„Der Mensch – ein religiöses Wesen?“ Vortrag am 12. April in der Universitätsmedizin Mainz

Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

Fortsetzung der Vorlesungsreihe „Was ist der Mensch?“ am 12. April 2017

(Mainz, 10. April 2017, ok) Man kann Religion und Glauben als Erfindung des Menschen, möglicherweise die schlechteste, als Illusion, als Wahn oder als ein Geschenk Gottes sehen. Das Phänomen der Religion ist eine Tatsache, die sich vom Sonnenkult der Indianer, über die heiligen Eichen der Germanen bis zu den Heiligen der Kirche in fast allen Gesellschaften nachweisen lässt. Ist es die Sehnsucht des Menschen nach Orientierung, nach Sicherheit und Gerechtigkeit, nach Erklärung des Unerforschlichen? Gehört die Fähigkeit zur Spiritualität und Transzendenz zur Grundausstattung des Menschen? Verschafft sie ihm einen Überlebensvorteil? Auf diese Fragen geht der Direktor des Instituts für Physiologie der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Heiko Luhmann in seinem Vortrag ein, den er am Mittwoch, 12. April, im Rahmen der Reihe „Was ist der Mensch?“ der Medizinischen Gesellschaft Mainz hält. Moderator des Abends ist der Leiter des Open Access Wissenschaftsportals Physioklin, Prof. Dr. Rolf Zander. 

In der Evolution des Menschen traten erste Formen religiösen Ausdrucks vor etwa 100.000 Jahren auf. Mit der Verbreitung des Menschen über den Globus, der Besiedlung neuer Lebensräume und mit der Entstehung größerer Gemeinschaften entwickelten sich unterschiedliche Religionen, die sich im Laufe von Jahrhunderten weiter entfalteten und aufgliederten. Mit der Entstehung von landwirtschaftlichen und ersten städtischen Siedlungsformen kam es zu einem Wandel der Sozialstrukturen; die Gruppengröße wuchs von wenigen hundert Mitgliedern in Jäger-Sammler-Gemeinschaften zu einigen tausend Mitgliedern.

Evolutionsbiologische und neurowissenschaftliche Befunde zeigen, dass unser Gehirn einen gut funktionierenden sozialen Austausch nur bis zu einer Gruppengröße von etwa 150 Mitgliedern leisten kann. Mit dem zunehmenden Wachstum von Gemeinschaften waren zur Kontrolle des Sozialgefüges neue Mechanismen erforderlich. Der kollektive religiöse Glaube an eine übergeordnete Instanz erlaubte auch in großen Gemeinschaften ein geordnetes Zusammenleben. Weiterhin werden durch Religionen gemeinschaftsfördernde Prinzipien, wie Mitgefühl und Barmherzigkeit, unterstützt. Nach der „social brain-Hypothese“ war für die evolutionäre Entwicklung dieser Fähigkeiten ein Wachstum bestimmter Hirnstrukturen notwendig. Im Vortrag werden die evolutionären Vorteile religiösen Glaubens und deren neurowissenschaftlichen Grundlagen vorgestellt.

Der Referent, Prof. Luhmann, Naturwissenschaftler, Neurophysiologe und Neurobiologe an der Universitätsmedizin Mainz ist Autor des Bestsellers „Alles Einbildung!“

Zeit und Ort:

Der Themenabend findet um 19.15 Uhr im Hörsaal Chirurgie (Gebäude 505H) der Universitätsmedizin Mainz (Langenbeckstraße 1, 55131 Mainz) statt. Interessierte sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei.