Frankfurts neues Struwwelpeter Museum: Ein Haus voller „rebellischer“ Geschichten und der Inklusion

suppenkaspar250„Der Kaspar, der war kerngesund, Ein dicker Bub und kugelrund,
Er hatte Backen rot und frisch;
Die Suppe aß er hübsch bei Tisch.
Doch einmal fing er an zu schrei’n: „Ich esse keine Suppe! Nein!
Ich esse meine Suppe nicht!
Nein, meine Suppe ess’ ich nicht!““
(aus der „Geschichte vom Suppen-Kaspar“)

 

„Das Struwwelpeter-Museum ist zu Hause angekommen“, so Oberbürgermeister Peter Feldmann, als er gemeinsam mit Hartmut Fritz, Vorstandsvorsitzender  der Frankfurter Werkgemeinschaft e.V.,  der Museumsleiterin Beate Zekorn-von Bebenburg und weiteren Mitarbeitern des Museums sowie zahlreichen Freunden und Gästen aus Politik und Wirtschaft das neue Struwwelpeter Museum am 23. September 2019 in der teilrekonstruierten neuen Frankfurter Altstadt mit einem Festakt eröffnete.

©  Foto: Diether  v Goddenthow
© Foto: Diether v Goddenthow

Nach beinahe 175 Jahren, nachdem der Frankfurter Arzt, Psychiater und Psychiatrie-Reformer Heinrich Hoffmann (1809 – 1894) den „Struwwelpeter“ erfand, hat die weltweit größte Sammlung von Exponaten zum Bilderbuchklassiker ein neues Zuhause in rekonstruiertem historischen Ambiente gefunden. Wenige hundert Meter von dem neuem Domizil, am Ort, an dem einst Goethes Tante wohnte, hatte der vielseitige und kreative Dr. Heinrich Hoffmann 1844 in der Vorweihnachtszeit ein Bilderbuch für seinen 3jährigen Sohn Carl ersonnen, da er kein passendes fand. Dieses Heft mit den bunten Bildern und einprägsamen Versen erschien ein Jahr später als Buch, das sofort ein großer Erfolg wurde. Mehr als 35 Millionen Exemplare wurden allein auf Deutsch gedruckt. Der Struwwelpeter „spricht“ mehr als 40 Sprachen und 80 deutsche Dialekte. In der interaktiven Ausstellung für jedes Alter erzählen seltene Buchexponate, Parodien, Kitsch und Kunst von der Erfolgsgeschichte des ebenso geliebten wie abgelehnten Struwwelpeter. In Porträts, Briefen, Skizzen und Erstausgaben wird Heinrich Hoffmann als Autor und Illustrator, Psychiatrie-Reformer, politisch engagierten Bürger, liebevoller Familienvater und überzeugter Frankfurter präsentiert.

Mehr als ein Museum

Hartmut Fritz, Vorstandsvorsitzender  der Frankfurter Werkgemeinschaft e.V.©  Foto: Diether  v Goddenthow
Hartmut Fritz, Vorstandsvorsitzender der Frankfurter Werkgemeinschaft e.V.© Foto: Diether v Goddenthow

„Zum Feiern haben wir drei Gründe“, sagte Hartmut Fritz: Erstens die Eröffnung des „Struwwelpeter Museum“, „welches wir die letzten 42 Jahre im Frankfurter Westend betrieben und nun mitten ins Herz von Frankfurt umgezogen haben. Zweitens, dass die Frankfurter Werkgemeinschaft „hier in der neuen Altstadt zwei Häuser erworben“ habe, „bei denen es sich letztlich um historische Rekonstruktionen aus dem 14. und 17. Jahrhundert handelt“. Drittens: Dass „unser Struwwelpeter Museum im Zuge der Umsiedlung ein sogenannter Inklusionsbetrieb wird, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam arbeiten“.

Das Museum betreibe seit vielen Jahren Arbeitsplätze und habe Raum für Beschäftigung in Erprobung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, lange bevor Inklusion infolge der UN-Menschenrechtskonvention in aller Munde war und heftig darum gestritten wurde, unterstrich der FWG-Vorstandsvorsitzende die soziale Funktion des Museums.

Frank Nikutta vom Landeswohlfahrtsverband überreicht die Förderurkunde an Michael Wesp, Geschäftsführer des Struwwelpeter Museum gGmbH ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Frank Nikutta vom Landeswohlfahrtsverband überreicht die Förderurkunde an Michael Wesp, Geschäftsführer des Struwwelpeter Museum gGmbH © Foto: Diether v Goddenthow

Zur Sicherung fünf weiterer „inklusiver“ Arbeitsplätze für besonders Betroffene und Unterstützung des Inklusionsbetriebs überreichte Frank Nikutta vom Landeswohlfahrtsverband, in Vertretung von Susanne Selbert zur Einweihung einen Förderscheck in Höhe von 250 000 Euro.

Torsten Neubacher, Geschäftsführender Vorstand fwg e.V. und Michael Wesp, Geschäftsführer der Struwwelpeter Museum gGmbH, moderierten in Personalunion abwechselnd  gekonnt den feierlichen Nachmittag, während sie immer wieder Episoden aus der Geschichte des Hauses und um den nicht ganz so einfach Quartierserwerb einflochten. Zudem erläuterten sie, was ein Inklusionsbetrieb sei  und wie er funktioniere und warben dabei für die zahlreichen Produkte des Hauses, die  von Menschen mit Behinderungen gefertigt werden, und im Museumshop angeboten werden, darunter  T-Shirts, Stofftragetaschen, Trinkgefässe, Mitbringsel und vieles mehr.

Pfarrer Wilhelm Köhler’s Idee 

Das Struwwelpeter und Heinrich-Hoffmann-Museum ist Teil der Frankfurter Werkgemeinschaft seit dem Jahre 1977. Die Idee, so Fritz, ein solches Museum aufzubauen und zu betreiben, habe der fwg- Gründer Pfarrer Wilhelm Köhler gehabt, der die Verbindung zwischen Heinrich Hoffmann als Struwwelpeter-Autor und Heinrich Hoffmann als Reformer und Kämpfer für eine menschenwürdige Psychiatrie erkannte und sich, wie auch die FWG, zur menschenwürdigen Psychiatrie verpflichtet sah.

Der Struwwelpeter ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Der Struwwelpeter © Foto: Diether v Goddenthow

„So kam es dazu, dass wir bis heute mit dem Struwwelpetermuseum eine Brücke zwischen der Kultur und Sozialarbeit betreiben. Menschen kommen zum Museum, um etwas über Struwwelpeter und die anderen Figuren Heinrich Hoffmanns zu erfahren. Gleichzeitig erfahren sie, mehr oder weniger beiläufig, auch etwas über die Geschichte der Psychiatrie im 19. Jahrhundert“, sagte der FWG-Vorstandsvorsitzende. Und er sei zuversichtlich, dass dieser in Deutschland einmalige Inklusionsbetrieb, Furore machen werde. Auch werde sich die Besucherzahl jetzt wohl deutlich erhöhen, da das bisherige Struwwelpeter-Museum 42 Jahre lang doch in einer Westend-Villa ein wenig versteckt residiert habe, so „dass kaum zufällig Besucher dorthin fanden, sondern nur Besucher, die uns im Prinzip aufgesucht haben.“

Zeitzeuge Dr. Ernst Gerhardt erinnert sich an Pfarrer Köhler

Zeitzeuge Dr. Ernst Gerhardt , Jahrgang 1921©  Foto: Diether  v Goddenthow
Zeitzeuge Dr. Ernst Gerhardt , Jahrgang 1921© Foto: Diether v Goddenthow

Dr. Ernst Gerhardt, Gründungsvorstand der fwg.e.V. und ehemaliger Stadtkämmerer der Stadt Frankfurt a. Main, inzwischen 98jährig, erinnerte sich noch persönlich an Initiator Pfarrer Köhler. „Er war ja von Anfang an nicht dazu berufen ein Museum in Frankfurt zu errichten, oder die Frankfurter Werkgemeinschaft zu gründen“, so Gerhardt, „sondern er gehörte einer Priestergemeinschaft an, die nicht alle der Pfarrseelsorge dienen konnten“ und andere überpfarrliche Aufgaben erfüllen mussten. „Er wurde Krankenhausseelsorger und hat mich bei einem zufälligen Zusammentreffen in der Universitätsklinik gefragt, ob ich denn mitmachen würde bei seinen Unternehmungen. Ich wusste nicht genau, was er eigentlich da vorhatte, aber er kam immer auf Neue Ideen, und so ist die Frankfurter Werkgemeinschaft in ihren sehr, sehr einmalig ausgerichteten Werkstattzielen entstanden und als Nebenprodukt zunächst einmal ein Museum, und ausgerechnet noch ein Struwwelpeter Museum. Ich muss gestehen, ich hab‘ in meiner Kindheit den Struwwelpeter gar nicht so oft gelesen“, sagte der Mitbegründer der fwg e.V, der, wie er zugab, erst durch Pfarrer Köhler mit dem Struwwelpeter vertraut, und Hoffmann Lektüre viel Tiefsinniges entnehmen konnte. Dies sei eigentlich die Vorgeschichte, die zu dieser Eröffnungsfeier geführt habe. Es sei also die Initiative eines Seelsorgers gewesen, der ja auch hätte auf andere Ideen kommen können, dem die Gründung der Werkgemeinschaft und des Struwwelpeter Museums zu verdanken sei. So könne eine Einzelleistung „zu so einer bedeutenden Einrichtung werden, und zur Freude der Frankfurter Gesellschaft.“ Freute sich Gerhardt.

Michael Quast liebt Heinrich Hoffmanns schwarzhumorigen Texte

Schauspieler Michael Quast, Leiter der Fliegenden Volksbühne und Hoffmann-Fan.©  Foto: Diether  v Goddenthow
Schauspieler Michael Quast, Leiter der Fliegenden Volksbühne und Hoffmann-Fan.© Foto: Diether v Goddenthow

Der bekannte Frankfurter Schauspieler Michael Quast, Leiter der Fliegenden Volksbühne, und Heinrich-Hoffmann-Fan, gab Kostproben aus Hoffmanns Werk. Hoffmann habe, so Quast, nicht nur Kinderbücher geschrieben, sondern sei auch sonst als Autor gut unterwegs gewesen.
1858 habe Heinrich Hoffmann, damals 49jährig, und schon Leiter der Anstalt für Irre und Epileptische ein kleines Büchlein herausgebracht mit dem Titel „Allerseelenbüchlein – eine humoristische Friedhofantologie“, worin Hoffmann Grabinschriften versammelt habe, von denen er meinte, dass sie eigentlich die eigentlich wahren sein müssten.

Gerhardts Nachfolger, Uwe Becker, Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Frankfurt a. Main, dankte Michael Quast und seinem Vorredner und hoffte, dass man an dann das 50jährige Bestehen des Museums in Gerhardts 106. Lebensjahr gemeinsam feiern könne. Er wäre sich sicher, dass das Struwwelpeter Museum ein voller Erfolg würde und viele neue Interessenten in die Räume und den Verkaufsshop bringen werde.

Struwwelpeter Museum im rekonstruierten Haus von Goethes Tante.©  Foto: Diether  v Goddenthow
Struwwelpeter Museum im rekonstruierten Haus von Goethes Tante.© Foto: Diether v Goddenthow

Voller Witz und Meister der Pointe vertrat Matthias Hessenberg seinen berühmten Vorfahren Dr. Hoffmann, und zitierte Adenauers Sohn, dem es gehörig stank, immer nur nach dem berühmten Vater Konrad Adenauer befragt zu werden mit dessen Worten: „Ich hatte auch eine Mutter!“, und betonte, dass er ja insgesamt 16 Urgroßeltern habe, und seine Kinder bereits 36 Ururgroßeltern.
Pfarrer Dr. Walter Sauer, der 1994 den Freundeskreis Struwwelpeter Museum gründete, überreichte im Namen des Freundeskreises der langjährigen Museumsleiterin Beate Zekorn-von Bebenburg einen Blumenstrauß und einen Umschlag mit dem warnenden Hinweis: „aber nicht ganz in der Höhe wie von Herrn Nikutta“ , und machte abschließend augenzwinkernd noch den Frankfurter Magistrat darauf aufmerksam,  dass nämlich in Frankfurt noch ein Struwwelpeter-Ampelmännchen fehle.

Ein Haus voller Geschichten – Das Museums-Konzept

Museumsleiterin Beate Zekorn-von Bebenburg, die Seele des Hauses seit 28 Jahren. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Museumsleiterin Beate Zekorn-von Bebenburg, die Seele des Hauses seit 28 Jahren. © Foto: Diether v Goddenthow

Die hierdurch sichtlich gerührte Museumsleiterin Beate Zekorn-von Bebenburg, dankte allen Mitstreitern und führte die Gäste in das zukunftsgewandte Konzept neuen Struwwelpeter Museums. Immer noch häufig würde sie gefragt, so Zekorn von Bebenburg, wie man ein Museum über ein einziges Buch machen könne, und ausgerechnet mit Struwwelpeter. Ob das nicht Schwarze Pädagogik sei. Da gäbe es doch schönere Bilder für Kinder. Aber seit 28 Jahren, also seitdem sie das Museum leite, wäre sie es immer noch nicht leid, so die Museumsleiterin, auf diese Fragen zu antworten. Sie sei immer noch überrascht, „ wie viele breit gefächerte Ausstellungen wir machen konnten und Antworten damit geben konnten, dass der Struwwelpeter keineswegs Schwarze Pädagogik ist, sondern im Gegenteil immer wieder lebendig und immer wieder auf neue Weise Kindern Orientierung im Leben gibt, aber auch einfach Spaß bereiten kann.“

Heinrich Hoffmann sei alles andere als ein Schwarzer Pädagoge gewesen und sie hoffe, dass die neue, jetzt noch größere Abteilung zur Person Heinrich Hoffmann, „diesen sehr vielseitigen und schwarzhumorigen Menschen Heinrich Hoffman“ den Besuchern zeigt, wer er tatsächlich war. Eigentlich hieß das ursprüngliche Museum ja Heinrich-Hoffmann-Museum, wurde später aber wegen der besseren Wahrnehmung in Struwwelpeter Museum umbenannt.

Hauptabteilung: Der Struwwelpeter-Kosmos in der ersten Etage ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Hauptabteilung: Der Struwwelpeter-Kosmos in der ersten Etage © Foto: Diether v Goddenthow

„Unser Wahlspruch ist: ‚Ein Haus voller Geschichten‘“, und viele dieser Geschichten erzählt die Dauerausstellung. Alle Besucher, „die zu uns kommen, bringen natürlich auch immer ihre eigenen Geschichte, ihre Erinnerung an das Buch mit, manche würden geradezu angeregt mit dem Struwwelpter in ihre eigene Kindheit zurückzureisen, und Führungen mit Alzheimer Patienten zeigten, dass manche von ihnen immer noch „ganze Geschichten, ganze Verse aus dem Struwwelpeter vorsagen können.“ „Und wir wollen auch ein Ort sein, um diese und eigene Geschichten zu erzählen, zu teilen und sich auch immer wieder über Erziehung, über Aufwachsen und auch – meinetwegen – Rebellion und was alles dazu gehört, auszutauschen.“, erläuterte die Museumleiterin.

Dass der Struwwelpeter seit über 175 Jahren lebendig geblieben sei, lieg nach Zekorn-von Bebenburgs Überzeugung daran, dass „jede Generation den Struwwelpeter in eigene Erfahrung transponieren kann“, und heute sei beispielsweise „der ‚Hans Guck-in-die-Luft‘der uns alltäglich auf der Straße mit dem Handy in der Hand entgegen stolpert“.

Schon zu Heinrich Hoffmanns Zeiten habe es ADHS-Kinder und solche, die nicht essen, sich nicht waschen wollten, gegeben, also all die Themen, „die der Struwwelpeter aufblättert“ und sich sehr gut noch ans heute noch anknüpfen ließen. Die beliebte Schauspielerin Iris Berben habe mal, nach ihrem Lieblings-Kinderbuch befragt, spontan geantwortet: „Der Struwwelpeter. Der Struwwelpeter ist Rock’n Roll“ zitiert Zekorn-von Bebenburg. Dies träfe genau zu, „wie der Struwwelpeter auf Kinder heute noch wirkt. Dieses Widerspenstige, das Aufmüpfige, das Wilde – all das steckt drin. Und so wie man einen Rock’n Roll tanzt, so ist das mit der Lektüre des Struwwelpeters.“, so die Museumsleiterin. Man müsse gar nicht selber Struwwelpeter sein, aber mal dieses Buch anzugucken, helfe bis heute schon so manchem Kind enorm, „ um auch eigene Ängste, Aggressionen etc. zu bannen.“, erklärt sich Zekorn-von Bebenburg den Erfolg dieses Kinderbuchklassikers, der sich von anderen Kinderbüchern eben auch bis heute dadurch unterscheide, „weil es eben keinerlei heile Häschenwelt“ reproduziere. „Im Struwwelpeter ist der Hase bewaffnet und schießt auf die Jäger.“

Vom Buch zum Museum
Dieser Grundgedanke des Rebellischen, der Spaß, Verbote zu übertreten, sei auch „die Basis unseres neuen Museums-Konzeptes, unseres Ausstellungskonzeptes.“, erläuterte Zekorn-von Bebenburg Intension und Ausrichtung des Struwwelpeter-Museums. Dass bereits zur Biedermeier-Zeit Heinrich Hoffmanns Figuren ihren rebellischen Reiz ganz stark entfalteten, zeige beispielsweise das in den Ausstellungsmittelpunkt gerückte Geschwisterpaar-Porträt von 1854: „Das sitzen zwei brave Kinder, schön frisiert in Seidenkleidchen mit langweiligen Spielzeug in der Hand, und in der Hand haben sie vor sich das „Stuwwelpeter-Buch“ mit dem wilden, unfrisierten Jungen, „auf den sie gucken können, der alles das ist, was sie nicht sein dürfen, und der Spaß ist es, dass mal angucken zu können.“ Und dass der Struwwelpter bis heute Kinder beeindrucke, habe einmal mehr am Morgen bei Presse-TV-Aufnahmen eine Schulklasse gezeigt, die sich derart festgespielt hätte, dass ihre Lehrerin mehrmals heftig intervenieren musste, um sie loszueisen. Und was könne es Besseres geben als „Kinder, die nicht mehr aus einem Museum wollen“, freut sich die Museumsleiterin, dass das Museum mit seinen Geschichteninseln, Exponaten, der gelungenen Gestaltung und dem Shop insbesondere bei der Hauptzielgruppe, den Kindern, so gut angenommen wird.

Die Figuren scheinen wie aus der Wand entsprungen.©  Foto: Diether  v Goddenthow
Die Figuren scheinen wie aus der Wand entsprungen.© Foto: Diether v Goddenthow

Die Eindrücke, die Struwwelpeter und seine Figuren in den Köpfen hinterlassen, werden symbolisch reliefartig an den Wänden abgebildet: Es scheint, als seien die metergroßen, Pappkamerad ähnlichen zirka fünf Zentimeter starken Leucht-Figuren des Struwwelpeters aus der Wand entsprungen. Sie dürften ein beliebtes Fotomotiv werden, auch und insbesondere auch von internationalen Touristen.

Das neue Museum holt das Bilderbuch und seine alten Figuren in die Gegenwart, wobei das Herzstück des Museums die Dauerausstellung im ersten Stock ist mit zwei Abteilungen: Zum einen der Struwwelpeterkosmos, „der einführt in die unglaubliche Rezeptionsgeschichte die dieses Buch hingelegt hat mit den vielen 40 Übersetzungen“, darunter noch „einige Exemplare, die Hoffmann selbst als Belegexemplare bekam“. Die zweite Abteilung widmet sich der Person Heinrich Hoffmann, seinem Leben und Wirken.

Die Figuren im Struwwelpeterkosmos werden vor dem Hintergrund einer biedermeierlichen Tapete gezeigt, bei der jedoch bei näherem Hinsehen, wie auch bei der typographischen Gestaltung von Überschriften der Ausstellung, etwa dem anscheinend zu klein geratenen „w“ im Struwwelpeter, gar nichts mehr so geordnet ist: die Schwalben seien verrutscht, „und einiges ist auch hier in Unordnung geraten. So schräg wie das Buch ist, so ähnlich verrückt ist auch unsere Ausstellungbeschreibung, um dieses Buch rüberzubringen“, weist die Museumsleiterin auf all die gewollten Irritationen hin, um dem Buch gerecht zu werden.

Hauptabteilung Teil 2: Ausstellung zu Heinrich Hoffmann ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Hauptabteilung Teil 2: Ausstellung zu Heinrich Hoffmann © Foto: Diether v Goddenthow

Zudem sei es in unserer Welt der vielen Ablenkungen, wo so viel an Kindern vorbeirausche, ein pädagogisches Anliegen, Kindern zu helfen, ihren Blick für das Detail zu schärfen und dafür „diese Vorlage Struwwelpeter nutzen. Da sind so viele kleine Details drin, die Kinder sehr gerne angucken. Da gibt es Fische, die lachen können, merkwürdige Dinge, die auf dem Kopf stehen, den Suppen-Kaspar. Man habe für Spiele entwickelt, bei denen beispielsweise Kinder herausfinden sollen, was für Hüte und Kopfbedeckungen beim Struwwelpeter vorkommen, was es zu Essen gibt usw. Hierzu habe man alle möglichen Dinge herausdestilliert.

Das Museumsteam versuche immer, alle Altersgruppen zum Schauen, Mitspielen und Nachdenken zu bewegen. Und die Geschichteninseln seien nun eine Mischung aus Analogen, aus Exponaten, aus Vitrinen und digitalen Angeboten. Das Museum sei längst im 21. Jahrhundert angekommen, und habe die digitalen Möglichkeiten jetzt voll genutzt, so Zekorn-von Bebenburg. Es gibt eine ganze Reihe von Medienstationen und von Monitoren in der Ausstellung, was Jung und Alt gleichermaßen begeistere, weil hier eine zusätzliche Erfahrungsebene nutzbar wäre mit Bild- und Textinformationen zur Biedermeierzeit, zu den Hintergründen der Struwwelpeter-Geschichten, zur Psychiatriegeschichte sowie zu Hoffmanns politisch-literarischem Netzwerk, zu dem Persönlichkeiten wie Ludwig Uhland oder Friedrich Hecker gehörten. Und kleine wie große Besucher können sich an „Geschichteninseln“ mittels analogen Spiegel oder digitalen Spielen auf Bildschrimen mit dem „Struwwelpeter“ beschäftigen. Mit einem digitalen Spiel darf jeder die Geschichte des Struwwelpeters in der Gegenwart spielen: Wie hätte er sich als Klimaschützer oder Banker verhalten?

Museumshop.©  Foto: Diether  v Goddenthow
Museumshop.© Foto: Diether v Goddenthow

Sonderausstellungen:
Das neue rund 600 qm große Museum bietet zudem zwei Flächen für Wechselausstellungen. Diese sorgen ständig für eine aktualisierte Verknüpfung mit der Gegenwart. Die erste Sonderausstellung „Der kubanische Struwwelpeter“ von Noa, wurde gleichzeitig zu Einweihung des Hauses am 23. September 2019 eröffnet und wird noch bis zum 31. März 2020 gezeigt.

(fwg/ Diether v. Goddenthow / Rhein-Main.Eurokunst)

Ort:
Struwwelpeter Museum
Hinter dem Lämmchen 2-4
60311 Frankfurt am Main