Gutenbergs besteht allein der chinesische Grundwortschatz aus 6000 Lettern, was ein rationelles rasches Drucken unmöglich machte. © Foto: Diether v. Goddenthow

Aber eben das macht die Ausstellung so spannend, nämlich die dialektische Zuspitzung durch Gegenüberstellung europäischer und asiatischer Drucktechniken. In beiden Abteilungen werden die entsprechenden Material- und Verfahrenstechniken detailliert vergleichbar gemacht. Schaubilder und Filmsequenzen machen anschaulich, wo deren Übereinstimmungen, vor allem aber auch Unterschiede liegen. Außerdem wird in rekonstruierten Werkstätten vorgeführt, wie die asiatische und europäische Methoden in der Praxis funktionieren. Durch dieses didaktische Medium aus dem Bereich der experimentellen Archäologie können die Besucher Jahrhunderte alte Erfindungen nachvollziehen. So wird ein direkter und detaillierter Vergleich zwischen Gutenbergs Erfindung und den material- und verfahrenstechnischen Vorgehensweisen in Asien veranschaulicht und für die Besucher erlebbar. Diese praxisnahe experimentell archäologische Gegenüberstellung europäischer und fernöstlicher früher Drucktechniken ist bisher weltweit einmalig.

Neben diesen technischen Aspekten werden die Sekundäreffekte des Druckers in den beiden Kontinenten verglichen. Anhand ausgewählter Objekte wird gezeigt, welche Auswirkungen diese technischen Neuerungen in Europa und Asien auf ihr kulturelles, mediales und gesellschaftliches Umfeld hatten, ob sie historische Bedeutung erlangten oder ohne nachhaltige Folgen blieben.

Belebte Seele aus: Gregor Reisch Margarita Philosophica (Allgemeine Enzyklopädie) Straßburg: Johannes (Reinhard) Grüninger, 1508, Gutenberg-Museum, Ink. 1589.© Foto: Diether v. Goddenthow
Belebte Seele aus: Gregor Reisch Margarita Philosophica (Allgemeine Enzyklopädie) Straßburg: Johannes (Reinhard) Grüninger, 1508, Gutenberg-Museum, Ink. 1589.© Foto: Diether v. Goddenthow

Nicht nur Technikfans, auch Ästheten und Buchliebhaber finden wahre Juwelen der Druckkunst; Grafiken von Albrecht Dürer (der übrigens hauptsächlich vom Drucken lebte), Hans Schäufelein oder Abraham von Werdt bebildern den historischen und geistesgeschichtlichen Hintergrund, vor dem sicher der europäische Buchdruck zu einer medialen Revolution entwickelte. Beeindruckende Raritäten aus Ostasien dokumentieren die ambitionierte Entwicklung der Druckkunst in Korea, China und Japan. Im Zusammenspiel von praktischer Anwendung, detaillierten technischen Erkenntnissen und faszinierenden Objekten bereitet die Ausstellung ein weit gefächertes Panorama zwischen Ost und West aus, in dem sich Übereinstimmungen, aber auch Widersprüche und Gegensätze äußern.

Bi Sheng, der dienstbare Geist des Kaisers von China in der Tracht des 11. Jahrhunderts, heißt ebenso auf der rechten Seite des Foyers die Besucher willkommen. © Foto: Diether v. Goddenthow
Bi Sheng, der dienstbare Geist des Kaisers von China in der Tracht des 11. Jahrhunderts, heißt ebenso auf der rechten Seite des Foyers die Besucher willkommen. © Foto: Diether v. Goddenthow

Gutenberg-Museum
Liebfrauenplatz 5, 55116 Mainz
www.gutenberg-museum.de
Öffnungszeiten:
Di-Sa 9 – 17 Uhr
So 11- 17 Uhr
Mo und an gesetzlichen Feiertagen geschlossen.

Live-Vorführungen
der rekonstruierten Druckwerkstätten
Di-Sa 12,14,15,16 Uhr
So zusätlich 13 Uhr
16 Uhr: Führung im Rahmen der Kinderführung.
Weitere Info: www.gutenberg-museum.de