Kategorie-Archiv: Museum für angewandte Kunst

Mehr als bloße Schreibgeräte: Thinking Tools – Design als Prozess. Ab 24.09.2016 im Museum Angewandte Kunst Frankfurt

Christoph Niemans zwei- und dreidimensionale Zeichnungen, links ein korallenartiges Gebilde, welches die Komplexität kreativer Denkprozesse symbolisieren soll: Kreative Prozesse, die sich mitunter in immer feineren Verästelung verlieren, um nach und nach so lange verworfen zu werden, bis die klare "Linie" übrig bleibt. oto: Diether v. Goddenthow  © massow-picture
Christoph Niemans zwei- und dreidimensionale Zeichnungen, links ein korallenartiges Gebilde, welches die Komplexität kreativer Denkprozesse symbolisieren soll: Kreative Prozesse, die sich mitunter in immer feineren Verästelung verlieren, um nach und nach wieder verworfen zu werden, bis eine klare „Linie“ deutlich wird und den Weg weist. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Wer die Ausstellung, „Thinking Tools. Design als Prozess: Wie Schreibgeräte entstehen“ vom 24.September 2016 bis 29. Januar 2017 im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt besucht, wird nachher einen Kugelschreiber oder Patronen-Füllfederhalter mit ganz anderen Augen betrachten, vielleicht mit ihnen achtsamer umgehen. Denn sie  sind  wahre Klein-Wunderwerke der Technik, bisweilen, wie im Hause Lamy, von einer Design-Philosophie in Form gebracht. Davon ahnt zumeist der Laie nichts, wenn er – wie selbstverständlich – seine Gedanken über eine Art verlängerten Arm von  Stift, Mine und Tinte als Linie fokussiert zu Papier bringt.

Am Beispiel der Firma Lamy, die einst die Design-Welt der Schreibgeräte-Herstellung revolutionierte, zeigt die Ausstellung den Designprozess als ein komplexes Zusammenspiel zwischen Designern, Unternehmensleitung, Produktentwicklern und Marketing im Hause Lamy. Dazu werden erstmals Skizzen, Modelle und Prototypen präsentiert, die den langen Weg vom Entwurf zum Produkt anschaulich nachzeichnen. Illustrationen von Christoph Niemann, dessen Arbeiten u.a. aus dem New Yorker oder dem Zeit Magazin bekannt sind, ergänzen die Ausstellung durch humorvolle Statements zur Bedeutung von Schreibgeräten als „Thinking Tools“ – als Werkzeuge, die uns dabei helfen, unsere Gedanken zu fassen und zu formen.

Lamy Pico Designskizzen Prototypen
Lamy Pico Designskizzen Prototypen

Lamy feiert 2016 das 50-jährige Jubiläum eines Schreibgeräts, das den gesamten Markt und vor allem das Unternehmen Lamy selbst grundlegend veränderte. Von 1963 bis 1966 entwarf der ehemalige Braun-Gestalter Gerd A. Müller das Design für einen völlig neuartigen Füllfederhalter. Der LAMY 2000 brach mit seiner klaren Formsprache radikal mit dem bis dahin üblichen biederen Äußeren von Schreibgeräten. Er war von Anfang an erfolgreich und
verhalf der Marke Lamy zum Durchbruch. Der LAMY 2000 wird noch immer produziert, gilt als Ikone einer sachlich-eleganten Gestaltung und ist in vielen großen Designmuseen vertreten.

Auch Schreibgeräte von vor 1966 werden präsentiert. © massow-picture
Auch Schreibgeräte von vor 1966 werden präsentiert. © massow-picture

Als Dr. Manfred Lamy das Traditionsunternehmen 1962 von seinem Vater übernahm, suchte er gezielt nach einer zukunftsfähigen Positionierung für die Marke Lamy. Er entwickelte eine grundlegende Haltung zu den Dingen, die von Designvorbildern wie dem Bauhaus oder Unternehmen wie Braun und Olivetti beeinflusst war. Schön, funktional, langlebig und möglichst für alle zu erwerben sollte ein Lamy-Produkt sein. Kein Prunk, keine teuren
Materialien, keine Wegwerfware, kein Ornament, keine kurzlebigen Moden – stattdessen eine möglichst lange physikalische und vor allem auch visuelle Haltbarkeit.
Die Zusammenarbeit mit Gerd A. Müller leitete eine neue Ära im Lamy -Design ein. Es wurde ein Designprozess entwickelt, der über die Jahre verfeinert wurde und noch immer angewendet wird. Er beginnt mit dem Nachdenken über die Sinnhaftigkeit eines neuen Produkts, integriert alle beteiligten Abteilungen auf Augenhöhe und begreift das Entstehen eines überzeugenden Designs und erfolgreichen Produkts als originäre Teamleistung, die eine enge, kontinuierliche Kommunikation zwischen Unternehmensleitung, Design, Technik und Marketing voraussetzt.

©  Chrstoph Niemann.
© Chrstoph Niemann.

Die Ausstellung zeigt in einer innovativen Architektur, durch die sich das Motiv der gezeichneten Linie zieht, beginnend mit dem LAMY 2000 eine Auswahl aus den rund 50 Modellvarianten, die seither im Hause Lamy entwickelt wurden. Darunter sind etwa Klassiker wie der Schulfüller LAMY safari, der ab 1978 unter dem Motto „Der für an die Satteltasche“ in einem integrierten Marketing- und Designkonzept entwickelt wurde, inklusive Messepräsentation 1980 in Safarihemden, Zelten und auf Sandhügeln. Heute ist der LAMY safari in neuen Farben, Materialien und Oberflächen ein weitverbreitetes Schreibgerät bei jungen Menschen weltweit und der meistverkaufte Füllhalter überhaupt.

© massow-picture
© massow-picture

Thinking Tools. Design als Prozess: Wie Schreibgeräte entstehen
24. September 2016 bis 29. Januar 2017
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main

 

 

 

Christoph Niemann für Lamy: Ein Interview mit Silke Hohmann

Heidelberg, Juli 2016

Christoph Niemanns große Kunst ist es, dem Vertrauten das Unbekannte abzugewinnen und im Alltäglichen etwas noch nie Gesehenes zu entdecken. Mit leichtem Strich setzt er seine Pointen mühelos. Dabei ist es ein intensiver Prozess von Denken, Sehen, Zeichnen, Entscheiden, aus dem seine überraschenden Ideen entstehen. Die können sich um grundsätzlich alles drehen, von der New Yorker U-Bahn bis zum Allernaheliegendsten – den Dingen auf einem seiner Schreibtische. Immer wieder thematisiert er auch den eigenen kreativen Prozess in seinen Zeichnungen und Büchern.

Für Lamy hat er sich mit dem Schreiben selbst und den Schreibgeräten beschäftigt. Sie sind ihm sehr vertraut: Als Schüler baute er sich aus den drei damals erhältlichen Farben des Füllhalters LAMY safari ein rot-schwarz-weißes Unikat zusammen. Seinen Blick auf die Dinge veröffentlicht der Illustrator und Künstler unter anderem im New Yorker, für den er regelmäßig Cover gestaltet,
im New York Times Magazine und in vielen großen deutschen Publikationen.
Seine Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet, vom Art Directors Club, den Lead Awards und dem American Institute of Graphic Arts AIGA. Christoph Niemann ist Mitglied der Art Directors Club Hall Of Fame.

Wie haben Sie die Produktionsprozesse im Lamy-Werk in Heidelberg erlebt?
Das Faszinierende am Besuch des Werkes in Heidelberg war, dass die Herstellung der Schreibgeräte da wirklich nachvollziehbar zu sehen ist. Schritt für Schritt, nacheinander. Die Grundmaterialien werden alle dort verarbeitet: Plastikpellets werden zu Füllern, Stahlrohre zu Behältern, Hülsen oder Kappen, die Kugelschreiberkügelchen in die Mine gesetzt, jede einzelne Lamy-Patrone wird dort produziert. Das entspricht einerseits einer fast schon kindlichen Vorstellung davon, wie eine Fabrik funktioniert. Gleichzeitig ist es sehr futuristisch und hypermodern. Mich beeindruckt vor alle, wie viele Einzelteile vor Ort hergestellt werden. Sogar die Negativ-Formen für die Prototypen werden
dort gemacht.

Sie zeichnen selbst gern komplizierte, manchmal absurde Apparaturen. Haben Sie Dinge entdeckt, die für Sie auch aus professioneller Sicht interessant sind?

©  Chrstoph Niemann.
© Chrstoph Niemann.

Sehr faszinierend: Wie die Stifte auf einen gleichbleibenden Tintenfluss getestet werden. Sie werden in eine Maschine eingespannt, die automatische Kreisbewegungen macht, darunter läuft ein Endlosrolle Papier. So entstehen ganz dichte mechanisch gezeichneten Spiralen. Am Moiré, dem Gitter, das durch die Überschneidung der Linien entsteht, erkennt man die kleinste Unregelmäßigkeit. Diese technischen Zeichnungen, die ja nur der Qualitätssicherung dienen, sind sehr schön. So eine gewisse Poesie im Technischen ist auch in vielen Ihrer Arbeiten zu erkennen.
Dafür gibt es noch ein herrliches Beispiel, den „Tumbler 2000“. Das Gerät ist eine abgerundete Metallbox, an der ein durch mechanische Arme verbundenes Netz hängt. Es ist das Äquivalent einer Handtasche, geplant von Ingenieuren in der Schweiz. Ins Innere kommen ein Handy, ein Geldbeutel und ein Füller, und dann wackelt das drei Tage herum. Diese technisch höchst ausgefeilte Simulation von so etwas Gewöhnlichem wie einer Damenhandtasche fasziniert mich außerordentlich, das hat tatsächlich Poesie. Mit welcher Hingabe da etwas absolut Alltägliches konstruiert wird, ist für mich ein Sinnbild für Lamy.

Welches Verhältnis haben Sie zu Ihren Schreibgeräten?
Ich habe natürlich einen Schreibwaren-Fetischismus, und ich kaufe mir gerne Unmengen Künstlermaterialen — unabhängig davon ob ich die wirklich brauche oder nicht. Berufskrankheit. Aber in erster Linie sind die Geräte für mich immer ein Werkzeug. Am Ende geht es mir immer nur darum: Macht ein Ding genau das, was ich brauche? Hat es immer dieselbe Linienbreite, ist es konstant, in drei Wochen genauso wie vor zwei Jahren? Ich brauche diese Verlässlichkeit.

Gibt es dann so etwas wie ein Lieblingsschreibgerät?

©  Chrstoph Niemann.
© Chrstoph Niemann.

Für mich könnte es der Stift sein oder jener, es muss nicht der Füller sein, der mir von meinem Vater von Generation zu Generation überreicht wurde. Sondern ich kann den LAMY safari nehmen, den ich hier habe, aber auch den, der oben auf meinem Schreibtisch liegt, er funktioniert immer haargenau verlässlich gleich. Es ist ist eine ganz andere Philosophie als die, wenn man von einem „Glücks-Bleistift“ abhängig ist. Ich brauche den Stift, den ich kenne. Der muss immer so sein, und den muss ich mir auch immer nachkaufen
können.

Hat Ihre Arbeit nicht auch mit dem Zufall zu tun?
Das Künstlerische und Kreative wird oft mit dem Zufall in Verbindung gebracht. So wird die die geschwungene Linie, die kalligrafische Geste, immer viel eher als künstlerischer Ausdruck wahrgenommen als die gerade Linie, die im Prinzip jeder machen kann. Doch mir geht es gerade darum, nicht den kalligrafischen Schwung zu machen, in dem sich die Seele ausdrückt. Ich ziehe die gerade Linie, die zwei bekannte Dinge auf eine neue Art verbindet. Auch in meinen Bildern, die ich für Lamy gemacht habe. Für mich ist der Stift die erweiterte Hand.

©  Chrstoph Niemann.
© Chrstoph Niemann.

Sie haben zu ihrem Schreibgerät tatsächlich fast eine physische
Verbindung?
Es gibt diesen Moment glaube ich in jedem Bereich, in dem sich jemand spezialisiert. Im vierten Semester haben wir einen Zeichentrickfilm gezeichnet, man macht dazu tausende Zeichnungen. Ich hatte dazu zwei Bleistifte, einen ganz harten 3 oder 4 H, und einen weichen in der Härte B. Also musste ich immer gucken, welcher Bleistift jetzt der harte und welcher der weiche ist. Nach ein paar Wochen habe ich gemerkt, dass ich sie am Temperaturunterschied erkennen konnte, ohne hinzuschauen. Die Dinge sind einem dann so nah, dass es wirklich einen körperlichen Aspekt bekommt.

Ordnen Sie bestimmten Ideen bestimmte Arbeitsmaterialien zu?
Wenn ich eine Aquarellzeichnung mache, geht es darum, was der Pinsel selbst tut. Bei den Bildern für Lamy ging das weniger spontan, eher um das herausarbeiten einer Essenz. Man muss sich langsam herantasten an Ideen. Man muss etwas erst mal zu Papier bringen, dann kann man es neu arrangieren. Es ist also nicht so, dass ich quasi dem Gedanken vertraue, der spontan auf dem Papier geschieht. Sondern eine Zeichnung entsteht in einem ganz langsamen Prozess des Hinzufügens und — noch wichtiger— Wegnehmens.

Schreiben Sie Ihre Ideen auch auf?
Für mich hat Zeichnen und Schreiben ganz viel miteinander zu tun. Viel mehr als zum Beispiel Malen oder Fotografieren. Man schreibt einen Gedanken auf und versucht dann, die drei schwammigen Adjektive durch ein einziges, prägnantes zu ersetzen. Ein Bild zu entwickeln hat auch etwas davon, Vokabeln aneinanderzusetzen. Die Annäherung an die endgültige Formulierung, die ist im Schreiben und im Zeichnen sehr ähnlich. Die Wissenschaft hat herausgefunden, dass das Erlernen der Handschrift die Entwicklung der Hirnstrukturen positiv beeinflusst. Ich glaube da unbedingt an Wissenschaft. Wenn jemand herausfindet, Handschrift ist wichtig für das Gehirn, dann bitte unbedingt mit der Hand schreiben. Ich selbst finde das Schreiben von Hand natürlich herrlich. Aber es ist immer schwierig, die eigenen Vorlieben den eigenen Kindern aufzuoktroyieren. Das bekommt schnell den gegenteiligen Effekt. Ich sage den Kindern immer, sie sollen sich Notizen machen, denn ich bin überzeugt, dass man sich etwas besser merkt, wenn man es schreibt. Sollte jetzt jemand herausfinden, dass man genau so schnell lernt, wenn man es tippt, dann fände ich Handschrift aber trotzdem schöner.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrer eigenen Handschrift?
Ich hatte als Schüler immer ein Riesenproblem: Ich hatte zwar eine super Handschrift, allerdings kam die in zehn komplett unterschiedlichen Varianten. Und die haben alle fünf Zeilen gewechselt. Von locker-blumig zu schräg, dann fiel mir plötzlich auf, wie gut extreme Unterlängen aussehen, doch dann musste es auch schnell weitergehen… Deshalb sahen die Ergebnisse grauenhaft aus, beziehungsweise auf zehn verschiedene Arten gut. Ich habe immer Ärger gekriegt für meine Handschrift.

Haben Sie dafür eine Erklärung?
Ungeduld, großer Formwille, Experimentierfreude.

Denken Sie, dass die Schrift im Verschwinden begriffen ist?
Die Befürchtungen, dass das Schreiben generell immer unwichtiger wird, teile ich überhaupt nicht. Ich sehe viel eher, wie enorm wichtig es auch meinen Kindern ist, sich schriftlich auszudrücken. Wir dagegen mussten doch im Alltag selten etwas formulieren. Wie viele Briefe habe ich als Kind im Jahrgeschrieben? Vielleicht drei. Unsere Kinder heute sind schon mit acht und neun die ganze Zeit am schreiben! Sei es über E-mail, SMS, Twitter, per Hand. Und weil sie schon witzig sein wollen, müssen sie sich richtig über Schrift und Sprache Gedanken machen. Einen knackigen Kommentar zu geben, das geht auch nicht mit einem peinlichen Rechtschreibfehler. Der würde einem auch von Kids gleich um die Ohren gehauen. Die Kinder schreiben heute garantiert hundert Mal mehr als wir damals. Das ganze Medium Schrift, das Bewusstsein für Sprache, ist durch das Internet eher extrem gestiegen, als dass es
verkümmert.

Für Lamy haben Sie sich mit den Schreibgeräten selbst beschäftigt. Ist es wirklich so, wie man sich das vorstellt: Christoph Niemann dreht einen Lamy-Füller in der Hand und kommt dabei auf Ideen?
Ja, es ist genau so, nur versuche ich zu vertuschen, wie holprig der Weg zur Idee tatsächlich ist. Ich habe ein feste Regel: Alle Ideen, die ich mir vor dem Inneren Auge ausmalen kann, sind nichts. Sie sind alle vorhersehbar. Zum Beispiel weiß ich, dass ich mit ein paar Strichen aus Trauben Luftballons machen kann. Das kriegt man im Kopf hin. Das funktioniert garantiert, aber wird garantiert nicht verblüffend sein. Wirklich überraschend wird es nur, wenn ich mir das Objekt auf das Papier lege, rumzeichne und merke, oh, da ist eine Lichtreflektion, eine eigenartige Überlappung, von der man vorher nichts wissen konnte.

So war es also auch mit den Lamy-Schreibgeräten: Hinlegen, herumdrehen, genau studieren?
Das ist ganz wichtig. Auch, zum Beispiel ein bisschen aus dem Winkel zu kommen. Das Bild mit den Osterinseln zum Beispiel: die Kappen der Stifte werden zu den Moai-Steinskulpturen. Diesen Bezug hat man eben nicht sofort parat: Füllerdeckel – Osterinseln. Denn den Füllerdeckel, den du im Kopf hast, schaust du nie aus so einem Winkel an, dass die Klammer zum Gesicht wird.

Das heißt, Sie müssen selbst überrascht werden, damit Sie eine Idee gut genug finden?
Man kann eben entweder die Situation auf eine feststehende Pointe hin bauen, oder einen Ausgangspunkt bestimmen und schauen was passiert. Das ist als kreativer Prozess zwar beängstigender, aber es kommen die interessanteren Sachen dabei heraus.

Zum Beispiel, wenn man sich intensiv mit etwas vermeintlich
Langweiligem wie der geraden Linie beschäftigt?
Meine Lieblingsbilder sind eigentlich die, die mit geraden Linien funktionieren. Ich habe für Lamy eine Serie gemacht, in der die gerade Linie dreidimensional wird: ein Faden. Da sitzt jemand und schreibt, und die Linie tritt aus dem Papier in den Raum heraus. Dann gibt es ein Paar, die schreiben sich also gegenseitig, und der Faden geht durch das gewellte Papier hindurch. Du hast also eine Linie die total gerade und banal ist, aber das Papier fängt plötzlich an, so Dinge zu machen. Bei einem anderen Bild hängt der Faden einfach nur aus dem Bild heraus. Es ging mir nicht darum, die grandiose Zeichnung in den Vordergrund zu stellen, und der Betrachter soll mit offenem Mund davorstehen. Ich will einfache Information so arrangieren, dass sie im Kopf des Betrachters neu sortiert wird.
Also ist der Stift nicht die Verlängerung der Hand, sondern viel eher die Verlängerung des Kopfes?
Absolut. Ich glaube an diesen kreisförmigen Prozess zwischen Ausdenken, Zeichnen, Sehen und Entscheiden. Damit du ein Bild bewerten kannst, musst du es ja erst mal vom Kopf aufs Papier bringen. Dann geht es durch die Augen zurück in den Kopf. Wenn du diesen Zyklus zwanzig Mal durchgehst, passiert mit Glück etwas Interessantes. Dinge, die du nicht vorplanen kannst, die überraschen. Ich versuche, jene Dinge zu finden, die ich noch nicht weiß.

 

Begleitband

begleitbandDer gleichnamige Begleitband zur Ausstellung ist sehr empfehlenswert, mit einschlägigen Texten und Bildern. 120 Seiten, 24,00 Euro.

 

 

Über Lamy
Die Marke LAMY steht weltweit für hochwertige Design-Schreibgeräte von zeitlos moderner Ästhetik und perfekter Funktionalität. Ihre Erfolgsgeschichte begann vor 50 Jahren mit dem LAMY 2000: Das Modell begründete 1966 die klare, unverwechselbare Formensprache, die bis heute stilprägend für alle Produkte der Marke ist – das LamyDesign. Als unabhängiges Familienunternehmen bekennt sich Lamy seit der Gründung 1930 konsequent zum Standort Heidelberg und garantiert so beständig höchste Qualität „Made in Germany“. Mit einer Jahresproduktion von über 7 Millionen Schreibgeräten und einem Umsatz von 90 Millionen Euro ist Lamy heute nicht nur Marktführer in Deutschland, sondern hat sich zu einer international begehrten Marke entwickelt. Dabei setzt das Unternehmen – nicht zuletzt durch jährliche Special Editions – immer wieder Trends und inspiriert Schreibbegeisterte rund um die Welt mit innovativen Farben und Oberflächen. Auf diese Weise erfindet sich Lamy kontinuierlich neu und beweist, dass ein Schreibgerät mehr ist als ein Gebrauchsgegenstand: ein echtes Lifestyle-Accessoire, das der Freude am Schreiben von Hand Ausdruck verleiht und die Individualität seines Besitzers unterstreicht.

Mehr von Lamy erfahren Sie im Internet unter www.lamy.com

 

Anziehend militärisch? Camouflage, Uniform und Parka in der Mode – Gespräch im Museum Angewandte Kunst

Sadak-AW 2016-Borders-2015  Foto-Ryan-Tandya © Sadak-UnterWaffen-Museum Angewandte Kunst.
Sadak-AW 2016-Borders-2015
Foto-Ryan-Tandya © Sadak-UnterWaffen-Museum Angewandte Kunst.

Das Museum Angewandte Kunst und der Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ laden am Dienstag, den 20. September 2016, um 19 Uhr im Rahmen der aktuellen Ausstellung „Unter Waffen. Fire & Forget 2“ zu einem Podiumsgespräch zum Thema „Anziehend militärisch? Camouflage, Uniform und Parka in der Mode“ ein.

Dienstag, 20. September 2016, 19 Uhr
Anziehend militärisch? Camouflage, Uniform und Parka in der Mode
Podiumsgespräch mit Univ.- Prof. Dr. Miloš Vec, Prof. Dr. Ingeborg Harms und Dr. Mahret Kupka
im Rahmen der Ausstellung „Unter Waffen. Fire & Forget 2“
Museum Angewandte Kunst, Frankfurt

Camouflage und Anleihen an Uniformen sind längst Bestandteil unserer Alltagskleidung. Wenn die Mode junger Großstädter sich aber zunehmend an Form und Funktionalität zeitgenössischer Kriegspraktiken orientiert, wirft das Fragen auf. Woher kommt das irritierend Anziehende dieses Unisex-Trends? Ist es eine paradoxe Faszination für Gewalt inmitten ziviler Gesellschaften? Geht es um die Signalisierung von Wehrhaftigkeit, möchten sich die TrägerInnen als einzelkämpferische Kriegerfiguren gewanden? Jedenfalls scheint ein irritierender Reiz des Abgründigen in diesen Designs präsent. Das Gespräch geht den ästhetischen, sozialen und emotionalen Dimensionen von Kriegsanleihen in der aktuellen Mode nach.

Der Eintritt zum Podiumsgespräch beträgt 5 Euro, ermäßigt 3,50 Euro.

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main

„Unter-Waffen“ – eine Schau der Militär- und Gewalt-Ästhetik ab 10.09.2016 Im Frankfurter Museum Angewandte Kunst

Dieser Collier-Entwurf von 2010 aus Messing, vergoldet (14 kt) und mit Rhodiumbeschichtung, Ø ca. 22cm, gehört zu den erklärten Lieblingstücken der New Yorker Designerin Amanda Assad Mounser. In ihrer ersten Kollektion nahm sie Einflüsse der Glam-Rock-Größen David Bowie, Brian Eno oder Iggy Pop auf und interpretierte die „rebellische Unbekümmertheit“ dieser Musiker durch eine luxuriöse Kombination aus Patronen und Spikes neu. So sexy kann Munition sein. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Dieser Collier-Entwurf von 2010 aus Messing, vergoldet (14 kt) und mit Rhodiumbeschichtung, Ø ca. 22cm, gehört zu den erklärten Lieblingstücken der New Yorker Designerin Amanda Assad Mounser. In ihrer ersten Kollektion nahm sie Einflüsse der Glam-Rock-Größen David Bowie, Brian Eno oder Iggy Pop auf und interpretierte die „rebellische Unbekümmertheit“ dieser Musiker durch eine luxuriöse Kombination aus Patronen und Spikes neu. So sexy kann Munition sein. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Waffen üben eine ambivalente Faszination aus. Sie verkörpern Macht und Überlegenheit und erinnern zugleich an Schmerz und Tod.

Besonders schockierend ist das Video "Gesang der Jünglinge" von Korpys/Löffler 2009, welches die Selbstversuche von Polizisten mit Elektroschocks auslösenden Taser-Waffen zeigt. Die ins Nervensystem gelangenen Schmerzsignale sind so stark, dass das menschliche Gehirn sie nicht verarbeiten kann, weswegen Getroffene in sekundenbruchteilen zu Boden gehen, jedoch nach Minuten wieder unversehrt aufstehen können. In den USA sind diese Waffen frei erhältlich, in Deutschland finden sie nur bei der Bayerischen Polizei Anwendung. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Besonders schockierend ist das Video „Gesang der Jünglinge“ von Korpys/Löffler 2009, welches die Selbstversuche von Polizisten mit Elektroschocks auslösenden Taser-Waffen zeigt. Die ins Nervensystem gelangenen Schmerzsignale sind so stark, dass das menschliche Gehirn sie nicht verarbeiten kann, weswegen Getroffene in sekundenbruchteilen zu Boden gehen, jedoch nach Minuten wieder unversehrt aufstehen können. In den USA sind diese Waffen frei erhältlich, in Deutschland finden sie nur bei der Bayerischen Polizei Anwendung. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Ob als Mittel zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zum Zweck der individuellen oder kollektiven Gewaltanwendung, zur eigenen Sicherheit getragen oder als Sport- oder Arbeitsgerät verwendet: Waffen und die von ihnen ausgehende Bedrohung sind immer in soziale Strukturen eingebunden. Sie sind unter uns – ob wir sie sehen oder nicht, ob sie Angst auslösen, Lust bereiten oder beides zugleich.

Makaber blutverschmiert oder künstlerische Verlaufsgalsur? Der in Spanien geborene und in New York lebende und arbeitende Künstler Antonio Murado schuf 2005 diese „Gebrannte Porzellan“ (Salomé-Edition 3/15). Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Makaber blutverschmiert oder künstlerische Verlaufsgalsur? Der in Spanien geborene und in New York lebende und arbeitende Künstler Antonio Murado schuf 2005 dieses „Gebrannte Porzellan“ (Salomé-Edition 3/15). Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Die Ausstellung Unter Waffen. Fire & Forget 2 im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt folgt den Spuren, die Waffen und Militärästhetik in Mode, Design, Kunst und Alltagskultur hinterlassen. Damit erweitert und ergänzt Unter Waffen die 2015 im KW Institute for Contemporary Art in Berlin gezeigte Ausstellung Fire & Forget. On Violence, die der Frage nachgegangen war, wie Waffen und Gewalt in der Kunst der Gegenwart verhandelt werden.

Sharif Waked, To Be Continued, 2009 Video, Farbe, Ton; 41:33 min. Was Besucher hier hören, sind weder Koranverse noch Bekenntnisse eines Selbstmordattentäters, sondern Lesungen  aus dem großen orientalischen Vermächtnis gegen die Gewalt, dem Märchenbuch „1001 Nacht“, dem gut 1500 Jahre alten persischen Literaturklassiker. Darin erzählt Prinzessin Scheheranzade ihrem König jede Nacht eine Geschichte und unterbricht diese jeweils an der spannendsten Stelle, damit dieser, anstatt sie zu töten, auf die Fortsetzung in der folgenden Nacht wartet.  Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Sharif Waked, To Be Continued, 2009
Video, Farbe, Ton; 41:33 min.
Was Besucher hier hören, sind weder Koranverse noch Bekenntnisse eines Selbstmordattentäters, sondern Lesungen aus dem großen orientalischen Vermächtnis gegen die Gewalt, dem Märchenbuch „1001 Nacht“, dem gut 1500 Jahre alten persischen Literaturklassiker. Darin erzählt Prinzessin Scheheranzade ihrem König jede Nacht eine Geschichte und unterbricht diese jeweils an der spannendsten Stelle, damit dieser, anstatt sie zu töten, auf die Fortsetzung in der folgenden Nacht wartet.
Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

In einer Architektur, die die Formensprache von Kunst- und Waffenmessen für den musealen Kontext zuspitzt, werden auf 1.200 qm Ausstellungsfläche skurrile und schöne, informative und verstörende Exponate aus Kunst, Design und Medien präsentiert: Werke von Barbara Kruger, Korpys/Löffler, Omer Fast, Timo Nasseri, Nedko Solakov, Timur Si-Qin und anderen reflektieren Waffen und physische Gewalt auf jeweils originäre Weise. Bomberjacken von Helmut Lang, Camouflage-Prints, Parfumflakons und Dildos in Handgranatenform, afghanische Teppiche mit Waffenmotiven oder Design von Philippe Starck nutzen die mit Waffen verbundenen Affekte für ihre Zwecke. Die Referenz auf militärische Ästhetik spielt mit der Provokation, doch zugleich verdichten sich in diesen Objekten verborgene Ängste und Sehnsüchte einer Gesellschaft.

Die von Goncalo Mabunda designten Möbel, hier Untitled Throne, 2015, setzen sich aus Waffen zusammen, die aus dem 16 Jahre lang wütenden und bis 1992 andauernden Bürgerkrieg in Mosambik übrig geblieben sind.Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Die von Goncalo Mabunda designten Möbel, hier Untitled Throne, 2015, setzen sich aus Waffen zusammen, die aus dem 16 Jahre lang wütenden und bis 1992 andauernden Bürgerkrieg in Mosambik übrig geblieben sind.Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Ob Design oder Kunst – Unter Waffen bietet Rahmen und Raum, sich dem Thema beobachtend zu nähern. Die sinnlich wahrnehmbare Form der unterschiedlichen Exponate soll unmittelbar affizieren und so die Ambivalenz des Phänomens zwischen Anziehung und Angst sichtbar und spürbar werden lassen.
Begleitend zur Ausstellung erscheint im Distanz Verlag die zweisprachige (dt./en.) Publikation AMMO – kurz für das englische Wort ammunition (Munition) – die in der Ästhetik eines Hochglanzmagazins Kunst, Werbung, Design und Mode in unterschiedlichster Form präsentiert. Beiträge von renommierten Gastautoren wie Olaf Arndt, Richard Brem, Klaus Günther, Andreas Hofbauer und Barbara Vinken behandeln Bereiche wie Militärgeschichte oder Psychoanalyse, thematisieren nicht-tödliche Waffen, Camouflage, die Rechtfertigung der Selbstverteidigung und ergründen, warum in der Mode militärische Referenzen so beliebt sind. Darüber hinaus enthält AMMO bislang unveröffentlichte Notizen Friedrich Kittlers zu einem Seminar über „Literatur und Krieg“ und eine kleine Zeichnung aus dem Nachlass des Medientheoretikers.

Nedko Solakov
Nedko Solakov
*1957 in Cherven Briag, Bulgarien; lebt und arbeitet in Sofia, Bulgarien
Aus: Knights (and other dreams), 2010–2012. Märchen sind zwar meist für Kinder geschrieben, aber oft stecken sie voller Gewalt, die einerseits Angst macht. Andererseits können die Märchen dabei helfen, diese Angst zu verarbeiten. 2012 füllte Nedko Solakov das Kasseler Brüder Grimm-Museum mit seinen fiktiven wie echten Kinderfantasien und deren späteren Umsetzung als Erwachsener an. Die aggressiven Triebe des kindlichen Spiels zeigen sich hier als Wissbegier und künstlerischer Gestaltungswille. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Unter Waffen. Fire & Forget 2 wird gefördert von der Kulturstiftung des Bundes. Der Exzellenzcluster Die Herausbildung normativer Ordnungen an der Goethe-Universität Frankfurt am Main ist Kooperationspartner. Er zeichnet zudem für das Begleitprogramm aus Vorträgen und Diskussionsrunden mit den Sozial- und Geisteswissenschaftlern des Clusters verantwortlich.

Künstler*innen der Ausstellung
Ron Amir, Michael J. Baers, Julius von Bismarck, James Bridle, Roy Brand, Ori Scialom, Keren Yeala-Golan, Marcelo Cidade, Omer Fast, Robbert&Frank Frank&Robbert, Clara Ianni, Bernard Khoury, Shinseungback Kimyonghun, Korpys/Löffler, Barbara Kruger, Ives Maes, Kris Martin, Rami Maymon, Rabih Mroué, Timo Nasseri, Neozoon, Jon Rafman, Julian Röder, Martha Rosler, Timur Si-Qin, Nedko Solakov, Sharif Waked, Ala Younis

Designer*innen und Labels der Ausstellung
5.11, adidas Originals and KANYE WEST, Alpha Industries, Assad Mounser, Dafne Balatsos, Walter Van Beirendonck, Eddie Borgo, Brogamats, Defense Distributed, Dorothy, Extranight, Hasbro, Raffaele Iannello, Juan Cristobal Karich, Knucklecase, Helmut Lang, Gonçalo Mabunda, Mawi, MCM x Tobias Rehberger, Antonio Murado, Nike, Ted Noten, James Piatt, Sadak, Fannie Schiavoni, Philippe Starck, Viktor&Rolf, Peter Zizka

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
www.museumangewandtekunst.de
Öffnungszeiten
Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr

 

Rahmenprogramm
Unter Waffen. Fire & Forget 2
10. September 2016 bis 26. März 2017

Journalisten laufen rein zufällig durch ein simuliertes Minenfeld von 30 "SIMON Anti-Personnel Mines". Diese hat der Künstler Ives Maes 2004 zum Verwechseln ähnlich hergestellt aus Harz, Hanf, Farbstoff, Mohnsamen; je 28 x 9 cm. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Journalisten laufen rein zufällig durch ein simuliertes Minenfeld von 30 „SIMON Anti-Personnel Mines“. Diese hat der Künstler Ives Maes 2004 zum Verwechseln ähnlich hergestellt aus Harz, Hanf, Farbstoff, Mohnsamen; je 28 x 9 cm. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

Rahmenprogramm des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität Frankfurt am Main

Veranstaltungsort – sofern nicht anders bezeichnet – Museum Angewandte Kunst Vorträge, Podiumsgespräche und Filmscreenings

Mittwoch, 14. September 2016, 19 Uhr
Mit Waffen wehren sich Mann und Frau. Die Rechtfertigung der Selbstverteidigung
Vortrag von Prof. Dr. Klaus Günther

Dienstag, 20. September 2016, 19 Uhr
Anziehend militärisch? Camouflage, Uniform und Parka in der Mode
Podiumsgespräch mit Univ.-Prof. Dr. Miloš Vec, Prof. Dr. Ingeborg Harms und Dr. Mahret Kupka

Mittwoch, 5. Oktober 2016, 19 Uhr
Kontrafakturen des Waffengebrauchs. Weibliche Gegengewalt im Kinofilm
Vortrag von Prof. Dr. Angela Keppler und Prof. Dr. Martin Seel

Mittwoch, 2. November 2016, 19 Uhr Von ferngesteuerten Fahrzeugen zu Drohnen. Die Algorithmisierung menschlicher Entscheidung und Wahrnehmung
Vortrag von Dr. Valentin Rauer und Gespräch mit der Kuratorin Ellen Blumenstein

Mittwoch, 16. November 2016, 19 Uhr Wie Waffen verschwinden. Zur Ästhetik der Zerstörung
Podiumsgespräch der Reihe Blickwechsel. Zukunft gestalten mit Prof. Dr. Nicole Deitelhoff,
Prof. Dr. Christopher Daase, Dr. Simone Wisotzki und Peter Zizka et al.

Mittwoch, 14. Dezember 2016, 19 Uhr Right to Bear Arms. Die USA unter Waffen
Vortrag von Prof. Dr. Dr. Günter Frankenberg

Freitag, 13. Januar 2017, 18.30 Uhr Cyberwar, Todesdrohnen und die Waffenfabrik in der Garage. Über Virtualität und Digitalität, Gewalt und Waffen
Interaktive Diskussion mit Dr. Matthias C. Kettemann und Dr. Thorsten Thiel

Freitag, 13. Januar 2017, 20.30 Uhr
Waffen für alle? Die Pistole aus dem 3D-Drucker
Podiumsgespräch mit Prof. Dr. Christopher Daase und Marco Fey

Mittwoch, 18. Januar 2017, 19 Uhr Schwert und Kreuz. Die Waffe als Objekt und Symbol im frühen Mittelalter
Vortrag von Dr. des. Daniel Föller

Mittwoch, 1. Februar 2017, 19 Uhr Vom Koffertrolley bis zur Drohne. Die Dimensionen der Waffe im Recht
Vortrag von Prof. Dr. Christoph Burchard und Gespräch mit dem Kurator Dr. Daniel Tyradellis

Mittwoch, 8. Februar 2017, 19 Uhr
Burka und Kalaschnikow. Mediale Inszenierungen von Jihadistinnen
Vortrag von Prof. Dr. Susanne Schröter

Donnerstag, 23. Februar 2017, 20.15 Uhr Im Deutschen Filmmuseum:
„Winchester `73“: The Gun That Changed Hollywood (1950, Anthony Mann)
Vortrag und Filmscreening mit Prof. Dr. Vinzenz Hediger

Mittwoch, 8. März 2017, 19 Uhr
Kabul Street Art. Rückeroberung der Stadt mit Farbe
Diskussion, Kommentar und Filmscreening mit Dr. Stefan Kroll, Niklas Schenck und Ronja von Wurmb-Seibel

Donnerstag, 16. März 2017, 20.15 Uhr
Im Deutschen Filmmuseum:
„American Sniper“: Wie man einen verlorenen Krieg im Kino doch noch gewinnt (2014, Clint Eastwood)
Vortrag und Filmscreening mit Prof. Dr. Vinzenz Hediger

Der Eintritt zu den Veranstaltungen des Rahmenprogramms im Museum Angewandte Kunst beträgt 5 Euro, ermäßigt 3,50 Euro.

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
 www.museumangewandtekunst.de
Öffnungszeiten
Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr

Weitere Informationen zum Rahmenprogramm

Mittwoch, 14. September 2016, 19 Uhr
Vortrag Mit Waffen wehren sich Mann und Frau. Die Rechtfertigung der Selbstverteidigung
Mit Prof. Dr. Klaus Günther (Professor für Rechtstheorie, Strafrecht und Strafprozessrecht der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Co-Sprecher des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“)

Wenn es darum geht, sich zu bewaffnen oder Waffen gegen andere Menschen einzusetzen, dann fast immer nur mit der – wenn auch oftmals fadenscheinigen – Absicht, sich selbst zu verteidigen oder Schwache und Wehrlose vor einem Angriff zu schützen. Über einen langen historischen Zeitraum blieb es jedoch zumeist das Privileg adliger Männer, sich mit Waffengewalt zu wehren, vor allem, wenn die eigene Ehre auf dem Spiel stand. Auch nach der Entmachtung des Adels lebte dieses Selbstverständnis im Ritual des Duells weiter. Seit einiger Zeit ist dieses Privileg egalisiert worden. Männer und Frauen verteidigen sich selbst, notfalls mit der Waffe, manchen gilt dies sogar als ein elementares, unverfügbares Recht. Der Vortrag geht den Gründen und Folgen dieses Wandlungsprozesses nach.

Klaus Günther, geb. 1957; seit 1998 Professor für Rechtstheorie, Strafrecht und Strafprozessrecht an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Co-Sprecher des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, seit 2007 Mitglied des Forschungskollegiums am Institut für Sozialforschung (IfS) in Frankfurt am Main; wichtigste Veröffentlichungen: Der Sinn für Angemessenheit (1988, engl. 1993, portug. 2004); Schuld und kommunikative Freiheit. Studien zur individuellen Zurechnung strafbaren Unrechts im demokratischen Rechtsstaat, Frankfurt am Main, Vittorio Klostermann Verlag 2005.

Dienstag, 20. September 2016, 19 Uhr
Podiumsgespräch
Anziehend militärisch? Camouflage, Uniform und Parka in der Mode
Mit Univ.-Prof. Dr. Miloš Vec (Professur für europäische Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“),
Prof. Dr. Ingeborg Harms (Professorin für Modetheorie und Kulturwissenschaften an der Universität der Künste Berlin) und Dr. Mahret Kupka (Kuratorin für Mode, Körper und Performatives am Museum Angewandte Kunst) Camouflage und Anleihen an Uniformen sind längst Bestandteil unserer Alltagskleidung. Wenn die Mode junger Großstädter sich aber zunehmend an Form und Funktionalität zeitgenössischer Kriegspraktiken orientiert, wirft das Fragen auf. Woher kommt das irritierend Anziehende dieses Unisex-Trends? Ist es eine paradoxe Faszination für Gewalt inmitten ziviler Gesellschaften? Geht es um die Signalisierung von Wehrhaftigkeit, möchten sich die TrägerInnen als einzelkämpferische Kriegerfiguren gewanden? Jedenfalls scheint ein irritierender Reiz des Abgründigen in diesen Designs präsent. Das Gespräch im Rahmen der Ausstellung „Unter Waffen“ geht den ästhetischen, sozialen und emotionalen Dimensionen von Kriegsanleihen in der aktuellen Mode nach.

Univ.-Prof. Dr. iur. Miloš Vec: seit 2012 Professor für Europäische Rechts- und Verfassungsgeschichte an der Universität Wien und seit 2016 Permanent Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM). Zuvor Projektleiter am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte und am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ in Frankfurt. Habilitation und venia legendi an der Goethe-Universität für Neuere Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und Zivilrecht. Freier Mitarbeiter der FAZ seit 1989. Unterricht an den Universitäten Hamburg, Berlin, Bonn, Frankfurt, Konstanz, Lyon, Tübingen und Vilnius. Zahlreiche Preise.

Prof. Dr. Ingeborg Harms: 1986 Promotion an der Universität Hamburg. 1987-89 Lecturer, German Department, Yale University. 1989-92 Assistant Professor, Modern Languages, Boston University. 1993-97 Wiss. Mitarbeiterin, Germanistik, Bonn. 1997/98 Gastprofessur, German Dept., University of Virginia. Seit 2012 Professur für Modetheorie und Kulturwissenschaften, UdK, Berlin. Schreibt seit 1989 für die FR, Theater heute, die FAZ, Vogue, Vanity Fair, Die Zeit, AD und Weltkunst.

Dr. phil. Mahret Ifeoma Kupka schreibt, spricht, lehrt und macht Ausstellungen zu den Themen Mode, Körper und Performatives. Sie studierte Volkswirtschaftslehre in Heidelberg sowie Kunstwissenschaft/Medientheorie, Philosophie und Ausstellungsdesign an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe, wo sie 2015 mit einer Dissertation zum Thema Modeblogs und der Mythos der Revolutionierung der Mode promovierte. Seit 2013 ist Mahret Kuratorin am Museum Angewandte Kunst in Frankfurt/Main. www.mahret.de

Mittwoch, 5. Oktober 2016, 19 Uhr
Vortrag Kontrafakturen des Waffengebrauchs. Weibliche Gegengewalt im Kinofilm
Mit Prof. Dr. Angela Keppler (Professorin für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Mannheim, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“) und
Prof. Dr. Martin Seel (Professor für Philosophie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“)

Wenn Frauen in Spielfilmen wie „Viva Maria!“ von Louis Malle, „Thelma & Louise“ von Ridley Scott oder „Death Proof“ von Quentin Tarantino zu Waffen greifen, geschieht nicht dasselbe wie das, was ihre männlichen Pendants in den entsprechenden Genres tun. Solche Filme parodieren das männliche Waffengehabe oder sie inszenieren eine Form der Gegengewalt gegen herrschende Machtverhältnisse. Diesen Verkehrungen des Waffengebrauchs geht der Vortrag in der Präsentation exemplarischer Filmausschnitte nach.

Prof. Dr. rer. soc. Angela Keppler: Professorin für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Mannheim. Publikationen u.a.: Tischgespräche. Formen kommunikativer Vergemeinschaftung, Frankfurt/M. 1994; Wirklicher als die Wirklichkeit? Das neue Realitätsprinzip der Fernsehunterhaltung, Frankfurt/M. 1994; Mediale Gegenwart. Eine Theorie des Fernsehens am Beispiel der Darstellung von Gewalt, Frankfurt/M. 2006; Fernsehen als Sinnproduzent. Berlin/München 2015; zus. mit Anja Peltzer: Die soziologische Film- und Fernsehanalyse, Berlin/München 2015.

Prof. Dr. Martin Seel ist Professor für Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Buchveröffentlichungen u.a.: Eine Ästhetik der Natur, Frankfurt/M. 1991; Ästhetik des Erscheinens, München 2000; Die Macht des Erscheinens, Frankfurt/M. 2007; Theorien, Frankfurt/M. 2009; 111 Tugenden, 111 Laster. Eine Philosophische Revue, Frankfurt/M. 2011; Die Künste des Kinos, Frankfurt/M. 2013; Aktive Passivität. Über den Spielraum des Denkens, Handelns und anderer Künste, Frankfurt/M. 2014.

Mittwoch, 2. November 2016, 19 Uhr Vortrag und Gespräch mit der Kuratorin
Von ferngesteuerten Fahrzeugen zu Drohnen. Die Algorithmisierung menschlicher Entscheidung und Wahrnehmung

Mit Dr. Valentin Rauer (Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“) und Ellen Blumenstein (Kuratorin der Ausstellung) Maschinen können nicht selbst entscheiden, sie dienen nur dem Menschen. Diese simple Annahme erscheint seit dem Beginn dieses neuen Jahrhunderts erschüttert. Die Metapher der „Drohne“ für ferngesteuerte Fahrzeuge markiert diese Erschütterung sprachlich. Drohnen sind eigentlich nicht neu, sie stammen aus dem Militär und wurden entweder als Waffen oder als mobile Wahrnehmungsmaschinen seit den 1930er Jahren eingesetzt. Doch mit der Algorithmisierung der Fernsteuerungstechniken wurden sie unabhängig vom steuernden Menschen. Die Metapher der „Drohne“ markiert diese Unabhängigkeit. Tatsächlich werden aktuell Algorithmen entwickelt, die selbstständig wahrnehmen und autonom über die Kriterien ihrer Wahrnehmung entscheiden. Die Arbeit „Cloud Face (detection process)“, 2012, des Künstlers Shinseungback Kimyonghun führt ins Zentrum dieser Problematik. Sie führt uns fehlerhafte Interpretationen eines Gesichtserkennungsalgorithmus vor und zeigt zugleich, dass die menschliche Wahrnehmung ähnlich irrend interpretiert. Die Arbeit verweist also nicht nur auf die Algorithmen, sondern irritiert auch allzu selbstgewisse Überlegenheitsgefühle menschlichen Wahrnehmungsvermögens.

Der Vortrag wird an diese künstlerische Position sozialwissenschaftlich anschließen und die gesellschaftlichen Folgen und Problematiken algorithmischer Entscheidungs-, Überwachungs- und Wahrnehmungstechnologien an aktuellen Beispielen und Forschungsarbeiten erläutern.

Dr. Valentin Rauer ist Soziologe und Postdoktorand des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität Frankfurt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Sicherheitskulturen, Digitalisierung sowie Materialität und Erinnerungskulturen in Postkonfliktgesellschaften. Zum Thema Algorithmen und Drohnen erscheint u.a.: Rauer, Valentin (2016): Drones: The Mobilization of Algorithms, in: R. Seyfert et al. (Eds.): Algorithmic Cultures. Essays on Meaning, Performance and New Technologies: Routledge.

Ellen Blumenstein, geb. 1976, ist studierte Literatur-, Musik- und Kommunikationswissenschaftlerin und lebt als Kuratorin und Autorin für zeitgenössische Kunst in Berlin. Von 2013 bis 2016 war sie Chefkuratorin des KW Institute for Contemporary Art in Berlin. Sie erarbeitet international – häufig in Kooperation mit Kollegen und Künstlern – monografische wie thematische Ausstellungen, welche das Potential und die Grenzen zeitgenössischer Kunst heute ausloten.

Mittwoch, 16. November 2016, 19 Uhr Podiumsgespräch der Reihe Blickwechsel. Zukunft gestalten
Wie Waffen verschwinden. Zur Ästhetik der Zerstörung
Mit Prof. Dr. Nicole Deitelhoff (Direktorin des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, Professorin für Internationale Beziehungen und Theorien globaler Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“),
Prof. Dr. Christopher Daase (Professor für Internationale Organisationen der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung),
Dr. Simone Wisotzki (Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung) und
Peter Zizka (Designer) et al.

Wenn wir über die Ästhetik von Waffen sprechen, meinen wir meist ihre Verwendung in Design und Mode oder ihren spezifischen Sex Appeal. Aber auch die Zerstörung von Waffen weist eine eigene Ästhetik auf. Waffenzerstörung ist eine der großen Herausforderungen für die Politik, um Konflikte nachhaltig zu beenden, so im Rahmen von Peacebuilding-Missionen oder der Prävention von Konflikten überhaupt, wie in der Überwachung der Einhaltung und der Sanktionierung von geltenden Waffenverboten. Zu denken ist hier an die Verbote von Chemie- und Biowaffen, an das Nukleare Nichtverbreitungsregime oder auch Landminen. Anders als das zerstörerische Potenzial dieser Waffen es erwarten lässt, ist die Zerstörung der Waffen selbst eine eher profane, bestenfalls technisch aufregende Angelegenheit. Umso wichtiger ist daher für die Politik, Waffenzerstörung symbolisch zu inszenieren, um Glaubwürdigkeit und Wirkmächtigkeit in der Öffentlichkeit zu erzeugen. Beispiele sind dafür etwa die jüngste öffentlichkeitswirksame Entsorgung syrischer Chemiewaffen auf hoher See oder Großeinschmelzungen von Kleinwaffen in Konfliktgebieten. Das Podium spürt diesen Inszenierungen und der spezifischen Ästhetik, die sie erzeugen, aus unterschiedlichen Perspektiven nach.

Prof. Dr. Nicole Deitelhoff ist Professorin für Internationale Beziehungen an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und Leiterin des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK). Zuvor war sie unter anderem als Forschungsprofessorin an der Universität Bremen und als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Darmstadt tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Institutionen und Normen, Grundlagen politischer Herrschaft und ihrer Legitimation jenseits des Nationalstaats sowie Widerstands- und Protestphänomene.

Prof. Dr. Christopher Daase ist Professor für Internationale Organisationen an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und Stellvertretender Leiter sowie Programmbereichsleiter des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK). Nach dem Studium in Hamburg, Freiburg, Berlin und Harvard war er zuvor Senior Lecturer an der University of Kent und Professor für Internationale Beziehungen an der Universität München. Seine Forschungsschwerpunkte sind Sicherheitspolitik, internationale Institutionen und politische Gewalt.

Dr. Simone Wisotzki ist Projektleiterin und Mitglied des Vorstandes an der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK). Sie hat an den Universitäten in Frankfurt und Southampton/UK Politikwissenschaft, Anglistik und Mittlere/Neue Geschichte studiert und in Frankfurt promoviert. Ihre Forschungsschwerpunkte sind internationale Ethik, Geschlechterperspektiven, humanitäre Rüstungskontrolle und Rüstungsexporte. Derzeit arbeitet sie an einem von der DFG geförderten Projekt zu Gerechtigkeitskonflikten in multilateralen Verhandlungen.

Peter Zizka, geboren 1961, Ausbildung als Restaurator und Studium der Visuellen Kommunikation an der HfG Offenbach am Main. Zudem besuchte er die Städelschule und studierte bei Bruce McLean. 1989 gründete Peter Zizka zusammen mit Achim Heine und Michael Lenz das Gestaltungsbüro Heine/Lenz/Zizka. Er arbeitet außerdem an Design-Projekten im gesellschaftspolitischen Kontext, wie der Bodeninstallation „Virtuelles Minenfeld“ (Austellungen u.a. in der Main Gallery der United Nations/New York) oder der Demilitarisierungsaktion „Symbiosis“ (Ausstellungen u.a. im Museum für Neue Kunst/ZKM Karlsruhe. 2011 war er nach Konstantin Grcic der zweite designorientierte Praxisstipendiat der Villa Massimo in Rom. Für den 25. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung 2015 generierte er auf der Frankfurter Paulskirche die typografische Installation „Wortfusion“. Zizka ist außerdem Kolumnist zum Thema Design für das Schweizer Bilanzmagazin.

Mittwoch, 14. Dezember 2016, 19 Uhr Vortrag
Right to Bear Arms. Die USA unter Waffen

Mit Prof. Dr. Dr. Günter Frankenberg (Professor für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“)
Weltweit ein Einzelstück, verbürgt das „Second Amendment“ der US-Verfassung seit 1787 jedem das Recht, Waffen zu tragen. Was heute als Begünstigung von Waffenfetischisten und Amokläufern von sich reden macht, hat eine durchaus ehrwürdige Geschichte, die bis zur Reform der Wehrverfassung von Henry II im Jahre 1181 zurückreicht. Als eine Art kollektives Recht auf Selbstverteidigung überdauerte es im Common Law die Jahrhunderte und wurde in der Gründerzeit der USA den Gegnern der Union von den Federalists als Morgengabe offeriert: als notwendige Bedingung einer „wohlregulierten Miliz“, die einem stehenden Unionsheer Widerstand leisten könnte. Erst in der jüngeren Vergangenheit mutierte „the right to bear arms“, den Besitzindividualismus flankierend, zu einem Individualrecht. Das Verteidigungsmittel – und Tötungsinstrument im Notfall – normalisierte sich zum Gegenstand des alltäglichen Gebrauchs. Keine Rede mehr von Miliz – und doch eine Gesellschaft unter Waffen.

Prof. Dr. Dr. Günter Frankenberg ist Professor für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Ausgewählte Publikationen: Die demokratische Frage (1989), gemeinsam mit H. Dubiel und U. Rödel; Staatstechnik – Perspektiven auf Rechtsstaat und Ausnahmezustand (2010); Comparative Law as Critique (2016)

Freitag, 13. Januar 2017, 18.30 Uhr Interaktive Diskussion
Cyberwar, Todesdrohnen und die Waffenfabrik in der Garage. Über Virtualität und Digitalität, Gewalt und Waffen
Mit Dr. Matthias C. Kettemann, LL.M. (Harvard) (Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“) und Dr. Thorsten Thiel (Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“) Ändert das Internet, was Krieg und Frieden bedeutet? Steht die Vernetzung und Digitalisierung dem Physischen der Gewalt entgegen? Wie hat sich zwischen Cyberwar und Todesdrohnen das Konzept von Waffen verändert? Beispiele reichen von den Veränderungen in der Kriegsführung durch Vernetzung auf dem Schlachtfeld und dem Einsatz von Drohnen über virtuelle Kriege und Sabotage kritischer Infrastrukturen bis hin zur Möglichkeit, Waffen aus dem 3D-Drucker zu produzieren. Mit Blick auf einzelne Ausstellungsstücke werden wir über Veränderungen von Waffen und Gewaltausübung durch Vernetzung, Digitalisierung und Virtualisierung diskutieren – und die Folgen, die das Internet und der 3D-Druck auf das staatliche Gewaltmonopol haben.

Mag. Dr. Matthias C. Kettemann, LL.M. (Harvard) ist Postdoc-Fellow am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Ko-Leiter des Forschungsschwerpunkts Internet und Gesellschaft. Dr. Kettemann war Co-Chair der Internet Rights & Principles Coalition, hat für den Europarat, das Europäische Parlament und das Internet&Society Co:llaboratory geforscht und publiziert regelmäßig zu Rechtsfragen des Internets in Online- und Offlinemedien. Zuletzt erschienen von ihm European Yearbook on Human Rights 2016 (jährlich, Mitherausgeber) und Völkerrecht in Zeiten des Netzes (2015).

Dr. Thorsten Thiel studierte an der RWTH Aachen Politische Wissenschaft, Soziologie und Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Er promovierte von 2006 bis 2010 im Rahmen des Graduiertenkollegs „Verfassung jenseits des Staates“ an der Humboldt-Universität zu Berlin zum Thema „Republikanismus und die Europäische Union“. Von 2010 bis 2013 war Thorsten Thiel Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnung“, seit April 2013 ist er Koordinator des Leibniz-Forschungsverbundes „Krisen einer globalisierten Welt“ an der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Im Wintersemester 2015/16 war Thorsten Thiel Vertretungsprofessor an der Universität Trier (Professur „Politische Theorie und Ideengeschichte“), in den vergangenen Jahren war er zudem Gastforscher an der Stanford University, am University College London und am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.

Freitag, 13. Januar 2017, 20.30 Uhr Podiumsgespräch
Waffen für alle? Die Pistole aus dem 3D-Drucker

Mit Prof. Dr. Christopher Daase (Professor für Internationale Organisationen der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung) und Marco Fey (Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konflitkforschung) Funktionsfähige Kleinwaffen aus dem 3D-Drucker sind längst keine Zukunftsfantasie mehr. Was für so genannte Wiki-Waffen für den Privatgebrauch gilt, gilt aber auch im großen Stil: Staaten, Guerillaorganisationen und Terrorgruppen können sich mit Hilfe additiver Fertigungstechniken Waffen verschaffen, an die sie auf legalem Wege nicht gelangen können. Selbst Raketen, Drohnen und Komponenten von Massenvernichtungswaffen sind auf diesem Wege für jedermann zugänglich. Die Möglichkeit Waffen zu drucken untergräbt nationale und internationale Programme, die Verbreitung von Waffen einzuschränken. Wenn sich potenziell jeder eine Waffe nach seinen Wünschen drucken kann, was hat das für Auswirkungen auf unsere Sicherheit und das Zusammenleben von Menschen, Gruppen und Staaten? Welche Herausforderungen stellen sich für die Sicherheitspolitik und welche Möglichkeiten gibt es, das massenhafte Drucken von Waffen zu verhindern?

Prof. Dr. Christopher Daase ist Professor für Internationale Organisationen an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Principal Investigator des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und Programmbereichsleiter am Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK). Nach dem Studium in Hamburg, Freiburg, Berlin und Harvard war er zuvor Senior Lecturer an der University of Kent und Professor für Internationale Beziehungen an der Universität München. Seine Forschungsschwerpunkte sind Sicherheitspolitik, internationale Institutionen und politische Gewalt.

Marco Fey hat Politikwissenschaft, Jura, Geschichte und Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt studiert. Seit 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) im Programmbereich Sicherheits- und Weltordnungspolitik von Staaten. Seine Forschungsschwerpunkte sind Rüstungskontrolle, strategische Waffensysteme und sicherheitspolitische Folgen neuer Technologien. Seine neuesten Publikationen sind The Nuclear Taboo, Battlestar Galactica, and the Real World: Illustrations From a Science-Fiction Universe (2016, mit Annika Poppe und Carsten Rauch in Security Dialogue) und Waffen aus dem 3D-Drucker: Additives Fertigen als sicherheitspolitisches Risiko? (HSFK-Report 9/2106).

Mittwoch, 18. Januar 2017, 19 Uhr Vortrag
Schwert und Kreuz. Die Waffe als Objekt und Symbol im frühen Mittelalter

Mit Dr. des. Daniel Föller (Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“) Die Allgegenwart von Waffen und Gewalt sowie deren christliche Rechtfertigung bestimmen unser Bild vom Mittelalter – eine Gegenwelt zur Moderne, die wir mit Abscheu und Faszination zugleich betrachten. Das mittelalterliche Schwert mit seiner Kreuzform fungiert dabei als Kristallisationspunkt jener Vorstellungen. Wie aber gingen mittelalterliche Menschen mit der Waffe um, als Objekt und als Symbol? Durch die Auseinandersetzung mit einigen ausgewählten Objekten und Texten des frühen Mittelalters soll dieser Frage nachgegangen werden. Damit wird nicht nur der Blick auf eine andere Art des In-der-Welt-seins möglich, sondern auch ein tieferes Verständnis eigener Vorstellungsräume.

Dr. des. Daniel Föller ist Mittelalterhistoriker. 2012 wurde er mit einer Arbeit über kognitive Strategien im wikingerzeitlichen Skandinavien promoviert, seit 2013 ist er Postdoc-Fellow am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ der Goethe-Universität, seit 2016 forscht er zudem gemeinsam mit ArchäologInnen und SoziologInnen am LOEWE-Schwerpunkt „Prähistorische Konfliktforschung“. Sein derzeitiges Projekt befasst sich mit dem Habitus von Gewaltakteuren im karolingischen Europa (ca. 700–900 n. Chr.).

Mittwoch, 1. Februar 2017, 19 Uhr Vortrag und Gespräch mit dem Kurator
Vom Koffertrolley bis zur Drohne. Die Dimensionen der Waffe im Recht

Mit Prof. Dr. Christoph Burchard, LL.M. (NYU) (Professor für Straf- und Strafprozessrecht, Internationales und Europäisches Strafrecht, Rechtsvergleichung und Rechtstheorie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“) und
Dr. Daniel Tyradellis (Kurator der Ausstellung)

So vielfältig Waffen in der sozialen Lebenswirklichkeit in Erscheinung treten, so divers sind die Dimensionen von Waffen im Recht. Es gibt nicht „den“ Rechtsbegriff der Waffe, sondern die verschiedensten Begriffe, die sich den jeweiligen Zielen einer gesetzlichen Regelung anpassen. Je nach Kontext fungieren die unterschiedlichsten Gegenstände – vom Koffertrolley bis zur Drohne – als Waffe. In diesem Vortrag mit Kuratorengespräch werden wir diese Relativität der Waffen im Recht erkunden.

Prof. Dr. Christoph Burchard ist Inhaber der Professur für Straf- und Strafprozessrecht, Internationales und Europäisches Strafrecht, Rechtsvergleichung und Rechtstheorie sowie Principal Investigator am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Internationalisierung und Europäisierung der Strafrechtspflege. Dr. Daniel Tyradellis, geb. 1969 in Köln, Philosoph.

Mittwoch, 8. Februar 2017, 19 Uhr
Vortrag Burka und Kalaschnikow. Mediale Inszenierungen von Jihadistinnen

Mit Prof. Dr. Susanne Schröter (Professorin für Ethnologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“) Europäische Frauen, die sich dem IS anschließen, inszenieren sich im Internet gern in martialischer Pose mit Sturmgewehren, Pistolen oder Granatwerfern. Und suggerieren dadurch eine aktive Beteiligung an Kampfhandlungen. Diese Selbstdarstellungen sind erklärungsbedürftig, weil sie immer wieder in neuen Varianten produziert werden, obwohl der IS wiederholt darauf hingewiesen hat, dass Frauen keine Kämpferinnen sein können, sondern ihre Aufgabe darin besteht, Kämpfer zu versorgen und zukünftige Kämpfer zu gebären.

Prof. Dr. Susanne Schröter ist Professorin für Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, Vorstandsmitglied des Deutschen Orient-Instituts und des Hessischen Forums Religion und Gesellschaft sowie Mitglied der Hessischen Integrationskonferenz. Sie leitet das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam am Exzellenzcluster. Forschungsschwerpunkte: Islamischer Feminismus und Frauenbewegungen in der islamischen Welt; Konstruktionen von Gender und Sexualität; islamischer Extremismus und Terrorismus; progressiver Islam; Staat- und Nationenbuildung; Säkularismus und Religion; Globalisierung. Regionen: Südostasien, Nordafrika, Deutschland

Donnerstag, 23. Februar 2017, 20.15 Uhr Im Deutschen Filmmuseum: Vortrag und Filmscreening I
„Winchester ´73“: The Gun That Changed Hollywood (1950, Anthony Mann)

Prof. Dr. Vinzenz Hediger (Professor für Filmwissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“) Anthony Manns Western „Winchester ´73“ erzählt die Geschichte eines Präzisionsgewehrs und seiner wechselnden Besitzer in einem Reigen der Gewalt, dessen Ausgangspunkt ein ungelöster Bruderzwist bildet. Der Film markiert aus mehreren Gründen einen Wendepunkt in der Geschichte des Hollywood-Kinos. Der Film läutet die Phase der „Super-Western“ ein, der Prestige-Filme über die Eroberung des amerikanischen Westen, mit denen Hollywood auf die Krise der 1950er Jahre reagierte und die bis in die 1960er neben den Monumentalfilmen mit biblischen und antiken Vorlagen das wirtschaftliche Rückgrat der Industrie bildeten. Für Hauptdarsteller James Stewart handelte dessen Agent Lew Wasserman den ersten Gewinnbeteiligungsvertrag für einen Schauspieler aus, der dem Star 50 Prozent der Netto-Einnahmen sicherte. Die Kooperation mit Universal Pictures führte schließlich dazu, dass Wasserman das Studio Ende der 1950er Jahre ganz übernahm und MCA-Universal zum ersten Medienkonglomerat neuen Typs ausbaute. Ausgehend von einer Rekonstruktion dieses folgenreichsten Waffendeals der Kinogeschichte stellt der Vortrag die Frage nach einer Ästhetik der Waffengewalt im Hollywood-Kino.

Prof. Dr. Vinzenz Hediger, geb. 1969, ist Professor für Filmwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er wurde 1999 an der Universität Zürich promoviert und war bis 2004 Postdoktorand am dortigen Seminar für Filmwissenschaft. 2004 erfolgte die Berufung auf den neu geschaffenen Krupp-Stiftungslehrstuhl für Theorie und Geschichte bilddokumentarischer Formen an der Ruhr-Universität Bochum, den er bis zu seinem Wechsel nach Frankfurt 2011 innehielt. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Filmtheorie sowie in der Erforschung nicht-kanonischer Filmformate wie des Wissenschafts- und Industriefilms. Er ist der Gründungsherausgeber der Zeitschrift für Medienwissenschaft (www.zfmedienwissenschaft.de. Zuletzt erschienen: Essays zur Filmphilosophie (gemeinsam mit C. Voss, L. Engell, O. Fahle, Fink 2015).

Mittwoch, 8. März 2017, 19 Uhr
Diskussion, Kommentar und Filmscreening
Kabul Street Art. Rückeroberung der Stadt mit Farbe

Mit Dr. Stefan Kroll (Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“), Niklas Schenck (Journalist) und Ronja von Wurmb-Seibel (Journalistin und Autorin)
Eines der sichtbarsten Zeichen der Interventionsgesellschaft in Kabul sind Sprengschutzmauern, die die Stadt durchziehen. Die Mauern dienen dem Schutz von Regierungsgebäuden, Botschaften und Wohnkomplexen lokaler und ausländischer Eliten. Die Mauern verändern die Gestalt der Stadt und konstruieren Räume vermeintlicher Sicherheit und Unsicherheit. Zugleich bieten sie eine Projektionsfläche für lokale Künstler und Aktivisten, die sich den Eingriffen in ihre Lebenswelt widersetzen. Graffitis, die auf den Mauern angebracht werden, sind zugleich eine ästhetische und politische Reaktion auf die Transformation der Stadt. Um die Künstler, die die Mauern bemalen, gruppiert sich eine kleine Szene von Schauspielern, Dichtern, Malern und Musikern, die ihre Gesellschaft von innen verändern wollen. 2014 wurden sie zum Ziel eines Anschlags der Taliban. Die meisten kämpfen seither noch lauter – aber auch noch riskanter.

Dr. Stefan Kroll ist Sozialwissenschaftler und Mitarbeiter des Exzellenzclusters „Die Herausbildung Normativer Ordnungen“. In seinen Forschungen hat er sich mit internationalen Interventionen und ihrer Rechtfertigung in Gegenwart und Geschichte befasst.

Niklas Schenck und Ronja von Wurmb-Seibel sind Journalisten und haben im letzten Jahr des NATO-Einsatzes in Afghanistan gelebt. Seither arbeiten sie an einem Kino-Dokumentarfilm über einen Selbstmordanschlag der Taliban auf Kabuls Künstler – und wie diese darauf reagierten. Ronja von Wurmb-Seibel schrieb 2014 die Kolumne „Ortszeit Kabul“ in der ZEIT und später das Buch „Ausgerechnet Kabul – 13 Geschichten vom Leben im Krieg“ (DVA 2015). Niklas Schenck hat sich in der Serie „Geheimer Krieg“ (ARD/NDR/Süddeutsche Zeitung) mit dem US-geführten Krieg gegen den Terror und Deutschlands Rolle dabei befasst und wurde für das Multimediaprojekt „Love for my enemies“ für einen EMMY nominiert.

Donnerstag, 16. März 2017, 20.15 Uhr
Im Deutschen Filmmuseum: Vortrag und Filmscreening II „American Sniper“: Wie man einen verlorenen Krieg im Kino doch noch gewinnt (2014, Clint Eastwood)

Mit Prof. Dr. Vinzenz Hediger (Professor für Filmwissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“)
„American Sniper“ von Clint Eastwood ist der bislang erfolgreichste Hollywood-Film über den Irakkrieg. Die Hauptfigur, Chris Kyle, ist ein Scharfschütze, der nach Auskünften des US-Militärs bei seinen Einsätzen im Irak mindestens 168 feindliche Kämpfer mit Distanzschüssen tötete. Nach seinen Kampfeinsätzen avancierte Kyle zu einer Art Fernseh-Kriegsheld. Er trat neben Musikern, Komikern und Schauspielern in den Late Night Talk Shows auf und berichtete von seinen Erfolgen. Schließlich wurde er selbst das Opfer einer Gewalttat: Ein psychisch kranker Veteran, den er mit betreute, erschoss ihn in einem Sportschießstand. Gespielt von Bradley Cooper, einem der zugkräftigsten jüngeren Filmstars der Gegenwart, steht diese Figur im Zentrum des Films von Clint Eastwood, der selbst ursprünglich als Westernheld berühmt wurde – unter anderem durch die Spaghettiwestern von Sergio Leone – und als Regisseur für den Spätwestern „Unforgiven“ 1994 seinen ersten Oscar gewann. Der Vortrag liest Eastwoods Film als Versuch, den Scharfschützen nachträglich zur Heldenfigur in einem asymmetrischen Krieg zu küren, den die Amerikaner gleich zu Beginn schon verloren hatten. Der Vortrag geht dabei aus von einem Zitat von Frantz Fanon über den Algerienkrieg, mit dem der Schriftsteller und Widerstandskämpfer auf den besonders engagierten Einsatz von Landbesitzern in den Foltereinheiten des französischen Militärs verwies: „In Zeiten der Krise zückt der Cowboy seine Kanone und seine Folterwerkzeuge“.

Prof. Dr. Vinzenz Hediger, geb. 1969, ist Professor für Filmwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er wurde 1999 an der Universität Zürich promoviert und war bis 2004 Postdoktorand am dortigen Seminar für Filmwissenschaft. 2004 erfolgte die Berufung auf den neu geschaffenen Krupp-Stiftungslehrstuhl für Theorie und Geschichte bilddokumentarischer Formen an der Ruhr-Universität Bochum, den er bis zu seinem Wechsel nach Frankfurt 2011 innehielt. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Filmtheorie sowie in der Erforschung nicht-kanonischer Filmformate wie des Wissenschafts- und Industriefilms. Er ist der Gründungsherausgeber der Zeitschrift für Medienwissenschaft (www.zfmedienwissenschaft.de. Zuletzt erschienen: Essays zur Filmphilosophie (gemeinsam mit C. Voss, L. Engell, O. Fahle, Fink 2015).

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
www.museumangewandtekunst.de

„Unter Waffen. Fire & Forget 2″ – Museum Angewandte Kunst präsentiert ab 9.09.2016 Ausstellung zu Militärsästhetik

Eddie Borgo Bullet Cuff, 2011 Beschichtetes Messing © Eddie Borgo
Eddie Borgo
Bullet Cuff, 2011
Beschichtetes Messing
© Eddie Borgo

Unter Waffen. Fire & Forget 2

Museum Angewandte Kunst präsentiert neue Ausstellung

(pia) Waffen üben eine ambivalente Faszination aus. Sie verkörpern Macht und Überlegenheit und erinnern zugleich an Schmerz und Tod. Ob als Mittel zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, zum Zweck der individuellen oder kollektiven Gewaltanwendung, zur eigenen Sicherheit getragen oder als Sport- oder Arbeitsgerät verwendet: Waffen sind unter uns – ob wir sie sehen oder nicht, ob sie Angst auslösen, Lust bereiten oder beides zugleich.

Vom 10. September 2016 bis 26. März 2017 folgt die Ausstellung „Unter Waffen. Fire & Forget 2“ im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt den Spuren, die Waffen und Militärästhetik in Kunst, Design, Mode und Alltagskultur hinterlassen. Damit erweitert und ergänzt „Unter Waffen“ die 2015 im KW Institute for Contemporary Art in Berlin gezeigte Ausstellung „Fire & Forget. On Violence“, die der Frage nachgegangen war, wie Waffen und Gewalt in der Kunst der Gegenwart verhandelt werden. Am Donnerstag, 8. September, lädt das Museum zur Pressekonferenz ein, am Freitag, 9. September, 19 Uhr, wird die Schau eröffnet.

In einer Architektur, die die Formensprache von Kunst- und Waffenmessen für den musealen Kontext zuspitzt, werden auf 1.200 Quadratmetern Ausstellungsfläche skurrile und schöne, informative und verstörende Exponate präsentiert: Werke von Barbara Kruger, Korpys/Löffler, Omer Fast, Timo Nasseri, Nedko Solakov, Timur Si-Qin und anderen reflektieren Waffen und physische Gewalt auf jeweils originäre Weise. Bomberjacken von Helmut Lang, Camouflage-Prints, Parfumflakons und Dildos in Handgranatenform, afghanische Teppiche mit Waffenmotiven oder Design von Philippe Starck nutzen die mit Waffen verbundenen Affekte für ihre Zwecke. Die Referenz auf militärische Ästhetik spielt mit der Provokation, doch zugleich verdichten sich in diesen Objekten verborgene Ängste und Sehnsüchte einer Gesellschaft.

Ob Design oder Kunst – „Unter Waffen“ bietet Rahmen und Raum, sich dem Thema beobachtend zu nähern. Die sinnlich wahrnehmbare Form der unterschiedlichen Exponate soll unmittelbar affizieren und so die Ambivalenz des Phänomens zwischen Anziehung und Angst sichtbar und spürbar werden lassen.

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt
Hotline Museum Angewandte Kunst:
Tel. (+ 49)69/212 31286 / 38857
www.museumangewandtekunst.de

Museum Angewandte Kunst auch beim Museumsuferfest ganz im Zeichen des Glücks

MuseumAngewandteKunstFür das Museum Angewandte Kunst steht das Museumsuferfest 2016 (26. bis 28. August 2016) ganz im Zeichen des Glücks: In der knallgelben Ausstellung „The Happy Show“ präsentiert der in New York lebende Superstar des Grafikdesigns Stefan Sagmeister die Resultate seiner Selbstversuche und Forschungen rund ums Glück. In Filmen, Grafiken und Installationen sucht Sagmeister Antworten auf die Fragen: Was macht uns glücklich und wie lässt sich unser Glücksempfinden steigern? An zahlreichen interaktiven Stationen lassen sich seine Tipps gleich ausprobieren!

Bereits vor dem Museum begrüßt ein gelber VW-Bulli die Besucher und Besucherinnen und lädt zum Festhalten fröhlicher Momente ein: Ausgestattet mit einer professionellen Kamera und Blitzanlage können im Fotobulli Aufnahmen gemacht und sofort ausgedruckt oder auf das Handy geladen werden. Daneben sorgen verschiedene Jazzbands, Breakdance zu koreanischer Popmusik und DJ Acts für den Happy Sound zum Fest. Lustige Maskenworkshops laden Groß und Klein zum Kreativ- und Aktivwerden ein – Glückserlebnisse garantiert! Internationale kulinarische Angebote von koreanischen Cocktails über belgische Fritten und exklusives Kostproben von Bierspezialitäten aus Flandern bis hin zu Pastrami und Lachshäppchen machen das Glück perfekt.

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main

Museumsuferfest 2016: Museum Angewandte Kunst

© massow-picture
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Im Museum Angewandte Kunst steht das Museumsuferfest 2016 ganz im Zeichen des Glücks. In der knallgelben Ausstellung The Happy Show präsentiert der in New York lebende Superstar des Grafikdesigns Stefan Sagmeister die Resultate seiner Selbstversuche und Forschungen rund ums Glück. In emotionalen Filmen, Grafiken und Installationen sucht Sagmeister Antworten auf die Fragen: Was macht uns glücklich und wie lässt sich unser Glücksempfinden steigern? An zahlreichen interaktiven Stationen lassen sich seine Glückstipps gleich ausprobieren!

Daneben sorgen verschiedene Jazzbands, Breakdance zu K-Pop und DJ Acts für den Happy Sound zum Fest. Workshops laden Groß und Klein zum Kreativ- und Aktivwerden ein – Glückserlebnisse garantiert! Internationale kulinarische Angebote vom koreanischen Cocktail über Fritten und exklusives Tasting von Bierspezialitäten aus Belgien bis zum festlichen White Dinner im Park machen das Glück perfekt.

Ausstellungen
Stefan Sagmeister. The Happy Show
ZeitRaum. Nach Here von Richard McGuire
Elementarteile
Richard Meier. EinStilraum
Stilräume Villa

Mit freundlicher Unterstützung von
Fleming’s Hotels & Restaurants
Generalkonsulat der Republik Korea
Visit Flanders

Ausführliches Programm

Museum Angewandte Kunst

„Alles neu! 100 Jahre Neue Typografie und Neue Grafik in Frankfurt am Main“ – noch bis 14. August – Museum Angewandte Kunst

 Alles neu ©Museum-Angewandte
Alles neu ©Museum-Angewandte

Nur noch drei Wochen: Die Ausstellung „Alles neu! 100 Jahre Neue Typografie und Neue Grafik in Frankfurt am Main“ endet am 14. August

Die letzten Veranstaltungen des Begleitprogramms vom 24. Juli bis zum 14. August Die Ausstellung Alles neu! 100 Jahre Neue Typografie und Neue Grafik in Frankfurt am Main geht in die Schlussphase. Noch bis zum 14. August beleuchtet das Museum Angewandte Kunst das gestalterische Geschehen in und um die Mainmetropole. Von den 1920er Jahren über die Nachkriegsjahre bis hin zur lebendigen Designszene heute blickt die Ausstellung auf die Rhein-Main-Region als internationalen Hotspot für Gestaltung.

In den letzten drei Wochen der Laufzeit geben außerdem Talks zeitgenössischer Designer, typografische Rundgänge durch die Straßen Frankfurts sowie zwei Sonderführungen mit Prof. Dr. Klaus Klemp, einem der Kuratoren der Ausstellung, weitere Einblicke in Schrift- und Grafikgestaltung.

Die Termine des Begleitprogramms im Überblick:
Sonntag, 24. Juli 2016, 15 Uhr und Sonntag, 7. August 2016, 15 Uhr Typorundgang durch Frankfurt
Täglich begegnen wir ihr, doch nur selten nehmen wir sie bewusst wahr: Typografie im öffentlichen Stadtraum. Die Gestalterin und Künstlerin Katja von Ruville geht mit allen Interessierten auf typografische Spurensuche. Die Entdeckungstour beginnt in der Ausstellung Alles Neu! 100 Jahre Neue Typografie und Neue Grafik in Frankfurt am Main und wird schließlich in den Straßen Frankfurts fortgeführt.
Ohne Anmeldung. Im Eintrittspreis von 9 Euro, ermäßigt 4,50 Euro enthalten. Der Rundgang dauert etwa 1,5 Stunden.

Mittwoch, 27. Juli 2016, 18.30 Uhr
TYPOsitionen #3
Neue Strategien im Umgang mit Typografie und Grafik Markus Weisbeck, Gründer des Grafikbüros Surface, spricht im dritten Teil der TYPOsitionen mit Chris Rehberger, der mit seinem Studio Double Standards schon für hochrangige Kunden wie Adidas oder das Guggenheim NYC arbeitete. Der Talk der beiden Designer d reht sich um das Thema “Repeat” – Wie viel Wiederholung steckt im zeitgenössischen Grafikdesign?
Ohne Anmeldung. Im Eintrittspreis von 9 Euro, ermäßigt 4,50 Euro enthalten

Mittwoch, 3. August 2016, 18 Uhr
Kuratorenführung mit Prof. Dr. Klaus Klemp In einer Sonderführung durch die Ausstellung Alles neu! wirft Prof. Dr. Klaus Klemp einen besonderen Blick auf den Frankfurter Architekten und Stadtplaner Ernst May.
Anmeldung erbeten unter info@kgv-frankfurt.de. Der Eintritt ist für Mitglieder des Kunstgewerbevereins und der ernst-may gesellschaft frei. Die Teilnahme für Interessierte ist im Eintrittspreis von 9 Euro, ermäßigt 4,50 Euro enthalten.

Mittwoch, 10. August 2016, 18.30 Uhr
TYPOsitionen #4
Neue Strategien im Umgang mit Typografie und Grafik. Wie wird Typografie heute eingesetzt und welche Rolle spielt sie für die Gestaltungsbüros?
Eike König, Gründer des Designbüros Hort, Ole Schulte und Marc Schütz vom Designstudio Schultzschultz sprechen im vierten und letzten Teil der Reihe zum Thema „Gestretcht, gestaucht und schnell verbraucht. Ein Diskurs über zeitgenössische Typografie “.
Ohne Anmeldung. Im Eintrittspreis von 9 Euro, ermäßigt 4,50 Euro enthalten.

Sonntag, 14. August 2016, 16 Uhr
Kuratorenführung mit Prof. Dr. Klaus Klemp
Zur Finissage der Ausstellung führt Prof. Dr. Klaus Klemp ein letztes Mal durch 100 Jahre Frankfurter Gestaltungsgeschichte.
Ohne Anmeldung. Im Eintrittspreis von 9 Euro, ermäßigt 4,50 Euro enthalten.

Kür der besten Sympathie-Logos für Frankfurt im Museum Angewandte Kunst

Vor der Historischen Villa Metzler des Museum Angewandte Kunst wurden gestern Abend die fünf besten Entwürfe des Wettbewerbs „FRANKFUR™AIN“ durch den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann bekanntgegeben. Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Vor der Historischen Villa Metzler des Museum Angewandte Kunst wurden gestern Abend die fünf besten Entwürfe des Wettbewerbs „FRANKFUR™AIN“ durch den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann bekanntgegeben. Foto:  © massow-picture

Im März 2016 haben die Designer Stefan Weil (Atelier Markgraph) und Markus Weisbeck (Surface) gemeinsam mit dem Journalisten Nils Bremer (Journal Frankfurt) zahlreiche Frankfurter Designbüros zu dem Wettbewerb „FRANKFUR™AIN“ eingeladen. Gesucht wurde ein Schrift-Bild-Zeichen für die Stadt, das die sympathische Seite von Frankfurt symbolisiert, ihren Charakter und ihre Besonderheit auf den Punkt bringt. Denn Frankfurt hat noch keine prägnante Sympathiemarke à la „I Love NY“ (I love New York) oder „Be Berlin“ , was sich endlich  ändern soll.

Aus den mehr 64 Einreichungen hat die Jury – bestehend aus Oberbürgermeister Peter Feldmann, Sylvia von Metzler, Tobias Rehberger, Museumsdirektor Matthias Wagner K, den Designern Stefan Weil und Teimaz Shahverdi sowie Stephan Ott vom Magazin form und Andrej Kupetz vom Rat für Formgebung – die fünf besten Schrift-Bild-Zeichen ausgewählt.

Am gestrigen Abend des 12. Juli 2016 wurden in der Historischen Villa Metzler des Museum Angewandte Kunst die fünf besten Entwürfe des Wettbewerbs „FRANKFUR™AIN“ durch den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann bekanntgegeben.

Die Designer der Agenturen Aoki & Matsumoto, Nordisk Büro, Quandel Staudt und Schultzschultz mit Oberbürgermeister Peter Feldmann (2.v.l.) Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture
Die Designer der Agenturen Aoki & Matsumoto, Nordisk Büro, Quandel
Staudt / Marcel Staudt und Schultzschultz mit Oberbürgermeister Peter Feldmann (2.v.l.) Foto: Diether v. Goddenthow © massow-picture

 

Für ihre vielversprechenden Ideen für ein Schrift-Bild-Zeichen, das die sympathische Seite von Frankfurt symbolisiert, wurden die Agenturen Aoki & Matsumoto, Nordisk Büro, Quandel Staudt und Schultzschultz mit insgesamt 2.500 Euro prämiert.

Oberbürgermeister Peter Feldmann gratulierte den Gewinnern „Alle Entwürfe präsentieren ein Bild einer sympathischen, weltoffenen Stadt. Aufgabe voll erfüllt! Mein Kompliment an alle Wettbewerber.“

Der Juryvorsitzende Stefan Weil lobte die große gestalterische Varianz der Einreichungen: „Die Vielfalt der Entwürfe zeigt das Potential der Stadt und unterstreicht die Notwendigkeit, Frankfurt ein sichtbares Image zu geben, ein visuelles Gesicht für das , was wir an Frankfurt schätzen.“

Der Entwurf Just Frankfurt von Aoki & Matsumoto stellt dem Namen der Stadt das Wörtchen „nur“ in verschiedenen Sprachen voran und wählt ein bewusst schlicht gehaltenes Schriftbild.
„Dies unterstreicht die Bescheidenheit, die die kleinste Metropole der Welt nun mal ausmacht. Bei allem Fortschritt, Internationalität und stets wachsender kultureller Tragweite und Lebensqualität: Es ist eben ‚nur Frankfurt’“, so die Jury.

Entwurf Büro Quandel Staudt © Marcel Staudt / Quandel Staudt
Entwurf Büro Quandel Staudt © Marcel Staudt / Quandel Staudt

Das Kreativbüro Quandel Staudt konnte gleich zwei Entwürfe unter den besten fünf platzieren: Wahr. Schön. Gut. variiert in einer an den Jugendstil erinnernden Schrift die Inschrift am Dachfries der Alten Oper – „Dem Wahren Schoenen Guten“. Damit wird auf die Bedeutung von Frankfurt als Kulturmetropole, auf das ausgeprägte Kulturengagement der Stadt heute, ihre museale Vielfalt und die renommierten Kunst- und Gestaltungshochschulen in und um Frankfurt angespielt. Bunt am Main hingegen würfelt aus unterschiedlichen Schriftarten den Namen der Stadt zu einem Buchstabencluster zusammen und erinnert an Frankfurt als Stadt der Dichter und Denker, der Gestalter und der Kreativität, unterstreicht aber auch die Diversität Frankfurts.

Entwurf: Nordisk Büro © Nordisk Büro
Entwurf: Nordisk Büro © Nordisk Büro

Nordisk Büro schlug mit Global Typeface einen Frankfurt-Schriftzug aus lateinischen, arabischen und asiatischen Schriftzeichen vor, die gemeinsam ein Ganzes ergeben. Der Jury gefiel, wie dies die einzigartige Internationalität der Stadt unmittelbar wiederspiegelt. What the Frankfurt von der Agentur Schultzschultz hingegen „knallt, provoziert und passt somit perfekt zu unserer Stadt, in der direkter als anderswo kommuniziert wird“. Der Entwurf ersetzt Buchstaben im Stadtnamen auf comichafte Weise durch #, @ und % und verweist somit auf zeitgenössische digitale Symboliken ebenso wie auf den Finanzplatz Frankfurt. „Das Spiel mit international verständlicher Sprache und einer globalen Redensart passt zu der Weltstadt am Main“, so die Jury. Stefan Weil betonte, dass die „Markenbildung“ der Stadt Frankfurt mit diesen fünf Entwürfen noch lange nicht an ihr Ende gelangt sei. Vielmehr seien die Ideen als Ansätze zu verstehen, aus denen sich zukünftig eine Sympathiemarke entwickeln könne.

Alle 64 Einreichungen können bis zum 14. August im Museum Angewandte Kunst begutachtet werden. © massow-picture
Alle 64 Einreichungen können noch bis zum 14. August im Museum Angewandte Kunst begutachtet werden. © massow-picture

Damit sich die Frankfurter ihre eigene Meinung bilden und an dem Prozess beteiligen können, werden alle 64 eingereichten Entwürfe vom 13. Juli bis zum 14. August 2016 im Museum Angewandte Kunst gezeigt.

 

Anregung und Fundierung hierzu bietet auch die ebenfalls noch bis zum 14. August im Museum laufende Ausstellung „Alles neu! 100 Jahre Neue Typografie und Neue Grafik in Frankfurt am Main“, in der die besondere Rolle der Mainmetropole in Sachen innovativer Schrift- und Grafikgestaltung von den tiefgreifenden typografischen Erneuerungen der 1920er Jahre bis hin zu brandaktuellen Positionen intensiv thematisiert wird.

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Mai

Ausstellungsstart mit Studenten-Kleidertauschparty am 13. Juli 2016 im Museum für Angewandte Kunst Frankfurt

© massow-picture
© massow-picture

Vom 14. bis 20. Juli 2016 ist im Museum Angewandte Kunst mit „DailyRewind. 365 Tage Secondhandmode“ ein Ausstellungsprojekt von Studierenden des Moduls Ausstellungskonzeption im Fortbildungsprogramm Buch- und Medienpraxis an der Goethe-Universität Frankfurt am Main zu sehen.

Bei kaum einem anderen Thema zeigt sich das Konsumverhalten unserer Gesellschaft so deutlich wie beim Kleidungskauf. Stylish und vor allem günstig soll der neue Look sein. Wie sich das mit Nachhaltigkeit verbinden lässt, zeigt die Journalistin Hindi Kiflai in ihrem Blog „DailyRewind“: Sie hat ein Jahr lang nur Secondhandkleidung getragen und diese zu täglich neuen Outfits kombiniert.

Die Studierenden haben das Experiment gewagt, Hindis Blog aus der virtuellen Welt des Internet in den physischen Raum einer Ausstellung zu übersetzen. Auf kreative Weise gelingt es ihnen, die Mechanismen von Social Media rund ums Posten, Kommentieren und Liken in den Museumsraum zu überführen und mit analogen Mitteln einen interaktiven Dialog zwischen den Exponaten und den Besucherinnen und Besuchern herzustellen.

Zur Eröffnung am Mittwoch, den 13. Juli, um 18 Uhr laden die Studierenden im Museum zu einer Kleidertauschparty ein, bei der die Gäste eigene Kleidungsstücke mitbringen und mit anderen tauschen können. So kann man etwa nie getragene oder nicht passende Teile weitergeben, die bei jemand anderem vielleicht zum neuen Lieblingsstück avancieren.

Die Ausstellung „DailyRewind“ bildet die Abschlussarbeit im Unterrichtsmodul Ausstellungskonzeption des Fortbildungsprogramms Buch- und Medienpraxis der Goethe-Universität. Geleitet wurde der Kurs von Dr. Mahret Kupka, Kuratorin für Mode, Körper und Performatives am Museum Angewandte Kunst.

Der Eintritt zur Kleidertauschparty und zur Ausstellung ist frei. Es wird um Spenden für die Entwicklungsorganisation Oxfam gebeten. Hierhin gehen auch die am Ende des Abends nicht eingetauschten Kleider.

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
www.museumangewandtekunst.de

„Neue Typografie am Bauhaus und im Neuen Frankfurt“, Vortrag am 7. Juli im Museum für Angewandte Kunst

Alles neu. Museum für Angewandte Kunst Frankfurt. Foto: Kristof-Lemp
Alles neu. Museum für Angewandte Kunst Frankfurt. Foto: Kristof-Lemp

Universalkommunikation? Neue Typografie am Bauhaus und im Neuen Frankfurt
Vortrag von Patrick Rössler mit anschließender Diskussion

Donnerstag, 7. Juli 2016, 15 Uhr, Museum Angewandte Kunst
Im Rahmen der Ausstellung „Alles neu! 100 Jahre Neue Typografie und Neue Grafik in Frankfurt am
Main“

Unverwechselbar und seiner Zeit weit voraus: Das radikal moderne Erscheinungsbild der „Neuen Typografie“ der 1920er Jahre wurde auch am Bauhaus kultiviert. Als Institution entwickelte das Bauhaus eine interne und externe Kommunikation, die schon früh internationale Tendenzen aufgriff und deren Wirkung weithin ausstrahlte. Auch im „Neuen Frankfurt“ entstand ein innovatives Grafikdesign, wurde umfassend eingesetzt und vor allem für die Verbreitung der neuen Schriftschnitte spielte Frankfurt mit seinen wichtigen Schriftgießereien eine zentrale Rolle. Zahlreiche Beispiele hierfür zeigt die aktuell im Museum Angewandte Kunst zu sehende Ausstellung „Alles neu! 100 Jahre Neue Typografie und Neue Grafik in Frankfurt am Main“.

Am Donnerstag, den 7. Juli 2016, um 15 Uhr lädt das Museum im Rahmen der Ausstellung zu einem Vortrag des Kommunikationswissenschaftlers Patrick Rössler ein. Im Fokus steht die deutschlandweite Verbreitung der „Neuen Typografie“. Rössler wirft einen Blick auf die regionale und überregionale Strahlkraft dieser ideenreichen Gestaltungsbewegung , verdeutlicht am Kreativitätsschub im regionalen Umfeld des Bauhauses die Bedeutung der örtlichen Wurzeln für die universal gedachte Kommunikation und zeigt Parallelen zur Situation in und um Frankfurt auf. Der Vortrag sowie die anschließende offene Diskussionsrunde werden moderiert von Prof. Dr. Klaus Klemp, dem Kurator der Ausstellung „Alles neu! 100 Jahre Neue Typografie und Neue Grafik in Frankfurt am Main“.

Der Eintritt beträgt 5 Euro, ermäßigt 3,50 Euro.

Prof. Dr. Patrick Rössler (* 1964 in Baden-Baden) studierte Kommunikationswissenschaft, Jura und Politikwissenschaft in Mainz. Seit 2003 ist er Professor für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Empirische Kommunikationsforschung an der Universität Erfurt.