Kategorie-Archiv: Legalisierter Raub im Nazireich

Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945

Ausstellungs-Impression Legalisierter Raub – Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945 © Foto: Diether v. Goddenthow
Ausstellungs-Impression Legalisierter Raub – Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945 © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der staatlichen Enteignung der jüdischen Bevölkerung während des Nationalsozialismus. Sie stellt die Gesetze und Verordnungen vor, die ab 1933 auf die Ausplünderung der Jüdinnen und Juden zielten. Die Schirmherrschaft hat der hessische Finanzminister, Dr. Thomas Schäfer, übernommen.

Beispiel einer typischen Beamtenstube mit Hitler-Porträt (auf dem Kopf gestellt) in der Ausstellung Legalisierter Raub – Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945 © Foto: Diether v. Goddenthow
Beispiel einer typischen Beamtenstube mit Hitler-Porträt (auf dem Kopf gestellt) in der Ausstellung Legalisierter Raub – Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945 © Foto: Diether v. Goddenthow

Sie befasst sich mit den Beamten der Finanzbehörden, die die Gesetze in Kooperation mit weiteren Institutionen umsetzten und sie erzählt von denen, die Opfer dieser Maßnahmen wurden. Die Ausstellung zeigt, wie der deutsche Staat durch die Reichsfluchtsteuer, zahlreiche Sonderabgaben und schließlich durch den vollständigen Vermögenseinzug an der Verfolgung und Ermordung der Juden verdiente: an den Menschen, die in die Emigration getrieben wurden und an denen, die blieben, weil ihnen das Geld für die Auswanderung fehlte oder weil sie ihre Heimat trotz allem nicht verlassen wollten. Nach den Deportationen kam es überall zu öffentlichen Auktionen aus „jüdischem Besitz“: Tischwäsche, Möbel, Kinderspielzeug, Geschirr, Lebensmittel wechselten die Besitzer.

Geschichte der Ausstellung

Ausstellungs-Impression Legalisierter Raub – Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945 © Foto: Diether v. Goddenthow
Ausstellungs-Impression Legalisierter Raub – Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945 © Foto: Diether v. Goddenthow

Entstanden ist die Ausstellung 2001 / 2002 in einer Kooperation des Fritz Bauer Instituts und des Hessischen Rundfunks mit Unterstützung der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Nach der ersten Präsentation im Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main gab es 28 Stationen in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Deutschen Historischen Museum in Berlin.
Die Präsentation im Historischen Museum Frankfurt ist die 30. und letzte Station der Ausstellung. 15 Geschichten ausgeplünderter jüdischer Familien erzählte sie bei der Erstpräsentation in Frankfurt; heute sind es rund 140 Geschichten, die im Rahmen des Projekts erforscht wurden.

Forschung vor Ort

Für jeden Standort der Ausstellung ist – oft in Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern – ein neuer, regionaler Schwerpunkt erarbeitet worden: Welche jüdischen Familien lebten vor Ort? Was haben die judenfeindliche Politik und die Ausplünderung für sie bedeutet? Sind sie geflohen? Wurden sie ermordet? Wie haben sich die Nachbarn und die Kommunalpolitik verhalten? Wie verlief die „Wiedergutmachung“ in der Nachkriegszeit?
Ausgangspunkt für die Forschungen waren die Akten der NS-Finanzverwaltung und die Akten aus den Wiedergutmachungsverfahren der Nachkriegszeit. Die Quellen geben nicht nur über die Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung Auskunft. Von ihnen ausgehend lassen sich auch Biografien und Schicksale rekonstruieren. Darüber hinaus haben die Ausstellungsmacher die Einwohner an jedem Ausstellungsort über die Presse um ihre Beteiligung gebeten. In vielen Familien gibt es bis heute unterschiedliche Gegenstände, die an die jüdischen Nachbarn erinnern. In der Ausstellung erzählen diese Objekte die Geschichte ihrer ursprünglichen Besitzer.

Ergänzt wird die Ausstellung durch die weitere Ausstellung Geerbt. Gekauft. Geraubt? – Alltagsdinge und ihre NS-Vergangenheit

Geerbt. Gekauft. Geraubt? – Alltagsdinge und ihre NS-Vergangenheit
ab 17. Mai 2018

Ausstellungs-Impression Legalisierter Raub – Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945 hier mit Exponaten der Ergänzungsaussstellung Geerbt. Gekauft. Geraubt? – Alltagsdinge und ihre NS-Vergangenheit ab 17. Mai 2018 © Foto: Diether v. Goddenthow
Ausstellungs-Impression Legalisierter Raub – Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933-1945 hier mit Exponaten der Ergänzungsaussstellung Geerbt. Gekauft. Geraubt? – Alltagsdinge und ihre NS-Vergangenheit
ab 17. Mai 2018 © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Ausstellung zeigt Spuren des legalisierten Raubs in der Museumssammlung und in Privathaushalten: In einem ersten Bereich wird die Erwerbspraxis des Museums im Nationalsozialismus vorgestellt. Auch die Ergebnisse der am Haus durchgeführten Provenienzforschung werden dargestellt.
In einem weiteren Bereich zeigen sechs Familiengeschichten aus der Bibliothek der Generationen die Auswirkungen des „legalisierten Raubs“ auf individuelle Biografien.
Der dritte Bereich ist dem „Stadtlabor“ gewidmet, dem partizipativen Format des Historischen Museums. Unter dem Titel „Schwierige Dinge“ zeigen Privatleute Objekte, von denen sie vermuten, dass sie aus „legalisiertem Raub“ stammen könnten.

Historisches Museum Frankfurt
Saalhof 1
60311 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 212 35599

info.historisches-museum@stadt-frankfurt.de
www.historisches-museum-frankfurt.de

Historischer Vortrag „Der letzte Weg der Hedwig Reiling … „, 5. April, Zitadelle Mainz

logoDer letzte Weg der Hedwig Reiling

(rap) – Historischer Vortrag von Hans Berkessel und Lesung mit der Mainzer Staatsschauspielerin Gaby Reichardt

Hans Berkessel berichtet in einem Vortrag und einer Lesung mit der Mainzer Staatsschauspielerin Gaby Reichardt am Dienstag, 05. April 2016, 18.00 Uhr im Drusussaal der Mainzer Zitadelle, (Gebäude E), über das Schicksal Hedwig Reilings.

Hedwig Reiling (1880- 1942) war die Mutter von Anna Seghers (Netty Reiling) und stammte aus der angesehenen jüdischen Frankfurter Kaufmannsfamilie Fuld. Sie heiratete Isidor Reiling, den Juniorpartner des erfolgreichen Antiquitätengeschäftes David Reiling, der dieses zusammen mit seinem Bruder Hermann in der Flachsmarktstraße betrieb.

Mit der Machtübernahme des NS-Regimes begann auch für die Reilings eine Zeit der Diskriminierung und Verfolgung. Am 10. März 1940, zwei Tage nach der Zwangsarisierung des Geschäftes, starb Isidor Reiling an den Folgen eines Schlaganfalls. So musste er den entwürdigenden Abtransport seiner Frau Hedwig am 20. März 1942 nicht mehr miterleben. Zusammen mit 450 weiteren Mainzer Juden wurde sie in das Lager Piaski bei Lublin deportiert. Am 30. März 1942 traf Hedwig Reiling dort ein, wo sich ihre Spur ohne ein weiteres Lebenszeichen verliert…

Dem Vortrag folgt eine Lesung mit der Mainzer Staatsschauspielerin Gaby Reichardt. In ihrer Erzählung „Post ins gelobte Land“, die um 1944 im mexikanischen Exil entstanden ist, erzählt Anna Seghers die Geschichte des Juden Jakob Levi, der vor dem Ersten Weltkrieg als erfolgreicher Augenarzt in Paris praktizierte. Sein Vater Jonathan, der ein russisches Judenpogrom überlebt hatte und nach langer Odyssee glücklich in Paris bei einem Bruder aufgenommen worden war, hatte nur einen Wunsch: Ins gelobte Land zu reisen und seinen Lebensabend in einem Jerusalemer Altenheim zu verbringen. Vor der Abreise nahm er seinem Sohn das Versprechen ab, ihm regelmäßig zu schreiben und vom Leben der Familie in Paris zu berichten…

Vortrag und Lesung werden mit musikalischen Improvisationen durch Winfried Späth eindrucksvoll in Szene gesetzt.

Veranstalter:
Kulturamt der Landeshauptstadt Mainz in Kooperation mit dem Verein für Sozialgeschichte Mainz e. V. und der Anna-Seghers-Gesellschaft Berlin und Mainz e. V.

Die Lesung ist Teil des Rahmenprogramms der Ausstellung „Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933 – 1945“, die im Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz noch bis zum 10. Mai 2016 zu sehen ist.

Der letzte Weg der Hedwig Reiling …
Donnerstag, 5. April 2016
Beginn: 18.00 Uhr
, Gebäude E, Drusussaal

Eintritt frei.

Finanzministerin Doris Ahnen eröffnet Ausstellung „Legalisierter Raub“ in Mainz

Schirmherrin Doris Ahnen, Ministerin der Finanzen Rheinland-Pfalz eröffnet im Landesmuseum Mainz die hervorragend recherchierte und präsentierte Ausstellung Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden im Hessischen und Rheinhessen 1933 - 1945. Foto © massow-picture
Schirmherrin Doris Ahnen, Ministerin der Finanzen Rheinland-Pfalz eröffnet im Landesmuseum Mainz die hervorragend recherchierte und präsentierte Ausstellung Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden im Hessischen und Rheinhessen 1933 – 1945. Foto © massow-picture
Finanzministerin Doris Ahnen eröffnete heute in Mainz die Ausstellung „Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen und Rheinhessen“. Die Ausstellung stellt mit anschaulichen Exponaten dar, wie stark die Finanzverwaltung in die Judenverfolgung involviert war. Die Enteignung der in Deutschland lebenden Juden gehörte zu den Zielen der Nationalsozialisten, an der schon früh die Finanzverwaltung mitwirkte. Finanzministerin Doris Ahnen sagte:
„Die Akribie, mit der damals ein verabscheuungswürdiges Verhalten bürokratisiert worden ist, erschreckt immer wieder aufs Neue. Da wurden menschenvernichtende Maßnahmen ergriffen, als handele es sich um einen beliebigen Routinevorgang.“
Finanzministerin Ahnen hatte die Ausstellung des Fritz Bauer Instituts  und des Hessischen Rundfunks in das Finanzministerium nach Mainz eingeladen und zugleich die Schirmherrschaft übernommen. Finanzministerin Ahnen betonte: „Es sind nicht Einzelne im Staat gewesen. Diese Ausstellung macht deutlich, dass es viele waren, die von 1933 bis 1945 im Staat, in der Verwaltung, der NSDAP und der Justiz die Judenvernichtung vorangetrieben haben.  Auf sehr anschauliche Weise wird in der Ausstellung gezeigt, wie gnaden- und mitleidlos sich auch die Finanzbehörden unter dem Mantel der Legalität in Kooperation mit der Gestapo und anderen Organisationen an der Ausplünderung der Juden beteiligten.“
Eine typische Beamtenstube mit Adolf-Bild an der Wand und manch brisanten Akten auf dem Schreibtisch sowie rund die Hälfte der Schautafeln werden  im Ministerium der Finanzen gezeigt. Teil 1 der Ausstellung kann im Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz besichtigt werden. Foto © massow-picture
Eine typische Beamtenstube mit Adolf-Bild an der Wand und manch brisanten Akten auf dem Schreibtisch sowie rund die Hälfte der Schautafeln werden im Ministerium der Finanzen gezeigt. Teil 1 der Ausstellung kann im Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz besichtigt werden. Foto © massow-picture

Die Ausstellung erzählt die Geschichte der handelnden Beamten und ihrer Opfer – den vom nationalsozialistischen Staat verbrecherisch verfolgten Juden. Das Deutsche Reich bereicherte sich an den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern durch die Reichsfluchtsteuer, zahlreiche Sonderabgaben und schließlich durch den vollständigen Vermögenseinzug.  Ferner werden auch ein Arbeitsplatz und Schriftstücke gezeigt, die das Handeln der Finanzverwaltung bei der Enteignung von jüdischem Eigentum anschaulich machen. „Gerade der Arbeitsplatz aber auch die von behördlicher Schlichtheit und Selbstverständlichkeit geprägte Sprache der Schriftstücke unterstreichen die Diskrepanz zwischen dem Grauen für die jüdischen Opfer und der Alltäglichkeit und der Nüchternheit des Handelns auf der Seite der Finanzverwaltung. Die Ausstellung ist mir sehr wichtig, weil sie die Erinnerung an das Geschehene verdeutlicht und uns für die Zukunft mahnt“, so Finanzministerin Doris Ahnen.

Für die Präsentation in Mainz wurde die Ausstellung mit einem neuen regionalen Schwerpunkt versehen, der sich mit der Geschichte des legalisierten Raubs in der Region befasst.
Die Ausstellung ist vom 10. März bis 10. Mai 2016 im Ministerium der Finanzen sowie im Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zu sehen.