Kategorie-Archiv: ZDF

3SAT-Festival in Mainzer City ist ein Riesengewinn – ab 22.09.2019 auf 3SAT

©  Foto: Diether  v Goddenthow
© Foto: Diether v Goddenthow

Sogar ZDF-Intendant Peter Bellut und Kulturdezernentin Marianne Grosse waren am 13. September 2019 gekommen, um gegen 20 Uhr die Gäste zur Eröffnung des ersten 3SAT-Festvial in der Mainzer City auf dem Ernst-Ludwig-Platz zu begrüßen. „Wir haben uns gedacht, ob es nicht mal eine gute Idee sei, mit dem 3SAT-Festival in die Mainzer Innenstadt zu gehen, um ein bisschen stärker zu zeigen, das wir ja ein Mainzer Sender sind“, begründete der ZDF-Intendant diesen Schritt. Auf dem Lerchenberg habe man zwar auch sehr gutes Kabarett gemacht, sei aber da oben doch ein wenig einsam gewesen. Marianne Grosse hatte, als die Anfrage vom Lerchenberg kam, gleich zugesagt: „Wir haben uns super gefreut, dass ihr jetzt hier seid, dass das 3SAT-Festival hier mitten in der Stadt jetzt stattfindet. Das ist für uns ein Riesengewinn, wir freuen uns da total drüber“, so  die begeisterte Mainzer Kulturdezernentin.

Tobias Mann ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Tobias Mann © Foto: Diether v Goddenthow

Schon eineinhalb Stunden zuvor hatten viele Gäste das Terrain vor dem 3SAT-Zelt und im Innenhof des Kurfürstlichen Schlosses zur kostenfreien Teilnahme am Public Viewing eingenommen und ließen es sich gut gehen bei Kalt-Getränken und kleinen Speisen.

Auf dem Programm an diesem Abend: Tobias Mann, Satiriker, Stand-Up-Kabarettist und leidenschaftlicher Musiker, mit seinem neuen Programm „Chaos“. Hier ging er –musikalisch besonders gut – satirisch der Frage nach, wohin das mit uns Menschen noch führen soll, wozu er die Verrücktheiten unserer ach so zivilisierten Gesellschaft durchdeklinierte, um zum Fazit zu gelangen: Dem Chaos mit Liebe zu begegnen, es zu umarmen, bevor es dich umarmt. „Letztlich ist es doch so, wie der Chaostheoretiker aus „Jurassic Park“ weise festgestellt hat: Das Leben findet einen Weg!“, so Mann.

Sebastian Pufpaff. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Sebastian Pufpaff. © Foto: Diether v Goddenthow

Laut zweitem „Clown“ des Abends, Sebastian Pufpaff, hat die Diktatur der Satire schon begonnen. Denn es regiere der Wahnsinn wohin man schaue. Aber keine Sorge,“ ich meine es doch gut. Wir vertrauen der heuteShow mehr als dem heute-Journal, einem Komiker mehr als einem Vorstandschef und der Witz wiegt schon lange mehr als eine gute Recherche. Nehmen Sie ihre besten Vorurteile und lassen Sie uns auf eine Reise gehen. Wohin? In die Mitte des Humors, denn da entspringt der Sinn des Lebens: Lachen! Ich verspreche Ihnen anzukommen, denn dafür stehe ich mit meinem Namen“, so Pufpaff wörtlich.

Die Programme bei der Super-Satiriker werden ausgestrahlt ab 22.9.2019 um 20.15 im 3SAT.

Das Zelt-Programm im Überblick

Freitag, 13. September 2019
Tobias Mann: Chaos
Sebastian Pufpaff: Wir nach

Samstag, 14. September 2019
Tino Bomelino: Man muss die Dinge nur zu Ende
Katie Freudenschuss: Einfach Compli-Katie!
Matthias Egersdörfer: Ein Ding der Unmöglichkeit

Sonntag, 15. September 2019
Abdelkarim: Staatsfreund Nr. 1
Christoph Sieber: Mensch bleiben

Montag, 16. September 2019
Martin Frank: Es kommt wie’s kommt
HG.Butzko: echt jetzt
Nessie Tausendschön: 30 Jahre Zenit

Dienstag, 17. September 2019
Stefan Danziger: Was machen Sie eigentlich tagsüber?
Lisa Eckhart: Die Vorteile des Lasters
Miss Allie: Mein Herz und die Toilette

Mittwoch, 18. September 2019
Timo Wopp: Auf der Suche nach dem verlorenen Witz
Horst Evers: Früher war ich älter

Donnerstag, 19. September 2019
Erwin Pelzig: Weg von hier

Freitag, 20. September 2019
Johannes Oerding mit seinem Album „Kreise“

Samstag, 21. September 2019
Anna Loos mit ihrem Album „Werkzeugkasten“

3satFestival 2019 – erstmals in der Mainzer Innenstadt mit Public Viewing live aus dem Zelt ab 13.09.

© ZDF/3sat
© ZDF/3sat

Bühne frei für Kabarett, Comedy und Musik: Vom 13. bis zum 21. September 2019 schlägt das traditionsreiche 3satFestival sein Zelt erstmals auf dem Ernst-Ludwig-Platz in der Mainzer Innenstadt auf und bietet darüber hinaus ein Public Viewing voraussichtlich im Biergarten im Innenhof des Kurfürstlichen Schlosses.

Beim 3satFestival präsentieren Stars und Newcomer an sieben Abenden Auszüge aus ihren aktuellen Programmen, und an zwei Abenden stehen Musikerinnen und Musiker auf der Bühne. Eröffnet wird das Festival am 13. September vom Mainzer Lokalmatador Tobias Mann und Sebastian Pufpaff, Gastgeber der 3sat-Kabarettshow „Pufpaffs Happy Hour“. In diesem Jahr unter anderen mit dabei: Lisa Eckhart, Christoph Sieber, Abdelkarim, Katie Freudenschuss und Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig.

ZDF-Programmdirektor und Vorsitzender der 3sat-Geschäftsleitung Dr. Norbert Himmler: „3sat und die Stadt Mainz sind eng verbunden mit Kleinkunst und Kabarett. Deshalb freuen wir uns, das 3satFestival in das Herz der Stadt zu bringen und so einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Damit setzen 3sat und das ZDF ein Zeichen der Verbundenheit mit Mainz und seinen Bürgerinnen und Bürgern.“

Erstmals können alle, die keine Karten bekommen haben, das Programm live und direkt aus dem 3satFestival-Zelt auf einer Großbildleinwand genießen. Das Public Viewing wird voraussichtlich im Schlossbiergarten im Hof des Kurfürstlichen Schlosses stattfinden.

„Wir begrüßen es sehr, dass die renommierte Veranstaltung noch näher in die Innenstadt rückt. Das 3satFestival weist seit jeher ein Programm der Spitzenklasse auf und ist daher eine absolute Bereicherung für die Stadt Mainz. Die räumliche Verlagerung in das Stadtzentrum und die Erweiterung des Konzepts durch das Public Viewing führen sicherlich dazu, dass eine noch breitere Bevölkerung in den Genuss dieses tollen Events kommen kann. Wir freuen uns, das 3satFestival in diesem Jahr aktiv mitgestalten zu dürfen“, so August Moderer, Geschäftsführer der mainzplus CITYMARKETING GmbH.

Der Kartenvorverkauf startet am 1. Juli 2019, 0.00 Uhr, unter https://ticketservice.zdf.de. Tickets für Kabarett kosten 18,00 Euro und für Musik-Acts 20,00 Euro.

Wer es nicht zum 3satFestival oder zum Public Viewing schafft: Direkt im Anschluss bringt 3sat alle Programme an vier Abenden auf den Bildschirm. Los geht’s am Sonntag, 22. September 2019, – die weiteren Ausstrahlungen folgen am Samstag, 28., und Sonntag, 29. September sowie am Samstag, 5. Oktober 2019, immer ab 20.15 Uhr.

Das Zelt-Programm im Überblick:

Freitag, 13. September 2019
Tobias Mann: Chaos
Sebastian Pufpaff: Wir nach

Samstag, 14. September 2019
Tino Bomelino: Man muss die Dinge nur zu Ende
Katie Freudenschuss: Einfach Compli-Katie!
Matthias Egersdörfer: Ein Ding der Unmöglichkeit

Sonntag, 15. September 2019
Abdelkarim: Staatsfreund Nr. 1
Christoph Sieber: Mensch bleiben

Montag, 16. September 2019
Martin Frank: Es kommt wie’s kommt
HG.Butzko: echt jetzt
Nessie Tausendschön: 30 Jahre Zenit

Dienstag, 17. September 2019
Stefan Danziger: Was machen Sie eigentlich tagsüber?
Lisa Eckhart: Die Vorteile des Lasters
Miss Allie: Mein Herz und die Toilette

Mittwoch, 18. September 2019
Timo Wopp: Auf der Suche nach dem verlorenen Witz
Horst Evers: Früher war ich älter

Donnerstag, 19. September 2019
Erwin Pelzig: Weg von hier

Musik-Acts
Freitag, 20. September 2019
Johannes Oerding mit seinem Album „Kreise“

Samstag, 21. September 2019
Anna Loos mit ihrem Album „Werkzeugkasten“

Ticketservice
Kabarett und Comedy: 18,00 Euro inkl. 7 % USt.
Konzert: 20,00 Euro inkl. 7 % Ust.
(Freie Fahrt zum 3satfestival 2019 mit dem Eintrittsticket und der RMV und RNN)

Wer es nicht zum 3satFestival schafft: Direkt im Anschluss bringt 3sat alle Programme an vier Abenden auf den Bildschirm. Los geht‘s am Sonntag, 22. September 2019 – die weiteren Ausstrahlungen folgen am Samstag, 28. und Sonntag, 29. September sowie am Samstag, 5. Oktober 2019, immer ab 20.15 Uhr. Die Musik-Acts werden am 5. und 19. Oktober um 23.15 Uhr und 22.30 Uhr gezeigt.

Die neue Mainzer „Stadtschreiber-Hofnärrin“ ins Amt eingeführt – Wider digitaler Herrscherlein und moralischen Maulkörben von rechts bis links

Eva Menasse ist am Donnerstag, 7. März 2019, als neue Mainzer Stadtschreiberin feierlich in ihr Amt eingeführt worden. V.l. Oberbürgermeister Michael Ebling, Schriftstellerin Eva Menasse und Kulturdezernentin und Jurorin Marianne Grosse, die  die Festgäste der Feierstunde begrüßte.© Foto: Diether v. Goddenthow
Eva Menasse ist am Donnerstag, 7. März 2019, als neue Mainzer Stadtschreiberin feierlich in ihr Amt eingeführt worden. V.l. Oberbürgermeister Michael Ebling, Schriftstellerin Eva Menasse und Kulturdezernentin und Jurorin Marianne Grosse, die die Festgäste der Feierstunde begrüßte.© Foto: Diether v. Goddenthow

Am Tag nach Aschermittwoch, 7. März 2019, wurde Eva Menasse als neue Mainzer Stadtschreiberin feierlich in ihr Amt eingeführt. Die österreichische Schriftstellerin, 1970 in Wien geboren und wohnhaft in Berlin, ist die 35. Trägerin des von ZDF, 3sat und der Stadt Mainz vergebenen Literaturpreises.

Eva Menasse, die große Menschenerzählerin, die mit feiner Empathie und scharfsinnigem Humor über fragile Beziehungen schreibe, sei ein Glücksfall für das Amt der Mainzer Stadtschreiberin 2019, urteilte die Jury (siehe unten). Denn sie mische sich zugleich öffentlich ein, streite wirkungsvoll für Grundrechte im digitalen Zeitalter und wende sich engagiert gegen Diskriminierung und rechte Hetze. Mit ihrem ersten Roman, dem österreichisch-jüdischen Familienepos „Vienna“ (2005), gelang Eva Menasse ein fulminantes Debüt. Der jüngste Erzählband „Tiere für Fortgeschrittene“ (2017) handelt von Lebenslügen und Lebensillusionen des aufgeklärten Bürgertums.

Einführung I von Oberbürgermeister Michael Ebling

Oberbürgermeister Michael Ebling. © Foto: Diether v. Goddenthow
Oberbürgermeister Michael Ebling. © Foto: Diether v. Goddenthow

Michael Ebling, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz, noch den abklingenden „Rosenmontagszug-Rhythmus“ im Blut, war sich sicher, dass Eva Menasse, wenngleich sie das närrische Treiben knapp verpasst habe, rasch feststellen werde, das Mainz „eine Stadt der guten Laune“ sei, eine Stadt, in welche die Meisterin des Aufspürens von Lebenslügen und Luftschlössern, gut hineinpasse, der „wir mit Sicherheit nichts vormachen können“. Die Mainzer könnten gespannt sein, wie Sie, die einmal ‚Verhaltensforscherin der Spezies Mensch‘ genannt wurde, ihr Amt als neue Mainzer Stadtschreiberin ausfüllen werde, so der Oberbürgermeister.

Humor und Hintersinn, Wiener Schmäh und jüdische Chuzpe und nicht zuletzt dieser wunderbar lässige, immer leicht ironische Erzählton quasi als „Milchschaumhäubchen“ oben drauf – das seien die Zutaten für Eva Menasses Schreiben: eine „Wiener Melange“, die es verstünde, das Süße zu betonen, ohne das Bittere zu verschweigen, so Ebling. „Uns Lesern und Leserinnen beschert das viele köstliche Momente bester Leseunterhaltung. Es beschert uns aber auch den ungeschönten, ja bisweilen harten Blick auf die Selbsttäuschungen der Protagonisten und in die Abgründe des menschlichen Seins“, lobte er Menasses Werk.

„Das Leben bei Eva Menasse ist – ich zitiere hier aus Ihrem 2013 erschienenen Roman ‚Quasikristalle‘ – gleichzeitig festgefahren und fragil, ein Fahrzeug, das in einer steilen Kurve hängen geblieben ist. Nun frage ich Sie, verehrtes Publikum: Wem von uns ist es nicht selbst schon so ergangen? Wer kennt dieses Gefühl des ‚Festgefahrenseins‘ im eigenen Leben nicht? Da ist es ein Trost, dass Eva Menasses sezierender Blick die Helden ihrer Geschichten zwar schonungs-, aber doch nie empathielos trifft. Ihr Schreiben ist immer ein ehrliches, ein lebenskluges Schreiben.“, unterstrich der Oberbürgermeister.

Mit Eva Menasse konnten die Landeshauptstadt Mainz, das ZDF und 3sat – eine Stadtschreiberin gewinnen, die, so Ebbling, „zu den herausragenden Schriftstellerinnen in Deutschland und Österreich gehört und bereits mit hochrangigen Preisen ausgezeichnet wurde: darunter 2017 mit dem Österreichischen Buchpreis für ‚Tiere für Fortgeschrittene‘ und gerade erst mit dem Ludwig-Börne-Preis für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Reportage, des Essays und der Kritik. Wir konnten eine Stadtschreiberin gewinnen, die ‚mit Witz und Intelligenz zeitgenössische Charaktere von großer Lebendigkeit erschafft. Ihre Figuren haben alle einen schwachen Punkt, an dem unsere Empathie andocken kann. Nie verfällt sie in die Versuchung, ihnen endgültige Zeugnisse auszustellen. Es ist eine Freude, am Leben zu sein, aber alle Gewissheiten sind im besten Fall anrührende Selbsttäuschungen.‘“, freute sich der Oberbürgermeister.

Einführung  II von ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler,

ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler. © Foto: Diether v. Goddenthow
ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler. © Foto: Diether v. Goddenthow

Der ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler hob zur Verleihung des Mainzer Stadtschreiber-Literaturpreises 2019 an Eva Menasse hervor, dass diese, statt den Niedergang des Lesens zu beklagen oder die Bedeutung der Literatur zu beschwören, eine leidenschaftliche Rede gegen „digitale Gespenster“, gegen die negativen Phänomene des Digitalen Zeitalters hielt. Eva Menasse führe, wie in Berlin 2018 auf Literaturfestival geschehen, so Himmler, dem Zuhörer „ungeschönt die destruktiven Aspekte der digitalen Revolution, die Auswüchse der sozialen Netzwerke vor Augen: die Radikalisierung extremer Meinungen, die Festigung eindimensionalen Denkens, schlicht den Verlust der Freiheit: Die Mitte, das Abgewogene sei wie Eva Menasse sagte, für den Diskurs verloren“.

In den defragmentierten und zugleich maximal radikalisierten Zeiten, in denen wir lebten, benötige die Gesellschaft Autorinnen und Autoren, „die sich öffentlich einmischen: für Bürgerrechte, für Selbstbestimmung auch und gerade im Digitalen. So wie Eva Menasse und ihre Kolleginnen und Kollegen. Die sich beispielsweise für eine Charta der Digitalen Grundrechte in der Europäischen Union engagierten. Die sagen, ich zitiere: „Ein Mensch unter Beobachtung ist niemals frei; und eine Gesellschaft unter ständiger Beobachtung ist keine Demokratie mehr‘“, so der ZDF-Programmdirektor, der mit großer Sorge auf die totalitär-digitalen Entwicklungen in China schaut, „wie ein Staat es schafft, Autoritär und auch mit einer zentralen Parteiführung als Stütze ausgestattet, Daten von Bürgern zu sammeln, um sie dann auch gegen die eigenen Bürger zu nutzen. Vermeintliches Wohlverhalten wird belohnt, vermeintliches Fehlverhalten wird auch bestraft in Reisefreiheit, Freizügigkeit.“ Er habe gerade die Zahl gelesen, dass 15 Millionen Reiseaktivitäten, Flugreisen wie Bahnreisen von der Chinesischen Zentralregierung untersagt wurden, weil Fehlverhalten von Menschen, was zentral festgehalten wurde, damit auch sanktioniert wurde. „Da braucht man keine Mauern mehr, wenn man Digitalisierung entsprechend so versteht“, warnt Himmler.
Es gäbe sie auch heute noch „die großen moralischen Stimmen, die Mahnenden. So wie Eva Menasse, wie Juli Zeh oder unsere ehemaligen Stadtschreiber Ilija Trojanow und Josef Haslinger, die jetzt in unserer Stadtschreiberjury sitzen. Denn – hier zitiere ich abermals Eva Menasse – ‚Was man für richtig hält, was man in Ruhe begründen kann, muss man sagen, egal, wer applaudiert, wer protestiert, egal, ob es einen Shitstorm gibt‘“, so Himmler, der mit den klassischen sieben Todsünden „Trägheit, Gefräßigkeit, Wollust, Zorn, Hochmut, Neid und Habgier“, auch trefflich die niedrigsten Eigenschaften im Internet beschrieben sähe.

Die sieben Todsünden haben „seit jeher Autorinnen und Autoren zu großer Literatur inspiriert, auch Eva Menasse hat sie in ihrem Band ‚Lässliche Todsünden‘ zum Thema gemacht.“ Es sei ein Titel. der paradox klinge, in dem Menschen zumeist Paare, vielfach Familien mit unguten Konstellationen, Fremdgänger, Verliebte und Betrogene, kleine oder größere Sünder seien, ohne dass Eva Menasse dies moralisch werte, so Himmler. Eine Zeit-Rezension von Michael Neumann anführend, liege vielleicht ein literarisches Erfolgsgeheimnis im „Glück der Lektüre über das Unglück anderer Leute.“ Zum Glück des Lesens gehöre, „dass Eva Menasse jedoch nie billige Schadenfreude aufkommen lässt. Sie erhebt sich nicht über ihre angeschlagenen Heldinnen und Helden. Daher kommen uns die Figuren wie Rument, Cajou, Fiona, Martine und der träge Fritz erstaunlich nahe, ganz getreu ihrer ersten Maxime: ‚Liebe jede einzelne deiner Figuren‘“. Mit Eleganz, Humor und Ironie nehme sie die Welt des Wiener Kulturmilieus bis in die kleinste Gefühlsregung auseinander und setze sie kunstvoll wieder zusammen, so der ZDF-Programmchef, der berichtete, dass Eva Menasse einmal auf die Frage, „wie sie schreibe“ geantwortet habe: „Mein größtes Problem ist, dass ich nicht aufhören kann. […] Wenn es gut läuft, ist es fast schlimmer, wie in dem Märchen mit dem süßen Brei. Man kann schon nicht mehr, will der quellenden Masse aber Herr werden, den Reichtum an sich raffen, bis zuletzt.“

Laudatio von FAZ Mitherausgeber Jürgen Kaube

FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube. © Foto: Diether v. Goddenthow
FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube. © Foto: Diether v. Goddenthow

Jürgen Kaube hatte bereits Eva Menasse hochgelobt, bevor sie vielfach, inklusive dem Börne-Preis Ende Mai, mit 10 großen Literatur-Preisen geehrt und bundesweit hierdurch bekannt und erfolgreich wurde. Kaube analysierte Eva Menasses erzählerisches Werk mit einem Hang „für krisenhafte Situationen, menschliche Schwächen, für das Vermischte“, praktische für alles:: parallelisierte Tiere, Gerichtsprozesse, Krankheiten, Urlaube, Kinder, Verbrechen, Piefkes und Österreicher, und beide im Unterschied zu Wienern.“ Eva Menasse Worte seien nicht nur „sprachlich ergonomische ‘Stich‘-‘Proben‘“. Die Autorin schwimme auch, so sein Eindruck, „gegen den Storm der Zeit. Sie will der Vergangenheit nah bleiben.“. Ihre Figuren feierten Feste in blauen Salons, historischen Gebäuden und ähnlichem. Aber, wie sie bereits in ihrem deutschen Debüt-Erfolg der Großfamilien-Chronik „Vienna“ dem Versuch der touristischen Verklärung des Zeitlichen und Räumlichen widerstanden habe, schmelze sie gerade nicht die Vergangenheit um, auch nicht, in dem sie Figuren aus der Vergangenheit (er-)schaffe. Vielmehr führe sie häufig Menschen an ihren Figuren vor, die „die Realität verwechseln, Klugheit mit Bildung, Bequemlichkeit mit Güte, Normalität mit Moral.“, so Kaube. „Oft haben sie gar kein Verhältnis zu der Tatsache, dass die Zeit vergeht, und der Tod kommt.“ Und lebten so dahin, hätten kein Verhältnis zu unwiederbringlichen Verlusten, oder, vorsichtiger ausgedrückt, seien ohne „Unterstützung dabei, ein solches Verhältnis zu entwickeln“.

v.l.n.r.: Jury-Vorsitzender Werner von Bergen, ZDF-Hauptredaktion.  Geschichte und Wissenschaft, ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler, Preisträgerin und Schriftstellerin Eva Menasse; Oberbürgermeister Michael Ebling, Gutenberg Wolfgang Neumann. © Foto: Diether v. Goddenthow
v.l.n.r.: Jury-Vorsitzender Werner von Bergen, ZDF-Hauptredaktion. Geschichte und Wissenschaft, ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler, Preisträgerin und Schriftstellerin Eva Menasse; Oberbürgermeister Michael Ebling, Gutenberg Wolfgang Neumann. © Foto: Diether v. Goddenthow

Danksagung der  Mainzer Stadtschreiberin 2019 Eva Menasse

In ihrer „eulenspiegelhaften“ Dankesrede, in der Eva Menasse in einem anfänglichen Exkurs auf den Wert und die Bedeutung eines „heutigen Stadtschreibers“ einging, drängte sich ihr synonym „ein anderes Wort“ auf, „nämlich: Hofnarr“. Daniel Kehlmann habe in seinem Roman Tyll gezeigt, was einen guten Hofnarren ausmache, dass er „ nämlich kein Spaßmacher oder Unterhalter ist, sondern ein Wahrsager im Wortsinn, Quälgeist und Provokateur, einer der seinem König alle Illusionsblasen so vor der Nase zersticht, dass ihm die Fetzen ins Gesicht fliegen. Ein Hofnarr ist für seinen Herrscher die fleischgewordene Herausforderung.“ Zwar sei nicht jeder Künstler ein geborener Störer oder Dissident, „aber durch unsere unabhängige und fragile Stellung in der Gesellschaft“ sei die sprichwörtliche Narrenfreiheit auch ein starker Auftrag und Antrieb. Diese Freiheit sei nicht jeden Tag gleich: „Sie kann so schnell verschwinden, wenn sich der jeweilige Fürst quer über die Kehle streicht“, was kein neues, sondern ein alltäglich begleitendes Phänomen geworden sei, nämlich in Form von vielen „kleinen Herrscherlein“, die „heute stattdessen mit der Mouse klicken“.
Zurzeit sei es wieder besonders spürbar: „Die Künstler sollen sich gefälligst benehmen. Für sie gelten dieselben Regeln wie für alle anderen auch. Das ist so ein Satz, der immer gut klingt, obwohl er aus der Kleinkindererziehung stammt. Da die Kunst ihrer Natur gemäß auf öffentlichem Terrain spielt, lässt sich die Gereiztheit einer Gesellschaft sehr gut an ihrer Neigung zum Kulturkampf ablesen.

Preisträgerin und Schriftstellerin Eva Menasse. © Foto: Diether v. Goddenthow
Preisträgerin und Schriftstellerin Eva Menasse. © Foto: Diether v. Goddenthow

Der Unterschied heute zu früher sei, dass „die Attacken heute von ganz rechts bis ganz links kommen, wobei es mir inzwischen widerstrebt, die Produzenten von Maulkörben überhaupt noch nach Lagern oder Richtungen zu unterscheiden.“ Aktivisten störten brachial Theateraufführungen und Podiumsdiskussionen, auf der Buchmesse werde sich geprügelt, wobei es für die schützenswerte Sache, nämlich die Kunst und Meinungsfreiheit aber keinen Unterschied mache, ob Rechte das Gorki Theater stürmten oder ob besorgte Bürger, die Angst vor einem Rechtsruck haben, Lesungen von Thilo Sarrazin oder Martin Walser zu verhindern suchten. „Alles schon mal vorgekommen“, so Eva Menasse.
Auch jenseits von Handgreiflichkeiten greife ein neuer Rigorismus um sich, „der verbal aggressiv und von hochwirksamen Diskreditierungen ist“. Sehr Vieles werde plötzlich als untragbar empfunden, wobei man über manches lachen könne, handele es sich um Einzelfälle. „Aber die Einzelfälle, die absurden Einzelfälle verdichten sich zum Zeitgeist.“, mahnt die neue Mainzer Stadtschreiberin vor einer bis zum maximal Absurden getriebenen Political correctness, in dessen Geist beispielsweise Tugendwächterinnen im US-Schlager „Baby, it´s cold outside“ den „Beginn einer Vergewaltigung“ witterten.
Kunst müsse frei sein und bleiben. Denn Künstler zu sein bedeute, ohne garantierten Auftraggeber oder Abnehmer und ohne viele Kompromisse „ein Leben lang nur die eigene Sturheit und Unvollkommenheit als Gegenüber zu haben“, an der man sich eben abarbeite. Für diese Freiheit verzichteten Künstler auf Vieles: „Auf Planbarkeit, Sicherheit, auf stabile Einkünfte. Wir verzichten gern darauf. Theoretisch verzichten wir überhaupt auf alles, auf Rang, Ehre und Machtinsignien, also auf alles, womit man in der Gesellschaft aufsteigen kann.“ Künstler verzichteten auf alles, „um im Gegenzug alles zu dürfen mit unserer Kunst. Denn nur diese entsetzliche, schwindelerregende und beglückende Freiheit macht möglich, dass ab und zu Sätze geschrieben, ab und zu Kunstwerke geschaffen werden, die bleiben.“, so Eva Menasse.

Und in diesem Sinne, möchte Eva Menasse den Mainzern „als ihre neue Stadtschreiber-Hofnärrin die Wahrheit sagen: Denn diese Wahrheit scheint mir gerade nötig. Sie verdienen gewiss unsere Dankbarkeit, aber weil es für Sie leichter ist, zu verdienen, dient das, was Sie uns geben, uns nur dazu, nicht käuflich zu werden. In diesem Sinne dürfen Sie von uns keine Dankbarkeit erwarten Wir werden Ihre Wünsche nicht erfüllen. Wir werden nicht tun, was Sie für richtig und für passend und für künstlerisch wertvoll halten. Wir werden Sie im Gegenteil oft ärgern, verstören, befremden. Wir machen das nicht absichtlich, das geschieht, wie von selbst. Mit Ihrem großzügigen Preis werde ich ein verrücktes, möglicherweise größenwahnsinniges Projekt weiterverfolgen, das ich mir vor einiger Zeit in den Kopf gesetzt habe, nichts anderes. Ich hätte das auch ohne ihren Preis getan, aber nun wird es leichter sein.“, dankte die neue Stadtschreiberin ein wenig schelmisch in der Hoffnung, dass dabei Geschichten entstehen, die „Ihnen irgendwann später einmal Freude machen, Sie unterhalten, Sie vielleicht sogar auf neue Gedanken bringen. „.

Diether v. Goddenthow/ Rhein-Main.Eurokunst

Eva Menasse, die am Freitagabend im Rathaus Mainz bei einer Lesung ihr Werk vorstellte, signierte bereits nach ihrer Amtseinführung. © Foto: Diether v. Goddenthow
Eva Menasse, die am Freitagabend im Rathaus Mainz bei einer Lesung ihr Werk vorstellte, signierte bereits nach ihrer Amtseinführung. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Mainzer Stadtschreiberin 2019: Eva Menasse
Biografie und Bibliografie

Eva Menasse wurde 1970 in Wien geboren. Nach dem Schulabschluss 1988 studierte Menasse Germanistik und Geschichte an der Universität Wien. Noch während ihres Studiums begann sie ihre journalistische Karriere, die sie vom Wiener Wochenmagazin Profil bis zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung führte. Mit ihrem ersten Roman, dem österreichisch-jüdischen Familienepos „Vienna“ (2005) gelang Eva Menasse ein fulminantes Debüt. Mit ihrem zweiten Roman „Lässliche Todsünden“ (2009), der sich aus locker miteinander verbundenen Erzählungen über das lasterhafte Leben der Wiener Intellektuellenszene zusammensetzt, konnte sie ihren Erfolg bei Publikum und Kritik fortsetzen. Preisgekrönt ist ihr Roman „Quasikristalle“ (2013), in dem Menasse das Lebensmosaik einer Frau aus verschiedensten Perspektiven schildert. Der jüngste Erzählband „Tiere für Fortgeschrittene“ (2017) handelt von Lebenslügen und Lebensillusionen des aufgeklärten Bürgertums.
Eva Menasse engagiert sich vielfach öffentlich, u.a. für die SPD oder gemeinsam mit Autorinnen und Autoren wie Juli Zeh und Ilija Trojanow für einen europäischen Datenschutz gegen die digitale Massenüberwachung unserer Gesellschaft.
Menasse, die seit 2003 in Berlin lebt, wurde mit zahlreichen Preisen geehrt, unter anderem mit dem Corine-Preis (2005), dem Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln (2013), dem Stipendium der Villa Massimo in Rom (2015), dem Friedrich-Hölderlin-Preis (2017), dem Österreichischen Buchpreis (2017) und dem Ludwig Börne-Preis (2019).
Bibliografie-Auswahl

  • Vienna. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005
  • Lässliche Todsünden. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009
  • Quasikristalle. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013
  • Lieber aufgeklärt als abgeklärt. Essays. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015
  • Tiere für Fortgeschrittene. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2017

Die Jury

Der Jury des Mainzer Stadtschreiber-Literaturpreises 2019 gehörten an:
Die Schriftstellerinnen und Schriftsteller:
Prof. Dr. Josef Haslinger
Katja Lange-Müller
Dr. Tilman Spengler
Ilija Trojanow
und als amtierende Stadtschreiberin Anna Katharina Hahn

Für die Landeshauptstadt Mainz:
Kulturdezernentin Marianne Grosse

Für das ZDF:
Programmdirektor Dr. Norbert Himmler
Leiterin der Hauptredaktion Kultur, Anne Reidt
Jury-Vorsitzender Werner von Bergen, Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft
Koordinatorin 3sat, Natalie Müller-Elmau
Literaturredakteur 3sat, Dr. Michael Schmitt

Die Mainzer Stadtschreiber und ihre TV-Dokumentationen

1985 Gabriele Wohmann (verstorben am 22. Juni 2015)
„Unterwegs“
(Sendung: 17. November 1985)
1986 H. C. Artmann (verstorben am 4. Dezember 2000)
„Den Horizont überschreiten“
(Sendung: 7. Dezember 1986)
1987 Ludwig Harig (verstorgen am 5. Mai 2018)
„Zu ergründen die eigene Heimkehr“
(Sendung: 6. Dezember 1987)
1988 Sarah Kirsch (verstorben am 5. Mai 2013)
„Briefe an eine Freundin“
(Sendung: 4. Dezember 1988)
1989 Horst Bienek (verstorben am 7. Dezember 1990)
„Die verrinnende Zeit“
(Sendung: 31. Dezember 1989)
1990 Günter Kunert
„Artus – ein König wird gesucht“
(Sendung: 9. Dezember 1990)
1991 Helga Schütz
„Hinterm Vorhang sieht man einen Schatten“
(Sendung: 26. April 1992)
1992 Katja Behrens
„Jerusalem – Berlin. Eine Begegnung“
Mit Asher Reich und Hans Joachim Schädlich
(Sendung: 7. März 1993)
1993 Dieter Kühn (verstorben am 25. Juli 2015)
„Eine Reise nach Surinam“
(Sendung: 19. Dezember 1993)
1994 Libuse Monîková (verstorben am 12. Januar 1998)
„Grönland-Tagebuch: Wer nicht liest, kennt die Welt nicht“
(Sendung: 13. Dezember 1994)
1995 Peter Härtling (verstorben am 10. Juli 2017)
„Schumann in Finnland“
(Sendung: 21. Dezember 1995)
1996 Peter Bichsel
„Wir hätten in Spiez umsteigen sollen“
(Sendung: 12. Dezember 1996)
1997 F.C. Delius
„Wie weit ist es von einem Mann zu einer Frau?
24 Stunden mit Tucholsky in Gripsholm“
(Sendung: 23. November 1997)
1998 Erich Loest (verstorben am 12. September 2013)
„Karl May reist zu den lieben Haddedihn“
(Sendung: 6. September 1998)
1999 Tilman Spengler
„Bitterer Balkan. Der Krieg ist eine Zerrüttung der Seelen“
(Sendung: 5. Dezember 1999)
2000 Hanns-Josef Ortheil
„Schauplätze meiner Fantasien – Rom, Venedig und Prag“
(Sendung: 22. Oktober 2000)
2001 Es wurde keine Dokumentation produziert.
2002 Katja Lange-Müller
„Mein erster Amerikaner. Der Maler Kedron Barrett“
(Sendung: 17. November 2002)
2003 Urs Widmer (verstorben am 2. April 2014)
„Die Forschungsreise“
(Sendung: 14. Dezember 2003)
2004 Raoul Schrott
„Deutschland – Himmel und Hölle“
(Sendung: 3. August 2005)
2005 Sten Nadolny
Es wurde keine Dokumentation produziert
2006 Patrick Roth
„In My Life – 12 Places I Remember.“
(Sendung: 26. November 2006)
2007 Ilija Trojanow
„Vorwärts und nie vergessen! Ballade über bulgarische Helden“
(Sendung: 16. Dezember 2007)
2008 Michael Kleeberg
„Europas Heimkehr. Eine Reise in den Libanon“
(Sendung: 4. Januar 2009)
2009 Monika Maron
„Rückkehr nach Bitterfeld“
(Sendung: 30. Oktober 2009)
2010 Josef Haslinger
„Nachtasyl – Die Heimat der Heimatlosen“
(Sendung: 16. Dezember 2010)
2011 Ingo Schulze
„Rettung aus dem Regenwald? Die Wiederentdeckung der Terra Preta“
(Sendung: 11. November 2011)
2012 Kathrin Röggla
„Die bewegliche Zukunft – Eine Reise ins Risikomanage¬ment“
(Sendung: 18. November 2012)
2013 Peter Stamm
„Fordlandia – Das verlorene Paradies?“
(Sendung: 1. Juni 2014)
2014 Judith Schalansky
Es wurde keine Dokumentation produziert.
2015 Feridun Zaimoglu
„Istanbul von vorne. Eine Recherche“
(Sendung: 25. Oktober 2015)
2016 Clemens Meyer
„Nicht jedes Los gewinnt – Erzählungen vom Rummelplatz“
(Sendung: 9. Dezember 2016)
2017 Abbas Khider
Es wurde keine Dokumentation produziert.
2018 Anna Katharina Hahn
Tauben in Städten
(Sendung: 21. Oktober 2018)

 

Der 33. Jahrgang der Friedrich-Vogel-Preise feierte in Frankfurt: vier Preise für herausragenden Wirtschaftsjournalismus vergeben

v.l.n.r.: Thomas Tuma (Stiftungskuratorium, Handelsblatt), Prof. Olaf Jacobs (Hoferichter & Jacobs GmbH), Stefan Raue (Intendant Deutschlandradio), Silke Heinz (mdr Fernsehen), Birte Meier (ZDF), Valerie Lux (freie Journalistin), Angela Köckritz (ZEIT), Christian Esser und Astrid Randerath (ZDF), Henryk Hielscher und Mario Brück (Wirtschaftswoche) und Dr. Michael Moerchel (Stiftungsvorstand, freier Journalist).  Bild: Bert Bostelmann /Bildfolio Vogel-Stifung
v.l.n.r.: Thomas Tuma (Stiftungskuratorium, Handelsblatt), Prof. Olaf Jacobs (Hoferichter & Jacobs GmbH), Stefan Raue (Intendant Deutschlandradio), Silke Heinz (mdr Fernsehen), Birte Meier (ZDF), Valerie Lux (freie Journalistin), Angela Köckritz (ZEIT), Christian Esser und Astrid Randerath (ZDF), Henryk Hielscher und Mario Brück (Wirtschaftswoche) und Dr. Michael Moerchel (Stiftungsvorstand, freier Journalist). Bild: Bert Bostelmann /Bildfolio Vogel-Stifung

Essen/Frankfurt am Main – Die Friedrich und Isabel Vogel-Stiftung vergab am 06.11.2018 zum 33. Mal ihre Preise für ausgezeichneten Wirtschaftsjournalismus: Drei Auszeichnungen und ein Stipendium gingen an Journalisten und Journalistinnen aus Druckmedien und Fernsehen. Die feierliche Verleihung fand mit freundlicher Unterstützung der R+V Allgemeine Versicherung AG in der Niederlassung der DZ Bank AG in Frankfurt am Main statt. Stefan Raue, Intendant des Deutschlandradios, hielt die Festrede.

Drei mit 3.000 Euro dotierte Vogel-Preise 2018 gingen an:

Print- und TV Preis für Autorenteam der Wirtschaftswoche und der Frontal 21 Redaktion des ZDF

Für den Artikel „Kauft das jemand oder kann das weg?“ in der Wirtschaftswoche Ausgabe 24/2018 vom 08.06.2018 und die Ausstrahlung „Retouren für den Müll vom 12.06.2018 in Frontal 21, ZDF

“Es ist eine riesige, bislang unentdeckte Wert- und Rohstoffvernichtung im Gange, getrieben von tiefpreissüchtigen Konsumenten, retournierfreudigen Internetbestellern, sich selbst überholenden Produktherstellern.“ lautet die Kernbotschaft der Autoren Jacqueline Goebel, Henryk Hielscher und Mario Brück von der Wirtschaftswoche und Christian Esser, Birte Meier und Astrid Randerath von der Redaktion Frontal 21 des ZDF. Das Team macht auf das Problem Wegwerfgesellschaft aufmerksam, das mit zunehmendem Onlinehandel dringlicher wird. Sie beschreiben am Beispiel Amazon das Ausmaß der Vernichtung ungebrauchter Produkte und stellen die Frage, ob eine regulatorische Flankierung notwendig ist. Denn ressourcenschonendes Handeln ist vor dem Hintergrund des Klimawandels ein zentrales Thema für die weitere Entwicklung unserer Marktwirtschaft.
Juror: Heinrich Meyer, Herausgeber „Neue Ruhr Zeitung“
Laudatio: Dr. Michael Moerchel, Freier Journalist

TV-Preis für die dreiteilige Reportage/Annotation “Wer braucht den Osten?”, produziert von Hoferichter & Jacobs, ausgestrahlt im mdr Fernsehen.

Erstausstrahlungen: Teil 1 – Politik, Dienstag,29.05.2018, Teil 2 – Wirtschaft, 05.06.2018, Teil 3 – Gesellschaft, Dienstag, 12.06.2018.

Der Filmtitel ist eine Provokation, zumal die Antwort nicht so ohne weiteres klar ist: Wer braucht den Osten? Die dreiteilige Dokumentation von Ariane Riecker, Dirk Schneider und Produzent Olaf Jacobs umfasst jeweils 45 Minuten zum Themenkomplex Politik, dann Wirtschaft, dann Gesellschaft. Alle drei Folgen sind hervorragend gestaltet und umgesetzt, sie liefern aufschlussreiche Erkenntnisse über einige im Westen kaum bekannte Entwicklungen.Zu Wort kommen Wirtschaftsforscher, ehemalige Treuhand-Mitarbeiter, Sozialhelfer, Unternehmer, Angestellte und Arbeitslose. Alle drei Teile fügen sich zu einem umfassenden und nicht alltäglichen Bild des deutschen Ostens zusammen. Und dafür verleiht die Jury den Friedrich-Vogel-Preis 2018 in der Kategorie Fernsehen.

Juror und Laudatio: Reinhard Schlieker, Zweites Deutsches Fernsehen

Das mit 3.000 Euro dotierte Vogel-Stipendium im Jahr 2018 ging an Valerie Lux

Das Friedrich und Isabel Vogel-Recherchestipendium soll es der jungen Journalistin ermöglichen, einer nicht alltäglichen Idee nachzugehen und weitere Diskussionsbeiträge zur Wirtschaftlichkeit von Migration zu liefern. Die von Valerie Lux konzipierte vierteilige Reportagereihe wird die Situation an den Brennpunkten der Grenzen zwischen Frankreich, Großbritannien, Irland, den Niederlanden und Estland untersuchen. Die ersten drei Teile der Reportage sind inzwischen veröffentlicht worden, u.a. hat Valerie Lux ein Expertengespräch mit Deutschlandradio Kultur dazu geführt.

Der vierte Teil soll sie (per Fahrrad!) nach Estland führen unter dem Arbeitstitel „Datenschutz oder Datenklau?” – Estland unter digitaler Spannung.“

Juror und Laudatio: Dr. Michael Moerchel, Freier Journalist

Die Friedrich und Isabel Vogel Stiftung dankt der R+V Allgemeine Versicherung AG für die freundliche Unterstützung bei der Verleihung der Vogel-Preise 2018.

Über die Vergabe der Vogel-Preise entschieden 2018 die folgenden Juroren: Michael Boll (Verleger des Solinger Tageblatts), Heinrich Meyer (Herausgeber Neue Ruhr Zeitung), Dr. Michael Moerchel (freier Journalist), Peter Brors und Thomas Tuma (stv. Chefredakteure Handelsblatt), Dr. Ulrich Kater (Chefvolkswirt der DekaBank) und Reinhard Schlieker (Wirtschaftsredakteur ZDF).

Leitfigur für Dr. Friedrich Vogel und seine Frau Isabel war Ludwig Erhard, dessen Idee der sozialen Marktwirtschaft der Handelsblattgründer und Journalist mit seinen Publikationen unterstützte. Darin sah er seinen Beitrag zum Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten deutschen Wirtschaft. Seine Ideale leben in der 1984 gegründeten Vogel-Stiftung weiter, die jährlich Wirtschaftsjournalisten für ihre beispielhaften Arbeiten auszeichnet.

Die Bewerbungen für den Vogel-Preis 2019 können ab 01.03.2019 wieder eingereicht werden. Bewerbungsschluss ist der 15.07.2019. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.vogelstiftung.de

(Matthias Dezes /Vogelstiftung)

Eva Menasse ist zur neuen Mainzer Stadtschreiberin 2019 gewählt

Eva Menasse © ZDF/Jürgen Bauer
Eva Menasse © ZDF/Jürgen Bauer

Eva Menasse ist 35. Trägerin des Literaturpreises von ZDF, 3sat und der Stadt Mainz

Die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse wird die Mainzer Stadtschreiberin des Jahres 2019. Menasse, 1970 in Wien geboren und wohnhaft in Berlin, ist die 35. Trägerin des von ZDF, 3sat und der Stadt Mainz vergebenen Literaturpreises. Gemeinsam mit dem ZDF wird die Autorin, wie ihre Vorgängerin Anna Katharina Hahn, eine Dokumentation nach freier Themenwahl produzieren und die Stadtschreiberwohnung im Mainzer Gutenberg-Museum beziehen. Die Verleihung des mit 12.500 Euro dotierten Preises ist für Anfang März 2019 geplant.

Die Jury: „Eva Menasse ist eine große Menschenerzählerin, die mit feiner Empathie und scharfsinnigem Humor über fragile Beziehungen schreibt. Mit großer sprachlicher Präzision gestaltet sie ihre Figuren und findet feinste Nuancen in ihren Erzählsituationen. Zugleich mischt sich Eva Menasse öffentlich ein, streitet wirkungsvoll für Grundrechte im digitalen Zeitalter und wendet sich engagiert gegen Diskriminierung und rechte Hetze. Eva Menasse – ein Glücksfall für das Amt der Mainzer Stadtschreiberin 2019.“

Nach dem Schulabschluss 1988 studierte Menasse Germanistik und Geschichte an der Universität Wien. Noch während ihres Studiums begann sie ihre journalistische Karriere, die sie vom Wiener Wochenmagazin Profil bis zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung führte. Mit ihrem ersten Roman, dem österreichisch-jüdischen Familienepos „Vienna“ (2005) gelang Eva Menasse ein fulminantes Debüt. Mit ihrem zweiten Roman „Lässliche Todsünden“ (2009), der sich aus locker miteinander verbundenen Erzählungen über das lasterhafte Leben der Wiener Intellektuellenszene zusammensetzt, konnte sie ihren Erfolg bei Publikum und Kritik fortsetzen. Preisgekrönt ist ihr Roman „Quasikristalle“ (2013), in dem Menasse das Lebens-Mosaik einer Frau aus verschiedensten Perspektiven schildert. Der jüngste Erzählband „Tiere für Fortgeschrittene“ (2017) handelt von Lebenslügen und Lebens-Illusionen des aufgeklärten Bürgertums.

Eva Menasse wurde mit zahlreichen Preisen geehrt, unter anderem mit dem Corine-Preis (2005), dem Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln (2013), dem Stipendium der Villa Massimo in Rom (2015), dem Friedrich-Hölderlin-Preis (2017) und dem Österreichischen Buchpreis (2017).

Der ZDF-„aspekte“-Literaturpreis geht 2018 an Bettina Wilpert für ihren Roman „Nichts, was uns passiert“

„Bettina Wilpert hat für ihr Romandebüt ‚Nichts, was uns passiert‘ ein äußerst schwieriges Sujet gewählt: Sie begibt sich auf die Spurensuche einer Vergewaltigung. Was hat sich in jener Partynacht zwischen den Studenten Anna und Jonas ereignet? War es richtig, dass Anna sich irgendwann entscheidet, Jonas anzuzeigen? Oder ist Jonas doch unschuldig? In einer Art Vernehmungsprotokoll lässt Bettina Wilpert nicht nur Anna und Jonas sprechen, sondern auch Freunde, Kollegen, Familienangehörige, die in der Beschreibung des Geschehens immer auch etwas über sich selbst verraten.

Bei all dem ist Bettina Wilpert eine beeindruckend souveräne Erzählerin, die in knapper, manchmal lakonischer, aber immer zielsicherer Sprache ihren Stoff konzentriert zu arrangieren weiß. Die Handlung ist mit langem Spannungsbogen erzählt. Alle Figuren dürfen der Geschichte angemessen ambivalent und widersprüchlich sein. Die Autorin gibt einem nicht zuletzt durch #MeToo drängend gewordenen Thema unserer Zeit eine literarische Stimme. Dabei gelingt ihr das Kunststück, sich auf keine Seite zu schlagen, und das tut sie in einer stilistisch einzigartigen und konsequenten Weise, die preiswürdig ist.“

Zur aktuellen Jury des ZDF-„aspekte“-Literaturpreises gehören Julia Encke (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung), Daniel Fiedler (Leitung ZDF Kultur Berlin), Jana Hensel (Autorin), Ursula März (Die Zeit) und Volker Weidermann („Das Literarische Quartett“, Der Spiegel).

Der ZDF-„aspekte“-Literaturpreis wird in diesem Jahr zum 40. Mal vergeben. Er ist mit 10.000 Euro dotiert und die bedeutendste Auszeichnung für deutschsprachige Erstlingsprosa.

Die Preisträgerin wird in der ZDF-Kultursendung „aspekte“ am Freitag, 5. Oktober 2018, 23.00 Uhr, vorgestellt.

Die Preisverleihung findet am Donnerstag, 11. Oktober 2018, 10.00 Uhr, im Rahmen der Frankfurter Buchmesse auf dem „Blauen Sofa“ am ZDF-Stand in Halle 3.1 K25 und L25 statt.

„Das Literarische Quartett“ von der Frankfurter Buchmesse (12. Oktober)

Das Literarische Quartett von der Frankfurter Buchmesse. © ZDF
Das Literarische Quartett von der Frankfurter Buchmesse. © ZDF

Volker Weidermann lädt am Freitag, 12. Oktober, 23.00 Uhr, im ZDF gemeinsam mit Christine Westermann und Thea Dorn zum Gespräch über Bücher. Zu Gast beim „Literarischen Quartett“ ist dieses Mal der Literaturkritiker Denis Scheck (Büchersendung „Druckfrisch“, Das Erste). Auf der Frankfurter Buchmesse in Halle 3.1 am neuen Stand vom „Blauen Sofa“ diskutieren die vier über die Neuerscheinungen von Karen Duve, Richard Powers, Stephan Thome und David Foster Wallace.

Karen Duve „Fräulein Nettes kurzer Sommer“ 
Wie wird aus der rebellischen, jungen Dichterin Annette von Droste-Hülshoff ein kreuzbraves, verbittertes Fräulein? Zunächst diskutiert die „Nervensäge“ laut und „mit männlichem Mut“ mit ihren Zeitgenossen, geht mit Berghammer ausgestattet Mineralien suchen und flirtet, was das Zeug hält. Doch ein Jahr und eine Liebeskatastrophe später sitzt sie in „anmutiger Schlichtheit“ am Fenster und stickt. Was ist passiert in jenem Sommer 1820? Wurde „das unmögliche Nettchen“ das Opfer einer infamen Männer-Intrige?

Richard Powers „Die Wurzeln des Lebens“ 
Der amerikanische Schriftsteller Richard Powers verarbeitet in seiner Literatur naturwissenschaftliche und philosophische Themen. In seinem neuen Roman „Die Wurzeln des Lebens“ spielen Bäume die Hauptrollen. Jeder der neun Menschen, die vorkommen, macht im Laufe des Lebens eine besondere Naturerfahrung. Sie tun sich zusammen, um die ältesten Mammutbäume zu retten und geraten in eine Spirale von Politik und Gewalt, die ihr Leben und unsere Welt bedroht. Der Roman von Richard Powers wurde gerade für den“ Man Booker Prize“ nominiert.

Stephan Thome „Der Gott der Barbaren“ 
China 1860, eine Welt im Umbruch. In Taiping tobt der blutigste Bürgerkrieg der Weltgeschichte. 30 Millionen Menschen verlieren ihr Leben. Zur selben Zeit erzwingt das Britische Empire im Verbund mit anderen europäischen Kräften die Handelsöffnung des Reichs der Mitte. Stephan Thome erzählt in „Der Gott der Barbaren“ eine frühe Globalisierungsgeschichte, in der wir unsere heutige Welt wie in einem Spiegel erkennen können. „Gott der Barbaren“ steht auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis.

David Foster Wallace „Der Spaß an der Sache. Alle Essays
Noch bevor ihn der Roman „Unendlicher Spaß“ weltberühmt machte, war David Foster Wallace bekannt für seine literarischen Essays und Reportagen. Er ging dorthin, wo es ihm wehtat: mit dem Hummer in den Kochtopf, auf eine Kreuzfahrt, an die Wurzeln der eigenen Depression. Zu seinem 10.Todestag erscheinen nun zum ersten Mal auf Deutsch alle Essays in einem Band.

„Das Literarische „Quartett“ wird mit Publikum aufgezeichnet.

Vier neue Folgen „Ein Fall für zwei“ in Arbeit – Besuch bei Antoine Monot, Jr. und Wanja Mues am Hausboot

Leo Oswald (Wanja Mues, l.) und Benni Hornberg (Antoine Monot, Jr., r.) auf ihrem Hausboot. © Foto: Diether v. Goddenthow
Leo Oswald (Wanja Mues, l.) und Benni Hornberg (Antoine Monot, Jr., r.) auf ihrem Hausboot. © Foto: Diether v. Goddenthow

Seit Mitte März 2018 laufen in Frankfurt die Dreharbeiten für vier neue Folgen der ZDF-Krimireihe „Ein Fall für zwei“. Antoine Monot, Jr. (Rechtsanwalt Benni Hornberg) und Wanja Mues (Detektiv Leo Oswald) stehen wieder als unkonventionelles Anwalt-Detektiv-Duo vor der Kamera, wobei eine bei den Zuschauern besonders beliebte Location das Hausboot von Detektiv Leo ist. Journalisten hatten gestern die Gelegenheit zu einen Besuch bei den beiden auf ihrer „Mini-Arche“ am Frankfurter Mainufer.

Detektiv  Oswald entspannt schon beim Jonglieren mit Äpfeln. © Foto: Diether v. Goddenthow
Detektiv Oswald entspannt auch schon mal beim Jonglieren mit Äpfeln. © Foto: Diether v. Goddenthow

Hier werden nicht nur knifflige Fälle zu Ende gebracht, sondern auch so manches Schöppche Äppelwoi.
Neben den beiden Hauptdarstellern ist auch Bettina Zimmermann erneut in der Rolle der ebenso charmanten wie toughen Staatsanwältin Claudia Strauss mit dabei. Regie führt Thomas Nennstiel nach den Drehbüchern von Jan Ricken und Roderick Warich (Folgen 1, 3 und 4) und Rainer Ewerrien (Folge 2).

In der ersten Folge mit dem Arbeitstitel „Frankfurter Applaus“ bittet eine ältere Dame (Lisa Kreuzer) Benni Hornberg (Antoine Monot, Jr.) ihren drogenabhängigen Sohn Peter Eckert (Constantin von Jascheroff) zu vertreten. Ihm wird zur Last gelegt, seinen Freund Sebastian Kürzer (Yung Ngo) ermordet zu haben. Die beiden waren zuletzt in einen öffentlichen Streit verwickelt.

In der zweiten Episode mit dem Arbeitstitel „Zum goldenen Apfel“ soll Benni Daniel Krause (Christoph Letkowski), den Betreiber einer etablierten Sachsenhausener Apfelwirtschaft, vertreten. Krause wird beschuldigt, seinen Cousin Ulrich Wickenhöfer (Werner Wölbern) mit einem Apfelwein-Bembel erschlagen zu haben.

Noch bis 13. Juni 2018 werden zwei weitere Folgen der Krimireihe mit den Arbeitstiteln „Tod eines Piloten“ und „Crash“ gedreht.

„Ein Fall für zwei“ wird von der ODEON TV, Wiesbaden (Produzent: Markus Mende, Producer: Frank Himmel) im Auftrag des ZDF hergestellt. Matthias Pfeifer und Dagmar Ungureit sind die verantwortlichen ZDF-Redakteure. Die vier Folgen werden voraussichtlich im Herbst 2018 gezeigt.

Am Hausboot-Set beim Krimi-Dreh "Ein Fall für zwei". © Foto: Diether v. Goddenthow
Am Hausboot-Set beim Krimi-Dreh „Ein Fall für zwei“. © Foto: Diether v. Goddenthow

„Nur die Imagination kennt keine Grenzen“ – Mainzer Stadtschreiber-Preis an Anna Katharina Hahn verliehen

(v.l.) Oberbürgermeister Michael  Ebling, Mainzer Statdtschreiberin und Preisträgerin Anna Katharina Hahn, Johannes Gutenberg, Kulturdezernentin Marianne Grosse und ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler bei der Verleihung des Mainzer-Stadtschreiberpreises 2018 im Ratssaal des Mainzer Rathauses. Foto: Diether v. Goddenthow
(v.l.) Oberbürgermeister Michael Ebling, Mainzer Statdtschreiberin und Preisträgerin Anna Katharina Hahn, Johannes Gutenberg, Kulturdezernentin Marianne Grosse und ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler bei der Verleihung des Mainzer-Stadtschreiberpreises 2018 im Ratssaal des Mainzer Rathauses. Foto: Diether v. Goddenthow

Am 13.03.2018 wurde im großen Ratssaal des Mainzer Rathauses die Stuttgarter Schriftstellerin und neue Mainzer Stadtschreiberin Anna Katharina Hahn mit dem Stadtschreiber-Literaturpreis von ZDF, 3sat und der Stadt Mainz ausgezeichnet. Den mit 12.500 Euro dotierten Preis überreichten ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler, der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling und die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse in Beisein von Johannes Gutenberg. Die Laudatio hielt Patrick Bahners, Kulturkorrespondent und Literaturkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die 1970 im schwäbischen Ruit auf den Fildern, Kreis Esslingen, geborene Anna Katharina Hahn folgt als Stadtschreiberin auf den deutsch-irakischen Schriftsteller Abbas Khider. Sie wird wie ihre Vorgänger gemeinsam mit dem ZDF eine Dokumentation nach freier Themenwahl produzieren und die Stadtschreiberwohnung im Renaissance-Gebäude zum Römischen Kaiser des Mainzer Gutenberg-Museums beziehen.

Kulturdezernentin Marianne Grosse. Foto: Diether v. Goddenthow
Kulturdezernentin Marianne Grosse. Foto: Diether v. Goddenthow

Kulturdezernentin Marianne Grosse hieß die Gäste, unter ihnen drei Mainzer Ehrenbürger, und Preisträgerin herzlich willkommen. Sie war sich nach einem ersten Gespräch im vergangenen Jahr bei der neu gewählten Mainzer Stadtschreiberin von Anfang sicher gewesen, „dass wir gut zusammen passen“. Grosse habe sich in einige Werke Anna Katharina Hahns, etwa in „Das Kleid meiner Mutter“ von 2016 und in „Kürzere Tage“ von 2009, beide im Suhrkamp Verlag erschienen, hineingelesen, und sei ganz begeistert davon, wie die Autorin, statt wieder so eine Betroffenheitsgeschichte zwischen Tochter und Mutter aufzurollen, völlig neue und spannende Perspektiven aufzeige.

Oberbürgermeister Michael Ebling. Foto: Diether v. Goddenthow
Oberbürgermeister Michael Ebling. Foto: Diether v. Goddenthow

Oberbürgermeister Michael Ebling beschrieb in seinem Grußwort die Vorgehensweise von Anna Katharina Hahn als jemand, der seine Protagonisten in viel subtilerer Weise als bloß äußerlich beobachte und belausche, und „das auch nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern sogar in ihren innersten Gedanken, Gefühlen, Hoffnungen und Ängsten.“ Sie folge ihnen auf Schritt und Tritt, blicke ihnen über die Schulter, nehme jede ihrer Bewegungen wahr und krieche förmlich in sie hinein. Was die Autorin dabei zu Tage befördere, sei auf den ersten Blick das ganz normale Leben deutscher Mittelstandsbürger. Auf den zweiten sei es das nackte Grauen“, so Ebling.

ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler Foto: Diether v. Goddenthow
ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler Foto: Diether v. Goddenthow

ZDF-Programmdirektor Dr. Norbert Himmler hob besonders hervor, dass es heute eben nicht etwa Facebook und Twitter, sondern das scheinbar so altmodische gedruckte Buch sei, das die feinen und auch die gröberen Risse in unserer Gesellschaft so früh und sensibel aufspüre und in Worte fasse, die Fühler ausstrecke und dorthin gehe, wo die sozialen Veränderungen weh täten. „Und dafür, liebe Anna Katharina Hahn, sind wir Ihnen dankbar“, so der Programmdirektor.

Anna Katharina Hahn, die große Erzählerin des Bürgertums ihrer schwäbischen Heimat mit allen seinen Irrungen und Abgründen, sei eine durch und durch heutige Autorin, urteilt die Jury. Mit dem Roman „Kürzere Tage“, der im gehobenen grün-linken Stuttgarter Milieu spielt, gelang ihr 2009 der Durchbruch bei der Kritik und den Lesern. Thematisch und stilistisch greife sie, so die Jury, von Buch zu Buch weiter aus: über den Stadtrand von Stuttgart bis nach Spanien, vom knappen Realismus über beziehungsreiche Anspielungen auf die Romantik, bis hin zum fast schon surrealen Entwurf der Verschmelzung einer Tochter mit ihrer Mutter und mit deren bewegtem Leben. Für diesen, ihren jüngsten Roman, „Das Kleid meiner Mutter“ (2016), erhielt sie viel Resonanz.

„Der SPIEGEL hat einmal konstatiert“, so Himmler, „dass Sie Geschichten vom Nicht-Klarkommen in dieser Welt schreiben. Sie stellen, liebe Frau Hahn, die große Frage, die Frage, die schon immer große Literatur befeuert hat, nämlich: Wie soll man eigentlich leben? Der psychische und soziale Innendruck Ihrer Figuren ist gewaltig. Wir Leser warten geradezu darauf, dass es hinter den wohlanständigen Kulissen irgendwann explodiert. Wie Sie das schildern, in Ihrer knappen und so präzisen Sprache, in der übrigens auch viel Platz für Humor ist, das bewundern wir an Ihnen.“, so der ZDF-Programmdirektor.
Laudatio von Patrick Bahners auf die Mainzer Stadtschreiberin 2018, Anna Katharina Hahn

Patrick Bahners, Kulturkorrespondent und Literaturkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Foto: Diether v. Goddenthow
Patrick Bahners, Kulturkorrespondent und Literaturkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Foto: Diether v. Goddenthow

Laudator Patrick Bahners, dessen Aufgabe es als Laudator sei, zu demonstrieren, dass die Wahl Hahns richtig war, ging der Frage nach, was ein Stadtschreiber eigentlich zu tun habe, und stieß schon in Hahns ersten Roman „Kürzere Tage“, veröffentlich 2009, „auf eine Stadtschreiberfigur, einen Mann, der gerade dabei ist, ein Buch über seine Stadt zu schreiben, über Stuttgart, die Stadt, wo die Romanhandlung spielt. Arbeitstitel: ‚Die Stadt ohne Gesicht‘“., so der Laudator. Bahners entführte seine Zuhörer im voll besetzten Mainzer Ratssaal in Anna Katharinas moderne Stadtwelten der Gegensätze, Abgründe, Konflikte und bisweilen skurrilen Geschichten, so wie sie sich überall, auch in Mainz, abspielen könnten.
Bahners endet seinen vortrefflichen Streifzug durch Hahns Werke mit einem Georg Simmel-Zitat, wonach in der Stadt sich „eine so überwältigende Fülle kristallisierten, unpersönlich gewordenen Geistes“ bildete, „dass die Persönlichkeit sich sozusagen dagegen nicht halten kann“. „Auch Anna Katharina Hahn kann ihre Personen, die allesamt an der Stadt zu zerbrechen drohen, nicht halten oder aufhalten. Nur festhalten, mit der Kunst der Physiognomikerin. Selten dürfte eine Stadtschreiberin so gut präpariert nach Mainz gekommen sein wie Anna Katharina Hahn.“, so der Laudator.

„Nur die Imagination kennt keine Grenzen“: Anna Katharina Hahns Dankesrede  über  ihres Schreibens möglichen Kern.

Schriftstellerin Anna Katharina Hahn. Foto: Diether v. Goddenthow
Schriftstellerin Anna Katharina Hahn. Foto: Diether v. Goddenthow

Anna Katharina Hahn, dankte allen, die sie unterstützt haben, und ist sich sicher, das „Mainz mich inspirieren wird, dass ich hier auf Leute und auf Geschichten stoßen werde, die mich und meine Arbeit weiterbringen“. Eigentlich wollte sie ja wie ihr Vater den Arztberuf ergreifen, doch während Hausbesuchen ihres Vaters merkte sie bei Anus-Präter-Versorgung, offenen Beinen oder Demenzpflege durch überforderte Eheleute sehr rasch, „dass ich diesen Beruf besser doch nicht ergreife wollte“. In dieser Zeit als Alter und Gebrechen für sie auf einmal Gesichter bekamen, hätte sie so viele fremde Wohnungen wie noch nie betreten. Dabei fiel ihr ein billiger Kunstdruck in Goldrahmen auf, der bei fast allen Patienten über dem Bett hing, darauf ein am Abgrund kniend Blumen pflückendes Kind, während dicht neben ihm sein behütender Schutzengel schwebte. Ein echtes Trostbild!

Doch wessen Augen ruhten auf ihr, wer stand „an meiner Seite“, hatte sie sich gefragt, und bald darauf ihre ständige Begleiterin erkannte an der Art, wie ihr Körper auf deren vertraute Gegenwart reagierte: „mit rasendem Herzschlag, nassen Handflächen, vor Schweiß triefenden Achselhöhlen und solch einem trockenen Mund, dass es ohne Kaugummi, Pfefferminz und Wasserflasche, eigentlich gar nicht ging.“ „Meine ständige Begleiterin war die Angst“, so die Autorin, die nicht wusste, woher diese Angst kam, die „sich gierig auf mich stürzte, und sich an mir festbiss. Sie hockte auf meinen Schultern, klammerte ihre knochigen Beine um meinen Hals und trieb mich unbarmherzig an, so wie der Buckelgeist, der in der Erzählung aus 1001 Nacht Sindbad den Seefahrer überfällt.“ Die Angst habe alle Lebensbereiche in Besitz genommen, veränderte sie, machte aus einem offenen lebensfrohen Menschen eine eher permanent aggressive Person voller Wut, „immer auf der Hut vor dem nächsten Angriff, und bereit zuvor zurückzuschlagen, nur um selbst der Tortur zu entgehen“, so die Autorin, die nur deswegen erinnernd „von diesem Folterknecht“ sprach, um darüber zu sprechen, „was möglicherweise der Kern meines Schreibens sein könnte“.

Trotzdem sei die Angst als treibende Kraft ihres Schreibens immer nur der Zündfunke, und wenn man es versäume, „sich selbst immer wieder in den Hintern zu treten“, könne dieser auch erlöschen. Fast noch wichtiger erscheinen der Autorin zwei weitere Eigenschaften: „Zum einen die Empathie, die Fähigkeit, sich die Seelenzustände anderer anzueignen, sie nachzufühlen. Zum anderen die Qualifikation, die Vorstellungskraft.“ Sie halte gar nichts von den großen Glücksversprechen und der Zauberformel der westlichen Welt aller US-Traum: „Du kannst alles sein, was du willst!“. In Wirklichkeit sei dies schwer einlösbar, „und klingt für viele Menschen eher wie eine Verspottung ihrer widrigen Lebensumstände. Der Wunsch nach Selbstverwirklichung stößt überall an Grenzen, an genetische, finanzielle, gesellschaftliche, moralische, seelische!“, so Hahn.

„Nur die Imagination kennt keine Grenzen! Und in der Literatur kommt die Imagination wohl am freiesten von allen Künsten zum Tragen“, so Hahn. Denn die Literatur sei ja an kein Material, an kein Instrument gebunden, sie bestünde aus nichts als Worten, was ihre Schwäche, aber mehr noch ihre Größe und ein enormer Vorteil sei: „Ich kann mir alles vorstellen: Ein Mann sein, ein Tier, ein Stein. Tausend Jahre alt, oder nur einen halben Tag. Zu den Sternen fliegen oder mich durch die Erde beamen. Schreibend bin ich zu allem fähig. Und ich glaube sicher, dass ich ohne meine Erfahrungen mit der Angst nicht die gleichen Möglichkeiten zur Einfühlung und zur Imagination hätte. Unter ihrer Fuchtel habe ich mich weggedacht, suchte mir andere Existenzen, mir so oft gewünscht, eine andere, ein anderer, etwas anders zu sein. Sie hat meine Vorstellungskraft geschärft, und vertieft. In der unfassbaren Erleichterung nach dem Ende einer Panikattacke erscheint jedes Detail kostbar. Der Umriss einer Baumkrone, scherenschnittschwarz im Abendlicht, kochend heißer Kaffee, der durch die Wand des Pappbechers in die Fingerfugen pulst, der schimmernde Grünton in den Schwanzfedern einer Elster, die futtersuchend in der Dachrinne herumhüpft.“, beschreibt Anna Katharina Hahn, wie ihre Angst sie nicht nur immer wieder in neue gedankliche Welten imaginierte, sondern vor allem auch ihre Sensibilität und Beobachtungsgabe enorm erweiterte: „Die Angst hat meine Empathie geschult, denn die bizarren Zustände, durch die sie mich geführt hat, die absurden Situationen, in die sie mich brachte, haben meinen Blickwinkel auf das, wozu ein Mensch fähig ist, im Guten wie im Schlechten, stärker erweitert als jede Weltreise. So bin ich nun, ob ich will oder nicht, außer einer Schriftstellerin auch eine Expertin der Ängste geworden.“ bekennt die Autorin, die längst mit ihrer Angstbegabung virtuell zu spielen weiß, wovon auch ihre Bücher eindrucksvoll zeugen. Und wenn einmal ihre Angst gar zu ungelegen kommt, verweist sie sie einfach an ihren Platz und sagt zu ihr: „Du bist da, ich sehe dich, ich nehme Dich auch ernst, aber ich habe jetzt gerade etwas anderes zu tun: Ich lebe!“

Biografie und Bibliografie

Anna Katharina Hahn studierte nach dem Abitur ab 1990 Germanistik, Anglistik und europäische Ethnologie in Hamburg. Seit den 1990er Jahren veröffentlichte sie zunächst kürzere literarische Arbeiten in Zeitschriften und Anthologien. Es folgten zwei Bände mit Erzählungen, „Sommerloch“ (2000) und „Kavaliersdelikt“ (2004), ehe ihr mit dem Roman „Kürzere Tage“, der von überforderten Müttern und Vätern im gehobenen Stuttgarter Bürgertum erzählt, im Jahr 2009 der Durchbruch bei der Kritik und bei den Lesern gelang. Auch ihr Roman „Am schwarzen Berg“ (2012), der den akademischen Mittelstand in Zeiten des Protestes gegen Stuttgart 21 zeigt, war ein großer Erfolg bei Publikum und Kritik. Für ihren jüngsten Roman „Das Kleid meiner Mutter“ (2016), der die junge Generation Spaniens in prekären Verhältnissen schildert, erhielt sie viel Resonanz.

Anna Katharina Hahn, die auch für das Theater gearbeitet hat, ist vielfach ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem Clemens-Brentano-Preis (2005), dem Roswitha-Preis (2010), dem Heimito von Doderer-Preis (2010) und dem Wolfgang-Koeppen-Literaturpreis (2012).

Bibliografie-Auswahl
Sommerloch. Erzählungen. Achilla Presse, Hamburg 2000
Kavaliersdelikt. Erzählungen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 2004
Kürzere Tage. Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 2009
Am schwarzen Berg. Roman. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012
Das Kleid meiner Mutter. Roman. Suhrkamp Verlag, Berlin 2016