Kategorie-Archiv: Museum Angewandte Kunst

亞歐堂 MEET ASIAN ART: VON DRACHEN, EINHÖRNERN UND MONDHASEN TIERISCHE UND MYTHISCHE WESEN IM ALTEN CHINA

Räuchergefäß, Detail Cloisonné China, Qing-Zeit 18./19. Jh. Foto: Ute Kunze, © Museum Angewandte Kunst
Räuchergefäß, Detail Cloisonné China, Qing-Zeit 18./19. Jh. Foto: Ute Kunze, © Museum Angewandte Kunst

Vom 24. Oktober 2019 – 30. August 2020 zeigt das Museum Angewandte Kunst Frankfurt die Ausstellung MEET ASIAN ART. Präsentiert werden ausgewählte Beispiele aus der umfangreichen Asiatischen Sammlung des Hauses,  die mehr als 2.000 Jahre chinesische  Kultur und Geistesgeschichte widerspiegeln.

Im Zentrum der Ausstellung steht dieses Mal die Welt der Kreaturen. Die Darstellung von Tieren in der chinesischen Kunst und Kultur ist außerordentlich vielgestaltig und oft weit entfernt von einer romantischen Idee der stillen und erhabenen Natur.   Die Darstellung von Natur, besonders aber auch der Tiere, ist schon seit rund 2.500 Jahren eine der wichtigsten Ausdrucksformen im Reich der Mitte und   gehört zu den faszinierendsten Gebieten der visuellen Kultur Chinas.

Wie es im Pressetext heißt, werden in der Präsentation VON DRACHEN, EINHÖRNERN UND MONDHASEN unterschiedliche Tierbilder vorgestellt. Dabei treten mythisch-fiktive Kreaturen häufiger auf als Abbilder der realen Tierwelt. Bereits zwischen dem 4. und 2. Jh. v. Chr. erscheint das auf älterer mündlicher Überlieferung basierende Buch Shanhaijing 山海經 („Klassiker der Berge und Meere“), in dem in enzyklopädischer Aufstellung Hunderte von Sagentieren und kuriosen Wesen vorgestellt werden.

Das visuelle Erscheinungsbild von Tieren beginnt mit kaum erkennbaren Wesen, die neben vollkommen abstrakten Ornamentformen auf frühen Ritualbronzen erscheinen. Rund tausend Jahre später tritt eine neuartige, ganz und gar lebensnahe Darstellung von Pferden, Hunden, Schweinen und anderen den Menschen umgebenden Tieren an den Tag – und dies paradoxerweise in der Grabkeramik. Figuren dieser Art wurden den Verstorbenen mit ins Grab gegeben, um ihnen dort für die ihnen vertraute diesseitige Welt symbolisch zur Seite zu stehen.

Mehr noch als die reale Tierwelt beherrschen mythische Tierwesen in den späteren Jahrhunderten das visuelle Feld. Der Drache als Symbol für Kaiser und Fruchtbarkeit, die mildtätige und Kindersegen versprechende Kreatur Qilin, die wundertätige dreibeinige Kröte erscheinen ebenso wie z.B. Hirsch und Kranich als Reittiere der Unsterblichen. Als Glückssymbole prägen sie seit jeher den chinesischen Alltag.

Was ist 亞歐堂MEET ASIAN ART?
Mit MEET ASIAN ART widmet das Museum Angewandte Kunst der Kunst Asiens seit 2016 einen dauerhaften Ort des Austausches, des Entdeckens, Verstehens und Diskutierens. Hier finden wechselnde Exponate aus der Sammlung asiatischer Kunst des Museums in Form kleiner Kabinettausstellungen einen Platz. Zugleich ist MEET ASIAN ART mehr als ein Ausstellungsraum: Als Forum für Veranstaltungen und Präsentationen bietet es immer wieder neue Einblicke in Asiens Beitrag zur Kunst der Welt.

Kurator: Dr. Stephan von der Schulenburg

24. Oktober 2019 – 30. August 2020
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
www.museumangewandtekunst.de

Öffnungszeiten
Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr

Museum Angewandte Kunst wird zum House of Norway – Kunst, Design, Kunsthandwerk und Architektur des Ehrengastlandes der Frankfurter Buchmesse

Das Museum Angewandte Kunst Frankfurt wird vom 10.Oktober bis bis 26. Januar 2019 nach  Idee und Konzept von Prof. Matthias Wagner K, und Sabine Schirdewahn zum House of Norway  © Foto: Diether v Goddenthow
Das Museum Angewandte Kunst Frankfurt wird vom 10.Oktober bis bis 26. Januar 2019 nach Idee und Konzept von Prof. Matthias Wagner K, und Sabine Schirdewahn zum House of Norway © Foto: Diether v Goddenthow

Mit HOUSE OF NORWAY widmet das Museum Angewandte Kunst seine gesamte Ausstellungsfläche Norwegen, dem Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2019.
Die Ausstellung versammelt und mischt herausragende Positionen  aus Kunst, Design, Kunsthandwerk und Architektur, um Konstellationen entstehen zu lassen, die überraschen und zu einem neuen Sehen einladen.

Sie lässt sich wie eine Reise der besonderen Art lesen: mit erstmaligen und wiederkehrenden Begegnungen, Momenten des Erstaunens und Innehaltens, mit Neuentdeckungen dort, wo einem bereits etwas bekannt und vertraut erschien. Eine Reise durch ein Land, das von unterschiedlichen Landschaften, Klimazonen und Bevölkerungsdichten geprägt ist: Der Süden und Westen unterscheidet sich mit seinen Küstengebieten, Seenlandschaften und Wäldern entschieden von der Schneetundra der Finnmark im Norden oder den arktischen Gefilden im Nordosten; das Leben in Oslo und den anderen wenigen Großstädten ist ein anderes als das in den ländlichen Gebieten. Entsprechend unterschiedlich sind nicht nur die Lebenswirklichkeiten der Menschen an den jeweiligen Orten, sondern auch die Anregungen für künstlerisches und gestalterisches Schaffen.

Per Heimly Sápmi-Portraits von 1972 © Foto: Diether v Goddenthow
Per Heimly Sápmi-Portraits von 1972 © Foto: Diether v Goddenthow

Und so hält auch die Existenz einer indigenen Volksgruppe, deren Kulturraum, Sápmi, sich über Norwegen, Schweden, Finnland und Teile Russlands erstreckt, andere Themen für Künstler*innen und Gestalter*innen bereit, als die von tiefen Taleinschnitten und dunklen Wäldern bestimmten Landschaften in der Telemark – was wiederum zu anderen Ausdrucksformen und den Werken zugeschriebenen Bedeutungen führt.

Die offene thematische Präsentation vereint Werke von zeitgenössischen Künstler*innen wie Frank Ekeberg, Kari Steihaug oder Ingrid Torvund mit den noch nie zuvor ausgestellten lyrischen Text-Zeichnungen des weltweit bekannten Künstlers Edvard Munch. Einblicke in die Kunst und Kultur der Sámi geben ein Gastspiel des Sámi National Theatre Beaivváš ; hinzu kommen Werke der in Deutschland erstmals auf der documenta 14 in Kassel vertretenen samischen Künstler*innen Britta Marakatt-Labba, Máret Ánne Sara und Hans Ragnar Mathisen, aber auch die von Kunsthandwerkern wie Sune Enoksson oder Jørn Are Keskitalo. Begegnen wird man auch wichtigen norwegischen Gestalter*innen wie Regine Juhls, Torbjørn Kvasbø, Peter Opsvik, Grete Prytz Kittelsen und Tone Vigeland. Beispiele aus der Architektur, etwa von Sverre Fehn oder Peter Zumthor, aus dem Bereich des Social Design sowie zeitgenössische Impulse aus Mode und neuer nordischer Küche stehen für eine kreative Auseinandersetzung mit einer Welt im Wandel.

Nordisches Design - Kollektionen von Edda Gimnes.© Foto: Diether v Goddenthow
Nordisches Design – Kollektionen von Edda Gimnes.© Foto: Diether v Goddenthow

Neben Werken von 47 künstlerischen und gestalterischen Positionen, präsentiert die Ausstellung 24 auswählbare Kurzfilme aus Norwegen. Die Auswahl, kuratiert von Sabine Schirdewahn, macht mit ihren Themen die individuellen Reflexionen der Künstler*innen und Gestalter*innen in Beziehung zu den objektiven, sozialen, ökologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen vorstellbar, die zum Entstehen ihrer Werke geführt haben könnten. Ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen, kulinarischen Veranstaltungen und ein Vermittlungsprogramm, bestehend aus Workshops und öffentlichen Führungen für Erwachsene, Kinder und Jugendliche, runden das Ausstellungsprogramm ab. Das Vermittlungsprogramm wird gefördert durch die Stiftung Polytechnische Gesellschaft.

Edvard Munch
Ein Highlight der Ausstellung bilden die zuvor noch nie einer Öffentlichkeit präsentierten Zeichnungen mit ihren lyrischen Prosatexten des Künstlers Edvard Munch aus der Sammlung des Munchmuseet in Oslo. Diese Textzeichnungen sind Teil einer mit festen Buchdeckeln zusammengehaltenen Sammlung von 81 Blättern mit handschriftlichen Notizen und Anmerkungen, Skizzen, Holzschnitten und Zeichnungen ohne Text. Sie sind vermutlich im Zeitraum von 1930 bis 1935 entstanden, die Datierungen einzelner grafischer Blätter und Zeichnungen ohne Text liegen in den 1890er Jahren. Da diese Sammlung erst vor zweieinhalb Jahren gesichtet wurde, steckt deren wissenschaftliche Aufarbeitung noch in den Anfängen. Gleichwohl deutet vieles darauf hin, dass dieses „Skizzenbuch“, das sich von allen anderen Skizzenbüchern Munchs unterscheidet, als Vorlage für ein von ih m geplantes Buch gedacht war, in dem er die verschiedenen bekannten literarischen und visuellen Versionen von Werken aus seiner Schaffenszeit zusammenfassen wollte.

Aktuelle Kunst des Nordens

 Ingrid Torvund Ohne Titel. © Foto: Diether v Goddenthow
Ingrid Torvund Ohne Titel. © Foto: Diether v Goddenthow

Im Bereich der bildenden Künste zeigt die Ausstellung vor allem zeitgenössische Werke, in denen wie im Fall Munchs der persönliche Bezug zu und die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und Heimat im Mittelpunkt stehen. Hierzu zählt z.B. die Filmtrilogie Under Earth von Ingrid Torvund, die in Zusammenarbeit mit Jonas Mailand zwischen 2009 und 2019 entstanden ist. Die meisten Dreharbeiten fanden in Kviteseid in der Provinz Telemark statt, wo die Künstlerin aufgewachsen ist. Die dunklen Waldlandschaften der Telemark sind bekannt für ihre folkloristischen Erzählungen, bei denen heidnische und christliche Symbole Seite an Seite existieren: Drachen, Engel, Kreuze, Dämonen, Trolle und sprechende Tiere. Ihre Filme, Bilder und Skulpturen entführen in den Kosmos eines mystischen, rätselhaften Universums.

Máret Ánne Sara, einer zahlreicher samischer Künstlerinnen u.a. mit ihrer "Lassoinstallation" vertreten. © Foto: Diether v Goddenthow
Máret Ánne Sara, einer zahlreicher samischer Künstlerinnen u.a. mit ihrer „Lassoinstallation“ vertreten. © Foto: Diether v Goddenthow

Einen weiteren wichtigen Fokus der gezeigten zeitgenössischen Kunst bilden Werke von Künstler*innen, die der indigenen Volksgruppe der Sámi angehören. Die Künstler*innen, die spätestens seit ihrer Einladung zur documenta 14 in Athen und Kassel im Jahr 2017 weltweite Anerkennung erfahren, setzen sich in ihren Werken mit individuellen und kollektiven Erfahrungen mit Traditionen, Glaubensvorstellungen, Diskriminierung sowie Fremd -und Selbstbestimmung auseinander.

Britta Marakatt-Labba verweist mit der Stickarbeit Movement zusammen mit Skizzen und einer Videoadaption ihrer Arbeit Historien auf die Traditionen und Geschichte der Sámi in der norwegischen Finnmark.

Das Lasso als Symbol der Reduzierung von Rentierherden 

"Lasso"-Installation Gielastuvvon (deutsch: Gefangen) von Máret Ánne. © Foto: Diether v Goddenthow
„Lasso“-Installation Gielastuvvon (deutsch: Gefangen) von Máret Ánne. © Foto: Diether v Goddenthow

Die Installation Gielastuvvon (deutsch: Gefangen) von Máret Ánne Sara besteht aus Lassos, die üblicherweise von Rentierhirten eingesetzt werden. Im Ausstellungsraum hängen sie wie Galgen von der Decke. Die Künstlerin bezieht sich damit auf die jüngsten Reglementierungen der norwegischen Behörden in Bezug auf Weideflächen und die Größe von Rentierherden. Die Einschränkungen stellen eine Bedrohung der Existenzgrundlage vieler Sámi dar – insbesondere in Bezug auf die jüngere Generation.

Improvisierte temporäre Bauten

Temporäre Bauten.  © Foto: Diether v Goddenthow
Temporäre Bauten. © Foto: Diether v Goddenthow

Auch die Arbeiten von Joar Nango sind stark von seiner Heimatstadt Alta am Ende des Altafjords und seiner samischen Identität geprägt. Mit dem Kollektiv FFB untersucht er Gegensätze und Widersprüche in der zeitgenössischen Architektur, um sich mit Fragen indigener Identität zu beschäftigen. Dabei entstehen ortsspezifische Installationen an der Schnittstelle zwischen Kunst und Architektur – improvisierte temporäre Bauten, die auf die ehemals weitgehend nomadische Lebensweise der Sámi verweisen und als Bühnen für verschiedene Interventionen dienen. Neben Dokumentationen und Ausschnitten aus der Arbeit Meahccetrošša/Matatu, präsentiert die Ausstellung seinen Film Indigenuity Manifesto (2016). Der Film und das Wortspiel im Titel sind dem Erfindungsgeist indigener Kultur in Architektur, Gestaltung und Alltag gewidmet.

Nordisches Design

Nordisches Design für Möbel, Gebrauchsgegenstände, Bekleidung usw. © Foto: Diether v Goddenthow
Nordisches Design für Möbel, Gebrauchsgegenstände, Bekleidung usw. © Foto: Diether v Goddenthow

Auch die Auswahl von Designer*innen verweist auf vielfältige Weise auf die enge Beziehung zur abwechslungsreichen Landschaft und Geschichte Norwegens. Während die Entwürfe dänischer Gestalter wie Arne Jacobsen oder Hans J. Wegner sowie des Finnen Alvar Aalto nach dem zweiten Weltkrieg zu Gestaltungsikonen avancierten und bis heute für skandinavisches Design stehen, blieb das gleiche Maß an Erfolg bei norwegischen Entwürfen aus derselben Zeit aus. Gerade dieser Umstand eröffnet jedoch einer jüngeren Generation norwegischer Gestalter*innen ein offenes Gestaltungsfeld. Das zeigt sich an ihren Entwürfen an der Schnittstelle von Design, Handwerk und Kunst, die sich nicht auf formale Schlichtheit und Funktionalität reduzieren lassen, sondern deutlich machen, dass Gestaltung auch verspielt, humorvoll und laut sein darf.

Die hier getroffene Auswahl reicht von Möbelentwürfen der 1950er und 1960er Jahre von Hans Brattrud und Torbjørn Afdal und Birger Dahl bis hin zu Peter Opsviks skulpturalem Stuhl Globusgarten aus dem Jahr 1985 und dem 2019 für Fjordfiesta von Andreas Engesvik entworfenen Schreibtisch Alto. Man findet in der Ausstellung polychrome Glasskulpturen von Kjersti Johannessen neben den geometrischen Keramiken von Guri Sandvik oder die experimentelle Schuhmode Elisabeth Thorsens neben den expressiven und farbenfrohen Halsketten von Liv Blåvarp. Der von den kargen Vegetationsformen – Moosen und Flechten – in der Finnmark inspirierte Silberschmuck von Regine Juhls aus den 1970er Jahren wird den Schmuckarbeiten von Grete Prytz Kittelsen aus den späten 1950er J ahren gegenübergestellt. Die visuell ansprechenden Grafikprint-Kreationen der in London lebenden Modedesignerin Edda Gimnes werden kontrastiert mit einem schlichten Filzkleid von Marit Eken Kalager, das von Damenwollkleidern und nationalen Kostümen inspiriert ist, die sie an ihre Kindheit erinnern.

Traditionelles samisches Kunsthandwerk, Duodji

Samische Schamanentrommel. © Foto: Diether v Goddenthow
Samische Schamanentrommel. © Foto: Diether v Goddenthow

In der Ausstellung finden sich an verschiedenen Stellen Werke traditionellen samischen Kunsthandwerks, Duodji: Messer und Broschen, eine Schamanentrommel sowie hölzerne Trinkgefäße. Die nur minimalen gestalterischen Unterschiede zwischen historischen und zeitgenössischen Objekten verweisen auf ein ausgeprägtes Traditionsbewusstsein der Gestalter*innen, in der die Verwendung von natürlichen Materialien von zentraler Bedeutung ist.

Nordische Architektur

Maßstabgetreues, begehbares Modell eines Eck Ausschnitts von Sverre Fehns ikonischer Villa Norrköping (1963/64) © Foto: Diether v Goddenthow
Maßstabgetreues, begehbares Modell eines Eck Ausschnitts von Sverre Fehns ikonischer Villa Norrköping (1963/64) © Foto: Diether v Goddenthow

Völlig gegensätzliche Architekturauffassungen zeigen sich bei Sverre Fehn, dem samischen Architekten und Künstler Joar Nango sowie im Steilneset Memorial von Peter Zumthor und Louise Bourgeois. Mit dem einflussreichsten norwegischen Architekten des 20. Jahrhunderts, Sverre Fehn (1924–2009), begegnet man einem wichtigen Beispiel der norwegischen Architektur der Moderne. Der Pritzker-Preisträger ist u.a. für den nordischen Pavillon im Giardini des Biennale-Geländes in Venedig bekannt. Im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main können Besucher*innen in ein maßstabgetreues Modell eines Eck – Ausschnitts seiner ikonischen Villa Norrköping (1963/64) eintreten, dessen Raumanordnung sich auf die Villa La Rotonda von Andrea Palladio (1508–80) bezieht. Das heute noch bewohnte Familienhaus gibt dem nordischen Dualismus von Hell und Dunkel, Mitternachtssonne und Polarnacht eine architektonische Form: Während die Wohn- und Schlafbereiche in fensterlosen Backsteinkuben liegen, sind die verbindenden Ecken komplett verglast.

Das Hexenmahnmal

Fotografien von Ken Schluchtman dokumentieren eindrucksvoll das Steilneset Memorial (2011) des Schweizer Architekten Peter Zumthor. Das Hexenmahnmal steht für einen aktuellen Zugang zur Architektur und verdeutlicht abermals das Wechselspiel zwischen Form, Geschichte und Landschaft. Das Monument befindet sich im äußersten Nordosten Norwegens am Rand des Inselortes Vardø in der Barentsee und ist den 91 Opfern  der Hexenverbrennungen im 17. Jahrhundert gewidmet. Die Gedenkstätte besteht aus zwei Gebäudeteilen: Eine 125 Meter lange Holz- und Segeltuch Konstruktion, die an die Form eines traditionellen norwegischen Fischtrockengestells erinnert und ein 10 x 10 m großer quadratischer Pavillon, der etwas abgerückt steht.

Louise Bourgeois Hexenmahnmal.  © Foto: Diether v Goddenthow
Louise Bourgeois Hexenmahnmal. © Foto: Diether v Goddenthow

In dem Pavillon des Mahnmals befindet sich die letzte große öffentliche Arbeit der französisch-US-amerikanischen Bildhauerin Louise Bourgeois aus dem Jahr 2010: ein von einem runden, fast 1 Mete r hohen Betonzylinder umschlossener eiserner Stuhl, aus dessen Sitz permanent fünf Gasflammen züngeln. Sieben ovale Spiegel an fünf Meter hohen Stahlmasten bilden einen Kreis um die Feuerstelle, wie Richter um das Opfer.

JOHAN TURI – Sámi National Theatre Beaivváš

Das Sámi National Theatre Beaivváš (SNTB) aus Kautokeino bei der Probe. Die Aufführungen finden statt im 3 OG des Museum Angewandte Kunst. © Foto: Diether v Goddenthow
Das Sámi National Theatre Beaivváš (SNTB) aus Kautokeino bei der Probe. Die Aufführungen finden statt im 3 OG des Museum Angewandte Kunst. © Foto: Diether v Goddenthow

Zu den Highlights des Ausstellungsprogramms gehört ein mehrwöchiges Gastspiel des Sámi National Theatre Beaivváš (SNTB) aus Kautokeino. In einer eigens dafür konzipierten Bühnenlandschaft innerhalb der Ausstellung werden sie vom 12. Oktober bis 9. November insgesamt 24 Aufführungen des Stückes JOHAN TURI in samischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln darbieten. Das Theaterstück hatte in Oslo 2017 seine Weltpremiere und wird nun erstmals außerhalb von Norwegen zu sehen sein. Außerhalb der Aufführungstermine, kann man die Bühnenarchitektur begehen. Sie wird rundherum ergänzt durch Fotografien des samischen Fotografen Per Heimly, der über Jahre hinweg die ältere Generation von samischen Einwohner*innen in der Finnmark in ihren traditionellen Trachten porträtiert hat.

Möbel für Zuhause und den öffentlichen Raum Im Foyer des Museums befindet sich während der gesamten Laufzeit der Ausstellung ein Concept Store der Möbelplattform Northern, die sich auf aktuelle und neu in Szene gesetzte Entwürfe aus Skandinavien spezialisiert hat. In Frankfurt präsentieren Sie eine Auswahl an norwegischen Designobjekten und Büchern. Zwar kann man die Stücke nicht direkt in dem Store kaufen, aber QR-Codes leiten auf eine Online-Plattform, wo die Stücke direkt nach Hause bestellt werden können. Der Bereich des Social Designs wird mit großzügigen Leihgaben von Vestre abgerundet. Die Außenmöbel, die für den urbanen öffentlichen Raum geschaffen wurden, laden im Foyer und rund um das Museum zum Verweilen ein.

Plakat- und Mediengestaltung

© Museum Angewandte Kunst
© Museum Angewandte Kunst

Die begleitenden Printmedien zur Ausstellung wurden zusammen mit Student*innen der Hochschule für Gestaltung in Offenbach entwickelt. Die Illustrationen haben die Studierenden inspiriert von Werken aus der Ausstellung entworfen. Die gewählte Typografie Viksjø von Designer Frode Helland soll hier besondere Erwähnung finden, weil die einzelnen Buchstaben von dem brutalistischen Y-förmigen Regierungsbau des Architekten Erling Viksjø in Oslo abgeleitet wurden. Das Gebäude war eines von zwei Angriffszielen der zusammenhängenden terroristischen Anschläge des norwegischen Rechtsextremisten Anders Behring Breivik gegen norwegische Regierungsangestellte in Oslo und gegen Jugendliche in einem Feriencamp auf der norwegischen Insel Utøya am 22. Juli 2011, denen 77 Menschen zum Opfer fielen. Der nachfolgende drohende Abriss des Gebäudes im Jahr 2014 veranlasste den Designer Frode Helland zur Entwickelung der Schrift, die versucht ethische Prinzipien brutalistischer Architektur in Schriftformen zu übersetzen. Die Erlöse der Lizenzgebühren kommen einer Initiative zur Erhaltung des Viksjø-Gebäudes zu.

HOUSE OF NORWAY – eine Ausstellung mit Werken von:

Torbjørn Afdal, Heidi Bjørgan, Liv Blåvarp, Inger Blix Kvammen, Hans Brattrud, Birger Dahl, FFB (Joar Nango, Eystein Talleraas, Håvard Arnhoff), Frank Ekeberg, Marit Eken Kalager, Andreas Engesvik, Sune Enoksson, Nikolaus Fankki, Sverre Fehn, Svein Flygari Johansen, Edda Gimnes, Sidsel Hanum, Per Heimly, Kjersti Johannessen, Willy Johansson, Regine Juhls, Jørn Are Keskitalo, Torbjørn Kvasbø, Petteri Laiti, Matt Lambert, Håvard Lars en, Jonas Mailand, Britta Marakatt-Labba, Kari Mølstad, Edvard Munch, Peter Opsvik, Synnøve Persen, Grete Prytz Kittelsen, Hans Ragnar Mathisen (KEVISELIE), Johan Rist, Sámi National Theatre Beaivváš (SNTB), Guri Sandvik, Máret Ánne Sara, Ken Schluchtmann (Peter Zumthor, Louise Bourgeois), Martin Solem, Kari Steihaug, Elisabeth Thorsen, Ingrid Torvund, Manuel Vadillo Benitez, Paolo Venini, Tone Vigeland und Jan Eric Wold Skevik.

Ort:
House of Norway vom 10.Oktober bis bis 26. Januar 2019
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt

Information
T +49 69 212 31286
F +49 69 212 30703
info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de
www.museumangewandtekunst.de

Öffnungszeiten
Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr

Eintritt
12 Euro, ermäßigt 6 Euro
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Studierende der Goethe-Universität Frankfurt, der Städelschule und der HfG Offenbach frei

Zur Buchmesse: HOUSE OF NORWAY 11. Oktober 2019 bis 26. Januar 2020 im Museum Angewandte Kunst Frankfurt – Mehrwöchiges Gastspiel – Deutschlandpremiere


Ab Herbst 2019 widmet das Museum Angewandte Kunst seine gesamte Ausstellungsfläche Norwegen, dem Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2019. Als HOUSE OF NORWAY versammelt es herausragende Positionen aus Kunst, Design, Kunsthandwerk und Architektur. Ein Highlight der Schau bilden noch nie gezeigte grafische Arbeiten von Edvard Munch. Zu entdecken gibt es außerdem Werke von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern wie Frank Ekeberg, Svein Flygari Johansen, Per Heimly, Kari Steihaug oder Ingrid Torvund. Einblicke in die Kunst und Kultur der Sámi geben ein Gastspiel des Sámi National Theatre Beaivváš sowie künstlerische Positionen etwa von Jørn Are Keskitalo, Britta Marakatt-Labba oder Máret Ánne Sara. Begegnen wird man auch wichtigen norwegischen Gestalterinnen und Gestaltern wie Regine Juhls, Torbjørn Kvasbø, Peter Opsvik, Grete Prytz Kittelsen und Tone Vigeland. Beispiele aus der Architektur, etwa von Sverre Fehn oder Joar Nango, aus dem Bereich des Social Design sowie zeitgenössische Impulse aus Mode  und neuer nordischer Küche stehen für eine kreative Auseinandersetzung mit einer Welt im Wandel.

Im Rahmen von Der Traum in uns – Norwegen Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2019. Die Ausstellung wird gefördert von NORLA, Norwegian Literature Abroad, von Visit Norway, der Tourismusabteilung von Innovation Norway, und dem Möbelproduzenten Vestre. Sie entstand in Kooperation mit dem Munch Museum (Oslo), dem Nordnorsk Kunstmuseum (Tromsø), Norwegian Crafts, dem Sámi National Theatre Beaivváš (Kautokeino), dem Sámi University College (Kautokeino), dem Sámi Center for Contemporary Art (Karasjok), dem Riddo Duottar Museat (Karasjok), dem Kunstnerforbundet (Oslo), dem Nordenfjeldske Kunstindustrimuseum (Trondheim) und vielen anderen.

Idee und Konzept: Sabine Schirdewahn, Prof. Matthias Wagner K
Kurator: Prof. Matthias Wagner K

Ort
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
Information
info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de
www.museumangewandtekunst.de

Öffnungszeiten
Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr

Deutschland-Premiere:

Das Sámi National Theatre Beaivváš (SNTB) feiert im Museum Angewandte Kunst die Deutschlandpremiere von Johan TuriGeschrieben von Harald Gaski & Gunnar Gjengset 24 Aufführungen zwischen dem 12. Oktober und 9. November 2019

Mit der Ausstellung HOUSE OF NORWAY feiert das Museum Angewandte Kunst die außerordentliche Vielfalt norwegischer Kunst und Kultur. Zu den Highlights des Ausstellungsprogramms gehört ein mehrwöchiges Gastspiel des Sámi National Theatre
Beaivváš (SNTB) aus Kautokeino. In einer eigens dafür konzipierten Bühnenlandschaft innerhalb der Ausstellung werden sie insgesamt 24 Aufführungen ihres Stückes JOHAN TURI in samischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln darbieten. Das Theaterstück hatte in Oslo 2017 seine Weltpremiere und wird nun erstmals außerhalb von Norwegen zu sehen sein.

Das Bühnendrama basiert auf der Biografie des Rentierhalters Johan Turi (1854–1936), der heute als erster samischer Schriftsteller gilt. Ausgangspunkt der Geschichte ist sein lange gehegter Traum, ein Buch zu veröffentlichen, das von den Lebensumständen der Sámi erzählt und die norwegischen Behörden und Unternehmen dazu bewegen soll, ihre restriktive Haltung gegenüber dem indigenen Volk zu ändern. In einem Zug, der Skandinavien durchquert, trifft Turi auf den Geschäftsmann Hjalmar Lundbohm aus Kiruna und auf die dänische Künstlerin und Anthropologin Emilie Demant. Werden diese schicksalhaften Begegnungen ihm dabei helfen, seinen Traum zu verwirklichen? Das Stück handelt von der Entstehung eines Buches, aber vor allem von Träumen, Verlockungen, Zweifeln, Verführung und Gewissensbissen.

Johan Turi, geboren 1854 in Guovdageaidnu (Kautokeino), Norwegen, war ein samischer Rentierhalter und versierter Wolfsjäger. In den 1870er Jahren zog er mit seiner Rentierherde und Familie nach Kiruna im Norden Schwedens. Dort veröffentlichte er 1910 sein erstes Buch in nordsamischer Sprache: Muitalus sámiid birra. Darin beschreibt Johan Turi das Leben der Sámi und ihre Überlebenstechniken, ihre Medizin, ihr Naturverständnis und Bräuche. Das Buch wurde 1912 ins Deutsche, später in die schwedische, englische, ungarische, japanische, italienische und finnische Sprache übersetzt. Johan Turi gilt als erster Sámi Schriftsteller. Er starb 1936 in Jukkasjärvi, Schweden.

Das Sámi National Theatre Beaivváš (SNTB)
Das Sámi National Theatre Beaivváš (SNTB) ist ein Theater mit Sitz in Guovdageaidnu (Kautokeino) in der Finnmark Norwegens, das es sich zur Aufgabe macht, seine Stücke in verschiedenen Sámi Sprachen aufzuführen. Es gastiert in Sámigebieten in Norwegen, Schweden und Finnland sowie außerhalb der nordischen Länder, um die sámische Kultur international erfahrbar zu machen. Das SNTB zielt darauf ab, als Theater ohne Grenzen zu agieren. Es will alte kulturelle Quellen aktivieren und neue bilden, um zum besseren Verständnis verschiedener Kulturen beizutragen.

Bühnensprache: Nord-Sámi. Mit deutschen und englischen Untertiteln.
Dauer: ca. 1 Stunde
Preis: 18 Euro, 9 Euro ermäßigt
Ticketvorverkauf: www.museen-ticket.de/Museum-Angewandte-Kunst

Aufführungstermine
Samstag, 12. Oktober, 19 Uhr
Samstag, 12. Oktober, 21 Uhr
Sonntag, 13. Oktober, 19 Uhr
Sonntag, 13. Oktober, 21 Uhr
Donnerstag, 17. Oktober, 19 Uhr
Freitag, 18. Oktober, 19 Uhr
Freitag, 18. Oktober, 21 Uhr
Samstag, 19. Oktober, 19 Uhr
Samstag, 19. Oktober, 21 Uhr
Donnerstag, 24. Oktober, 19 Uhr
Freitag, 25. Oktober, 19 Uhr
Freitag, 25. Oktober, 21 Uhr
Samstag, 26. Oktober, 19 Uhr
Samstag, 26. Oktober, 21 Uhr
Donnerstag, 31. Oktober, 19 Uhr
Freitag, 1. November, 19 Uhr
Freitag, 1. November, 21 Uhr
Samstag, 2. November, 19 Uhr
Samstag, 2. November, 21 Uhr
Donnerstag, 7. November, 19 Uhr
Freitag, 8. November, 19 Uhr
Freitag, 8. November, 21 Uhr
Samstag, 9. November, 19 Uhr
Samstag, 9. November, 21 Uhr

Regie: Frank Jørstad
Dramaturgie: Frank Jørstad & Kristian Lykkeslet Strømskag
Schauspieler*innen: Iŋgor Ántte Áilu Gaup, Ingá Márjá Sarre, Egil Keskitalo
Bühnen-/Kostümbild: Even Børsum, Stoorstålka
Lichtdesign: Øystein Heitmann
Komponist: Johan Eriksson Degerlund
„Eallin lállá“: Áilloš
„Finnes det en kvinne“: Lars Lillo-Stenberg
Requisiten: Ole Thomas D. Nilut
Kostüme: Ann Majbritt Eriksen
Bühnentechnik: Bernt Roger Somby, Gerlinde Thiessen, Bernt Morten Bongo
Künstlerischer Leiter: Rolf Degerlund
Produzent: Leif Isak E. Nilut

Ort
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
Information
info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de
www.museumangewandtekunst.de

Öffnungszeiten
Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uhr

Norwegen-Ehrengast-Programm zur Frankfurter Buchmesse

Letzte Ausstellungswoche: Contemporary Muslim Fashions Noch bis zum 1. September 2019

Ausstellungs-Impression ©  Foto: Diether v Goddenthow
Ausstellungs-Impression © Foto: Diether v Goddenthow

Rund 60.000 Menschen besuchten seit der Eröffnung im April in Frankfurt am Main mit Contemporary Muslim Fashions die weltweit erste umfassende Museumsausstellung, die sich dem Phänomen der zeitgenössischen muslimischen Mode widmet. Die Schau wurde an den Fine Arts Museums in San Francisco inhaltlich erarbeitet und von Max Hollein initiiert. Nach dem Museum Angewandte Kunst als erste Station in Europa reist die Ausstellung nun weiter an das Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum in New York.

Die Ausstellung präsentiert eine Momentaufnahme aktueller muslimischer Kleidungsstile aus aller Welt, mit einem Schwerpunkt auf dem Nahen Osten und Südostasien sowie Europa und den USA. Dabei reflektiert sie, wie Kleidung dem Ausdruck der vielen Facetten individueller, religiöser und kultureller Identität dient – und wie sie Identität prägt. Neben rund 80 Ensembles von etablierten und aufstrebenden Designer*innen aus den Bereichen Luxus-Mode, Streetwear, Sportswear und Couture umfasst Contemporary Muslim Fashions zahlreiche Kunst-, Dokumentar- und Mode-Fotografien, die die ausgestellten Kleidungsstücke kontextualisieren. Daneben gibt Originalmaterial aus den sozialen Netzwerken, die eine zentrale Rolle für die Verbreitung des neuen Trends spielen, Einblicke in die Vielfalt der Positionen in der muslimischen Welt und lässt verschiedene Akteur*innen zu Wort kommen.

Ausstellungs-Impression ©  Foto: Diether v Goddenthow
Ausstellungs-Impression © Foto: Diether v Goddenthow

Besucher*innen, die sich eingehender mit der Ausstellung befassen wollen, können noch bis zum 1. September 2019 an der Kasse des Museums einen Audioguide für 1,50 Euro erwerben oder an einer der letzten öffentlichen Führungen teilnehmen und ein deutschsprachiges Magazin mit nach Hause nehmen.

Burkini, eine Kombination aus Burka und Bikini. Soll laut Designer Aheda Zanetti, wie auf einer Texttafel zu lesen ist "Freizeit, Glück und Ausgelassenheit, Sportlichkeit und Gesundheit" symbolisieren. Für Bikini-Anhängerinnen symbolisiert solch Ganzkörperverhüllung eher religiös-kulturell internalisierte  Körperfeindlichkeit, Prüderie und, als Badekleidungs-Gebot,  Frauenunterdrückung.
Burkini, eine Kombination aus Burka und Bikini. Soll laut Designer Aheda Zanetti, wie auf einer Texttafel zu lesen ist, „Freizeit, Glück und Ausgelassenheit, Sportlichkeit und Gesundheit“ symbolisieren. Für Bikini-Anhängerinnen symbolisiert solch Ganzkörperverhüllung eher religiös-kulturell internalisierte Körperfeindlichkeit und Prüderie .

Über die Laufzeit der Ausstellung hinaus, stehen nun auf der Website des Museums Videoaufzeichnungen des Contemporary Muslim Fashion Forums bereit, zu dem das Museum Angewandte Kunst vom 12.–14. April 2019 in Kooperation mit dem Frauenreferat der Stadt Frankfurt eingeladen hatte. An diesem Wochenende kamen Wissenschaftler*innen, Künstler*innen sowie Blogger*innen und Influencer*innen aus den sozialen Medien zu Vorträgen, Paneldiskussionen, Interviews und Talking Tables zusammen, um spezifische Themen wie kulturelle Identität, Gender, Nachhaltigkeit, Politik und Gleichberechtigung zu diskutieren. Zu den Höhepunkten des Programms zählte der Vortrag „The Politics of Curating: Contemporary Muslim Fashions“ von Reina Lewis vom London College of Fashion, die als beratende Kuratorin an der Ausstellung mitgewirkt hat.

Direkt im Anschluss an Contemporary Muslim Fashions beginnen am Museum Angewandte Kunst die umfangreichen Umbauarbeiten für die Ausstellung House of Norway, die ab dem 11. Oktober im Rahmen des Ehrengastlandauftritts zur Frankfurter Buchmesse 2019 herausragende Positionen aus Norwegens Kunst und Kultur zeigen wird. Zu den besonderen Highlights dieser Ausstellung gehören noch nie ausgestellte Zeichnungen von Edvard Munch sowie ein Gastspiel des Sámi National Theatre Beaivváš mit insgesamt 24 Aufführungen auf einer eigens dafür geschaffenen Bühnenlandschaft innerhalb der Ausstellung. Die Ausstellung Sagmeister & Walsh: Beauty ist noch bis zum 15. September im 1. Obergeschoss zu sehen.

Öffentliche Führungen
Mittwoch, 28. August, 18.30 Uhr / Sonntag, 1. September, jeweils 15 Uhr
Im Eintrittspreis inbegriffen. Mit Anmeldung unter create.angewandte-kunst@stadtfrankfurt.de oder 069 212 38522.

Video-Archiv Contemporary Muslim Fashions Forum
www.museumangewandtekunst.de/de/veranstaltungen/contemporary-muslim-fashionsforum

 

Sonderausstellung „Beauty“: Lust am Schönen wecken – Abkehr von der psychotischen Gleichförmigkeit der Moderne bis 15.9.2019 im MAK Frankfurt

Gemeinsam mit seiner Studiopartnerin Jessica Walsh liefert er mit dem neuen Ausstellungsprojekt Beauty ein ganz persönliches, visuell beeindruckendes Plädoyer für die Lust am Schönen. Mit spektakulären interaktiven Installationen nimmt das renommierte Designduo Sagmeister & Walsh die Besucher*innen mit auf eine sinnlich-vergnügliche Suche: Was ist Schönheit und warum fühlen wir uns von ihr angezogen? © Foto: Diether v. Goddenthow
Gemeinsam mit seiner Studiopartnerin Jessica Walsh liefert er mit dem neuen Ausstellungsprojekt Beauty ein ganz persönliches, visuell beeindruckendes Plädoyer für die Lust am Schönen. Mit spektakulären interaktiven Installationen nimmt das renommierte Designduo Sagmeister & Walsh die Besucher*innen mit auf eine sinnlich-vergnügliche Suche: Was ist Schönheit und warum fühlen wir uns von ihr angezogen? © Foto: Diether v. Goddenthow

In diesen Tagen meldeten sich der in New York lebende Superstar des Grafikdesigns Stefan Sagmeister und seine Studiopartnerin Jessica Walsh nach ihrem grandiosen Happy Show-Erfolg mit ihrer zunächst in Wien gezeigten, noch bis 15.09.2019 laufenden großen Ausstellung „ Beauty“ im Frankfurter Museum Angewandte Kunst, zurück: „Wir wollen zeigen, warum diese Abkehr von der Schönheit so unsinnig war und was wir dagegen tun können“, erfahren Besucher gleich zu Beginn. Die Künstler möchten „beweisen, dass Schönheit in der Architektur und im Design keine Oberflächenstrategie ist, sondern zutiefst im menschlichen Sein wurzelt. Wir möchten einen längst überfälligen Diskurs um Schönheit anstoßen und demonstrieren, dass schöne Werke nicht nur mehr Freude machen, sondern auch viel besser funktionieren“.

Mit Beauty wollen die Ausstellungsmacher die Lust am Schönen als lebensbereichernde Dimension demonstrieren. Dabei üben sie heftige Kritik am übertriebenen Funktionalismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der, so die Ausstellungsmacher, bisweilen solch dogmatische Formen annahmen, „dass zahlreiche Architekt*innen und Designer*innen sich in eine psychotische Gleichförmigkeit verbissen.“ Ihr zentrales Versprechen konnten diese ironischerweise jedoch nicht halten, da es einfach nicht funktionierte.  Am eklatantesten zeige sich das, „an den in den 1970ern errichteten Wohnzweckbauten, die 30 Jahre später wieder abgerissen wurden, weil sie den Bedürfnissen nicht entsprachen.“

Die Entdeckung des Hässlichen als Schönheit

Sagmeister und Walsh fanden heraus, dass im Laufe des letzten Jahrhunderts Schönheit negativ besetzt war: „Renommierte Designer*innen behaupteten, kein Interesse an ihr zu haben, die Kunst entledigte sich ihrer nahezu vollständig, und stapelweise ließen sich Architekturbücher durchblättern, ohne dass man ein einziges Mal auf den Begriff Schönheit stieße.

Ist das Tragen modisch zerschliessener Kleidung im Zeitalter massenhaft, zerlumpt ankommender  Armutflüchtlinge nicht mindestens genauso dekandent wie einst die künstlichen Ruinen als Staffagebauten in englischen Landschaftsgärten? © Foto: Diether v. Goddenthow
(nicht in der Ausstellung) Ist das Tragen modisch zerschliessener Kleidung im Zeitalter massenhaft, zerlumpt ankommender Armutsflüchtlinge nicht mindestens genauso dekandent wie einst die künstlichen Ruinen als Staffagebauten in englischen Landschaftsgärten? © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Abschaffung des Schönen mag wohl auch  längst in der Gesellschaft angekommen zu sein. So scheint „hässlich“ das neue „Hip“ zu sein.  «Ugly fashion», die Modeströmung zur Hässlichkeit,  signalisiert diese unaufhaltsame Lust am Unschönen, an der Disharmonie, am Chaos, am Destruktiven. Sie ist Ausdruck eines massenhaften Symptoms einer verdrehten Ästhetik. Die Modewelt scheint Kopf zu stehen: Kaputt, klobig, schräg und abseitig muss es sein: zerrissene Jeans und Klamotten, die nicht mal zur Altkleidersammlung taugen, ausufernde Turnschuhsohlen, Crocs und andere sperrige Latschen, klobige, einst als Kassengestelle verschriene und nun per Nerd-Image geadelte Brillen, bis hin zu das Gesichts entstellende Mehrfach-Piercings in Lippen, Nasen und Backen.
Als hielten  Menschen Balance,  Harmonie, Proportionen und  Vollkommenheit nicht mehr auch, soll möglichst alles quer und unstimmig sein.

Wer den Trend zum Hässlich-Chaotischen  als Spiegel gesellschaftlichen Geschmacks heranzieht,  ahnt, welche Botschaften von Ästhetik in der postmateriellen Gesellschaft angesagt sind. Anscheinend  ist die Lust am Zerschlagen von Harmonie und Kitsch einstiger Dadaisten, Surrealisten und Fluxus-Künstler mit  Verspätung in der breiten Masse angekommen. Es ist ein Trend zum Chaos, der sich im Bemühen   „dazuzugehören“ und „cool“ zu sein, seit Jahrzehnten selbst nährt, aber wohl bald seinen Höhepunkt erreicht haben dürfte. Denn wer hält auf Dauer schon soviel Disharmonie und Hässliches aus? Nicht von ungefähr fahren Menschen  im Urlaub an „schöne“ („heile“) oder suchen Kraft in der Vollkommenheit der Natur, um ihre Seele aufzutanken

Obgleich Menschen insgeheim nach Schönheit und Vollkommenheit streben, wovon paradoxerweise  vielen  mit der Huldigung von „Hässlichem“ einhergehenden  Trends zur Optimierung  von Körper und Aussehen zeugen, wird dieser Widerspruch im Bemühen „In“ zu sein kaum wahrgenommen oder einfach  ignoriert. Da laufen beispielsweise gesichtsgeliftete Damen in perfekt zurechtgehungerten Traumfiguren in teuren zerrissenen Designer-Jeans mit hässlich klobigen Brillen herum, ohne  diese Absurdität ihres Auftritts wahrzunehmen.

Im Auge des Betrachters und Anlegers?

Marcel Duchamp versuchte 1917 vergeblich das Standart-Urinal Fountain als antiästhetisches Statement auszustellen. Er versuchte die Schönheit aus der Kunst zu eliminieren, erläutern Sagmeister und Walsh. Foundain wurde in den 70er Jahren von 500 Experten/innen zum bedeutendsten Kunstwerk des 20. Jahrhunderts gewählt. Und was sagt Ihnen Ihr Bauchgefühl? © Foto: Diether v. Goddenthow
Marcel Duchamp versuchte 1917 vergeblich das Standart-Urinal Fountain als antiästhetisches Statement auszustellen. Er versuchte die Schönheit aus der Kunst zu eliminieren, erläutern Sagmeister und Walsh. Foundain wurde in den 70er Jahren von 500 Experten/innen zum bedeutendsten Kunstwerk des 20. Jahrhunderts gewählt. Und was sagt Ihnen Ihr Bauchgefühl? © Foto: Diether v. Goddenthow

In der Kunst scheint geschmacklicher Selbstbetrug oftmals noch nachhaltiger als in der Mode zu sein, da hier die Dinge zumeist viel ernster genommen werden,  oftmals im angestrengten Bemühen zu einer angenommenen kleinen tonangebenden Elite zu gehören, die fortschrittliche Kunst „versteht“ und „voranbringt“: Da avanciert bekanntermaßen schon mal eine „Fett-Ecke“ oder ein  „Schrotthaufen“ zu etwas Großartigem. Oder ein  Pissoir, wie das in der Ausstellung in Kopie gezeigte Sanitärporzellan von Duchamp, wird  als „Ready-Made“  zur neuen Kunst-Gattung ausgerufen, nachdem es 1917 als einziges von 2500 Werken nicht als Kunstwerk in der New Yorker „Big Show“ zugelassen wurde.
Die Debatten darüber, was Kunst sei und nicht, sind ja hinlänglich bekannt. Sie führen letztlich zu nichts. Wenn eben jemand für Jeff Koons Skulptur „Balloon Dog Orange“ (ein überdimensionaler Ballonhund)  43 Millionen  Euro bezahlt, ist das eben sein Privatvergnügen. Biennale Venedig, Documenta & Co. lassen grüßen. Denn letztlich ist es Ansichtssache,  was gefällt und was nicht. Nach dem „neuen Kunstbegriff“, was immer darunter zu verstehen ist, soll ja auch nicht wie einst die „schönen Künste“ gefallen und zur Erbauung des Menschen beitragen. Zu meinen, Kunst solle „schön sein“ ist eines der wohl größten Missverständnisse über die Bedeutung und das Wesen von Kunst seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Kunst soll vor allem Fragen an die Welt stellen, anregen, faszinieren und zu emotionalen Erlebnissen führen und keine (schönen) Lösungen anbieten wie Design.

Kunst liegt bekanntermaßen  im Auge des Betrachters, aber nicht nur. Oftmals liegt Kunst auch im Auge des Anlegers unter Wertsteigerungsaspekten, im Auge des Museums/ des Kunsthandels unter Aspekten von Künstler-Renommees und Sammlungs-Bedeutung, oder sie liegt auch im Auge von Künstlern und ihren Vermarktern in Kenntnis der Marktmechanismen und entsprechenden Nomenklaturen des Kunstmarktes.  Kunst muss Vieles, nur eines nicht: schön sein! In diesem Zusammenhang sei die Lektüre von Herbert Molderings „Die nackte Wahrheit. Zum Spätwerk von Marcel Duchamp“ Hanser-Verlag, München 2012 (ISBN: 978-3-446-23872-5) empfohlen.

Vom guten Schönen und hässlichen Bösen

Was „Schönheit“ ist, vermögen zwar auch die Ausstellungsmacher nicht zu sagen. Zu den wichtigsten Merkmalen von Attraktivität zählen sie jedoch: Symmetrie, Einfachheit, Balance, Klarheit, Kontrast und Proportion.

Für Platon war Schönheit ein moralischer Wert: Was gut ist, ist schön, und was schön ist, ist gut. Hiernach leitet sich Ästhetik ab von Ethik. Plato glaubte, so erfahren die Besucher, dass alles Schöne wahrhaftig ist – „Schön ist gut ist wahr“. So wurde in den letzten 200 Jahren Schönheit lange mit „Gutheit“ gleichgesetzt. Bekannt ist dieses Schema von „schönen Guten“ und „hässlichen Bösen“ aus Märchen, und es gilt in Comics, Video-Games oder Filmen bis heute.

Schönheit in der Steinzeit

Prähistorische, aus Elfenbein  geschnitztes Mammut. Ort: Senckenberg-Museum.© Foto: Diether v. Goddenthow
Prähistorisches, aus Elfenbein geschnitztes Mammut. Ort: Senckenberg-Museum.© Foto: Diether v. Goddenthow

Als sexuell anziehend empfinden Menschen nicht nur physische Schönheit, sondern auch die Fähigkeit, schöne Dinge zu kreieren. Schönheit spielte während der gesamten Menschheitsgeschichte eine wichtige Rolle. Als älteste Kunstwerke der Menschheit sind Vögel, Löwenmenschen, ein Wildpferd und Frauengestalten (Venus von „Venus vom Hohle Fels“ und „Willendorf“ aus Knochen und Elfenbein der Altsteinzeit von vor bis zu 35.000 Jahren bekannt. In der Ausstellung werden dafür stellvertretend Faustkeile gezeigt, die nicht nur als Werkzeuge, sondern auch wohl als erste Kunstwerke dienten.  „Für den symmetrischen Schliff von Steinäxten gab es keine Begründung, allerdings gewannen die Hersteller dieser Werkzeuge mit ihrem Gefühl für symmetrische Gestaltung und mit feinmotorischem Können an Attraktivität.“, so die These.

Das Streben nach Schönheit im 19. Jahrhundert

Das 19. Jahrhundert war von Schönheit besessen. Künstler/innen wie Anselm Feuerbach widmeten ihr ihr ganzes Schaffen, so die  Sagmeister. © Foto: Diether v. Goddenthow
Das 19. Jahrhundert war von Schönheit besessen. Künstler/innen wie Anselm Feuerbach widmeten ihr ihr ganzes Schaffen, so die Sagmeister. © Foto: Diether v. Goddenthow

Das 19. Jahrhundert, so erfahren Besucher, war von Schönheit besessen: Künstler wie Anselm Feuerbach widmete „der“ „Schönheit“ sein ganzes Schaffen, wobei das Streben nach Schönheit oft nahe zum Kitsch führte. Der  Höhepunkt dieser Entwicklung lag wohl gegen Mitte, Ende des 19. Jahrhunderts  mit Aufkommen des lithografischen Farbendrucks  und den neuen vielfältigen Möglichkeiten, „Kunstwerke“, „Tapeten“, „Textilien“, „Möbel“, „Stuck“ usw. industriell herzustellen. Die (groß-)bürgerlichen Wohnstuben der Gründerzeit waren  oftmals überfrachtet mit allerlei Sehnsuchts-Tinnef, Geschmeide, schweren Vorhängen, massiven Möbeln, neobarocken- bis keltisch anmutenden Ornamenten und Schnörkeln.

Jugendstil: zurück zu den natürlichen Wurzeln

Impression aus dem Museum Künstlerkolonie Darmstadt. © Foto: Diether v. Goddenthow
Impression aus dem Museum Künstlerkolonie Darmstadt. © Foto: Diether v. Goddenthow

Etwa gegen 1900 setzte sich insbesondere im Bildungsbürgertum  mit Lebensreform- und Freikörperkultur–Bewegungen auch ein neuer,  die Natur zitierender, klarerer Stil durch: der Jugendstil. Die Lebensreformbewegung war als Antwort auf die negativen, umweltbelastenden und krankmachenden Folgen der industriellen Revolution und des maßlosen Kapitalismus (Manchester-Kapitalismus) im Wesentlichen beeinflusst von der Philosophie Friedrich Nietzsches (1844 – 1900, nämlich von der Idee einen neuen Menschentyp zu schaffen, der sich aufmachen werde, „etwas Neues zu sein, etwas Neues zu bedeuten, neue Werte darzustellen“ (Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, 1886). Die Aufgabe dieses neuen Menschen sollte sein: eine neue soziale Ordnung vorzubereiten, „gegründet auf ästhetische Kriterien und bevölkert von gesunden Körpern“. Infolge dieser ersten „Zurück-zur-Natur-Bewegung“ fanden unter dem Begriff Jugendstil (und seiner verschiedenen Schulen) inbesondere floral geschwungenen Linien und großflächige Muster, Blumen- und Pflanzenornamente als Hinweis auf des menschen natürlichen Ursprungs Eingang in Kunst, (Gebrauchs-)Design und Architektur. Siehe hierzu: Jugendstil-Ausstellung in Wiesbaden im Rahmen des Jugendstiljahrs)

Ornament und Verbrechen

Ein scharfer Kritiker des Jugendstils im Allgemeinen und der „Wiener Secession“ im Besonderen war der Publizist und Architekt und Wahl-Wiener Adolf Loos (1870 – 1933).  Warum auch immer, vielleicht weil er sich profilieren und abheben wollte,  lehnte Loos die angewandte Kunst ab. Er hielt nichts davon, Gebrauchsgegenstände ohne funktionellen Nutzen in besonderer Weise künstlerisch aufzuhübschen (Form folgt Funktion). Eine Tasse beispielsweise, musste nicht schön sein, sondern als Trinkgefäß funktionieren!  Er nannte es gar ein „Verbrechen“, dass Handwerker ihre Zeit auf Ornamentierung verwendeten, „da Ornamente den Launen der Mode unterworfen wären und somit die Veralterung eines Gegenstandes beschleunigen würden“, zitieren Sagmeister & Walsh sinngemäß aus Loos berühmter Vortragspolemik „Ornament und Verbrechen“ von 1910. Loos verachtete das Imitieren,   das „Stehlen aus der Vergangenheit“, und postulierte, dass Funktionalität und Abwesenheit von Ornamenten im Sinne menschlicher Kraftersparnis ein Zeichen hoher Kulturentwicklung sei.  Die Ästhetik war im Bestreben nach optimaler Funktion eher nebensächlich, bei Gebrauchsgegenständen genauso wie in der neuen Architektur der frühen 1920er Jahre wie sie vom Bauhaus   angestoßen wurde und weltweit Verbreitung fand. Daran änderte auch nichts, dass später  manch „Monotones“ schön geredet wurde, was insbesondere in der  inzwischen auch 100 Jahre alten  „neuen Moderne der Architektur“ der Fall war, wo offensichtlich auch jede noch so abstoßende Hässlichkeiten wie triste Trabantentädte mit irgendwelchen sozialen Theorien für einen „neuen Menschen“ geheiligt wurden (siehe unten: Mainz sollte mit Hochhäusern bepflastert nach 1945 zur „Idealstadt der Zukunft“ werden).

Als der Abriss der Pariser Innenstadt drohte 

Adolf Loos hatte einen immensen Einfluss auf das Bauhaus in Deutschland und auf Le Corbusier in Frankreich. Bauhaus prägte  maßgeblich das Architektur- und Designdenken der folgenden 100 Jahre.
Le Corbusier (1887 – 1965), schweizerisch-französischer Architekt, Architekturtheoretiker, Stadtplaner, Maler, Zeichner, Bildhauer und Möbeldesigner hatte 1925 gar  den vom Automobil- und Flugzeughersteller Gabriel Voisin finanzierten Plan Voisin, große Teile des alten Pariser Zentrums am rechten Seine-Ufer abzureißen. Statt der von Haussmann im neugotischen und neuromanischen sowie im  neo-byzantinischen, neoklassischen  und Neorenaiccance-Stil erbauten Pariser Innenstadt mit ihren unvergleichlichem Flair  aufgrund dieser Formenvielfalt, wollte Corbusier im Bemühen um eine „zeitgenössische Stadt“ 18 locker und regelmäßig angeordnete sechzigstöckige Hochhäuser mit kreuzförmigem Grundrissen in die Metropole an der Seine klotzen.  Anstelle der typischen, für mehrere Familien verschiedener Gesellschaftsschichten  errichteten  Fünf- bis Sieben- Geschoss-Bauten mit Geschäften im Erdgeschoss und darüber liegenden Wohnungen für die Besitzer sollten gleichförmige Massenunterkünfte die Menschen beglücken.  Verschwunden wären all die bislang gemischt genutzten Viertel pulsierenden Lebens mit Cafés, kleinen Geschäften, Betrieben und Boulevards und mit ihnen das pulsierende urbane Leben, was Menschen lieben und das Leben miteinander  schöner macht.

Le Corbusier wollte Wohn- und Arbeitsviertel durch mehrspurige Schnellstraßen trennen. Seine architektonische Radikalität und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem historischen Bestand stieß jedoch auf ein kritisches Echo und konnte sich nicht durchsetzen und wurde  zum Musterbeispiel einer inhumanen, schematischen Rasterarchitektur. Diese fand aber in der Sowjetunion, später, modifiziert in der DDR, zahlreiche Anhänger. (Buchtipp: Ursula Muscheler. Das rote Bauhaus – Eine Geschichte von Hoffnung und Scheitern, Berenberg Verlag, Berlin 2016, ISBN 9783946334101 Gebunden, 144 Seiten, 22,00 EUR)

Paris heute und das Paris  eines Le Corbusiers: Auf der linken Leinwand werden Orte vom heutigen, historisch erhaltenen Paris gezeigt. Die rechte Leinwand zeigt parallel den gleichen Ort  mit Hochhausbebauung. © Foto: Diether v. Goddenthow
Paris heute und das Paris eines Le Corbusiers: Auf der linken Leinwand werden Orte vom heutigen, historisch erhaltenen Paris gezeigt. Die rechte Leinwand zeigt parallel den gleichen Ort mit Hochhausbebauung. © Foto: Diether v. Goddenthow

Wie Le Corbusiers Paris ausgesehen hätte,  wäre sein Plan Voisin real geworden, können  die Besucher an Simulations-Leinwänden erfahren: auf der einen, der linken Leinwand werden Ortsansichten vom heutigen, historisch erhaltenen Paris gezeigt. Die rechte Leinwand präsentiert parallel die gleiche Blickachse auf den selben Ort mit simulierter Hochhausbebauung. Sagmeister & Walsh bemerken dazu: „Heute wissen wir“, wie katastrophal das gewesen wäre. Die Wohnviertel wären tagsüber wie ausgestorben und die Arbeiterviertel nachts leer gewesen: Moderne Stadtplaner halten das genaue Gegenteil dieses Konzeptes – gemischt genutzte Viertel – für wirklich erfolgreich.“

Bürgerinitiativen vereitelten Mainzer und Wiesbadener Abriss-Gau 

Auch diese historistische Villa in der Bierstadter Strasse wäre wie hunderte andere, in denen May keinen ästhetischen Wert sah, seinen 1960er Planen vom neuen Wiesbaden zum Opfer gefallen, © Foto: Diether v. Goddenthow
Auch diese historistische Villa in der Bierstadter Strasse wäre wie hunderte andere, in denen May keinen ästhetischen Wert sah, seinen 1960er Planen vom neuen Wiesbaden zum Opfer gefallen, © Foto: Diether v. Goddenthow

Was in Paris der späten 1920er Jahre nicht durchsetzbar war,  glückte teilweise jedoch in Nachkriegsdeutschland. Autogerechte, gesichtslos gebliebene Städte wie Ludwigshafen, Gießen, Hanau, Offenbach, Kassel und viele andere wiederaufgebaute Orte zeugen bis heute noch von einer rein funktionalen Städteplanung, in der Schönheit keinen Platz hatte.

Mainz, welches im Krieg zu 80 Prozent zerstört worden war, ist  nach 1945 ganz knapp einem Totalabriss seiner noch letzten historischen Bausubstanz  entgangen. So sollte Le Corbusier-Kollege Marcel Lods  bis auf das unmittelbare Dom-Umfeld sämtliche restliche Altbausubstanz inklusive des noch relativ erhalten gebliebenen  Gründerzeit-Viertels „Neustadt“ abreißen und mit Scheibenhäusern (ähnlich den  Grindelhäusern in Hamburg) neu bebauen. Mainz sollte Muster einer „Idealstadt der Zukunft“ werden. Nur wegen allmählichen Bedeutungsverlustes der französischen Besatzer konnte 1949 dies eine Bürgerinitiative gerade noch vereiteln.

Goldgasse, Altstadt-Zentrum des im Volksmund bezeichneten Wiesbadener Schiffchens sollte ebenfalls Ernst Mays Plänen vom Neuen Wiesbaden zum Opfer fallen. © Foto: Diether v. Goddenthow
Goldgasse, Altstadt-Zentrum des im Volksmund bezeichneten Wiesbadener Schiffchens sollte ebenfalls Ernst Mays Plänen vom Neuen Wiesbaden zum Opfer fallen. © Foto: Diether v. Goddenthow

In  Wiesbaden hätte  die Stadtregierung fast selbst die Zerstörung ihrer historischen Stadt besorgt.  Hier verhinderte Anfang der 1960er Jahre eine Juso-Bürgerinitiative um Jörg Jordan, Achim Exner und Michael von Poser die Umsetzung von Ernst Mays gefeierten Visionen vom „Neuen Wiesbaden“ mit Abriss großer Innenstadt-Areale (Bergkirchenviertel, Schiffchen etc.) sowie wertvoller Villenviertel. Diese „City Ost“ sollte zu einem Verwaltungszentrum mit hohen Gebäuderiegeln und großen Verkehrsachsen nach Mainz und Frankfurt werden. Siehe Beitrag „Hochhäuser am Bierstadter Hang wiesbadener kurier“ vom 14.6.2019.
In der ehemaligen DDR hatte sich der im Bauhaus entwickelte Plattenbau bei der Wohnungsversorgung der Bevölkerung durchgesetzt. Historische Altbausubstanz galt als nicht mehr sanierbar, und durfte  als Relikt von feudaler und  bourgeoiser  Klassenfeind-Architektur  dem Verfall preisgegeben werden getreu dem Motto „Ruinen schaffen ohne Waffen“.  Wo nicht großflächig abgerissen oder Kirchen wie die Leipziger Paulinerkirche weggesprengt wurden, überließ man die Altstädte weitestgehend ihrem Verfalls-Schicksal!

Verarmung von Form und Vielfalt durch Bauhaus

Varmung von Form und Vielfalt: China einst und Peking heute. © Sagmeister und Walsh Foto: Diether v. Goddenthow
Varmung von Form und Vielfalt: China einst und Peking heute. © Sagmeister und Walsh Foto: Diether v. Goddenthow

Wie die Ausstellungsmacher bemerken, führte der internationale (Bauhaus-)Stil, was die Gestaltungsvielfalt anbetrifft, allerorten eher zu einer Verarmung von Form und Vielfalt. So bedauern sie, dass sich durch Bauhaus die Architektur weltweit angeglichen habe: „Ob in der brütenden Hitze der Tropen oder klirrenden Kälte der Arktis – man lebte und arbeitete in einer Schachtel“, kritisieren Sagmeister & Walsh. Dabei nehmen sie insbesondere die sich hierdurch überall gleichsam ausbreitende architektonische Hässlichkeit auf die Schippe: In einem Sichttunnel stellen sie die monoton rein zweckmäßig gestalteten Münchener Einheits-U-Bahnstationen den fantasievollen, jeweils von einem anderen Architekten entworfenen  U-Bahnstationen der Moskauer Metro gegenüber. In einem Lautsprecher wird erläutert,  dass in Moskau das U-Bahnfahren für viele Menschen zum Erlebnis werde. Viele Leute stiegen gar aus, um Fotos in der zur Touristenattraktion gewordenen Moskauer U-Bahn Fotos zu schießen. In  Münchener U-Bahnstationen würde man das nicht beobachten.

Begehbare Visualisierungs-Röhre: Münchener und Moskauer U-Bahngestaltungen im Vergleich. © Foto: Diether v. Goddenthow
Begehbare Visualisierungs-Röhre: Münchener und Moskauer U-Bahngestaltungen im Vergleich. © Foto: Diether v. Goddenthow

Als weiteres Beispiel weltweit identitätsloser Gleichförmigkeits-Architektur zeigen die Ausstellungsmacher 8 nebeneinander gestellte Fotos von internationalen Flughafen-Schalterhallen mit den Worten: „Wenn man von Zürich nach Bangkok und über Xi’an nach Brüssel fliegt … sieht man besser auf dem Ticket nach, wo man gerade ist – an der Flughafenarchitektur erkennt man es nicht.“

Schon ein Topf Farbe kann triste Bauten lebenswerter machen 

Richtig Hässliches habe die moderne Architektur den Menschen zugemutet. Wie die Ausstellungsmacher empirisch herausgefunden haben wollen, sei  Braun  die hässlichste Farbe und das Rechteck die hässlichste Form:   Ausgerechnet  die braune Schachtelform zählte, so  Sagmeister & Walsh, in den letzten 100 Jahren zu den dominantesten Formen der Architektur. Dies wird mit Bildmaterial   typischer 1970er Bauten einschlägig belegt und mit einem  kackbraunen Rechteck an prominenter Stelle visuell untermauert. Natürlich gäbe es praktische Gründe für rechteckige Formen, womit die Ausstellungsmacher wohl ein wenig an den mit dieser Einfach-Architektur  höher  erzielbaren Profit anspielen. „Doch wenn wir indigene /historische Architektur betrachten, spielt das Rechteck in fast allen Kulturen eine eher untergeordnete Rolle!“, so die Ausstellungsmacher.

Eintönige, funktionale (Hochhaus-)Architektur  wie sie insbesondere auch im Brutalismus (Béton Brut = roher Beton) praktiziert wurde, erzeugen bei Menschen häufig Stress. Es ist bekannt, dass graue Einheitssiedlungen Menschen krank, depressiv und aggressiv machen können. Nicht von ungefähr entstehen die meisten sogenannten Brennpunkt-Viertel inmitten trister Trabanten- und Satelliten-Viertel. Allein schon mit Farbe lassen sich viele hässliche Bauten aufhübschen. Sagmeister & Walsh zeigen dies am Beispiel von Albaniens Hauptstadt Tirana, einer Stadt in traurigem Zustand mit grauen, vor sich hin bröckelnden Häuserblocks. Bereits ein wenig Verschönerung durch Fassaden-Farbe habe bei den Menschen Wunder bewirkt. So beschloss der Bürgermeister Edi Rama Tirana bunt anzustreichen. „Dies führte zu einem Rückgang der Kriminalität und zu steigenden Steuereinnahmen, da die Bevölkerung das Gefühl hatte, die Regierung unternehme endlich etwas“.

Menschen brauchen Natur – Begrünte High-Line

Frappant  waren auch die Erkenntnisse über den Einfluss von schöner Umgebung auf die  Seele des Menschen nach der Begrünung einer stillgelegten Hochbahn-Trasse im Manhattener Stadtteil West Chelsea 1980.  Nachdem die Trasse der stillgelegten Hochbahn  aus den 1930er Jahren von den Designstudios DS-R und James Corner Field Operations in einen Hochpark verwandelt wurde, veränderte sich das gesamte Viertel positiv: Sagmeister & Walsh zitieren die New York Times,  „dass in den sechs Jahren seit der Eröffnung kein einziges Verbrechen auf der High-Line an die zuständigen Polizeireviere gemeldet wurde.“ Die begrünte High-Line habe es auch geschafft, das Verhalten ihrer Nutzer/innen zu verändern. Trotz Millionen von Besucher/innen, so Sagmeister & Walsh, sähe man nicht weggeworfenes Papier oder leere Getränkedosen.

Wo Menschen gern wohnen und leben

Menschen würden, könnten sie es sich leisten, lieber in schönen Häusern mit viel Grün drumherum wohnen. Schon mit der Lebensreformbewegung Ende des 19. Jahrhunderts kam in England die Idee auf, Gartenstädte zu bauen, damit die Arbeiter gesünder und zufriedener leben. Was 1903 mit der ersten englischen Gartenstadt Letchworth begann, hatte der Architekt und Frankfurter Stadtplaner Ernst May in seiner legendären frühen Phase, in den Jahren 1925 bis 1930, unter anderem mit der Reihenhaussiedlung Höhenblick im Grünen in Frankfurt fortgesetzt. Die schlichte und offene Architektur der heute in Eigentum umgewandelten und weitestgehend sanierten Reihenhäuser  gibt bis  heute nach Jahrzehnten  den Bewohnern  noch das Gefühl, in einem Urlaubsparadies zu leben. Siehe hierzu auch HISTORISCHES MUSEUM FRANKFURT: „WIE WOHNEN DIE LEUTE?“ – MIT DEM STADTLABOR DURCH DIE ERNST-MAY-SIEDLUNGEN.

Brachte die funktionale standardisierte und somit erheblich kostengünstigere Bauweise erhebliche Vorteile in der Wohnqualität (Bad, Toilette, Frankfurter Küche, Kohleheizung etc.) kann dies m.E. jedoch leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass eben die ersten – aus der Not heraus geborenen –  Großsiedlungen der 30er Jahre und  der Nachkriegsarchitektur  alles andere als schön waren. Vor allem bleibt die Frage, warum in folgenden Zeiten der 1970er Jahre, wo man es eigentlich schon hätte besser wissen können, immer noch mehr triste Satelliten-Städte an den Rändern der Metropolen mit später neuen Brennpunktvierteln entstanden, Hochhaussiedlung, die noch hässlicher und öder waren, als die Nachkriegs-Siedlungsquartiere der 1950er Jahre.

Festhalten an der  „Schachtel“

Und obgleich die seit 2007 in Berlin gegründete Bundesstiftung Baukultur unter dem Motto „Räume prägen Menschen, und Menschen prägen Räume“ als unabhängige Einrichtung für eine lebenswerte Baukultur wirbt, die neben sozialen, ökologischen und ökonomischen Bezügen auch eine emotionale und ästhetische Dimension habe, ist von einer tatsächlichen Zeitenwende hin zum fantasievollen menschenorientierten Wohnungsbau recht wenig zu spüren.
Weiterhin muten Architekten beinahe ganz in der Tradition von Bauhaus und dem Reduktionsideal verpflichtet, entgegen ihrer oftmals in blumiger Prospekt-Visualisierungen den Menschen nach wie vor Schuhkarton-Architektur zu. Das neue Frankfurter Europa-Viertel ist eines von unzähligen ähnlichen  Beispielen moderner Wohn-Betonwüsten. Auch bei Sanierungen öder Altbausubstanz, z.B. aus den 1970er Jahren bleibt es meistens von der Außenansicht her bei tristen bedrückenden Wohnburgen, die nicht unbedingt im Sinne einer Gartenstadt die menschliche Seele beflügeln. Ein Beispiel: 2019/2020 wurde die Mitte der 1970er Jahre von den Architekten Kraemer, Pfennig und Sieverts (KPS) einst als experimentelle Erweiterungsbauten des Studentendorfs Schlachtensee realisierten und gefeierten tristen Gemeinschaftsbauten mit 351 Wohneinheiten umfangreich saniert. Doch leider wurde auch hier wie immer noch so oft einmal mehr die Chance vertan, der Außenfassade eine anregende Farbe zu gönnen, und das nach 50 Jahren sogenannte Weiterentwicklung in der Baukultur.

Ein Beispiel für die neue Baukultur stellt die Bundesstiftung Baukultur auf ihrer Website vor:  So wurden 2019/2020 die Mitte der 1970er Jahre von den Architekten Kraemer, Pfennig und Sieverts (KPS) als experimentelle Erweiterungsbauten des Studentendorfs Schlachtensee realisierten Gemeinschaftsbauten mit 351 Wohneinheiten  umfangreich saniert, aber die Chance vertan, der  Außenfassade  eine anregende Farbe  zu gönnen. Foto: Mila Hacke
Ein Beispiel für die neue Baukultur stellt die Bundesstiftung Baukultur auf ihrer Website vor: Trotz umfangreicher Sanierung 2019/2022 wurde wieder einmal die Chance vertan, der Außenfassade eine anregende Farbe zu gönnen. Foto: Mila Hacke

So bleibt ein Rätsel, weswegen trotz aller Kritik an der neuen Moderne, etwa des Deutschen Instituts für Stadtbaukunst ( der Düsseldorfer Erklärung über die Europäische Stadt mit Plätzen und Quartieren), weswegen trotz unzähliger Workshops, Bürgerinitiativen usw. weiterhin gnadenlos einfallslos im Schachtel-Stil an menschlichen Lebensbedürfnissen oft vorbei gebaut wird?  Denn, ob im  Europaviertel in Frankfurt am Main, am Berliner Hauptbahnhof oder in der Bahnstadt von Heidelberg – an solchen Orten will und kann sich kein Stadtgefühl einstellen.

Boomende Altstadtquartiere und historische Tourismusziele zeigen, wo Menschen gerne wohnen würden

Teilrekonstruierte Frankfurter Allstadt.  © Foto: Diether v. Goddenthow
Teilrekonstruierte Frankfurter Allstadt. © Foto: Diether v. Goddenthow

Nicht von ungefähr boomen Altbauquartiere wie in Berlin-Prenzlauer Berg, Hamburg-Eppendorf, München-Schwabing, Kölns Belgischem Viertel, Dresden-Neustadt, Leipzig-Waldstrassen-Viertel, Mainz-Neustadt, Wiesbaden, Baden-Baden und in vielen anderen deutschen Städten. Diese gewachsene, häufig liebevoll restaurierten Quartiere mit wunderbaren stuckverzierten Altbauwohnungen bis hin zum alternativen Flair bieten all das, was sich Menschen an lebendiger, facettenreicher Urbanität wünschen. Da bislang nicht adäquat ausreichend neugebaut wird, explodieren  in diesen Szene-Vierteln die Preise, so dass sich mittlerweile oft nur Besserverdienende oder „Erben“ diese Lagen leisten können.  So ist verständlich, wenn es in diesen Vierteln immer häufiger  zu Protesten gegen Spekulation und Gentrifizierung kommt. Diese „Abstimmung mit den Füßen“  unterstreicht aber doch  noch einmal mehr und eindrucksvoll den starken Wunsch der Menschen, in welcher Umgebung lieber leben würden.  Und  zeigt nicht auch  der großartige Erfolg der teilrekonstruierten Frankfurter Altstadt einmal mehr für welche Art von Quartieren  die Herzen der Menschen schlagen?

Blick in die Tourismus-Prospekte

Historisches Gebäude der Werkschule von Walter Gropius. © Foto: Diether v. Goddenthow
Historisches Gebäude der Dessauer Werkschule von Walter Gropius. © Foto: Diether v. Goddenthow

Dass Menschen nach dem Schönen streben, ist   Stadtoberen und Planern bekannt. Das belegt  allein ein Blick in Tourismusprospekte der Städte. Hierin wird verständlicherweise nur mit außergewöhnlichen, mit besonders schönen oder historischen  oder rekonstruierten Bauten und Plätzen geworben.

Rekonstruiertes Meisterhaus eines Bauhauslehrers der 1920er Jahre. © Foto: Diether v. Goddenthow
Rekonstruiertes Dessauer Meisterhaus eines Bauhauslehrers der 1920er Jahre. © Foto: Diether v. Goddenthow

Selbst die im Krieg schwer zerstörte, einstmals wunderschöne barocke Residenz- und spätere Bauhaus-Stadt Dessau,  vermeidet in ihren Prospekten mit dem hässlichen Charme ihre DDR-Platte und abhanden gekommenen Stadtzentrums zu werben. Dessauer Prospekte bilden nur das „Schöne“ in Dessau ab, etwa das inzwischen zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Bauhaus-Gebäude von Walter Gropius  sowie die in parkähnlichen Kiefernwäldchen eingebetteten rekonstruierten Meisterhäuser sowie  die wenigen vorzeigbaren historischen Bauten, wie zum Beispiel das wiederaufgebaute Rathaus.

Schön bauen heißt nicht „zurück zur Gründerzeit“

Der bolivianische Architekt Freddy Mamani zeigt am Beispiel von sechzig Gebäuden in Et Atto, der höchstgelegenen Stadt der Welt, wie sich Architektur formschön weiterentwickeln könnte. © Sagmeister & Walsh
Der bolivianische Architekt Freddy Mamani zeigt am Beispiel von sechzig Gebäuden in Et Atto, der höchstgelegenen Stadt der Welt, wie sich Architektur formschön weiterentwickeln könnte. © Sagmeister & Walsh

Um „schön“ zu bauen, muss kein Architekt zurück zu Gründerzeit oder mittelalterlichen Fachwerkstil. Sagmeister & Walsh zeigen, wie sich Architektur auch formschön weiterentwickeln kann am Beispiel von sechzig Gebäuden in Et Atto (höchstgelegene Stadt der Welt) des bolivianischen Architekten Freddy Mamani. Er kombiniert indigenen Stil, Art déco und Lad Vegas Glamour miteinander.

Die Architektur spricht für sich, auch der große touristische Andrang. Hundertwasser hat einfach für die menschliche Seele gebaut. Es handelt sich hierbei um eine von 1983 bis 1985 erbaute Wohnhausanlage der Gemeinde Wien und befindet sich an der Ecke Kegelgasse 34–38 und Löwengasse 41–43 im 3. Wiener Gemeindebezirk. © Foto: Diether v. Goddenthow
Die Architektur spricht für sich, auch der große touristische Andrang. Hundertwasser hat einfach für die menschliche Seele gebaut. Es handelt sich hierbei um eine von 1983 bis 1985 erbaute Wohnhausanlage der Gemeinde Wien und befindet sich an der Ecke Kegelgasse 34–38 und Löwengasse 41–43 im 3. Wiener Gemeindebezirk. © Foto: Diether v. Goddenthow

Und wer liebte nicht Hundertwasser-Häuser oder die fantastischen Gebäude des katalanischen Architekten Antoni Gaudís. Diese  allesamt zu touristischen Attraktionen aversierten Bauten zeigen, wie sich  Architektur formschön weiterentwickeln kann.

Die positive Wirkung von „Schönheit“
Schönes wirkt nachweislich unmittelbar auf die Dopamin-Rezeptoren und auf das Empfinden, weswegen „Schönheit“ und „schöne“ Gestaltung durchaus auch funktionell verstanden werden, so Sagmeister & Walsh. Es ist ja hinlänglich bekannt, dass schöne Menschen schon von Kleinkindern als angenehmer und liebenswürdiger empfunden werden, und die Werbung sich diesen Umstand zunutze macht. „Zu den wichtigsten Merkmalen für visuelle Attraktivität zählen Symmetrie, Einfachheit, Balance, Klarheit, Kontrast und Proportionen“. Allerdings sei kein Objekt per se in dieser Ausstellung schön, da Schönheit in unserem Kopf entstünde. Wie schön Menschen ein Objekt empfinden hängt eben damit zusammen, wie vertraut es uns ist, der Kontext, in dem wir dem Objekt begegnen, unsere individuelle Vorgeschichte, unsere Bildung, Sozialisation und Kultur.
Beispiele aus allen Epochen der Menschheitsgeschichte lassen im Ausstellungsbereich „Die Geschichte der Schönheit“ keinen Zweifel am historischen Begehren nach Schönheit.

Im Kapitel „Im Auge des Betrachters“ werden bemerkenswerte Ähnlichkeiten in verschiedenen Kulturen und Zeitepochen aufgespürt, die belegen, dass ästhetisches Empfinden weniger subjektiv ist als gemeinhin angenommen. Wie universell das Schönheitsempfinden ist, verdeutlicht unter anderem die Visualisierung von Untersuchungen von Chris McManus, Psychologe am University College London: 85 Prozent der Proband*innen können auf Anhieb ein Werk von Piet Mondrian von der leicht abgeänderten Fälschung unterscheiden. Einmal mehr laden Sagmeister & Walsh hier zur Interaktion ein: Die Eintrittskarte, die man beim Kauf an der Kasse erhält, ist mit geprägten Münzen versehen, die auch zum Abstimmen über Lieblingsformen, –farben und –gerüche eingesetzt werden können. Insbesondere um Farbwahrnehmung geht es in The Color Room. Der mit intensiven, blau-rosafarbenen Mustern überzogene Raum wird regelmäßig mit einem speziellen Licht beleuchtet, das bestimmte Farbtöne grau erscheinen lässt. Farbigkeit wird gemeinhin als schöner empfunden.

Schönheit hat auch ein transformatorisches Potenzial, die Welt zu verbessern, wie im Ausstellungsbereich „Transformierende Schönheit“ verdeutlicht wird. Das zeigt unter anderem die Installation From Garbage to Functional Beauty: Der französische Designer Thierry Jeannot schafft gemeinsam mit mexikanischen Müllsammler*innen einen wunderschönen Kronleuchter aus Plastikmüll. Mit der VR–Installation Tyranny of the Tool, entwickelt von Florian Hönig und Michael Sänger von Unbound Technologies, können Besucher*innen ihre ganz eigene Skulptur im virtuellen Raum erschaffen.

Die Ausstellung Beauty, deren Titel zunächst vielleicht eher an Kosmetik oder Modepräsentation denken lässt, ist absolut empfehlenswert. Man sollte sich Zeit lassen, eventuell zweimal in die Ausstellung gehen: Ein erstes Mal, um einen Eindruck zu bekommen und die Themen aufzunehmen. Insgesamt warten auf Besucher 70 Objektgruppen. Sie sind untergliedert in sechs Ausstellungsthemen: „Was ist Schönheit?“, „Die Geschichte der Schönheit“, „Im Auge des Betrachters“, „Schönheit erleben“, „Transformierende Schönheit“ und „Contemplating Beauty“.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Frankfurter Buchmesse: Ehrengastland Norwegen mit grandiosem Programm „Der Traum in uns“ u. Begleitausstellungen

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FRANKFURT, 4. Juni 2019 – Auf einer Pressekonferenz stellte sich heute Norwegen als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse 2019 (16. bis 20. Oktober) im Museum Angewandte Kunst vor. Der Auftritt steht unter dem Motto „Der Traum in uns“, das dem Gedicht „Das ist der Traum“ des Dichters Olav H. Hauge entlehnt ist. Das Gespräch führten Matthias Wagner K (Direktor des Museums), Juergen Boos (Direktor der Frankfurter Buchmesse), Margit Walsø (Direktorin von NORLA – Norwegian Literature Abroad), Halldór Guðmundsson (Projektleiter des Ehrengastauftrittes 2019) und Petter Ølberg (Botschafter Norwegens in Deutschland). Als Vertreter(innen) des Kulturprogramms wurden Stein Olav Henrichsen (Direktor des Munch Museums Oslo), Esther Schlicht (Ausstellungsleiterin der Schirn Kunsthalle Frankfurt), Anette Kruszynski (Stellvertretende künstlerische Direktorin der Kunstsammlung NRW) und Matthias Pees (Intendant des Künstlerhauses Mousonturm) begrüßt.

Foto: Die Sprecherinnen und Sprecher der Pressekonferenz des Ehrengasts Norwegen 2019 vor dem Museum Angewandte Kunst Frankfurt., © Foto: Diether v. Goddenthow
Foto: Die Sprecherinnen und Sprecher der Pressekonferenz des Ehrengasts Norwegen 2019 vor dem Museum Angewandte Kunst Frankfurt., © Foto: Diether v. Goddenthow

Das Kulturprogramm

Neben dem Literaturprogramm präsentiert Norwegen ein umfangreiches Kulturprogramm, das bildende Kunst, Bühnenkunst, Musik, Film und Architektur umfasst. Die Schirn Kunsthalle, ebenfalls in Frankfurt, zeigt vom 26. September bis zum 12. Januar eine Ausstellung mit 26 Werken der Textilkünstlerin Hannah Ryggen (1894–1970). Das Museum Angewandte Kunst widmet seine gesamte Ausstellungsfläche ab dem 11. Oktober 2019 bis zum 26. Januar 2020 dem Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2019. Als House of Norway versammelt es herausragende Positionen aus Norwegens Kunst und Kultur, Design, Handwerk und Architektur. Die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf präsentiert vom 12. Oktober 2019 bis zum 1. März 2020 „Edvard Munch gesehen von Karl Ove Knausgård“. Außerdem ergänzen eine Ausstellung zum Werk von Harald Sohlberg in Wiesbaden, Aufführungen von Stücken Henrik Ibsens und Jon Fosses, Ausstellungen zeitgenössischer Künstler(innen) sowie zahlreiche Konzerte das Programm im deutschsprachigen Raum. In Frankfurt nehmen das Deutsche Architekturmuseum, das Fotografie Forum Frankfurt, die Ausstellungshalle Portikus, das Künstlerhaus Mousonturm, das Deutsche Filmmuseum und viele andere am Kulturprogramm teil.

„Das Kulturprogramm soll das Publikum überraschen, begeistern und engagieren sowie Norwegen und norwegische Kultur von einer neuen Seite zeigen. Das umfangreiche Kulturprogramm, das wir heute präsentieren, ist das Ergebnis einer wunderbaren Zusammenarbeit zwischen deutschen und norwegischen Kulturinstitutionen. Wir freuen uns darauf, in den kommenden Jahren auch die nachhaltige Wirkung dieser Kooperationsprojekte zu sehen“, kommentierte Margit Walsø, Direktorin von NORLA.

Autor(inn)en in Frankfurt

Auf der Eröffnungsfeier der Frankfurter Buchmesse werden Erika Fatland und Karl Ove Knausgård als literarische Redner sprechen. Die Journalistin und Autorin Erika Fatland beherrscht acht Sprachen und hat bereits mehrere hochgelobte Bücher veröffentlicht, darunter Sowjetistan, das mit dem norwegischen Buchhandelspreis ausgezeichnet und schon in zehn Ländern veröffentlicht wurde; gerade ist ihr Buch Die Grenze auf Deutsch erschienen. Karl Ove Knausgård gilt als vielleicht wichtigster norwegischer Gegenwartsautor. Seine Bücher, unter anderem sein sechsbändiges autobiografisches Projekt, wurden in über 30 Sprachen übersetzt und sind vielfach preisgekrönt. Rund um die Buchmesse werden mehr als 75 norwegische Autor(inn)en erwartet. Unter anderem reisen Maja Lunde, Jo Nesbø, Dag Solstad und Maria Parr nach Frankfurt.

„In diesem Jahr werden wir Norwegens vitale Literaturszene kennenlernen, und darauf freue ich persönlich mich schon sehr. Wir können von unserem diesjährigen Ehrengast sehr viel lernen: Nicht nur werden Autorinnen und Autoren sowie Übersetzungen aller Genres nachhaltig gefördert; auch das Lesen selbst als Kulturtechnik und als Grundlage für jede Art des demokratischen Zusammenlebens erhält in Norwegen große Aufmerksamkeit. Das sieht man nicht zuletzt an dem hohen Stellenwert, den Bibliotheken in Norwegen genießen. Ich freue mich persönlich sehr auf die Begegnungen mit Autor(inn)en wie Tomas Espedal, Maja Lunde, Linn Ullmann, Karl Ove Knausgård und auf viele literarische und kulturelle Entdeckungen in diesem Jahr“, erklärte Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse.

Der Literaturzug mit Kronprinzessin Mette Marit

IKH Kronprinzessin Mette Marit wird mit einem durch Deutschland fahrenden Literaturzug zur Frankfurter Buchmesse anreisen. Die Fahrt des Literaturzugs durch Deutschland ist einer Zusammenarbeit zwischen dem norwegischen Außenministerium, NORLA und der Deutschen Bahn AG zu verdanken. Am Montag, den 14. Oktober, besteigt die Kronprinzessin, die zuvor in Düsseldorf und Berlin zu Gast sein wird, den Zug nach Köln – zusammen mit einer Gruppe Schulkinder. Auf der Reise geht es besonders um norwegische Kinder- und Jugendbücher. Wenn in Köln norwegische Schriftsteller(innen) zugestiegen sind, wird der Literaturzug nach Frankfurt fahren. Als Botschafterin norwegischer Literatur reist die Kronprinzessin jedes Jahr mit einem Spezialzug durch Norwegen, um die Bekanntheit der zeitgenössischen Landesliteratur und die Leselust zu fördern.

„Ich bin stolz und dankbar für die einzigartige Möglichkeit, die norwegische Literatur hervorheben zu dürfen. Ich freue mich darauf, mit einigen unserer besten Autorinnen und Autoren durch das Land zu reisen und dabei die deutschen Leserinnen und Leser kennenzulernen. Ich freue mich natürlich auch darauf, Norwegen auf der weltweit wichtigsten Arena für Literatur und Meinungsfreiheit repräsentieren zu dürfen. Die Frankfurter Buchmesse ist eine einmalige Gelegenheit, unsere norwegische Literatur unter Lesern der ganzen Welt zu verbreiten“, kommentierte IKH Kronprinzessin Mette-Marit.

„Deutschland und Norwegen sind schon seit Langem durch viele Kulturprojekte eng miteinander verbunden und inspirieren sich gegenseitig. Wir sind gleichgesinnte Nachbarn mit häufig zusammenfallenden politischen Interessen und Werten. Wir glauben beide an internationale Zusammenarbeit, Demokratie, Menschenrechte und Meinungsfreiheit. Das Ehrengastprojekt auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Literaturzug Ihrer Königlichen Hoheit Kronprinzessin Mette-Marit und dem breiten Kulturprogramm werden wir nutzen, um diese Partnerschaft weiter zu vertiefen“, sagte Petter Ølberg, Botschafter Norwegens in Deutschland.

Der Ehrengast-Pavillon

logo-pavillon-norwegenAuf der Pressekonferenz wurde auch der Siegerentwurf für die 2.300 Quadratmeter große Ausstellungshalle präsentiert: Das Konzept, das die beiden Architekturbüros LCLA und manthey kula gemeinsam entwarfen, zeichnet eine imaginäre Geografie der norwegischen Literatur. Der Entwurf verbindet einen Bereich für größere Veranstaltungen und eine ausgedehnte Innenlandschaft aus tischartigen Objekten, die skulptural-abstrakt und zugleich narrativ-verspielt sind. Ihr Design ist inspiriert von norwegischen Gedichten und greift Ausstattungsdetails berühmter Bibliotheken auf – von Louis Kahns Leseplätzen in Exeter bis zu Gunnar Asplunds Trinkwasserbrunnen in Stockholm. Dabei bietet der Pavillon Platz für die internationale Buchausstellung „Books on Norway“, zwei Bühnen für Buchvorstellungen und andere Programmpunkte sowie ein Café.

„Das ist der Traum
Das ist der Traum, den wir tragen,
daß etwas Wunderbares geschieht,
geschehen muß –
daß die Zeit sich öffnet,
daß das Herz sich öffnet,
daß Türen sich öffnen,
daß der Berg sich öffnet,
daß Quellen springen –
daß der Traum sich öffnet,
daß wir in einer Morgenstunde gleiten
in eine Bucht, um die wir nicht wußten.“
* Gedicht von Olav H. Hauge/ Übersetzung von Klaus Anders

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„Muslimisch Mode“, „Plädoyer am Schönen“ und ein „norwegisches Haus“ zur Buchmesse – Museum Angewandte Kunst lädt 2019 wieder zu Außergewöhnlichem ein

Museum Angewandte Kunst.© Foto: Diether v. Goddenthow
Museum Angewandte Kunst.© Foto: Diether v. Goddenthow

Das Frankfurter Museum Angewandte Kunst präsentiert auch im Jahr 2019 wieder zahlreiche spannende Ausstellungshighlights. Dabei ist der Bogen weit gespannt, nämlich von Muslimischer Mode über einem Plädoyer für die Lust am Schönen und die Wunderkammer des japanischen Cloisonnés bis hin zu den herausragenden Arbeiten zeitgenössischer norwegischer Künstler*innen und vielem mehr.

Mit 7 Neuausstellungen, darunter das absolute Highlight „Jil Sander Präsens“, und einer seit 2012 kontinuierlich von durchschnittlich 54.000 auf 141.747 angewachsenen Besucherzahl, war 2018 eines der erfolgreichsten Jahre  des Museums  Angewandte Kunst, freut sich Museumsdirektor Prof. Wagner K , der gestern gemeinsam mit Annie Buenker (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) bei einem Pressegespräch den Ausblick auf das Ausstellungsjahr 2019 gab.

Das neue Ausstellungsjahr startete bereits am 19. Januar mit Moderne am Main 1919-1933 anlässlich des Bauhaus-Jubiläums 2019 und hat innerhalb von 10 Tagen bereits gut 7000 Besucher angelockt. Demnächst eröffnen drei weitere Ausstellungen, die sich dem Phänomen zeitgenössischer muslimischer Mode, dem neuen Ausstellungsprojekt Beauty von Stefan Sagmeister und Jessica Walsh und der Kunstform des japanischen Cloisonnés widmen. Im zweiten Halbjahr bieten zwei weitere Ausstellungen einen Einblick in die Kunst und Kultur, in Design, Handwerk und Architektur Norwegens sowie die Möglichkeit in die Welt der Fantasiefiguren in der Kultur Chinas einzutauchen.

Contemporary Muslim Fashions – 5. April bis 15. September 2019

Raşit Bağzıbağlı für Modanisa Contemporary Muslim Fashions Desert Dream Collection, 2018 © Modanisa
Raşit Bağzıbağlı für Modanisa Contemporary Muslim Fashions Desert Dream Collection, 2018 © Modanisa

Vielleicht für den einen oder anderen auf den ersten Blick ein wenig provokant, stellt sich das Museum für Angewandte Kunst erstmals mit einer großen Ausstellung dem Phänomen zeitgenössischer muslimischer Mode von Haute Couture über Streetwear bis zu Sportbekleidung und lädt in zahlreichen Begleitveranstaltungen zum Diskurs über diesen weltweit rasant wachsenden Markt ein. Bei muslimischer Mode, so Prof. Wagner K. handele es sich, wie es der frühere Städel-Direktor Max Hollein einmal formulierte, um „nichtkörperbetonte Mode“.

Nachdem die Schau, mitverantwortet von Max Hollein, seit 2016 Leiter des Fine Arts Museums of San Francisco, in den USA für Furore sorgte, wird sie in Frankfurt als erste Station in Europa gezeigt. Die Ausstellung präsentiere Momentaufnahmen aktueller muslimischer Kleidungsstile aus aller Welt, mit einem Schwerpunkt auf dem Nahen Osten und Südostasien sowie Europa und den USA. Dabei reflektiere sie, wie Kleidung dem Ausdruck der vielen Facetten individueller, religiöser und kultureller Identität diente – und wie sie Identität präge, so Prof. Wagner K..

Rund 80 Ensembles von etablierten und aufstrebenden Marken, ergänzt von Modefotografie und Laufstegvideos, zeigen die Raffinesse, mit der regionale Ästhetiken mit globalen Modetrends verwoben werden. Daneben gibt Originalmaterial aus den sozialen Netzwerken, die eine zentrale Rolle für die Verbreitung des neuen Trends s pielen, Einblicke in die Vielfalt der Positionen in der muslimischen Welt und lässt verschiedene Akteure zu Wort kommen.

Contemporary Muslim Fashions wird von den Fine Arts Museums of San Francisco in Zusammenarbeit mit dem Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main, organisiert. Kuratiert wurde sie von Jill D’Alessandro, Kuratorin für Kostüme und Textilkunst, und Laura L. Camerlengo, stellvertretende Kuratorin für Kostüme und Textilkunst an den Fine Arts Museums of San Francisco. Sie wurden beraten von Reina Lewis, Professorin für Cultural Studies am London College of Fashion, University of the Arts, London. In Frankfurt wird die Ausstellung von Dr. Mahret Ifeoma Kupka und Prof. Matthias Wagner K koordiniert.
Sie wird gefördert von der Ernst Max von Grunelius-Stiftung, dem Bankhaus Metzler und der Stiftung der Frankfurter Sparkasse.

Sagmeister & Walsh: Beauty 11. Mai bis 15. September 2019

Ein weiteres Highlight und absoluter Publikumsmagnet dürfte die große Sonderausstellung „Beauty“ werden, die vom gleichen Künstler der legendären „Happy Show“ gemeinsam mit seiner Kollegin Jessica Walsh inszeniert wird. Mit dem neuen Ausstellungsprojekt Beauty liefern die beiden ein ganz persönliches, visuell beeindruckendes Plädoyer für die Lust am Schönen. Mit spektakulären interaktiven Installationen nimmt das renommierte Designduo Sagmeister & Walsh die Besucherinnen und Besucher mit auf eine sinnlich – vergnügliche Suche: Was ist Schönheit und warum fühlen wir uns von ihr angezogen? Anhand von zahlreichen Beispielen aus Produktdesign, Stadtplanung, Architektur und Grafikdesign möchte das Designduo demonstrieren, dass Schönes tatsächlich besser funktioniert. Unterstützt von Erkenntnissen aus der psychologischen Ästhetik, aus Geschichte, Philosophie und den Naturwissenschaften vertreten Sagmeister & Walsh den Standpunkt, dass Schönheit mehr ist als eine rein oberflächliche Strategie: Sie beeinflusst unseren Alltag, stimuliert unsere Wahrnehmung und macht die Welt zu einem besseren Ort.

Sagmeister & Walsh: Beauty ist eine Kooperation des Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main, und des MAK Wien. Die Ausstellung wurde in Wien von Kathrin Pokirny -Nagel kuratiert und wird im Museum Angewandte Kunst von Peter Zizka koordiniert.

Die Ausstellung wird gefördert von der Dr. Marschner Stiftung. Premium Partner ist Swarovski. Assoziierter Partner ist Jaguar. Sponsoren sind die Unternehmen wienholding und Merz Pharma. Unterstützt wird die Ausstellung u. a. von Zumtobel, Master & Dynamic sowie der Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

Sieben Schätze. Eine Wunderkammer des japanischen Cloisonnés 23. Mai bis 22. September 2019

Mit Schönheit auf ganz andere Weise hat auch die nächste Ausstellung „Sieben Schätze. Eine Wunderkammer des japanischen Cloisonnés“ zu tun.
Als Japan sich Mitte des 19. Jahrhunderts der Welt öffnete, blickte der Westen staunend auf ein Land voller Naturschönheiten, aber auch auf eine fremdartige Hochkultur und ihre raffinierten Artefakte. Der Japonismus als Modephänomen war geboren. Mit ihm erlebte die Kunstform des japanischen Cloisonnés einen rasanten Aufschwung. Kunstvoll verzierte Vasen, Teller und Schalen in jener Dekortechnik, bei der farbiges Glas zwischen feinen Kupferstegen auf eine Oberfläche aufgeschmolzen wird, wurden gezielt für ei nen gehobenen internationalen Markt geschaffen. In einer Verbindung aus östlicher und westlicher Ästhetik entstand ein neuartiger Stil des Dekorativen. Noch heute beeindrucken die zarten Farbverläufe, fein gearbeiteten Motive und malerischen Oberflächeneff ekte.
Das Museum Angewandte Kunst erhielt im Jahr 2016 eine anonyme Schenkung von rund vierhundert hochwertigen japanischen Cloisonné-Arbeiten. Nachdem noch im gleichen Jahr erste handverlesene Stücke präsentiert wurden, zeigt die neue Ausstellung nun erstmals die ganze Sammlung in ihrer Vielfalt.
Ein umfangreicher Katalog zur Ausstellung wurde durch die großzügige Unterstützung des Bankhauses Metzler ermöglicht.
Kurator: Dr. Stephan von der Schulenburg

House of Norway 12. Oktober 2019 bis 27. Januar 2020

Als “House of Norway“ widmet das Museum Angewandte Kunst ab Mitte Oktober seine gesamte Ausstellungsfläche  Norwegen, dem Ehrengastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse.
Die Schau versammelt herausragende Positionen aus Norwegens Kunst und Kultur, Design, Handwerk und Architektur. Ein Highlight und zugleich Kern der großen Norwegen-Ausstellung bilden noch nie gezeigte grafische Arbeiten von Edvard Munch. Es handelt sich dabei um Grafiken aus einem unveröffentlichten Buch-Manuskript, in dem Munch kurz vor seinem Tode zu allen ihn interessierenden Fragen, von der Geburt bis zum Tode, zum Teil sehr, sehr lyrische Texte schrieb. Das Werk und die Bilder sind eine Sensation.

Zu entdecken gibt es außerdem Werke von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern wie Ingrid Torvund, Kari Steihaug, Frank Ekeberg, Tori Wrånes oder Svein Flygari Johansen. Einblicke in die Kunst und Kultur der Sámi geben ein Gastspiel des Sámi National Theatre Beaivváš sowie künstlerische Positionen etwa von Britta Marakatt -Labba, Máret Ánne Sara oder Jorn Are Keskitalo. Begegnen wird man auch wichtigen norwegisch en Gestalterinnen und Gestaltern wie Tone Vigeland, Torbjørn Kvasbø, Regine Juhls, Grete Prytz und Peter Opsvik. Beispiele aus der modernen norwegischen Architektur, etwa von Sverre Fehn oder Joar Nango, aus dem Bereich des Social Design sowie zeitgenössis che Impulse aus Mode und neuer nordischer Küche stehen für eine kreative Auseinandersetzung mit einer Welt im Wandel.
Die Ausstellung ist absichtlich nicht nach Kunst-Stilen, Zeitfenstern oder anderen inhaltlichen Schwerpunkten gegliedert, sondern soll den Besuchern einen breiten Blick übermöglichen, als würde sie selbst Norwegen bereisen und eben gleichzeitig unterschiedliche Kultur und Kunst bei Land und Leuten oder in Museen erleben.

Im Rahmen von Der Traum in uns – Norwegen Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2019. Die Ausstellung wird gefördert von NORLA, Norwegian Literature Abroad, von Visit Norway, der Tourismusabteilung von Innovation Norway, und dem Möbelproduzenten Vestre. Sie entstand in Kooperation mit dem Munch Museum (Oslo), dem Nordnorsk Kunstmuseum (Tromsø), Norwegian Crafts, dem Sámi National Theatre Beai vváš (Kautokeino), dem Sámi University College (Kautokeino), dem Sámi Center for Contemporary Art (Karasjok), dem Riddo Duottar Museat (Karasjok), dem Kunstnerforbundet (Oslo), dem Nordenfjeldske Kunstindustrimuseum (Trondheim) und vielen anderen.
Kurator: Prof. Matthias Wagner K

亞 歐堂 meet asian art: Von Drachen, Einhörnern und Mondhasen. Tierische und mythische Wesen im Alten China – ab 24. Oktober 2019
In der Reihe „亞 歐堂 meet asian art“ zeigt das Museum Angewandte Kunst die Ausstellung „Von Drachen, Einhörnern und Mondhasen. Tierische und mythische Wesen im Alten China“, die in 2020 hineingehen wird. Die Welt der Kreaturen gehört zu den faszinierendsten Gebieten der visuellen Kultur Chinas. Seit die Kunst im Reich der Mitte vor rund 2500 Jahren zunehmend die sichtbare Realität in den Blick nahm, gehört die Darstellung der Natur, besonders aber auch der Tiere, zu den wichtigsten Ausdrucksformen. Dabei treten mythisch-fiktive Kreaturen noch häufiger in Erscheinung als Abbilder der realen Tierwelt. Bereits zwischen dem 4. und 2. Jh. v. Chr. erscheint das auf älterer mündlicher Überlieferung basierende Buch Sha nhaijing 山海經 („Klassiker der Berge und Meere“), in dem in enzyklopädischer Aufstellung Hunderte von Sagentieren und kuriosen Wesen vorgestellt werden.
Aus der umfangreichen Asiatischen Sammlung im Museum Angewandte Kunst zeigt diese Präsentation ausgewählte Beispiele aus unterschiedlichsten Materialien, die rund 2000 Jahre chinesischer Kultur- und Geistesgeschichte widerspiegeln.
Kurator: Dr. Stephan von der Schulenburg.

Ständige Ausstellungen

Dieter Rams. Ein Stilraum
Elementarteile. Aus den Sammlungen
Frankfurter Küche
Richard Meier. Ein Stilraum

 

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt
Telefon (49) 69 212 31286
info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de
www.museumangewandtekunst.de

Bauhaus: „Moderne am Main 1919-1933″ – Museum angewandte Kunst vom 19. Januar bis 14. April 2019

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Moderne am Main 1919-1933
19. Januar bis 14. April 2019
Eröffnung: Freitag, 18. Januar 2019, 19 Uhr

Moderne am Main 1919-1933

Zum 100. Jubiläum des Bauhauses richtet das Museum Angewandte Kunst seinen Blick auf die Geschichte Frankfurts in den Jahren zwischen 1919 und 1933: Hier konstituiert sich ein beispielloses Programm baulicher, gestalterischer und kultureller Erneuerung, das unter dem Namen Neues Frankfurt in die Kulturgeschichte eingeht. Die Stadt entwickelt sich nach dem ersten Weltkrieg zum Archetyp der modernen Großstadt, der weit über die Stadtgrenzen hinaus Beachtung findet. Zwar gilt das Bauhaus heute vielen als die Wiege der Moderne im 20. Jahrhundert. Doch die berühmte Kunst- und Gestaltungsschule ist nicht der alleinige Brennpunkt neuartiger Gestaltung in Deutschland und Europa. Zum Ausgang der 1920er Jahre hat sich Frankfurt am Main als ein dem Bauhaus gleichwertiges, weltbekanntes Zentrum der Avantgarde etabliert.

Die Ausstellung Moderne am Main 1919–1933 möchte zeigen, dass das Neue Frankfurt sich nicht im bekannten, von Ernst May initiierten Wohnungsbauprogramm oder der beliebten Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky erschöpfte. Denn zu dieser Großstadtutopie gehörte ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre der universale Anspruch, mit neuen Gestaltungsformen alle Bereiche des menschlichen Lebens zu erfassen und im Verbund mit einer forcierten Industrialisierung eine neue urbane Ges ellschaft auf den Weg zu bringen. Dieser Anspruch fand seinen Niederschlag im Produkt-, Interieur-, Industrie- und Kommunikationsdesign, in den angewandten und freien Künsten ebenso, wie auch in den (damals) neuen Medien Fotografie, Film und Rundfunk.

Aus ihrer Gegenwart – und weniger aus der Vergangenheit – leiteten die Protagonist*innen das für die Moderne am Main so Spezifische ab: die Einheit von Gestaltung und sozialem Engagement. Nicht etwas Repräsentatives, mit Bedeutung Aufgeladenes galt es zu schaffen, sondern Dinge mit einem erkennbaren Charakter der technischen Produktion und der sozialen Funktion – im Hinblick auf eine neue, bessere Gesellschaft. Und so lässt sich aus heutiger Sicht sagen, dass es in den 1920er Jahren wohl kaum eine Stadt gab, in der so sehr der Geist des Neuen wehte wie in der Großstadt am Main.

Folgende entscheidende Faktoren lassen sich für diese Entwicklung ausmachen: die wiedererstandene Messe, das städtische Hochbauamt sowie die Kunstschule Frankfurt, die unter Fritz Wichert eine bedeutende Neuausrichtung erfährt und auch Lehrkräfte des Weimarer Bauhauses nach Frankfurt bringt. Aber auch andere, der neuen Gestaltung verpflichtete Vereinigungen und Interessengemeinschaften sowie eine ansehnliche Zahl privater Unternehmen wie der Lampenproduzent Bünte & Remmler, die Bauersche Gießerei oder das Telekommunikationsunternehmen Fuld und Co. waren mit ihrer Arbeit an einer auch außerhalb der Stadt wahrgenommenen ästhetischen wie gesellschaftlichen Neugestaltung im Sinne des Neuen Frankfurt aktiv beteiligt. Die institutionellen Strukturen werden ergänzt durch ein enges Geflecht informeller Strukturen aus Verbänden, Interessengruppen und gesellschaftlichen Zusammenkünften der Innovator*innen.

Mit mehr als 500 Objekten und Entwürfen, Fotografien und Reproduktionen, Zeichnungen, Gemälden, Filmen und Tonaufnahmen von über 40 privaten Leihgeber*innen öffentlichen Archiven und Museumssammlungen erzählt das Museum Angewandte Kunst die Geschichte des Neuen Frankfurt in so noch nie gesehener Fülle und Dichte. Acht thematische Kapitel zeichnen auf 1.200 Quadratmetern ein facettenreiches Bild von einem Aufbruch in die Gestaltungsmoderne, der von Zukunftsoptimismus und Weltoffenheit geprägt war. Sie stellt bekannte und weniger bekannte Protagonist*innen der Moderne am Main vor, macht mit den kreativen Netzwerken der Metropole Frankfurt vertraut und zeigt Verbindungen und Unterschiede zum Bauhaus auf. Dabei wird klar: Wenn das Bauhaus die Akademie der Moderne war, so war das Neue Frankfurt ihre Werkstatt – hier wurde den neuen Ideen ein stadtgesellschaftlicher Diskursraum eröffnet und ein praktisches Experimentierfeld geboten.

Ausstellungs-Rundgang

Treppe zum Bierkeller (Gesellschafterhaus im Palmengarten, Frankfurt am Main) Grete Leistikow (1892-1962) ca. 1930 Vintage Print 8,6 × 11,8 cm © Galerie Berinson, Berlin
Treppe zum Bierkeller (Gesellschafterhaus im Palmengarten, Frankfurt am Main) Grete Leistikow (1892-1962) ca. 1930
Vintage Print 8,6 × 11,8 cm © Galerie Berinson, Berlin

Grundlagen des Neuen Frankfurt
Im ersten Kapitel der Ausstellung können sich die Besucher*innen mit der Situation in Frankfurt nach dem ersten Weltkrieg vertraut machen. Als wichtigster Protagonist für die gesellschaftliche und politische Umwälzung gilt hier Ludwig Landmann (1868–1945), seit 1916 Wirtschaftsdezernent und ab 1924 Oberbürgermeister Frankfurts, der schon während des Krieges an der Idee einer neuen internationalen Messe arbeitete und später den Begriff des Neuen Frankfurt prägte. Mit Unterstützung seines Teams wollte er durch die Etablierung Frankfurts als Messestandort und infrastrukturellen Knotenpunkt den Export deutscher Produkte und eine neue Internationalisierung fördern. So war die Neueröffnung der Messe Frankfurt im Jahr 1919 ein entscheidender Faktor auf dem Weg in die Moderne. Zugleich zählt zu den wichtigen historischen Faktoren auch die Fundierung des Werkbund Hauses sowie das Wirken der Ausstellungsmacherin Lilly Reich. In der von ihr initiierten Messeschau „Von der Faser zum Gewebe“ (1926), stehen erstmals keine fertigen Produkte, sondern Material, Halbfertigware und Herstellungsprozesse im Vordergrund.

Experimentieren und Forschen
Mit dem Neuen Frankfurt verband sich auch ein weitreichender Umbruch in der Kunst und die Etablierung verschiedener neuer Medien, allen voran Film und Ton. In dem Ausstellungskapitel „Experimentieren und Forschen“ werden deshalb Akteur e vorgestellt, die wichtige Jahre in Frankfurt verbrachten und durch ihre genreübergreifenden Experimente zu Pionieren auf den Gebieten der neuen Medien und der Musik avancierten. Gezeigt werden hier u. a. Experimentalfilme des in Gelnhausen geborenen Oskar Fischingers, der dem Film und seiner Ausweitung in die „visuelle Musik“ deutliche Impulse gab. Auch die
wichtigen Entwicklungen im Bereich Musik und Ton werden hier vorgestellt. So gibt es Kompositionen von Paul Hindemith zu hören, die der gebürtige Hanauer auch für ein frühes elektronisches Instrument – das Trautonium – schrieb. Ebenso wird die Rolle des Radios anhand von zwei wichtigen Protagonisten vorgestellt: Hans Flesch und Ernst Schoen präg ten mit ihrem Programm den neuen Frankfurter Sender (Südwestdeutscher Rundfunk), der zwischen 1924 und 1929 als die innovativste Radiostation in Deutschland gilt. Besucher*innen können hier das überhaupt erste Hörspiel hören, das im Oktober 1924 über den Äther ging: „Zauberei auf dem Sender“.

Neben dem Zugang zu diesem historischen Film- und Tonmaterial, steht den Besucher*innen eine Neuauflage eines Theremin-Synthesizers zum Ausprobieren und Entdecken bereit, gestiftet von Moog-Music in den USA. Der Theremin-Synthesizer wurde bereits um 1920 von Lev Termen entwickelt und gilt als erstes elektronisches Musikinstrument.

Netzwerke und Gesellschaften
Die Moderne-Bewegung im Rhein-Main-Gebiet war getragen von einem Netzwerk unterschiedlichster Personen, einer Verbindung vieler, die sich mal enger, mal weniger fest zusammenschlossen, um gemeinsam an der Realisierung verschiedener Gestaltungsprojekte zu arbeiten. Exemplarisch für den Netzwerkgedanken stehen Leben und Werk des Künstlerpaares Ella Bergmann-Michel (1895–1871) und Robert Michel (1897–1983), das in diesem Kapitel anhand ausgewählter Arbeiten vorgestellt wird. Ihr Wohnhaus und Arbeitsraum im Taunus – ein Gehöft namens Schmelzmühle – etablierten sie zu einem zentralen Dreh- und Angelpunkt für Gestalter*innen, Künstler*innen und Architekt*innen ihrer Zeit, den sie später liebevoll als „Heimatmuseum of Modern Art“ bezeichneten. Zu den Gästen, die hier ein- und ausgingen, gehörten Lázló Moholy-Nagy, Willi Baumeister, Jan Tschichold und nicht zuletzt Kurt Schwitters.

Das Ehepaar war zudem in wichtigen Verbänden vertreten, die ebenfalls gestalterische Umbrüche in Frankfurt anstießen: Robert Michel war Mitglied im Werkbund und Bund deutscher Architekten. Er engagierte sich im Arbeitskreis soziales Bauen der Frankfurter Oktobergruppe und realisierte ab 1928 mehrere kleinere Bauprojekte. Ella Bergmann-Michel arbeitete als Fotografin und drehte zwischen 1931 und 1933 insgesamt fünf dokumentarische Filme über den Alltag in Frankfurt am Main und Umgebung, die ebenfalls in einer Auswahl zu sehen sind. Gemeinsam mit Paul Seligmann (1903–1985) gründete sie die Liga für den unabhängigen Film, die in Frankfurt zahlreiche Veranstaltungen zum künstlerischen Film organisierte, so auch die Aufführungen der experimentellen Filme Oskar Fischingers 1932, der zu dieser Zeit schon in Berlin lebte.

Lehren und lernen
An der ästhetischen wie gesellschaftlichen Neugestaltung beteiligt war auch die Kunstschule Frankfurt (ein Zusammenschluss der Kunstgewerbeschule und der Städelschule), die Fritz Wichert ab 1924 zu einer Lehrinstitution nach dem Vorbild des Weimarer Bauhauses formte und in eine zweisemestrige Vorklasse, zehn Fachklassen und entsprechende Werkstätten gliederte. Anders als am Bauhaus stand in Frankfurt die Architektur von Anfang an auf dem Lehrplan. Die freien und angewandten Künste soll ten gleichrangig behandelt werden. Adolf Meyer, Josef Hartwig, Karl Peter Röhl und Christian Dell wechselten vom Weimarer Bauhaus nach Frankfurt und arbeiteten am Main für das moderne
Lehrkonzept. Zu den Lehrenden gehörten auch Margarethe Klimt (Modeklasse), Richard Lisker (Textilklasse), Paul Renner und Willi Baumeister (Typografie und Werbegrafik), Franz Schuster (Innenarchitektur), Richard Scheibe (Bildhauerei) und Max Beckmann (Malerei). Aus dieser Schule gingen u. a. hervor die Fotografinnen Marta Hoepffner und Elisab eth Hase
sowie der Grafiker Werner Hugo Epstein, der Maler Helmut Tamm und die Typografin und Grafikerin Liselotte Müller.

Die Kunstschule unterhielt auch regen Kontakt mit der Industrie und der Wirtschaft sowie den kommunalen Ämtern. Hans Leistikow, Leiter des grafischen Büros der Stadt Frankfurt, setzte zum Beispiel während seiner Lehrtätigkeit an der Kunstschule zwischen 1926 und 1927 Aufträge der Stadt mit Studierenden um. Dies gilt auch für Adolf Meyer, der kleine Bauaufträge an seine Studierenden weitergab und Josef Hartwig, der in seinem Unterricht Aufträge im Sinne der neu geschaffenen Friedhofsrichtlinie umsetzte.

Großstadt gestalten
Die Akteur*innen der Frankfurter Moderne stießen nicht nur Neuerungen im Wohnungsbau an, sondern ebenso in der Grünplanung und bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes. Die Stadt sollte durch den systematischen Einsatz wiederkehrender, durchdacht entworfener Elemente gegliedert und zu einer Einheit zusammengefasst werden. Von Ernst Mays Großraumplanung über Max Brommes Grünanlagen und Leberecht Migges Wertstoffkreisläufe bis hin zu Margarete Schütte-Lihotzkys Kleingartenlauben und Adolf Meyers Trinkbrunnen lassen sich in den gefundenen Lösungen deutlich die demokratischen und solidarischen Ideen hinter den Entwürfen ablesen.

Noch heute, fast einhundert Jahre nach dem Projekt Neues Frankfurt, weist das Stadtbild an einigen Orten Elemente dieser Gestaltungsmoderne auf. Diese Orte regen dazu an, über d ie Ideale ihrer Gestalter*innen nachzudenken und die immer noch aktuelle Frage zu stellen: Wie wirkt die gebaute Umwelt auf das Zusammenleben der Menschen in einer Stadt?

Auch Ferdinand Kramer, der mit dem Innenausbau und der Möblierung der Frankfurter Wohnungssiedlungen beauftragt war und das für das Neue Frankfurt charakteristische Möbeldesign hervorbrachte, gestaltete eine Reihe von Parkbänken und Ausstattungen für den öffentlichen Raum. Eine dieser Parkbänke, die leider heute aus dem Stadtbild verschwunden sind, wurde in Kooperation mit der tatcraft GmbH, einem MakerspaceStartup-Unternehmen aus Frankfurt, nach Plänen Kramers reproduziert und lädt in der Ausstellung zum Verweilen ein. Zwei weitere Parkbank-Reproduktionen sollen im Laufe der Ausstellung langfristig im Metzlerpark und am Mainufer installiert werden.

In Produktion gehen
Die Frankfurter Moderne wurde vor allem durch die enge Zusammenarbeit städtischer Ämter möglich gemacht. Das Frankfurter Baudezernat baute in den 1920er Jahren ca. 12.000 Wohnungen in am Stadtrand neu angelegten Siedlungen und nahm so in einem bisher nicht gekannten Ausmaß Einfluss auf die Gestaltung der Stadt: die Architektur der Gebäude, die Grünflächen und Friedhöfe, die Reklame aber auch die Inneneinrichtung der Wohnungen sollten rationaler, standardisierter und somit moderner gestaltet werden.

Im Sommer 1925 wurde Ernst May (1886–1979) von den Stadtverordneten zum Stadtrat für Hoch- und Städtebau gewählt. Martin Elsaesser (1884–1957) trat die neu geschaffene Stelle des Hochbaudirektors an. Mit der Berufung dieser beiden Architekten begann eine wirksame Umstrukturierung des Hochbauamtes, das sich nun in folgende Untereinheiten gliedert e:
„Abteilung E: Großbauten“, „Abteilung B: Bauberatung“ und „Abteilung T: Typisierung“. Unter Mays Direktion fielen zudem die Baupolizei und das Siedlungsamt mit den Abteilungen „Stadt- und Regionalplanung“ sowie „Garten- und Friedhofswesen“.

Im Ausstellungsbereich „In Produktion gehen“ können die Besucher*innen zahlreiche Designobjekte entdecken, die aus dem Neuen Frankfurt hervorgingen – zumeist in Zusammenarbeit von städtischen Akteuren mit den florierenden regionalen Privatunternehmen. Zu sehen sind u. a. Möbel von Ferdinand Kramer und Franz Schuster, eine Reihe von Leuchten von Christian Dell und Adolf Meyer, das Frankfurter Telefon der Firma Fuld sowie der Kühler der Autokarosserie des Adler Standards 8 nach den Entwürfen von Walter Gropius und seinem Berliner Büro.

Moderne veröffentlichen
In diesem Bereich der Ausstellung kann man anhand von Fotografien, Objekten, Plakaten und Faksimiles eine Auswahl von Großveranstaltungen kennenlernen, die in der demokratisch regierten Großstadt symbolisch zwischen Politik und Öffentlichkeit vermittelten. Sie geben Auskunft darüber, welche öffentlichen Themen und Interes sen verhandelt wurden und wie dieser beispiellose Modernisierungsschub forciert und bewältigt wurde. Darüber hinaus legt die Ausstellung hier einen Schwerpunkt auf die Fotografie und stellt hier die wichtigsten Protagonist*innen vor, die für dieses Medium in Frankfurt tätig waren und

Prolog und Epilog
Zu Beginn der Ausstellung können die Besucher*innen virtuell in die Welt des Neuen Frankfurts eintauchen. Noch bevor man die eigentliche Ausstellung betritt, ermöglicht die VR-Installation von Nadine Auth (Absolventin der HfG Offenbach) – entstanden in Zusammenarbeit mit Caspar Schirdewahn (Student an der HTW Berlin im Studiengang Gamedesign) – eine detaillierte Vorstellung nahezu aller an der Moderne am Main beteiligten Akteur*innen. Was sich zweidimensional nicht mehr darstellen ließ, jenes Beziehungs- und Arbeitsgeflecht, dieses weit verzweigte Netzwerk von Personen unterschiedlichster Professionen, wird hier auf äußerst sinnliche Art und Weise für die Besucher*innen erfahrbar.

Die abschließende Klammer bildet der Epilog, mit ausgesuchten Objekten und einer weiteren Multimedia-Installation. Eine Bibliothek von 360°-Panoramen der heute erhaltenen Frankfurter Küchen von Fotografin Laura J Gerlach zeigt die wohl berühmteste Erfindung des Neuen Frankfurt im Kontext ihrer jetzigen Umgebungen – private Wohnungen, Büros und Museen. Die durch die freundliche Unterstützung von Lauterbach Schaap Interiors in Frankfurt ermöglichte Installation, bildet zusammen mit zwei Kunstwerken von Olaf Metzel einen Link zur im selben Raum befindlichen originalen Frankfurter Küche aus dem Frankfurter Siedlungsbauprogramm. Als Pendant zur und inspiriert von der Frankfurter Parkbank von Ferdinand Kramer, ist im letzten Abschnitt der Ausstellung zudem eine neue Variante zu sehen, die von der tatcraft GmbH unter heutigen technischen und materiellen Gesichtspunkten entwickelt wurde. Wenn die Ausstellung mit ihren Kapiteln also ein aufschlussreiches Bild von Aufbruch, Vorbildfunktion und den gestalterischen Auseinandersetzungen in jener Zeit zwischen 1919 und 1933 zeichne t, lassen sich anhand der „Andeutungen“ an ihrem Ende drei grundlegende Fragen ableiten: Ob und in welcher Weise gesellschaftliche Veränderungen auch einen veränderten, von Nachahmung befreiten ästhetischen Niederschlag finden müssen, wie das Neue in die Welt kommt und wie viel Moderne, also Neues und damit Veränderungen der Mensch verträgt.

Kuratorisches Statement
Dem Neuen Frankfurt setzten der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg ein jähes Ende. Ernst May und seine „Brigade“ zog es in die UdSSR, wo die Gestaltungsmoderne unter Stalin schon alsbald diskreditiert wurde, während in den USA die Gruppe um Walter Gropius auf rege Resonanz traf und als International Style nach 1945 eine weitreichende Strahlkraft entwickeln konnte. In Frankfurt sind, sieht man einmal von der Frankfurter Küche oder der Schrift Futura ab, keine ikonischen oder später ikonisierten Produkte entstanden, sondern vielmehr Bauten, Möbel, Haushaltsgegenstände, Kommunikationsmittel, kurzum Gebrauchsgegenstände für den täglichen Bedarf, oder wie Mart Stam es nannte, „Dinge für das Menschenmaß“.

Es gab einen noch viel tragischeren Grund für das Ende dieser Moderne: Kaum eine andere Stadt war so sehr vom Engagement ihrer jüdischen Bürgerinnen und Bürger für die Moderne geprägt wie Frankfurt. Unternehmer, Politiker, Intellektuelle kamen zu einem großen Teil aus dieser jahrhundertealten Tradition. 1933 zählte die jüdische Gemeinde Frankfurts etwa 30.000 Mitglieder. Nach 1945 war diese ehemalige Stadt-, Wissens-, und Handlungselite nahezu vollständig verschwunden. Mehr als 10.000 von ihnen waren in Konzentrations – und Vernichtungslagern ermordet worden, die anderen emigriert.

Mit dieser Ausstellung das Neue Frankfurt in seiner Gesamtheit wiederzuentdecken, heißt für uns, die Kurator*innen, nicht nur eine historische Rehabilitation zu betreiben, sondern auch das Ende dieser Moderne am Main zu thematisieren und darüber hinaus dazu einzuladen, Perspektiven für die Zukunft in politischer, sozialer, gesellschaftlicher und eben auch gestalterischer Hinsicht zu entwickeln.

Daher möchte das Museum Angewandte Kunst an die Worte des 1924 zum Frankfurter Oberbürgermeister gewählten Ludwig Landmanns erinnern, der nicht nur den programmatischen Begriff des Neuen Frankfurt prägte, sondern zugleich klarmachte, wofür es stehen sollte und an wen es appellierte, nämlich „an den weltoffenen, sachlichen und zukunftsfrohen Geist in Frankfurt“

Kurator*innen
Grit Weber, Annika Sellmann, Prof. Dr. Klaus Klemp, Prof. Matthias Wagner K
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt
www.museumangewandtekunst.de

Museumsuferfest 2018 im Museum Angewandte Kunst: El Barrio – Jazz, Beats und Kulinarik im Garten

© Foto: Diether v. Goddenthow
© Foto: Diether v. Goddenthow

Zum Museumsuferfest 2018 laden das Museum Angewandte Kunst, das Restaurant Emma Metzler, die Bar AMP und der Jazz Montez e.V. zum Musik- und Kulturfestival „El Barrio“ ein. Mit dem Besten aus Kulinarik, Live Musik, DJs und Frankfurter Savoir Vivre entsteht im Park rund ums Museum drei Tage lang ein buntes Festivaltreiben. Der Museumshof verwandelt sich in einen internationalen Foodcourt, auf dem sich die Besucherinnen und Besucher durch die kulinarischen Spezialitäten von zahlreichen Frankfurter Trendgastronomien probieren können.

Auf zwei Bühnen sorgen Live Bands und DJs rund um die Uhr für Musikgenuss vom Feinsten. Auf der von Jazz Montez e.V. ins Leben gerufenen Jazz Stage geben sich die aufregendsten Vertreter der aktuellen Jazz-Avantgarde die Ehre, mit Brückenschlägen zu Afro Beat, Elektro, Funk, Rock und Soul. Zu den Highlights zählen das Melt Trio aus Berlin, die internationale Formation Heimatliebe feat. Niels Klein, Sun Dew, Insalar feat. Baris K aus Istanbul und das Contrast Trio aus Frankfurt, Gewinner des hessischen Jazzpreises. Auf der Electronic Music Stage beglücken die Stars der Frankfurter und internationalen DJ-Szene Freunde elektronischer Musik mit Beats von treibendem House bis chilligem Dub. Und in der Nacht von Samstag auf Sonntag steigt im Museumsfoyer eine große Sommernachtsparty, auf der zu den Sounds von Aziesch und Baris K an den Boards bis in die frühen Morgenstunden getanzt werden kann.

Wer hingegen ein wenig Ruhe vom Trubel sucht, kann am grünen Rand des Festivals inmitten unserer Hochbeete das museumseigene Urban-Gardening-Projekt kennenlernen und sich kleine Duftwunder zum Mitnehmen kreieren. Mit hausgemachten Limonaden und koreanischen Cocktails lässt es sich in der Aromagarten-Lounge auf der Museums-Tiefterrasse entspannt verweilen. Daneben geben Performances und Workshops Einblicke in die faszinierende Kultur Koreas, ermöglicht dank der freundlichen Unterstützung des koreanischen Generalkonsulats.

Und nicht zuletzt bieten die aktuellen Ausstellungen im Museum abwechslungsreichen Kunstgenuss. Bevor die Schau „Lore Kramer. Ich konnte ohne Keramik nicht leben“ am 26. August endet, lädt sie am Festwochenende noch einmal ein, in das Werk der Ausnahmegestalterin einzutauchen. Spektakuläre raumgreifende Arbeiten zeigt die Schau „Michael Riedel. Grafik als Ereignis“, faszinierende Fotografien sind zu entdecken bei „RAY 2018: EXTREME. BODIES“. Die Kabinettschau „Geraubt. Gesammelt. Getäuscht. Die Sammlung Pinkus/Ehrlich und das Museum Angewandte Kunst“ lüftet ein dunkles Museumsgeheimnis, während „Die Farbe von Jade und Ewigkeit“ chinesische Keramiken aus zweieinhalb Jahrtausenden präsentiert.

https://www.museumangewandtekunst.de/

Matthias Wagner K wird Honorarprofessor für Design an der HfG Offenbach

Professor  Matthias Wagner K.  © Foto: Diether v. Goddenthow
Professor Matthias Wagner K. © Foto: Diether v. Goddenthow

Am 15. Juni 2018 hat der Präsident der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach, Prof. Bernd Kracke, den Direktor des Museum Angewandte Kunst in Frankfurt, Matthias Wagner K, zum Honorarprofessor im Fachbereich Design ernannt. Wagner K wird seine Lehre als Honorarprofessor im Wintersemester 2018/19 aufnehmen und im Bereich Design kuratieren lehren.

Matthias Wagner K sei „einer der herausragenden deutschsprachigen Vertreter in den Bereichen Designvermittlung und Design kuratieren“, begründet die Hochschule die Ernennung. Der 1961 in Jena geborene Ausstellungsmacher machte sich in langjähriger Tätigkeit als freier Kurator und Autor einen Namen als Spezialist für nordische Kunst und Kultur, Mode und Design sowie für Lichtkunst. Seit 2012 ist er Direktor des Frankfurter Museum Angewandte Kunst. Hier hat er mit einem gänzlich überarbeiteten Ausstellungs- und Partizipationskonzept einen Paradigmenwechsel herbeigeführt. Seither richtet das Haus den Fokus verstärkt auf die Wahrnehmung gesellschaftlicher Strömungen und Entwicklungen und stößt mit wechselnden Objektkonstellationen immer wieder neue Themen an. Damit nimmt das Museum Angewandte Kunst eine Position mit Modellcharakter für zeitgemäße Museumskonzepte im 21. Jahrhundert ein. Zuletzt sorgte Wagner K mit der Ausstellung Jil Sander. Präsens für internationale Aufmerksamkeit und den bislang größten Publikumserfolg des Museums.

Bereits seit 2015/16 lehrt Wagner K an der HfG Offenbach im Rahmen eines Lehrauftrags Design kuratieren, nun wird er mit der Honorarprofessur den Theorieschwerpunkt Design Curating and Criticism weiter stärken.

www.museumangewandtekunst.de