Kategorie-Archiv: Wiesbadener Staatstheater

Biennale: Agora-Debatte mit interessanten Rednern am Do. 1.9. mit Wiesbaden-Thementag „Imagine Wiesbaden: Zukunft der Stadt“

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Aktivistin und Publizistin Margarita Tsomou gibt 14 Rednern zum Thema Stadtentwicklung in Wiesbaden ein Forum

Während der Wiesbaden Biennale, die noch bis 4.9.2016 stattfindet, errichtet die griechische Aktivistin und Publizistin Margarita Tsomou im Park am Warmen Damm, frei nach dem altgriechischen Vorbild der Agora, einen Marktplatz des kritischen Dialogs, der die Repräsentationsmechanismen unseres politischen Alltags hinterfragt. Am Donnerstag, dem 1.9. ab 15 Uhr, geht es ganz konkret um Wiesbaden. Unter dem Titel „Imagine Wiesbaden: Zukunft der Stadt“ findet ein partizipativer Battle der Ideen statt.

Stadtentwicklung in Wiesbaden ist in den letzten Jahren immer wieder Ausgangspunkt für hitzige Debatten und Kontroversen geworden: Wer darf mitgestalten, wenn urbane und kulturelle Räume im historischen Zentrum Wiesbadens neu definiert werden? Wem gehört die Stadt? Gemeinsam mit der Initiative „Haus der Stadtkultur im Alten Gericht“ lädt die Wiesbaden Biennale ein zum Battle der Ideen. Jede/r Redner*in bekommt 5 Minuten Redezeit in der Agora und stellt sich anschließend 3 Minuten lang den Fragen des Plenums: egal ob Künstler*in, Stadtverordnete*r, Beteiligungsmanager*in, Rentner*in, Hochschul-professor*in oder Jugendliche*r, die Regeln sind für alle gleich.

Besucherinnen und Besucher sind herzlich eingeladen mitzureden. Eintritt frei.

Beginn 15 Uhr

Dirk Vielmeyer (Projektmanagement & Zukunftsaktivismus), Theo Baumstark (CDU – Ortsvorsteher Wiesbaden-Nordost), Harmut Bohrer (Fraktionsvorsitzender Die Linke/Piraten), Manuel Gerullis (Meeting of Styles, Wall-Street-Meeting), Hans-Georg Heinscher (Gemeinwohl hat Vorfahrt), Dr. Jürgen Uffmann (GiB Gehweg-Reinigung in Bürgerhand), Dr. Thilo Tilemann (Präsident Partners. Wiesbaden-Istanbul/Fatih), Waltraud Keller (Stadtführerin), Margarethe Goldmann (Stadträtin a.D., Vorstand AK Stadtkultur), Prof. Dr. Lorenz Jarass (Hochschullehrer, Hochschule Rhein-Main), Hans Reitz Gründer (Multi-Unternehmer, Social-Business), Mario Bohrmann (Lilienjournal), Gordon Bonnet (IHK-Wiesbaden,Ltg. Standort&Kommunikation), Wolfgang Schliemann (Klangkünstler, Artist, Kooperative New Jazz)

Siehe auch Hinweis:

Biennale: „Haus der Stadtkultur und Stadtgeschichte“ ins Alte Gericht – Debatte am 1.09.2016 ab 15.00 h in der Agora am Warmen Damm

 

Biennale: Zwischen lustvollem und schmerzhaften Verschwinden unserer Privatsphäre – Begräbnis-Performance mit Gina Lisa Lohfink

 Gina Lisa Lohfink hält eine ergreifende Trauerrede über den für sie mittlerweile schmerzhaft gewordenen Verlust ihrer Privatsphäre im Rahmen Dries Verhoevens Begräbnis-Performance zum Verlust "unserer Privatsphäre". Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture
Gina Lisa Lohfink hält eine ergreifende Trauerrede über den für sie mittlerweile schmerzhaft gewordenen Verlust ihrer Privatsphäre im Rahmen Dries Verhoevens Begräbnis-Performance zum Verlust „unserer Privatsphäre“.  Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture

Seit Beginn der Wiesbaden Biennale „This is not Europe“ inszeniert der niederländische Künstler Dries Verhoeven den spekulativen Verlust. Während des Avantgarde-Theater-Festivals hält er täglich um 17.45 Uhr in der St. Augustine’s Church in Wiesbaden, Frankfurter Straße 3, einen Trauergottesdienst mit anschließender Beerdigung für eine uns lieb gewonnene Idee oder einen gesellschaftlichen Wert ab.

In diesem Sarg liegt  "unsere Privatsphäre" .Schauspieler Ulrich Schmissat als segnender Pfarrer in Dries Verhoevens Begräbnis-Performance zur Beerdigung "unserer Privatsphäre" in der St. Augustine Kirche Wiesbaden. Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture
In diesem Sarg liegt „unsere Privatsphäre“ Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture

Mit großer Ernsthaftigkeit orientiert er sich dabei an christlichen Ritualen. Bisher wurden die „multikulturelle Gesellschaft“, „Mutter Natur“, das „Deutsche Schuldgefühl“ und gestern „unsere Privatsphäre“ zu Grabe getragen.

Überraschungsgast der heutigen Totenmesse war Trash-Ikone Gina Lisa Lohfink: 2005 Miss Frankfurt, 2006 Miss Darmstadt, 2008 Auftritt bei Germany’s next Topmodel, Model im Männermagazin Penthouse, TV-Rollen bei RTL und zuletzt ein medienwirksam inszenierter Prozess um ihre (angebliche) jahrelang zurückliegende Vergewaltigung, die ihr nicht nur Bild-Schlagzeilen und ein Bußgeld wegen falscher Vergewaltigungs-Verdächtigungen, sondern Beistand von Alt-Feministin und PorNo-Kämpferin Alice Schwarzer einbrachte: „Das Gerichts-Urteil sei skandalös“. Auch in diesem Fall gilt: Je uneindeutiger die Geschichte, umso weiter der Raum für Spekulationen. Dies macht Frau Lohfinks Auftritt  als angeblich Trauernde über den Verlust ihrer Privatsphäre in Dries Verhoevens Begräbnisfeier zur Bestattung „unserer Privatsphäre“ besonders spannend.

Schauspieler Ulrich Schmissat führt in seiner Rolle als Pfarrer der Begräbnis-Performances liturgisch souverän und mitreißend durch die Totenfeier. Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture
Schauspieler Ulrich Schmissat führt in seiner Rolle als Pfarrer der Begräbnis-Performance liturgisch souverän und mitreißend durch die Totenfeier. Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture

Doch wo bleibt sie denn?  Selbst als der Pfarrer (Schauspieler Ulrich Schmissat), seine weihrauchschwenkenden Messdiener und sechs schwarzgekleidete Träger, sargschulternd,  gefolgt von zahlreichen Trauergästen feierlich in die Kirche einziehen, während der Chor von der Empore Gines Perez „De Prefundis“ anstimmt, fehlt von Frau Lohfink noch jede Spur. Niemand hat sie bisher gesehen. Ob sie denn überhaupt kommen wird? War ihre medienwirksame Ankündigung  gar ein Fake, selbst Teil der Begräbnis-Performance?

Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture
RTL-Redakteurin Bettina v. Schimmel entzündet zur Begräbnisfeier „unserer Privatsphäre“ die Kerzen. . Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture

Auch den  gesamten der Begräbnisfeierlichkeiten blieb die „Haupttrauernde“  fern.  Der Pfarrer begrüßte die Gemeinde mit den Worten: „heute gemeinsam den Verlust der Privatsphäre“ zu betrauern. RTL-Redakteurin Bettina von Schimmel oblag das Entzündung der Kerzen. Die Predigt begann und schließlich die Aufforderung des Pfarrers an die   Trauergemeinde: „Brüder und Schwestern, bekennen wir jetzt unsere Sünden und überdenken wir unsere großen und kleinen Verfehlungen“. Die Trauergemeinde folgte ihm und bekannte  eher  brav als reuig ihre „große Schuld“, wohl  selbst durch allzu sorglose multimedialer Internetnutzung mit zur Vernichtung „unserer Privatsphäre“ beigetragen zu haben:

„Ich bekenne den allwissenden Diensten,
dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe.
Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken,
durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld.
Leichtfertig ließ ich mich bespitzeln,
sorglos gab ich meine Browserdaten,
meine Bankverbindung und mein Kaufverhalten preis.
Was privat war, opferte ich der Illusion von Sicherheit.

Der Pfarrer nahm salbungsvoll das Schuldbekenntnis seiner „aufrecht trauernden“ Gemeinde entgegen und huldigte in aller Namen den von uns ignorierten Warnern  der gläsernen Gesellschaft:
„Möge der Geist von George Orwell und Aldous Huxley sich unser erbarmen. Er lasse uns die Sünden nach und führe uns zum ewigen Leben.“

Schließlich werden die Nachteile des sozialen Exhibitionismus  schmerzlich vor Augen geführt und folgerichtig  gefragt, ob der Mensch nicht auch ein Recht auf Geheimnisse habe. Daraufhin bekennt  die Trauergemeinde  sehnsüchtig  ihren Glauben an die – nun unwiederbringlich verloren gegangene -Privatsphäre:
„(…)
Ich glaube an die Rückkehr der vier Wände,
die stille Kammer und das heimliche Gespräch,
an die Auferstehung der Anoymität,
So war helfe mir Edward Snowden,
Von Ewigkeit zu Ewigkeit,
Amen.“

Schauspieler Ulrich Schmissat als segnender Pfarrer in Dries Verhoevens Begräbnis-Performance zur Beerdigung "unserer Privatsphäre" in der St. Augustine Kirche Wiesbaden. Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture
Schauspieler Ulrich Schmissat als segnender Pfarrer in Dries Verhoevens Begräbnis-Performance zur Beerdigung „unserer Privatsphäre“ in der St. Augustine Kirche Wiesbaden. Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture

Das „Abendmahl“ beendet die Begräbnisfeier „unserer Privatsphäre“. Aber nein, dann greift der Pfarrer doch noch einmal  zum Mikro und kündet den  Haupttrauergast, Gina Lisa Lohfink, an. Ein ein freudiges Raunen geht durch die Reihen als Deutschlands Antwort auf Pamela Anderson mit knappem Kleidchen über dünnen Beinchen und einem ausladenden schwarzen Hut und einer beinahe eben-solchen Sonnenbrille durch die Kirche zum Predigt-Pult schreitet. Sämtliche Augen. Objektive und Blitzlichter sind  magisch-voyeuristisch  auf die 29jährige mit großer Vergangenheit gerichtet. Ein „Foto-Shooting“ im wörtlichen Sinne bricht über sie herein. Dies scheint Frau Lohfink , gewöhnlich lustvoll im Medienrummel badend, sichtlich schmerzhaft lästig zu werden, was die Presseleute, die gerade eindrucksvolles Zeugnis  ihrer hier die Privatsphäre verletzenden Arbeit  ablegen, vorführt und zu Protagonisten einer Realsatire werden lässt.

Gina Lisa Lohfink kramt rasch ihr Notizzettelchen heraus. Ausgerechnet sie, die  einst eher exhibitionistisch lustvoll ihre öffentlichen Entblößungen  genossen hat, outet sich nun als schmerzhaft vom Verlust ihrer Privatsphäre Betroffene:

Gisela Lohfink ist Haupttrauernde beim Spektakel Dries Verhoevens Begräbnisfeier zur Verabschiedung "unserer Privatsphäre" Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture
Gisela Lohfink ist Haupttrauernde beim Spektakel Dries Verhoevens Begräbnisfeier zur Verabschiedung „unserer Privatsphäre“ Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture

„Liebe Privatsphäre
früher warst Du mir eigentlich nicht so wichtig, ich liebte es, wenn Fans mich erkannten, meine Autogramme wollten,
oder ein Foto mit mir machen wollten,
du warst nicht immer da, aber das war okay, es hat mich zu der Frau gemacht, die ich jetzt bin, aber an die seltenen Momente, wo du da warst, werde ich mich immer erinnern.
Im Urlaub, und bei mir zuhause, da konnte ich herumlaufen, ohne mir Sorgen zu machen, über Klamotten, Make-up und Kameras. Die letzten Monate, liebe Privatsphäre, habe ich dich vermisst. Ich frage mich: Wieso bist Du nicht da für mich? Wieso? Ich sehne mich nach den Tagen, an denen ich von niemanden erkannt werde, wo mir niemand vor der Haustür auflauert, Momente, in denen ich über die Strasse gehen konnte, ohne komisch angeguckt zu werden, Momente, in denen niemand Lügen über mich verbreitet,  einfach weinen, ohne dabei beobachtet zu werden, das habe ich vermisst.
Danke liebe Privatsphäre, dass es dich gab, bei dir durfte ich immer ganz ich selbst sein,
Ruhe in Frieden 
Amen.“

Natürlich tut sie allen leid, und niemand kann einschätzen, ob ihr Schmerz echt oder der Rolle der Begräbnis-Performance geschuldet ist.

Orgel und Chor erklingen zum Abschluss Begräbnisfeier. Es erfolgt der Auszug  aus der Kirche.    „Gemeindeschwestern“ verteilen an die Trauergäste Blumen. Dann  setzt sich der lange Trauerzug  in Bewegung: über die Frankfurter Strasse entlang an der Wilhelmstrasse in Richtung Schillerdenkmal.  Dort erfährt  „unsere Privatsphäre“ eine würdige Erdbestattung. Anschließend finden sich die Trauergäste im „Café hinter dem Friedhof“ bei Kaffee und einem Käsebrötchen zum „Leichenschmaus“ ein. ,

Gleich biegt der Trauerzug rechts in die Wilhelmstrasse ein in Richtung Staatstheater zum Schillerdenkmal, wo die "Privatsphäre" ihre letzte Ruhestätte findet. Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture
Gleich biegt der Trauerzug rechts in die Wilhelmstrasse ein in Richtung Staatstheater zum Schillerdenkmal ab. Unterhalb des Staatstheaters wird auch die „Privatsphäre“ ihre letzte Ruhestätte finden. Foto: Diether v.Goddenthow © massow-picture

Übrigens morgen gegen 17.45 Uhr wird in der Kirche St. Augustine, Frankfurter Strasse 3, der „Wohlfahrtsstaat“ beerdigt.

Diether v. Goddenthow

Biennale: „Haus der Stadtkultur und Stadtgeschichte“ ins Alte Gericht – Debatte am 1.09.2016 ab 15.00 h in der Agora am Warmen Damm

Treppenhaus des Neo-Renaissance-Gebäudes, jahrelang auch Kulisse von "Ein Fall für 2". Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Treppenhaus des Neo-Renaissance-Gebäudes, jahrelang auch Kulisse von „Ein Fall für Zwei“. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Donnerstag 1.9. 15 Uhr
Imagine Wiesbaden: Zukunft der Stadt
Ein partizipativer Battle der Ideen

Was ist Wiesbaden – wer ist die Stadt?
Stadtentwicklung in Wiesbaden ist in den letzten Jahren immer wieder Ausgangspunkt für hitzige Debatten und Kontroversen geworden: Wer darf mitgestalten, wenn urbane und kulturelle Räume im historischen Zentrum Wiesbadens neu definiert werden? Wem gehört die Stadt? Es ist eine Diskussion um gesellschaftliche Teilhabe, Bürgerbeteiligung und urbane Zukunftsvisionen.

Gemeinsam mit der Initiative „Haus der Stadtkultur im Alten Gericht“ lädt die Wiesbaden Biennale ein zum Battle der Ideen.

Jede/r Redner/in bekommt 5 Minuten Redezeit in der Agora und stellt sich anschließend 3 Minuten lang den Fragen des Plenums: egal ob Künstler/in, Stadtverordnete/r, Aktivist/in, Beteiligungsmanager/in, Journalist/in, Rentner/in, Hochschulprofessor/in oder Jugendliche/r, die Regeln sind für alle gleich.

Und jeder darf mitreden.
Ein Nachmittag produktiver Streitkultur und aktiver Partizipation.

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Ort
Das Open-Air-Parlaments (Agora) liegt neben dem Biennale-Festival-Zentrum am Warmen Damm.

 

 

Worum geht es? Das Alte Gericht

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Objekt des Streites zwischen „Stadtkulturhaus-Befürwortern“ und „-Gegnern“ ist das 1875 im Neo-Renaissance-Stil als Justizzentrum errichtete „Alte Gericht“, welches bis 2009 das „Amts- und Landgericht“ in Wiesbaden beherbergte und aufgrund seiner einzigartigen Baulichkeit auch zahlreichen Filmemachern als Kulisse diente, unter anderem für beinahe 300 ZDF-Folgen „Ein Fall für Zwei“ mit Theo Gärtner.

Statt  Zerstörung dieses einzigartigen Zeugnisses historischer Wiesbadener Baukultur als Stadt des Historismus, fordert die Initiative Haus der Stadtkultur und 6500 Unterzeichner einer Petition ein öffentlich zugängliches Haus der Stadtkultur und Stadtgeschichte* dort zu etablieren.

*Davon, dass das  Alte Gericht vom imposanten Archivkeller bis hin zur obersten Etage den idealen Rahmen einer (multi-)kulturellen Nutzung bieten würde, kann sich jede/r selbst überzeugen bei  einem Besuch im dort gastierenden „Haus der Europäischen Geschichte im Exil“. Dieses temporäre Museum hatte der niederländische Künstler Thomas Bellinck  im Rahmen der Wiesbaden Biennale eingerichtet. Es hat noch bis  zum 18.September 2016  geöffnet. Karten (5 Euro) können am besten an der Theaterkasse oder auch vor Ort erworben werden.

Zum Vorabstudium: Kleine Auswahl von  Beiträgen zum Thema:

2015.05.27 100 Persönlichkeiten der Stadt fordern Nutzung des Alten Gerichts als “Haus der Stadtkultur und Stadtgeschichte”

2015.05.28 Wiesbaden: Initiative fordert Stadtmuseum statt Wohnungen im Alten Gericht

2016.02.16 Altes Gericht in Wiesbaden: Initiative lotet Chancen für öffentliche Nutzung aus

2016.08.18 Gastkommentar: Hobbyhistorikeron Erika Noack plädiert für ein Haus der Stadtkultur in der Moritzstraße

Weitere Informationen zur Debatte und der Initiative Haus der Stadtkultur

internet:    www.altesgericht.de
zur Abstimmung: www.petition.altesgericht.de
Zum Blättern http://issuu.com/hausderstadtkultur
Broschüre zum Download: http://www.altesgericht.de/pdf/AltesGericht_Information.pdf

 

 

 

ERÖFFNUNGSPREMIERE DER SPIELZEIT 2016.2017 DER OPER »DIE FLEDERMAUS«

staatstheaterwsbERÖFFNUNGSPREMIERE DER SPIELZEIT 2016.2017 DER OPER
»DIE FLEDERMAUS«
Johann Strauß (1825 – 1899)

Premiere am 16. September 2016 um 19:30 Uhr im Großen Haus // die beiden nächsten Vorstellungstermine sind am 18. & 21. September jeweils um 19:30 Uhr

In der Eröffnungspremiere der Spielzeit 2016.2017 »Die Fledermaus« wird »heute show«-Comedian Lutz van der Horst sein Bühnendebüt geben: In der Rolle des Frosch mischt er das Personal der Operette auf. Als Eisenstein ist Peter Bording in einer seiner Paraderollen (u. a. auch an der Komischen Oper Berlin, Essen, Tokio) zu erleben. Netta Or ist Rosalinde (in dieser Partie u. a. auch an der Opéra National du Rhin, Straßburg). Als Falke debütieren zwei junge Sänger des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Benjamin Russell (u. a. in »Boris Godunow« und »Die Soldaten«) und Alexander Knight (German-Australian Opera Grant-Gewinner 2016). Auch die Adele ist für Gloria Rehm (in Wiesbaden zuletzt Marie in »Die Soldaten« und Adina in »Der Liebestrank«), Stella An (Gretel, Despina in »Così fan tutte«) und Katharina Konradi (Morgana in »Alcina«, Nannetta in »Falstaff«) ein Rollendebüt. Romina Boscolo und Silvia Hauer alternieren als Prinz Orlofsky, Stephanos Tsirakoglou ist Gefängnisdirektor Frank, Erik Biegel Dr. Blind, Aaron Cawley und Richard Furman alternieren als Alfred.

Die Musikalische Leitung liegt bei Michael Helmrath (in Wiesbaden u. a. »Hänsel und Gretel«, ab 2016.2017 Generalmusikdirektor des Theaters Nordhausen) und Lynn Kao (»Der Graf von Luxemburg« und das Ballett »Weltenwanderer«).

Musikalische Leitung Michael Helmrath / Lynn Kao Inszenierung Gabriele Rech Bühne Dieter Richter Kostüme Susanne Füller Chor Albert Horne Licht Andreas FrankChoreografie Myriam Lifka Dramaturgie Katja Leclerc

Gabriel von Eisenstein Peter Bording Rosalinde Netta Or FroschLutz van der Horst Frank Stephanos Tsirakoglou Prinz Orlofsky Romina Boscolo / Silvia Hauer Alfred Aaron Cawley /Richard Furman Dr. Falke Benjamin Russell / Alexander Knight Dr. Blind Erik Biegel Adele Gloria Rehm / Stella An /Katharina Konradi Ida Felicitas Geipel

Großes Wiesbadener Theater- & Biennalefest am 3. September

Großes Theater- und Biennale-Fest am 3.September 2016 in den Theaterkolonaden und rund um das Festival-Gelände Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Großes Theater- und Biennale-Fest am 3.September 2016 in den Theaterkolonaden und rund um das Festival-Gelände Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Am Samstag, den 3. September, ab 14.00 Uhr öffnet das Hessische Staatstheater Wiesbaden seine Türen für große und kleine Theaterfans. Außerdem findet am Samstag und Sonntag das letzte Festivalwochenende der Wiesbaden Biennale statt.

Programm des Theater- und Biennalefestes

In zwei Programmen auf der Bühne des Großen Hauses sind interessierte Besucherinnen und Besucher eingeladen, sich mit Ausschnitten aus aktuellen und kommenden Produktionen der Sparten Oper und Schauspiel mit den jeweiligen Ensembles, dem Chor und Orchester ein Bild des Programms der beginnenden Spielzeit zu machen.

Das Schauspielensemble tritt außerdem, moderiert von Jens Jekewitz vom Poetry Slam Mainz / Wiesbaden, zum »Sängerkrieg Spezial« in einem »Spielzeit-Slam« an. Das Ballett lädt zum offenen Training in den Ballettsaal ein. Die Dekorationswerkstätten gewähren Einblicke in ihre Arbeit. Im »Asyl des müden Europäers« der Wiesbaden Biennale an der Wilhelmstrasse zeigen Maskenbilderinnen und Maskenbildner ihr Können. Mit einer Kostümversteigerung, Improtheater, Thomas Kreimeyers »Kabarett der rote Stuhl«, künstlerischen Darbietungen im Foyer, musikalischen Beiträgen der Orchesterakademie und Infoständen in den Kolonnaden wird darüber hinaus ein reichhaltiges Programm geboten.

Für die jüngsten Besucherinnen und Besucher richtet das JUST eine Lesehöhle ein, Musikerinnen und Musiker des Hessischen Staatsorchesters spielen Kinderkonzerte und in den Kolonnaden gibt es eine Luftballonaktion, Bastelspaß mit dem Kunstkoffer und Kinderschminken. Für das leibliche Wohl sorgt die Gastronomie der Wiesbaden Biennale im Festivalzentrum auf dem Warmen Damm sowie die Operngastronomie.

Auf dem Programm der Wiesbaden Biennale steht u. a. ein »Hip Hop battle« bei freiem Eintritt und eine Versteigerung der selbstgebauten Biennale-Möbel. Die Vorstellungen des Festivals an diesem Tag im Theatergebäude sind im Großen Haus »Imitation of Life«, »Krieg und Frieden« im Kleinen Haus sowie »Footnotes« im Studio. Das komplette Programm der Wiesbaden Biennale aller Spielstätten ist unter www.wiesbaden-biennale.de einsehbar.

Ab 14.00 Uhr gewährt die Theaterkasse am Tag des Theaterfestes 50 Prozent Rabatt auf den regulären Kartenpreis auf viele attraktive und ausgewählte Vorstellungen.

Außerdem beginnt zeitgleich ab 14.00 Uhr der Vorverkauf für die Familienvorstellungen des diesjährigen Weihnachtsstücks »Der Zauberer von Oz«.

Wer sich beim Theaterfest für den Abschluss eines Abonnements entscheidet, nimmt automatisch an der Verlosung um eine von insgesamt fünf exklusiven Theatertaschen teil, die aus Werbebannerplane des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden handgefertigt wurden. Jede Tasche ist ein Unikat.

Theaterfest
Samstag, 3. September 2016
Ab 14.00 Uhr in den Kolonnaden & an verschiedenen Orten des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden

Biennale Wiesbaden mit Gina Lisa Lohfink für Verhoeven-Performance „Beerdigung der Privatsphäre“

Performanceprojekt auf Wiesbaden Biennale mit Gina Lisa Lohfink 
Gina Lisa Lohfink  konnte kurzfristig als Darstellerin für Dries Verhoevens „Beerdigung der Privatsphäre“, am Montag, 29.8., gewonnen werden

Auszug aus der Kirche: vorneweg die Messdiener mit Weihrauchschwenker, gefolgt vom niederländischen Künstler Dries Verheoven, den Sargträgern mit der verstorbenen "Multikulti-Gesellschaft" entlang der Wilhelmstrasse zum Schillerdenkmal Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Schauspieler Ulrich Schmissat, hier als Pfarrer, beerdigt die Werte der Offenen Gesellschaft, die am Verschwinden begriffen sind: Nach dem Begräbnis der „multikulturellen Gesellschaft“ wird ein erneuter Höhepunkt die Trauerfeier der „Privatheit“ mit Gina Lisa Lohfink Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Seit dem Beginn der Wiesbaden Biennale, die noch bis 4.9.2016 statt findet, inszeniert der niederländische Künstler Dries Verhoven den spekulativen Verlust. Während des Festivals hält er täglich um 17.45 Uhr in der St. Augustine’s Church in Wiesbaden einen Trauergottesdienst mit anschließender Beerdigung für eine uns lieb gewonnene Idee oder einen gesellschaftlichen Wert ab. Mit großer Ernsthaftigkeit orientiert er sich dabei an christlichen Ritualen. Bisher wurden die multikulturelle Gesellschaft, Mutter Natur und das Deutsche Schuldgefühl zu Grabe getragen.

Für die Beerdigungszeremonie am kommenden Montag, dem 29.8., konnte der Künstler kurzfristig Model und Reality TV-Protagonistin Gina Lisa Lohfink gewinnen. Am Montag wird „die Privatsphäre“ beerdigt. Gina Lisa Lohfink wird die Trauerrede in der Kirche halten und als Familienmitglied „der Verstorbenen“ fungieren. „I am glad that Mrs Lohfink will take part in the funeral. I cannot imagine anyone better to bring across the pro’s and cons of living a transparant life“, sagt Dries Verhoven.

Zur Beerdigung der „Privatsphäre“ ist die Presse herzlich eingeladen. Beginn 17.45 Uhr, St. Augustine’s Church, Frankfurter Str. 3, Wiesbaden.

Wiesbadener Biennale startet bei herrlichem Wetter – EU-Retrospektive im Alten Gericht, Beerdigungs-Happening und Burnout-Performance

Rund 500 Besucher feierten im Festivalzentrum hinter dem Theater am Warmen Damm die Eröffnung der Wiesbadener Biennale 2016.  Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Rund 500 Besucher feierten im Festivalzentrum hinter dem Theater am Warmen Damm die Eröffnung der Wiesbadener Biennale 2016. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Am Donnerstag-Abend eröffnete bei bestem Sommerwetter Intendant Eric Laufenberg am Warmen Damm das Wiesbadener Theater-Festival Biennale. Grußworte sprachen unter anderem Ruth Wagner, Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst a.D. und Rose-Lore Scholz, Kultdezernentin der Landeshauptstadt Wiesbaden. Einen ersten Überblick über Entstehung, die bisherige gewaltige Vorbereitungsarbeit und weitere Station der Wiesbadener Theater-Biennale gaben Kuratorin Maria Magdalena Ludewig und Kurator Martin Hammer.

Abends im Festival-Zentrum leuchten die Lettern der Schriftgirlande  Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Abends im Festival-Zentrum leuchten die Lettern der Schriftgirlande Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Das Open-Air-Festival-Zentrum mit seinen von Studenten im Geiste und nach den Entwürfen Enzo Maris hergestellten Weichholzbänken, Tischen und Stühlen ist offen für alle Interessenten und lädt zum Verweilen, Diskutieren und ab Mittag auch zu leckeren Gerichten ein. Links und rechts ist es umrahmt von Streetfood– und Getränke-Containern und überspannt mit einer Schrift- Girlande von Rainer Casper mit dem widersprüchlichen und nachts leuchtenden Biennale-Motto „This is not Europe“.

Altes Gericht wird pikanterweise zum „Haus der Geschichte im Exil“

Das Haus der Europäischen Geschichte im Alten Gericht. Für ein paar Wochen hat Wiesbaden ein Europa-Museum erhalten. Foto © massow-picture
Das Haus der Europäischen Geschichte im Alten Gericht. Für ein paar Wochen hat Wiesbaden ein Europa-Museum erhalten. Foto © massow-picture

Bereits ab Mittag hatte der belgische Künstler Thomas Bellinck eingeladen ins „Haus der Europäischen Geschichte im Exil“. Dabei handelt es sich um ein skurriles Museum im Jahr 2060, welches Bellinck und seine Helfer seit Monaten im leerstehenden Alten Gericht, in der Gerichtsstrasse, auf vier Etagen eingerichtet hatten. Es gibt einen fiktiven Rückblick auf den Untergangs der Europäischen Union . Besucher können, quasi  aus der Zukunft zurückblickend, das dunkle Gebäude voller merkwürdiger Exponate, Schrifttafeln und angestaubter Landkarten  durchstreifen und auf unsere Gegenwart schauen.  13 bizarre Museumsstationen erörtern Entwicklung und Untergang der Europäischen Union der offenen Grenzen, des freien Geistes, gemeinsamer Währung und eines gemeinsamen Parlaments. Pikanterweise ist wurde  „Haus der Europäischen Geschichte im Exil“ im Alten Gericht untergebracht, dessen Zukunft selbst ungewiss und derzeit eher vom eigenen baulichen Untergang geprägt ist, was die apokalyptische Atmosphäre zusätzlich verdichtet. Thomas Bellincks Ausstellung ist über die Dauer des Biennale-Festivals hinausgehend noch bis zum 18. September 2016 täglich zwischen 11 und 18 Uhr geöffnet. Karten erhalten Sie an der Theaterkasse oder vor Ort.

Totenfeier und Erdbestattung der multikulturellen Gesellschaft – Mit Schwarzem Humor für mehr Menschlichkeit

Auszug aus der Kirche: vorneweg die Messdiener mit Weihrauchschwenker, gefolgt vom niederländischen Künstler Dries Verheoven, den Sargträgern mit der verstorbenen "Multikulti-Gesellschaft" entlang der Wilhelmstrasse zum Schillerdenkmal Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Auszug aus der Kirche: vorneweg die Messdiener mit Weihrauchschwenker, gefolgt vom niederländischen Künstler Dries Verheoven, den Sargträgern mit der verstorbenen „Multikulti-Gesellschaft“ entlang der Wilhelmstrasse zum Schillerdenkmal Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Ganz in der Nähe des Festivals-Zentrum, in der zur „Kirche der Beerdigung“ umfunktionierten Anglikanischen Kirche, hatte Dries Verhoeven die multikulturelle Gesellschaft im Rahmen eines Beerdigungs-Happenings zu Grabe getragen. Die Gäste flanierten  am Sarg eines  aufgebahrten Jünglings mit offenstehenden Augen vorbei, bevor sie auf den Kirchenbänken Platz nehmen konnten. Zuletzt war die Kirche bis auf den letzten Sitz- und Stehplatz gefüllt, als der Trauerzug einzog mit Messdienern und „Pfarrer“ Dries Verhoeven an der Spitze, gefolgt von den Sargträgern und einer aus Statisten bestehenden Trauergesellschaft. Ganz in Tradition zahlreich zusammengefügter christlicher Rituale verlief die Trauerfeier mit Predigt, Lesung, Kerzen, Kreuz, Weihrauch, Chor und Orgel, bevor der Trauermarsch retour aus der Kirche erfolgte über die Frankfurter Strasse entlang der Wilhelmstrasse bis zu einem ausgehobenen Grab oberhalb des Schillerdenkmals am Theater, wo die Tote, die „multikulturelle Gesellschaft“ ihre letzte Ruhestätte fand.

Stärkung für die nächste Biennale-Auftaktveranstaltung „Sculping Fear“ im Malsaal

Studenten und freiwillige Helfer bereiten die Eröffnungsveranstaltung der fröhlichen Biennale am Warmen Damm vor. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Studenten und freiwillige Helfer bereiten die Eröffnungsveranstaltung der fröhlichen Biennale am Warmen Damm vor. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Nach diesem fulminantem Trauer-Happening, „ich wusste mitunter nicht, ob es echt oder Fiktion war“ (Dame beim Leichenschmaus), hatte die offizielle Festivals-Eröffnungsfeier im Festivalzentrum für viele wohl beinahe schon  „Erlösungscharakter“.  Hier konnte man an der wohl an diesem Abend längsten Sekttheke Wiesbadens ein wenig auftanken, um sich für die anschließende Biennale-Eröffnungsveranstaltung „Sculpting Fear“ gegen 21 Uhr im Malsaal zu wappnen.

Das aktuelle Biennale-Programm finden Sie im Onlinekatalog

Wiesbadener Biennale: Bis dass uns der Boden unter den Füßen wegweht? – Auftakt mit Sculpting-Fear

Julian Hetzel - Sculpting Fear Foto: Martin Wickenhaeuser
Julian Hetzel – Sculpting Fear Foto: Martin Wickenhaeuser

Sculpting Fear – bis  dass uns der Boden unter den Füßen wegweht? 

Julian Hetzels Auftakt-Performance auf der Wiesbadener Biennale 2016-geriet für manch einen Premiere-Gast zur Nervenprobe.-

Mit „Sculpting Fear“ von Julian Hetzel, war die Biennale Wiesbaden zwischen Schauspiel und Performance, Musik und Bühnenkulisse in die „Erkundung der Europäischen Union“ gestartet. Wenngleich von den Schauspielern hervorragend umgesetzt, konnte sich mir der tiefere Sinn dieser von monotoner elektronischer Dauer-Klangkulisse begleiteten Apokalypse nicht wirklich erschließen. Ging es eher darum, die in Europa umgehende Angst aufzuzeigen, die besorgte Bürger zunehmend auf die Strasse treibt, radikale Positionen aufblühen und Gewalt heraufbeschwören lässt, wie es in einem Begleittext heißt. Oder will die Bühnenperformance „Sculpting Fear“ eher auf den psychologischen Aspekt des selbstzerstörend wirkenden Systems ungebremsten Burnouts hinweisen?

Das Szenario: Die Zuschauer sehen zunächst drei Büro-Menschen, die minutenlang Bürostühle vor sich hin- und her-rollen, zeitweise sich darin gegenseitig über die Bühne schieben, um schließlich wieder –  jeder für sich allein – seinen „Roll-Stuhl“ zu bugsieren. Das dauert alles recht lange, bis sich auf einmal der Raum verdunkelt.  Heftige detonationsähnliche Geräusche ertönen. Die Protagonisten sind aus ihren Brürostühlen gekippt. Als allmählich das  Licht hochgedimmt wird, liegen die drei Protagonisten neben oder unter  ihren  Bürostühlen begraben da wie tot. Nebelschwaden wabern und geben der Szenerie beinahe wagnerische Dramatik, wäre da nur nicht dieser entsetzliche, tinnitusähnliche Dauerklang. –

In diesem Moment übernehmen Staubsaugerroboter den Dialog. Robbi 1 eine sagt: „Dieser Job saugt mich einfach aus!“ Daraufhin Robbi 2: „Klingt so, als würdest du zu viel arbeiten?“ (…) „Ich denke, du brauchst mal frische Luft!“ Robbi 1:  „Ich glaube ich bin voll“ Robbi 2: „Zeit, dein System zu reinigen.“ Das Roboter-Zwiegespräch erstickt jäh, als ein, an einen Tatort-Reiniger erinnernder Katastrophen-Müllmann die Bühne betritt und die Robbis abschaltet, bevor er mit seiner Entsorgungsarbeit beginnt.

In orangene Ganzkörper-Schutzmontur gehüllt, beginnt der  „Tatort-Müllwerker“   die nieder gestreckten erschlafften Büro-Kadaver mit einer  geschickt an sie gelegten Kadaver-Stange zu entsorgen. Als nun die  letzte „Leiche“ dran ist bei der „Entsorgung“, und doch noch ein Lebenszeichen von sich gibt, wird klar, die Drei  sind noch nicht wirklich tot!“.

Schließlich schaffen sie es noch einmal, sich zu reaktivieren, symbolisch mit der Bereitung eines Kaffees am Kaffeeautomat unterstrichen.. Dieser Akt zog sich überlang hin, da das Publikum dreimal hintereinander die laut simulierten Vorgänge des Kaffeeaufbrühens-(Bohnen malen, Wasser hochkochen und einschießen, Milch schäumen etc.) miterleben durfte.

Die Bürostuhl-Performance wiederholt sich, so wie auch, wer von Burnout gefährdet ist, immer wieder von neuem versucht, ins Hamsterrad zu steigen.

Typischerweise zeichnen sich viele Burnout-Kandidaten darin aus, ihre psychophysischen Belastungs-Grenzen solange zu ignorieren, bis die ganz große persönliche Katastrophe passiert, wie immer diese aussehen mag,
Auf der Bühne gipfelt der katastrophale Höhepunkt in selbstzerstörerischer Aggressivität: Als die „Burnoutler“ von ihrem zweiten Zusammenbruch noch desorientierter als beim ersten Mal  wieder zu sich kommen und nichts mehr mit sich anzufangen wissen, beginnen sie, wie  Borderliner mit Ritzen in seinen Unterarm, den Boden unter sich mit Händen und  Schuhen zu malträtieren.

 

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Die Darsteller rieben und bearbeiteten den sich als Styroporboden erweisenden Untergrund solange, bis er aufplatzte: erst ein wenig, dann zusehends. Immer mehr Styroporteile bröselten heraus. Sofort wurden diese  von kleinen Windmaschinen weggeblasen. Dieses Szenario versinnbildlichte wunderbar die eisige (Gefühls-)Kälte, in der nur noch die Logik von Zerstörung einen gewissen Lustgewinn zu verschaffen scheint.  Schließlich dem Zerstörungswahn verfallen,  rissen die Darsteller bei vollem Körpereinsatz ganze Platten aus dem Boden, auf dem sie standen. Sie zertrümmerten diese, eine nach der anderen, unermüdlich und gründlich.  Als der Rausch  allmählich abebbte, erkannten sie fast zu spät, das Ausmaß und die Folgen ihrer blinden Zerstörungswut. In letzter Minute nun, versuchten sie zu retten, was noch vielleicht zu retten war. Sie versuchten die wegfliegenden restlichen Trümmerteile festzuhalten und sie mosaikartig zu einem notdürftigen Bodenersatz zusammenzulegen.

Nebelschaden, zuletzt  eine alles umhüllende rote Wolke beendete den ergebnisoffenen, eher hoffnungslos anmutenden Aktionismus. Und die Botschaft?, vielleichit:  „Hört auf, blindlinks zu funktionieren in einem System, das euch krank macht,  bevor es euch der Boden unter den Füßen wegfliegt?

ERÖFFNUNGSPREMIERE DER SPIELZEIT 2016.2017 DER OPER »DIE FLEDERMAUS«

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ERÖFFNUNGSPREMIERE DER SPIELZEIT 2016.2017 DER OPER
»DIE FLEDERMAUS«
Johann Strauß (1825 – 1899)

Premiere am 16. September 2016 um 19:30 Uhr im Großen Haus // die beiden nächsten Vorstellungstermine sind am 18. & 21. September jeweils um 19:30 Uhr

In der Eröffnungspremiere der Spielzeit 2016.2017 »Die Fledermaus« wird »heute show«-Comedian Lutz van der Horst sein Bühnendebüt geben: In der Rolle des Frosch mischt er das Personal der Operette auf. Als Eisenstein ist Peter Bording in einer seiner Paraderollen (u. a. auch an der Komischen Oper Berlin, Essen, Tokio) zu erleben. Netta Or ist Rosalinde (in dieser Partie u. a. auch an der Opéra National du Rhin, Straßburg). Als Falke debütieren zwei junge Sänger des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Benjamin Russell (u. a. in »Boris Godunow« und »Die Soldaten«) und Alexander Knight (German-Australian Opera Grant-Gewinner 2016). Auch die Adele ist für Gloria Rehm (in Wiesbaden zuletzt Marie in »Die Soldaten« und Adina in »Der Liebestrank«), Stella An (Gretel, Despina in »Così fan tutte«) und Katharina Konradi (Morgana in »Alcina«, Nannetta in »Falstaff«) ein Rollendebüt. Romina Boscolo und Silvia Hauer alternieren als Prinz Orlofsky, Stephanos Tsirakoglou ist Gefängnisdirektor Frank, Erik Biegel Dr. Blind, Aaron Cawley und Richard Furman alternieren als Alfred.
Die Musikalische Leitung liegt bei Michael Helmrath (in Wiesbaden u. a. »Hänsel und Gretel«, ab 2016.2017 Generalmusikdirektor des Theaters Nordhausen) und Lynn Kao (»Der Graf von Luxemburg« und das Ballett »Weltenwanderer«).

Musikalische Leitung Michael Helmrath / Lynn Kao Inszenierung Gabriele Rech Bühne Dieter Richter Kostüme Susanne Füller Chor Albert Horne Licht Andreas Frank Choreografie Myriam Lifka Dramaturgie Katja Leclerc

Gabriel von Eisenstein Peter Bording Rosalinde Netta Or Frosch Lutz van der Horst Frank Stephanos Tsirakoglou Prinz Orlofsky Romina Boscolo / Silvia Hauer Alfred Aaron Cawley / Richard Furman Dr. Falke Benjamin Russell / Alexander Knight Dr. Blind Erik Biegel Adele Gloria Rehm / Stella An / Katharina Konradi Ida Felicitas Geipel

Chor des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Hessisches Staatsorchester Wiesbaden

Regiewechsel bei »Die satanischen Verse« – Premiere in der Wartburg Wiesbaden auf 19. Mai verschoben

Salman Rushdie auf der Frankfurter Buchmesse 2015 © massow-picture
Salman Rushdie auf der Frankfurter Buchmesse 2015 © massow-picture

Die Veröffentlichung des Romans »Die satanischen Verse« von Salman Rushdie im Jahr 1988 geriet zum globalen Skandal. Das Buch wurde schnell als blasphemisch gebrandmarkt, und wenige Wochen später verhängte Ajatollah Chomeini über den Autor die Fatwa. Rushdie war nun »vogelfrei«, ein Todeskandidat. Das war das erste Mal, dass sich die westliche Welt mit einem Angriff auf ihre wesentlichen Werte – die Meinungs- und die Kunstfreiheit – konfrontiert sah.

Bis heute sind »Die satanischen Verse« ein Buch, über das viel gesprochen und geschrieben, dessen Inhalt in all seiner Tiefe und Komplexität jedoch selten erfasst wurde. Das Hessische Staatstheater Wiesbaden zeigt nun den in der Tradition des magischen Realismus stehenden Roman in einer Bühnenfassung: Die Geschichte von Gibril, dem Schurken, und Saladin, dem Redlichen, die einen Terroranschlag in einem Flugzeug entgegen aller Wahrscheinlichkeit überleben und ihre Wiedergeburt in gewissermaßen vertauschten Rollen – Gibril als Erzengel Gabriel und Saladin als Satan – erleben, führt in zerrissene Welten von muslimischen Migranten und zu deren Suche nach einer neuen Identität in der westlichen Welt. Und sie führt tief in die Religionsgeschichte des Islam. So erzählt der in poetischer Sprache und reichen, phantastischen Bildern schwelgende Text auch von den Anfängen des Propheten Mohammed und stellt die individuelle Freiheit über jeglichen Glauben, den Humanismus über jede Religion.

Aufführungsort in der der Wartburg © massow-picture  eurokunst
Aufführungsort in der der Wartburg © massow-picture

Premierentermin wegen Regie-Wechsel vom 12. auf den 19. Mai 2016 verschoben

Die Regie für die Produktion der Sparte Schauspiel »Die satanischen Verse« übernimmt der im Irak geborene Ihsan Othmann, der in Berlin wohnt und deutscher Staatsbürger ist.

Aufgrund der kurzfristigen Umbesetzung konnte der ursprüngliche Premierentermin am 12. Mai nicht gehalten werden und wird auf den 19. Mai verschoben.

Wegen künstlerischer Differenzen hatten sich das Hessische Staatstheater Wiesbaden und der Regisseur Thorleifur Örn Arnasson getrennt.

Biografie Ihsan Othmann
Der kurdische Schauspieler und Regisseur Ihsan Othmann wurde 1967 in Duhok im Irak geboren und studierte Theaterregie in Sulaimaniyya und Bagdad. Im Jahr 2001 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft. In Berlin, wo er seit 1992 lebt, war er in mehreren Theaterproduktionen zu sehen und wirkte außerdem bei verschiedenen Filmprojekten mit. In der irakischen Hauptstadt Bagdad – neben Berlin derzeit sein zweiter Wohnsitz – kam unter seiner Regie das Schauspiel »Der Besuch der alten Dame« von Friedrich Dürrenmatt zur Aufführung. Die Inszenierung zeigte er in Bagdad und in Teheran als Gastspiel. Seine Inszenierung »Die Menschen und der Stein« von Abdul Karim Barshid wurde 1989 in Bagdad als beste Inszenierung ausgezeichnet. Ebenso gilt dies für »Bernarda Albas Haus« von Federico García Lorca im Jahr 2013.

Zu seinen weiteren Inszenierung zählen u. a. »4.48 Psychose« von Sarah Kane, »Warten auf Regen« nach Samuel Beckett (als Gastspiel auch am Hans-Otto-Theater Potsdam), »Die schöne Magelone« von Ludwig Tieck (aufgeführt im Irak in Sulaimaniyya und Erbil mit Wolf Matthias Friedrich) sowie Strawinskys »Die Geschichte vom Soldaten«.

Seine Schauspielproduktion »Wartende Frauen« nach »Die Trojanerinnen« von Euripides mit einem irakischen Ensemble aus den Städten Erbil und Dohuk war 2015 bei den Internationalen Maifestspielen in Wiesbaden zu sehen. An der Potsdamer Winteroper entwickelte er unter der Regie von Uwe Eric Laufenberg die Sprechrolle des Bassa Selim in Mozarts »Die Entführung aus dem Serail« und war in dieser Rolle auch beim Irak-Gastspiel der Oper Köln (Frühjahr 2011) zu sehen. In der Spielzeit 2014.2015 gastierte er in dieser Partie am Hessischen Staatstheater Wiesbaden.

Ihsan Othmann arbeitet aktiv am Kulturaustausch zwischen dem Irak und Deutschland, arbeitet sowohl mit deutschen als auch irakischen sowie international gemischten Ensembles und organisiert mitunter ein Theaterfestival in der Stadt Erbil.

Weitere Infos: http://www.staatstheater-wiesbaden.de