„Manzil Monde – Nadira Husain“ Sonderausstellung vom 26. 06 bis 2. 10 2022 Institut Mathildenhöhe Darmstadt Künstlerkolonie

manzil-monde-nadira-husainDiesen Sommer hält mit MANZIL MONDE wieder eine zeitgenössische Ausstellung Einzug in die Bildhauerateliers des Museum Künstlerkolonie. Die Künstlerin Nadira Husain präsentiert Arbeiten, die aktuelle Diskurse wie Postmigration, Transkulturalität und Feminismus thematisieren. Neue Werke werden in einer ortsspezifischen Installation auf der Mathildenhöhe Darmstadt erstmals zu sehen sein.

DIE AUSSTELLUNG
Vom 26. Juni bis 2. Oktober 2022 zeigt das Institut Mathildenhöhe Darmstadt die Einzelausstellung MANZIL MONDE von Nadira Husain (*1980 in Paris, Frankreich). Die Künstlerin nimmt die Betrachter*innen mit auf eine visuelle Reise: In ihren Werken verwebt Husain Figuren, Symbole und Ornamente verschiedener Kulturkreise, welche die eigene multikulturelle Erfahrung der Künstlerin reflektieren.

Gleichberechtigt bezieht Husain Malerei, Skulptur, Zeichnung, Druckverfahren und Handwerkstechniken in ihre Werke ein. Dabei überschreitet sie nicht nur die Grenzen des Bildformats, vielmehr greifen ihre Arbeiten in den Raum hinein. In der eigens für die Mathildenhöhe Darmstadt entwickelten Installation arrangiert die Künstlerin hauptsächlich neue Werke, die zuvor noch nicht ausgestellt wurden. Mit Objekten aus unterschiedlichen Materialien – darunter Textil, Keramik und Plastik – richtet Husain bühnenhafte Settings in den Räumen des Museum Künstlerkolonie ein.

Der Ausstellungstitel Manzil Monde führt Bedeutungen von ‚Haus‘ und ‚Welt‘ in den Sprachen Urdu, Arabisch und Französisch zusammen. Er wird zum Leitmotiv der Installation in den historischen Bildhauerateliers im Ernst Ludwig-Haus. Das monumentale Gemälde Migration Pride und die neuen Textilarbeiten Ancestors verbinden sich im oberen Bildhaueratelier zu einem Begegnungsraum für eine generationsübergreifende Gesellschaft von politischer und kultureller Teilhabe. Le monde – die Welt – wird dabei als Zusammenwirken aller Individuen innerhalb von politischen, sozialen und kulturellen Veränderungsprozessen verstanden.

Semitransparente Vorhänge, die das untere Bildhaueratelier gliedern, zeigen Fotografien von privaten Wohnräumen. Illustrationen aus dem indischen Epos Hamzanama legen sich als digitale Collagen wie ein Schleier über die Aufnahmen. Die nachträglich hineinmontierten Kunststoffobjekte finden ihre Entsprechung in Monobloc-Stühlen, die im Ausstellungsraum aufgestellt sind. Fantastic Plastic – die Faszination für die Gebrauchsgegenstände einer globalisierten Welt – steht traditionellen indischen Artefakten gegenüber. In Husains Installation wird das Manzil, das zugleich physisches Haus, temporäres Ziel einer Reise und Heimat meint, zum Sinnbild der Sehnsucht nach Zugehörigkeit einer postmigrantischen Person.

In den neuen Materialcollagen An Elephant in Front of the Window setzt die Künstlerin eine Fülle unterschiedlicher Materialien, Techniken und Formen ein. Applikationen aus Stoffen und malerische Überblendungen lösen Bildhierarchien auf. Digitale Fotomontagen, Illustrationen aus Mogulminiaturen des 16. Jahrhunderts und figürliche Zeichnungen verschmelzen zu einem neuen Ganzen. Husain stellt fest: „Ich verwende die Collagetechnik als Konzept: Es wird sichtbar, was zusammengesetzt ist, und nicht, was ausgeschnitten ist. Ich will nicht defragmentieren. Ich interessiere mich nicht für meine einzelnen Elemente, sondern für das Gesamtbild, das ich geschaffen habe.“

Dr. Sandra Bornemann-Quecke, Stellvertretende Direktorin des Institut Mathildenhöhe Darmstadt und Kuratorin der Ausstellung, hebt hervor: „Nadira Husain lädt die Besucher*innen ein, in ihre komplexen Bildwelten einzutauchen. Der Rundgang durch die Ausstellung wird zu einer Suchbewegung zwischen Orten und Zeiten. Immer wieder öffnen sich Räume für individuelle Assoziationen. Dabei sind wir aufgefordert, unsere eigene Position innerhalb der Gesellschaft kritisch zu befragen.“

In der Sammlungspräsentation Raumkunst – Made in Darmstadt treten Husains Arbeiten in einen spannungsreichen Dialog mit den Werken der Künstlerkolonie Darmstadt. Dr. Philipp Gutbrod, Direktor des Institut Mathildenhöhe Darmstadt, erläutert: „Im Zusammenspiel von bildender und angewandter Kunst verwebt Nadira Husain Einflüsse und Eindrücke aus unterschiedlichen Ländern und schafft hieraus Werke, die zur Reflexion akuter sozialpolitischer und interkultureller Themen einladen. Husain gibt wesentlichen Themen ihrer Zeit eine Plattform und steht somit in Einklang mit der Geschichte der Mathildenhöhe Darmstadt als Denk- und Versuchswerkstatt der frühen Moderne.“

Neben einem zweisprachigen Katalog (dt./eng.) wird die Ausstellung von einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm sowie mehrsprachigen Vermittlungsmedien begleitet (dt./eng./türk.). In einer Broschüre für Kinder ab 10 Jahren werden die künstlerische Praxis von Nadira Husain und gesellschaftliche Zusammenhänge spielerisch vermittelt.

KATALOG
Manzil Monde – Nadira Husain, hrsg. von Philipp Gutbrod, Sandra Bornemann-Quecke, 136 Seiten, 30 €, DCV Verlag, Berlin, August 2022

DIE KÜNSTLERIN
Nadira Husain (*1980 in Paris, Frankreich) lebt und arbeitet in Berlin, Paris und Hyderabad. Nach ihrem Abschluss an der École nationale supérieure des beaux-arts (ENSBA) in Paris 2006 wurde sie regelmäßig zu Einzel- und Gruppenausstellungen eingeladen. Dazu zählen unter anderem die Präsentationen im Heidelberger Kunstverein (2020), Museion Bozen (2019), KAI 10, Arthena Foundation in Düsseldorf (2019), Villa du Parc, Centre d’art contemporain in Annemasse (2018), Jewish Museum in New York (2015), Künstlerhaus Bremen (2014) und in den KW Institute for Contemporary Art in Berlin (2013). Seit 2010 stellt sie bei PSM, Berlin, aus. Nadira Husain engagiert sich auch in antirassistischen Kunstgruppen und Projekten. Sie ist Teil des *foundationClass*collective, das an der documenta 15 teilnimmt.

2018 erhielt sie den WERK.STOFF Preis für Malerei der Andreas Felger Kulturstiftung und des Heidelberger Kunstvereins.

Nadira Husain ist seit 2021 Gastprofessorin an der Universität der Künste in Berlin und seit 2017 auch Dozentin der *foundationClass an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin.

Institut Mathildenhöhe Darmstadt
Olbrichweg 15
64287 Darmstadt