Kategorie-Archiv: Goethe-Universität Frankfurt

Goethe-Universität: Senkung des Infektionsrisikos: Luftreiniger beseitigen 90 Prozent der Aerosole in Schulklassen

Studie der Goethe-Universität zeigt: auch Feinstaub wird reduziert – Lüften wegen CO2 auch weiterhin erforderlich

FRANKFURT. Atmosphärenforscher der Goethe-Universität Frankfurt haben herausgefunden, dass Luftreiniger der Filterklasse HEPA (H13) die Aerosolkonzentration in einem Klassenzimmer in einer halben Stunde um 90 Prozent senken können. Weil damit das Risiko einer Aerosolinfektion mit dem SARS-CoV-2 Virus deutlich verringert wird, empfehlen die Wissenschaftler das Aufstellen entsprechender Luftreiniger in Klassenräumen. Die Lärmbelastung durch den Reiniger beurteilten Schüler und Lehrer überwiegend als nicht störend. Die Studie wurde als Preprint veröffentlicht, vor der Publikation in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. (https://doi.org/10.1101/2020.10.02.20205633 )

Der gefährlichste Infektionsweg des SARS-CoV-2-Virus geht über die Luft: Beim Niesen oder Husten etwa schleudern Infizierte verhältnismäßig große Tröpfchen von sich, die allerdings im Umkreis von zwei Metern zu Boden sinken. Wichtig sind auch die Aerosolpartikel, viel kleinere Flüssigkeitströpfchen, die wir auch beim Sprechen oder Atmen absondern. Studien zeigen, dass infektiöse SARS-CoV-2-Viren in solchen Aerosolen auch mehr als drei Stunden nach der Emission noch nachgewiesen werden können und dies mehrere Meter weit entfernt von Patienten. Die Flüssigkeit in solchen Aerosolpartikeln verdampft schnell, wodurch sie kleiner werden und sich innerhalb von wenigen Minuten in einem Raum ausbreiten können.

Joachim Curtius, Professor für Experimentelle Atmosphärenforschung an der Goethe-Universität Frankfurt, hat zusammen mit seinem Team eine Woche lang vier Luftreiniger in einer Schulklasse mit Lehrern und 27 Schülern getestet. Die Luftreiniger verfügten über einen einfachen Vorfilter für groben Staub und Flusen sowie über einen HEPA- und einen Aktivkohlefilter. Die Luftreiniger setzten zusammen zwischen 760 und 1460 Kubikmeter Luft pro Stunde um. Neben der Aerosolbelastung bestimmten die Wissenschaftler die Feinstaubmenge und die CO2-Konzentration und untersuchten die Lärmbelastung durch das Gerät. Das Ergebnis: 30 Minuten nach dem Anschalten hatte der Luftreiniger 90 Prozent der Aerosole aus der Luft entfernt.

Prof. Curtius erklärt: „Auf Basis unserer Messdaten haben wir eine Modellrechnung angestellt, anhand der sich abschätzen lässt: Ein Luftreiniger reduziert die Menge an Aerosolen so stark, dass in einem geschlossenen Raum auch die Ansteckungsgefahr durch eine hoch infektiöse Person, einen Superspreader, sehr deutlich reduziert würde. Deshalb empfehlen wir den Schulen in diesem Winter den Einsatz von HEPA-Luftreinigern mit einem ausreichend hohen Luftdurchsatz.“

Lärmmessungen und eine Umfrage unter den Schülern und Lehrern ergaben, dass das Geräusch des Luftreinigers überwiegend als nicht störend empfunden wurde, sofern das Gerät nicht auf höchster Stufe lief.

Neben der Infektionsgefahr senkte der Luftreiniger noch die Allergen- und Feinstaubbelastung, maßen die Forscher. Joachim Curtius: „Ein Luftfilter ersetzt allerdings nicht das regelmäßige Öffnen des Fensters, wodurch die CO2-Konzentration im Raum wieder gesenkt wird. Unsere Messungen in den Klassenzimmern haben gezeigt, dass die Werte häufig über den empfohlenen Grenzwerten lagen. Hier empfehlen wir die Installation von CO2-Sensoren, damit Schüler und Lehrer dies kontrollieren können.“

Engagierter Neubeginn – Wissenschaftsrat würdigt die erfolgreiche Arbeit des Sigmund-Freud-Instituts seit 2016

FRANKFURT. Das Sigmund-Freud-Institut (SFI) in Frankfurt ist vom Wissenschaftsrat sehr gut bewertet worden. Nach einer ausführlichen Begehung bescheinigten die Gutachter dem Institut, das sich forschend mit der Psychoanalyse und ihren Anwendungen befasst, für die Zukunft gut aufgestellt zu sein – und gab ihm wegweisende Empfehlungen mit. Das vom Land Hessen finanzierte Institut kooperiert eng mit der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Kassel. 2016 gab es einen doppelten personellen Neubeginn an der Spitze des SFI.

In seinem Bericht würdigt der Wissenschaftsrat, der vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst beauftragt worden war, die Verbindungen von klinischer Psychoanalyse, Sozialpsychologie und kulturwissenschaftlichen Perspektiven, die das Programm des Instituts auszeichnen. Mit Nachdruck hob er die Interdisziplinarität in den als innovativ und zukunftsweisend bewerteten Forschungsprojekten des SFI hervor. Auch hinsichtlich Organisation und Struktur sei intensive Arbeit geleistet worden. „Die Leistungen, die die neue Institutsleitung im Hinblick auf die Konsolidierung und wissenschaftliche Weiterentwicklung des SFI seit 2016 erbracht hat, verdienen große Anerkennung“, heißt es in der Stellungnahme.

Insbesondere unterstreicht der Wissenschaftsrat in seinem Gutachten die Bedeutung des bei der Volkswagenstiftung in deren Förderlinie „Schlüsselthemen für Wissenschaft und Gesellschaft“ eingeworbenen Verbundprojekts „Das vermessene Leben“. Auch mit seinen Präventions- und Evaluationsprojekten, etwa zur Beteiligung an den Psychosozialen Zentren zur Versorgung von Flüchtlingen in Hessen, wie sie vom hessischen Sozialministerium gefördert werden, nehme das Institut eine wichtige Aufgabe wahr. Und nicht zuletzt unterstreicht das Gutachten die wertvollen Verdienste der Ambulanz im klinischen Bereich und begrüßt die Forschung zu psychoanalytischen Therapien bei Zwangserkrankungen. Mit Blick auf die Qualität der Nachwuchsförderung wird das bei der Hans-Böckler-Stiftung eingeworbene Promotionskolleg hervorgehoben, an dem alle Abteilungen des SFI beteiligt sind.

Auch die produktiven Kooperationen des SFI fanden beim Rat viel Zustimmung. Die Professur für psychoanalytisch ausgerichtete Soziologie und Sozialpsychologie an der Goethe-Universität, eine der Leitungspositionen am SFI, sei ein Alleinstellungsmerkmal. Auch erweise sich die Verbindung von Gesellschaftstheorie und Psychoanalyse als wertvoll für die Arbeit des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Studierenden. Die inhaltliche Ausrichtung des SFI, das auch mit anderen außeruniversitären Instituten kooperiert, füge sich gut in den sozialwissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt der Goethe-Universität ein. Auch die Kooperation mit der Universität Kassel funktioniere gut. Der Rat lobte die Besonderheit, dass das SFI und der Fachbereich Erziehungswissenschaft in Kassel beim Thema Therapie und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eng zusammenwirkten. So könnten in Bildungsforschung und Lehrerbildung psychoanalytische Ansätze einfließen.

Um die positive Entwicklung des Instituts zu unterstützen und dessen Leistungsfähigkeit nicht zu überfordern, empfiehlt der Wissenschaftsrat, das Forschungsprogramm noch stärker zu fokussieren. Mittelfristig sei es ratsam, sich mit ausdifferenzierten Strategien am Wettbewerb um Drittmittel und Internationalisierung zu beteiligen. So könne das erfolgreiche Modell der deutschlandweiten Kooperationen auch im europäischen und außereuropäischen Raum stärker verankert werden. Für eine organisatorische Stärkung des Instituts empfiehlt der Wissenschaftsrat insbesondere eine zusätzliche Kooperationsprofessur mit der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Psychologie einzurichten. Die Geschäftsführende Direktorin Prof. Dr. Vera King und ihre Leitungskollegen Prof. Dr. Patrick Meurs und Prof. Dr. Heinz Weiß (SFI-Ambulanzleitung & Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart) freuten sich über die positive Bewertung und die wertvollen Anregungen des Wissenschaftsrats.

Ayse Asar, Staatssekretärin im Wissenschaftsministerium und Vorsitzende des SFI-Stiftungsrates: „Das SFI ist eine von nur wenigen Einrichtungen für psychoanalytische Forschung in Deutschland und leistet einen einzigartigen Beitrag zur Erforschung der Ursachen und Funktionsweisen von seelischem Leid und Krankheit. Die Bewältigung von Traumata und das Wiedererlangen psychischer Gesundheit sind Ziel der Arbeit seiner Ambulanz. Projekte zu den psychosozialen Folgen von Migration und Flucht, nicht zuletzt zu den psychischen Folgen der Digitalisierung, zeigen die Aktualität seiner Forschungsfragen. Ich freue mich, dass der Wissenschaftsrat die von der neuen Leitung unternommenen Anstrengungen zur inhaltlich-strategischen Profilschärfung dieses traditionsreichen Instituts so positiv beurteilt.“

„Auch die Goethe-Universität sieht die intensive Zusammenarbeit mit dem SFI sehr positiv und nimmt die Empfehlungen, diese Zusammenarbeit weiter zu intensivieren, gern auf. Prof. Dr. Vera King hat die psychoanalytisch-sozialwissenschaftliche Forschung erfolgreich vorangebracht, auch zum Nutzen unserer Studierenden. Und es ist ein guter Vorschlag, bei einer künftigen Neuberufung in der Psychologie die Bande noch enger zu knüpfen“, sagt Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität. Und Prof. Dr. Reiner Finkeldey, ihr Amtskollege an der Universität Kassel, betont: „Die Kooperation mit dem SFI ist für die Universität Kassel ein großer Gewinn. Es freut mich, dass dies auch in der positiven Evaluation des Wissenschaftsrats entsprechend aufgenommen wurde. Von der Berufung von Prof. Dr. Patrick Meurs zum Institutsdirektor und Professor für Psychoanalyse 2016 profitieren unsere Studierenden und der Fachbereich Humanwissenschaften ganz erheblich.“

Das Sigmund-Freud-Institut (SFI) ist ein Forschungsinstitut für Psychoanalyse in Frankfurt am Main. Es wurde 1960 als Institut und Ausbildungszentrum für Psychoanalyse und Psychosomatik gegründet und trägt seit 1964 den Namen des Begründers der Psychoanalyse Sigmund Freud. Bis 1994 bestand das Institut in der Rechtsform einer Landesbehörde, 1995 wurde es in eine Stiftung öffentlichen Rechts umgewandelt. Seither dient es als reine Forschungseinrichtung. Mittelgeber der das SFI tragenden Stiftung ist das Land Hessen.

Neue Studienmöglichkeiten an den Rhein-Main-Universitäten

doktorhutDie Rhein-Main-Universitäten (RMU) schaffen zum kommenden Wintersemester ein neues Angebot für ihre über 100.000 Studierenden: Mit dem RMU-Studium können diese zukünftig unbürokratisch an den Universitäten in Frankfurt, Darmstadt und Mainz gleichzeitig eingeschrieben sein.

Alle Studierenden der Goethe-Universität Frankfurt, der Technischen Universität Darmstadt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) können sich ab dem 1. Juli 2020 für das kommende Wintersemester 2020/2021 ohne zusätzliche Gebühren in das neue RMU-Studium einschreiben. Damit eröffnet sich ihnen die Möglichkeit, über ihren eigenen Studiengang an einer der RMU hinaus ebenso Lehrveranstaltungen an den beiden anderen Universitäten zu besuchen und dort auch Prüfungen abzulegen. Zusätzlich profitieren sie von Bibliotheken, Rechenzentren und Mensen. Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität Frankfurt, betont: „Mit dem RMU-Studium können unsere Studierenden die wissenschaftliche Vielfalt und hohe Lehrqualität herausragender Universitäten in der Rhein-Main-Region noch besser auskosten und so ihren Wissensdurst auf noch breiterer Basis stillen. Damit kommen wir dem Ziel einer stärkeren Vernetzung unserer Universitäten wieder ein Stück näher.“

Die Goethe-Universität Frankfurt, die TU Darmstadt und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz kooperieren seit nunmehr fünf Jahren in der strategischen Allianz der Rhein-Main-Universitäten (RMU). Zahlreiche Kooperationen und Initiativen sind aus dem gemeinsamen Potenzial der drei Universitäten erwachsen. „Mit dem RMU-Studium schaffen wir nun einen weiteren Meilenstein unserer Allianz: Ein gemeinsames Studienangebot über eine Ländergrenze hinweg lässt sich nur realisieren, wenn gemeinsam zahlreiche bürokratische Hürden überwunden und kreative Lösungen gefunden werden – und genau das ist mit dem RMU-Studium erfolgreich und zukunftsweisend gelungen“, erklärt Prof. Dr. Georg Krausch, Präsident der JGU.

Die aktuelle Krise rund um die Coronapandemie beeinflusst natürlich auch den Start des RMU-Studiums: Aktuell ist noch unklar, inwieweit die Studierenden im Oktober mit der Bahn im Rhein-Main-Gebiet pendeln, Lehrveranstaltungen in Präsenz besuchen oder in den Mensen essen können. „Gleichzeitig sind die Lehrveranstaltungen der anderen beiden Universitäten aktuell nur einen Klick weit entfernt. Diese Chance möchten wir nutzen und die RMU auch und besonders in Krisenzeiten für unsere Studierenden weiterentwickeln“, resümiert Prof. Dr. Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt.

weitere Infos

„Die weibliche Seite Gottes“ – Erste Wechselausstellung des Jüdischen Museums Frankfurt für Oktober zur Wiedereröffnung des Rothschild-Palais geplant

Franz von Suck: Adam und Eva.
Franz von Suck: Adam und Eva.

Das Jüdische Museum Frankfurt wird dieses Jahr das renovierte Rothschild-Palais mit einer neuen Dauerausstellung und einem Erweiterungsbau eröffnen, in dem ab Oktober 2020 die erste Wechselausstellung Die Weibliche Seite Gottes gezeigt werden wird. Diese geht zurück auf ein wissenschaftliches Symposium an der Goethe-Universität des Jüdischen Museums mit dem Seminar Judaistik und dem Martin Buber Lehrstuhl für Religionsphilosophie vom Januar 2020. Die Ausstellung begibt sich auf die Suche nach der „weiblichen Seite Gottes“ in den drei monotheistischen Religionen. Von archäologischen Figurinen über mittelalterliche Bibelillustrationen und Madonnenbilder der Renaissance, spannt sie einen kulturgeschichtlichen Bogen hin zu Interpretationen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler.

Symposium „Zwischenzeiten: Zur Jüdischen Diaspora in Europa“, 15. – 16. März 2020
Einen ersten Vorgeschmack dessen, was im Zentrum der Arbeit des neuen Jüdischen Museums steht, gibt das Symposium Zwischenzeiten: Zur jüdischen Diaspora in Europa„, das von 15. – 16. März 2020 in den Kammerspielen des Schauspiel Frankfurts die gegenwärtige Situation von Jüdinnen und Juden in den Blick nimmt und im Spannungsfeld zwischen wachsendem jüdischen Selbstbewusstsein und gestiegenem Antisemitismus in Europa von hochkarätigen Publizisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Intellektuellen, Politikerinnen und Politikern diskutiert wird. Das Symposium wird auf Video aufgezeichnet und im Internet zur Verfügung gestellt.

Saul Friedländer wird erster Preisträger des „Ludwig Landmann-Preises für Mut und Haltung“
Am 29. März findet in den Räumlichkeiten des neuen Gebäudes ein Gala-Dinner mit erstmaliger Verleihung des Ludwig Landmann-Preises für Mut und Haltung an eine herausragende Persönlichkeit der deutsch-jüdischen Zeitgeschichte statt.

Kammermusikabend mit ehemaligen und aktuellen Mitgliedern des West-Eastern Divan Orchestra
Im Vorfeld der Eröffnung des neuen Jüdischen Museums laden die Freunde und Förderer des Hauses am 07.05.2020 zu einem besonderen Kammermusikabend ein. Ehemalige und aktuelle Mitglieder des West-Eastern Divan Orchestra werden im Kaisersaal des Frankfurter Römers Werke von Mozart, Schubert, Brahms und Piazzola aufführen.

Jüdisches Museum Frankfurt
Bertha-Pappenheim-Platz 1,
60311 Frankfurt am Main

Museum Judengasse Frankfurt
Battonnstrasse 47,
60311 Frankfurt am Main

Prof. Susanne Schröter präsentiert am 16.10.2019 im Historischen Museum ihr Buch zum politischen Islam

politischer-Islam-schroeterSusanne Schröter, Professorin an der Goethe-Universität und Mitglied des Forschungsverbundes Normative Ordnungen, spricht am 16. Oktober im Historischen Museum über ihre jetzt erschienene Publikation.

FRANKFURT. Die Mehrheit der Deutschen glaubt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Sie verbinden diese Religion vor allem mit dem Terror im Namen eines unbarmherzigen Gottes, der Unterdrückung von Frauen und Minderheiten sowie einer Ablehnung westlicher Werte. Für solche Assoziationen gibt es nachvollziehbare Gründe, sie resultieren aus dem Erstarken des politischen Islam. Seine Erforschung gehört zu den Schwerpunkten von Susanne Schröter, Professorin für Ethnologie und Mitglied des Forschungsverbundes Normative Ordnungen an der Goethe-Universität. Die interessierte Öffentlichkeit ist herzlich willkommen bei der Vorstellung ihres Buches

„Politischer Islam – Stresstest für Deutschland“
am Mittwoch, dem 16. Oktober 2019, um 18.30 Uhr
im Historischen Museum Frankfurt,
Saalhof 1, Römerberg, 60311 Frankfurt am Main.

Der Eintritt ist frei. Veranstaltet wird die Buchpräsentation vom Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität. Die Begrüßung übernimmt Rebecca Caroline Schmidt, Geschäftsführerin des geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsverbundes. Moderiert wird die öffentliche Veranstaltung von Jürgen Kaube, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Der politische Islam stellt eine Sonderform des Islam dar und sollte nicht als charakteristisch für diese Weltreligion insgesamt gesehen werden, die auch in Deutschland eine Vielzahl von Facetten besitzt. Gleichwohl übt gerade der politische Islam durch machtbewusstes und strategisch geschicktes Agieren seiner Funktionäre großen gesellschaftlichen Einfluss aus und dominiert zunehmend die staatliche Islampolitik sowie den öffentlichen Dialog. Vielen Menschen fehlt jedoch das Wissen über die Ursprünge und die Ausprägungen des politischen Islam, um Konfliktsituationen richtig einzuschätzen sowie angemessen argumentieren und handeln zu können. Das vorliegende Buch will diese Lücke mit einem fundierten und verständlichen Überblick schließen.

Susanne Schröter, ist Professorin für Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen an der Goethe-Universität, Mitglied des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und Gründungsdirektorin des „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“ (FFGI) am Exzellenzcluster. Zu ihren Forschungsgebieten gehören Islamismus und Dschihadismus, progressiver und liberaler Islam sowie Frauenbewegungen in der islamischen Welt. Sie ist Mitglied der „Hessischen Integrationskonferenz“ und des „Hessischen Präventionsnetzwerk gegen Salafismus“. Zu ihren jüngsten Publikationen zählen: „Religiöse Rechtfertigungen des Dschihadismus“, in: Schellhöh, Jennifer u.a., Hg.: Großerzählungen des Extremen. Neue Rechte, Populismus, Islamismus, War on Terror (Bielefeld: Transcript 2018) und „Islamischer Fundamentalismus“, in: Zentralrat der Juden in Deutschland, Hg.: Jüdische Bildungslandschaften (Berlin: Hentrich & Hentrich 2018).

Infos

Hinweis: Bereits am Montag, 14. Oktober, 19.00 Uhr, wird Prof. Susanne Schröter ihr Buch „Politischer Islam – Stresstest für Deutschland“ im Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität (Am Wingertsberg 4, 61348 Bad Homburg vor der Höhe) im Gespräch mit dem Journalisten Meinhard Schmidt-Degenhard vorstellen. Anmeldungen unter service@freiheit.org.

„Ich bin ganz meiner Meinung“: Vortrag über Freiheit im Internet – am 30.8. im Klingspor Museum Offenbach

Veranstaltung der „Goethe Lectures Offenbach“ des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und der Stadt Offenbach am 20. August 2019 im Klingspor Museum

FRANKFURT/OFFENBACH. Sobald wir online sind, können wir nicht verhindern, dass unsere Daten gesammelt werden – wobei viele dieser Informationen auf die ein oder andere Weise zu uns zurückkehren. Die Auswirkungen dieses Wechselspiels beleuchtet der Jurist und Rechtsphilosoph Klaus Günther, Professor an der Goethe-Universität und Co-Sprecher des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“, bei der kommenden „Goethe Lecture Offenbach“. Die interessierte Öffentlichkeit ist bei freiem Eintritt herzlich eingeladen zu seinem Vortrag

„Wie frei sind wir im digitalen Echoraum?“
am Dienstag, dem 20. August 2019, um 19.00 Uhr
im Klingspor Museum, Herrnstraße 80, 63065 Offenbach am Main.

Private und staatliche Organisationen verwenden unsere Daten, um Persönlichkeitsprofile herzustellen, sei es zum Zweck der Beobachtung und Überwachung, sei es, um durch eine zielgenaue Produktwerbung Anreize für den Konsum zu schaffen. Dadurch wird eine Art Spiegelkabinett um uns herum gebaut, das unsere Wünsche und Überzeugungen bestätigt und unser künftiges Verhalten immer genauer vorherzusagen weiß. Ähnliches geschieht in digitalen sozialen Netzwerken, nicht nur durch das Sammeln und Analysieren der dabei produzierten Verhaltensdaten, sondern auch dadurch, dass wir uns überwiegend mit Gleichgesinnten austauschen, die unsere Wünsche und Überzeugungen, unsere Sicht auf die Welt teilen und bestätigen („liken“).

Der Vortrag geht der Frage nach, ob und in welcher Weise sich unsere Freiheit verändert, wenn wir uns immer häufiger in solchen Echoräumen und digitalen Spiegelkabinetten unseres eigenen Selbst bewegen – oder ob zur Freiheit nicht auch die Erfahrung des Widerspruchs, Widerstands, des Dissenses oder gar des Scheiterns gehört.

Prof. Klaus Günther ist Professor für Rechtstheorie, Strafrecht und Strafprozessrecht an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Co-Sprecher des hier angesiedelten geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsverbundes zur Herausbildung normativer Ordnungen und Mitglied des Frankfurter Instituts für Sozialforschung (IfS). Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen „Der Sinn für Angemessenheit“ (1988) sowie „Schuld und kommunikative Freiheit“ (2005).

Veranstalter des öffentlichen Vortragsabends im Klingspor Museum und auch der Gesamtreihe „Goethe Lectures Offenbach“ sind neben dem Exzellenzcluster die Wirtschaftsförderung der Stadt Offenbach, die einen deutlichen Fokus auf die Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft legt, und das Klingspor Museum Offenbach, das sich mit seinen Schwerpunkten Schriftkunst und Typografie auch überregional einen Namen gemacht hat. Ziel der Partnerschaft der Institutionen, der bereits mehrere erfolgreiche Kooperationsprojekte in Offenbach vorausgegangen sind, ist der Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Stadtgesellschaft. Im Anschluss an den Vortrag besteht auch dieses Mal die Möglichkeit zur Diskussion.

Die „Goethe Lectures Offenbach“ im Internet:
www.normativeorders.net/glo

Ort:
Klingspor Museum
Herrnstraße 80 (Südflügel des Büsingpalais)
63065 Offenbach am Main

Die Goethe-Universität gratuliert ihrem Emeritus Prof. Jürgen Habermas zum 90. Geburtstag

Habermaa, Philosoph des vernunftgeprägten Diskurses!

FRANKFURT. Am 18. Juni 2019 feiert Jürgen Habermas seinen 90. Geburtstag. Mitglieder der Goethe-Universität gratulieren dem weltweit bedeutenden Philosophen, der viele Jahre an der Universität Frankfurt gelehrt und geforscht und mehrere Generationen von Wissenschaftlern geprägt hat, herzlich zu seinem runden Geburtstag und wünschen ihm noch viele produktive Jahre. Die Glückwünsche aus der Goethe-Universität und von Wissenschaftsministerin Angela Dorn finden sich auch in zahlreichen Statements in dieser Pressemitteilung.
Habermas zählt zu den weltweit am häufigsten rezipierten Philosophen und Soziologen der Gegenwart, sein Leben und Wirken ist aufs Engste verknüpft mit der Goethe-Universität. 1929 geboren in Düsseldorf, studierte Jürgen Habermas von 1949 bis 1954 in Göttingen, Zürich und Bonn Philosophie, Geschichte, Psychologie, deutsche Literatur und Ökonomie. Früh geprägt wurde er durch eine Begegnung mit Karl-Otto Apel, der ebenfalls später in Frankfurt lehren sollte. 1953 erregte Habermas erstmals Aufsehen, als er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Heidegger wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus kritisierte.
1956 wurde Habermas Forschungsstipendiat am Institut für Sozialforschung bei Theodor W. Adorno, wechselte aber für seine Habilitation nach Marburg. Nach einer ersten außerordentlichen Professur in Heidelberg kehrte Habermas 1964 nach Frankfurt zurück, da er auf Horkheimers Lehrstuhl für Philosophie berufen worden war. Aus seiner Antrittsvorlesung „Erkenntnis und Interesse“ entstand später eine seiner einflussreichsten Arbeiten.

Während der Studentenproteste um 1968 spielte Habermas eine herausragende Rolle: Mit seinen Forderungen nach Reformen im Bildungswesen wurde er zum geistigen Anreger der revoltierenden Generation. Schon Ende der 1960er Jahre ging er jedoch auf Distanz zu den radikalen Linken um Rudi Dutschke und kritisierte deren leichtfertigen Umgang mit Gewalt. Von 1971 bis 1981 war Habermas mit Carl Friedrich von Weizsäcker Leiter des Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt. 1981 erschien sein Hauptwerk, „Theorie des kommunikativen Handelns“. Von 1983 bis 1994 lehrte er wieder als Philosophieprofessor an der Goethe-Universität. Auch nach seiner Emeritierung blieb er stets publizistisch präsent und bezog zu vielen relevanten Themen Stellung. Verbunden blieb er auch der Goethe-Universität, wo er auch jetzt einen Tag nach seinem 90. Geburtstag einen öffentlichen Vortrag halten wird.

Glückwunsch der Präsidentin zum 90. Geburtstag von Jürgen Habermas:

„Während die Gesellschaft polarisiert ist wie nie und sich viele ins Private zurückziehen, ist Jürgen Habermas aktueller denn je: Wir brauchen den vernunftgeprägten Diskurs, wie Habermas ihn in seiner Theorie des kommunikativen Handelns formuliert hat, um Antworten zu finden auf die aktuellen Fragen nach Gerechtigkeit und Zusammenhalt. Als Universitätspräsidentin freue ich mich, dass der große Philosoph diese Fragen auch immer wieder mit unserer Frankfurter Universitäts-Community debattiert.“
Prof. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität

Statement der Hessischen Wissenschaftsministerin:
„Jürgen Habermas hat seine Beiträge zum gesellschaftlichen Diskurs einmal als ‚Versuch der uneingeladenen argumentativen Beihilfe zum fortlaufenden Prozess der öffentlichen Meinungsbildung‘ bezeichnet. Damit hat er seine Rolle als Intellektueller im besten Sinne mit der ihm eigenen Prägnanz und einer Spur Humor optimal charakterisiert. Als Philosoph, aber auch als streitbarer Demokrat und überzeugter Europäer hat Jürgen Habermas auch die Geschichte der Goethe-Universität seit den 50er Jahren mitgeprägt. Wir können uns glücklich schätzen, ihn zu haben, und ich wünsche ihm viele weitere gesunde und hellwache Jahre.“

Angela Dorn, Hessische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst

Weitere Stimmen aus der Goethe-Universität:
„Jürgen Habermas stellt nicht nur eine schillernde Persönlichkeit der Goethe-Universität dar, sondern prägte mit seinem Denken und Wirken in der Tradition der Kritischen Theorie die Diskussionen um die Gestaltung demokratischer Teilhabe und um die Verwirklichung von aufklärerischen Werten zu gesellschaftlichen und staatlichen Normen und ihre Widersprüchlichkeit. So gestaltete er das Verständnis und die Praxis von Demokratie in und außerhalb der Universität.“
Kyra Beninga, Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Goethe-Universität

„Ich freue mich sehr, dass Jürgen Habermas, dem ich seit meiner Studienzeit verbunden bin, seinen 90. Geburtstag bei guter Gesundheit und mit anhaltender Produktivität feiern kann. Besonders glücklich bin ich darüber, dass wir dieses Ereignis zusammen in Frankfurt würdigen können und er uns das Geschenk eines Vortrags und eingehender Diskussionen mit seinen SchülerInnen und KollegInnen macht. Sein Werk ist und bleibt für viele unsere Forschungen an der Goethe-Universität, insbesondere im Rahmen des Exzellenzclusters Normative Ordnungen, maßgebend.“
Rainer Forst, Professor für Politische Theorie und Philosophie, Co-Sprecher des Forschungsverbunds Normative Ordnungen

„Jürgen Habermas vereinigt auf nahezu einmalige Weise die miteinander kommunizierenden Rollen des weltweit anerkannten Wissenschaftlers und des öffentlichen Intellektuellen. Sowohl durch sein wissenschaftliches Werk als auch in seiner eigenen Person hat er dargetan, dass Vernunft und Öffentlichkeit sich wechselseitig voraussetzen und nicht ausschließen, wie vor allem hierzulande immer wieder behauptet. Mit dieser grundlegenden Einsicht prägt er das Selbstverständnis des demokratischen Verfassungsstaates nicht nur in Deutschland, sondern auch für ein vereintes Europa.“
Klaus Günther, Professor für Rechtstheorie, Strafrecht und Strafprozessrecht, Co-Sprecher des Forschungsverbunds Normative Ordnungen

„Wie bei vielen anderen meiner Generation, die der Kritischen Theorie verbunden sind, spielte die Lektüre der Schriften von Jürgen Habermas, insbesondere der Theorie des kommunikativen Handelns, bereits im Studium eine entscheidende Rolle. Die nachhaltige Wirkung der Habermas’schen Schriften beruht gerade auch auf ihrer Fähigkeit, auf die Lektüre anderer Autorinnen und Ansätze auszustrahlen. Jürgen Habermas‘ bleibende Bedeutung für das Institut für Sozialforschung fußt nicht zuletzt auf seinen Arbeiten zur Logik der Sozialwissenschaften, die eine kritisch-rekonstruktive Methodologie begründet haben. Der Positivismusstreit der 1960er Jahre, zu dessen Protagonisten Habermas gehörte, scheint gegenwärtig in der deutschen Soziologie in neuem Gewande wiederzukehren, was dem jungen Habermas eine neue Aktualität verleiht.“
Ferdinand Sutterlüty, Professor für Soziologie mit dem Schwerpunkt Familien- und Jugendsoziologie, kommissarischer Direktor des Instituts für Sozialforschung (für Pressemitteilung zu Habermas‘ 90.)

„Es ist ganz unbestritten: Jürgen Habermas ist einer der bedeutendsten, wirkungsmächtigsten und diskursprägendsten Philosophen seiner Generation, dies gilt für den deutschen, den europäischen, ja den globalen Kontext. Dass ich selbst heute an der Frankfurter Universität eine Professur bekleide, die auch mit seinem Namen verbunden ist, ist für mich eine große, immer wieder fast schwindelerregende Ehre. Es bedeutet für mich zugleich eine Verpflichtung auf einen Anspruch, der für ihn immer selbstverständlich war: dass es im Denken um etwas, ja, um alles geht, nämlich um unser Verhältnis zu uns zu selbst, zur Welt und zur Gesellschaft.“
Martin Saar, Professor für Sozialphilosophie

„Wie von keinem Zweiten kann man von Jürgen Habermas lernen, was es heißt, leidenschaftlich, anspruchsvoll und zugleich politisch verantwortungsvoll zu philosophieren. Sein intellektueller Stil ist geprägt von einer offenen und kommunikativen Weise zu denken. Lange bevor die Forschungspolitik durch äußere Anreize großflächige Kooperationen in den Geistes- und Sozialwissenschaften initiierte, hat Habermas von innen heraus, aus internen vernünftigen Gründen, die Interdisziplinarität der Philosophie als etwas Selbstverständliches etabliert.“
Thomas M. Schmidt, Professor für Religionsphilosophie

„Die Bedeutung von Jürgen Habermas für die Politikwissenschaft ist kaum zu überschätzen. Jürgen Habermas ist nicht nur ein brillanter Analytiker des Status-quo, er hat auch den Mut und die Fähigkeit, neue Denkhorizonte zu eröffnen und innovative Theorien zu entwickeln, die wegweisend für die gesamte Politikwissenschaft waren und sind. Während meines Studiums hat mir Habermas mit seiner Habilitationsschrift zum Strukturwandel der Öffentlichkeit die Augen geöffnet – politische Systeme, so habe ich gelernt, sind in ständigen Anpassungsprozessen an gesellschaftliche Veränderungen. In seinen späteren Schriften legte Habermas den Grundstein für die heute florierende Forschung zu neuen Demokratiemodellen und ist damit indirekt Gründungsvater der Forschungsstelle ‚Demokratische Innovationen‘ an der Goethe Universität.“
Brigitte Geißel, Professorin für Politikwissenschaft und politische Soziologie, Leiterin der Forschungsstelle Demokratische Innovationen

Night of Science Frankfurter Goethe Uni – Science Hero Preis für Forschung gegen Insektensterben an Entomologischen Verein Krefeld


Zum 14. Mal laden die naturwissenschaftlichen Fachschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main am 14.Juni 2019 zur „Night of Science“ auf dem Campus Riedberg an. Prof. Dr. Ivo Sbalzarini wird die Night of Science 2019 mit seinem Vortrag: “Informatik und Biologie: eine Verbindung für die Zukunft“ um 17 Uhr eröffnen. Wie es weiter auf der Website des studentischen Organisationsteam des Night of Science e.V. heißt, präsentieren in über 60 Vorträgen anschließend die engagierten DozentInnen bis zum Morgengrauen bahnbrechende Erkenntnisse. „Tauchen Sie ein in die Welt der Wissenschaft und lassen Sie sich überraschen, welche spannenden Vorträge auf Sie warten. Auch das Max-Planck-Institut für Biophysik ist wieder am Programm beteiligt“ Weitere Infos: www.nightofscience.de/

Science Hero Preis für Insektenforschung an Entomologische Vereins Krefeld

Parallel zur „Night of Science“ und anlässlich der Eröffnung des Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultätentages am 14. Juni 2019 , wird um 18.30 Uhr auf dem Campus Riedberg / Otto-Stern-Zentrum, Ruth-Moufang-Straße 2, OSZ B, der Science Hero Preis an den Entomologischen Verein Krefeld als Anerkennung für seine langjährige Dokumentation der Insektenbestände verliehen. Wie es in der Begründung heißt, habe der Verein die Insektenforschung unabhängig von wissenschaftlichen Trends beständig fortgesetzt und so das Insektensterben als ein immens wichtiges Problem mit Ökosystemschäden bisher nicht bekannten Ausmaßes aufgezeigt.

Der Science Hero Preis wird seit 2015 von der Konferenz Biologischer Fachbereiche an Personen oder Organisationen in der biowissenschaftlichen Forschung und Lehre verliehen, die bürokratische Ausuferungen oder politische Absurditäten mit Humor bekämpfen, standhaft ertragen oder effizient vermieden haben. Der Preisträger erhält die Bronze-Figur einer Eule, die auf einem Paragraphen-Dschungel thront. Sie symbolisiert die in Deutschland so häufige Fesselung der Grundlagenforschung durch die Bürokratie.

Der Entomologische Verein Krefeld beschäftigt sich seit 1905 mit der wissenschaftlich orientierten Insektenkunde (Entomologie). Seine Arbeit beruht auf öffentlich finanzierter sowie ehrenamtlicher Forschung. Bereits vor dreißig Jahren haben die Krefelder Entomologen standardisierte Methoden der Datenerhebung für Fluginsekten entwickelt und Untersuchungen mit konsequent identischem „sampling design“ in zahlreichen Schutzgebieten über ganze Vegetationsperioden durchgeführt. Daraus resultierten unschätzbare Daten und Originalproben sowie im Jahr 2017 eine vielbeachtete Publikation in der internationalen Online-Fachzeitschrift „PLOS ONE“.

Ein Kommentar in der Fachzeitschrift „Science“ zu den Daten der Krefelder Entomologen erweckte weltweites Aufsehen. Die Forscher fanden, dass die Gesamtmenge an Insekten in Schutzgebieten innerhalb der letzten 27 Jahre um ca. 76 Prozent zurückgegangen ist. Die Gelehrtengesellschaft „Royal Society of Biology“ wertete diese Erkenntnis als einen der „Big Biology Breakthroughs“ des Jahres 2017. Die Untersuchungsergebnisse zu Insektenrückgängen unter Umweltrisiken wurden zudem in den diesjährigen „Global Risks Report“ aufgenommen.

Insekten sind die wichtigsten Akteure in der Bestäubung von Blütenpflanzen. Sie regulieren Energie- und Nährstoffflüsse und sind Nahrungsquellen für viele andere Arten. „Wir sind bis heute keineswegs in der Lage, die zahlreichen von ihnen ausgeübten Funktionen im Naturhaushalt auch nur annähernd zu verstehen“, so Dr. Martin Sorg, Mitglied des Entomologischen Vereins Krefeld. Verluste regional angepasster Populationen und vollständiges Aussterben von Arten in ganzen Naturräumen können irreversible Folgen haben. „Wir haben durch viele unserer Daten den Eindruck, dass wir baselines verloren haben und weiter verlieren. Und in Unkenntnis der schleichenden Verluste können wir die jeweils historischen Zustände in ihrer Artendiversität und dem ‚natürlicheren‘ Volumen an Interaktionen gar nicht mehr ausreichend begreifen“, bedauert Dr. Sorg.

Die Ökosystemschäden, die durch Insektenrückgänge zu befürchten sind, können aufgrund von Kenntnislücken in ihrem vollen Ausmaß nicht prognostizierbar werden. Hieraus ergibt sich ein erheblicher Forschungsbedarf, und aktuell ist erkennbar, dass sich die Forschungslandschaft in der Entomologie verändert – und weiter verändern muss. „Bisher betreibt man Biodiversitätsforschung zu Insekten vorzugsweise zu den artenärmsten Insektengruppen. Dies ist als extrem verengter Blickwinkel nicht ausreichend für ein Verständnis von Biodiversität. Man könnte auch sagen: Tausende von UFO-Fluginsektenarten durchstreifen das Land, üben vermutlich wichtigste Funktionen in der Natur aus – und sind weder in ihrer Bestandsgefährdung bewertet, noch ist ihre Biologie ausreichend bekannt. Notwendig ist daher Grundlagenforschung und ein Langzeitmonitoring auch mit Schwerpunkten zu den artenreichsten Insektengruppen, zu denen der Kenntnisstand in eklatantem Maße defizitär ist“, so Dr. Andreas Müller, Vorsitzender des Entomologischen Vereins Krefeld.
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Vergessen, Erinnern, Nichtvergessenkönnen Tagung „Dynamiken des Erinnerns und Vergessens“ im Historischen Museum über die Hintergründe des Gedächtnisses

Phrenologische Modelle einer Lady und eines Gentlemen nach Johann Kaspar Spurzheim (1776 – 1832, O’Neil & Son, Edinburgh, 1824 Gips. Staatl. Museum für Völkerkunde Berlin. Der Anatom Franz Joseph Gall führte den Charakter eines Menschen auf die Schädelform zurück und teilte das Gehirn in verschiedene Areale der jeweils vermuteten Funktionen ein. Ausstellungs-Insel 4 „Das Vergessen erforschen“ © Foto: Diether v. Goddenthow
Phrenologische Modelle einer Lady und eines Gentlemen nach Johann Kaspar Spurzheim (1776 – 1832, O’Neil & Son, Edinburgh, 1824 Gips. Staatl. Museum für Völkerkunde Berlin. Der Anatom Franz Joseph Gall führte den Charakter eines Menschen auf die Schädelform zurück und teilte das Gehirn in verschiedene Areale der jeweils vermuteten Funktionen ein. Ausstellungs-Insel 4 „Das Vergessen erforschen“ © Foto: Diether v. Goddenthow

FRANKFURT. Vergessen: Zuweilen erwünscht, oft gefürchtet, gehört es zur Natur des menschlichen Gedächtnisses, dass nicht alles Vergangene gespeichert wird. Die Ausstellung „Vergessen – Warum wir nicht alles erinnern“ (noch bis 14. Juli) im Historischen Museum macht die vielfältigen Dimensionen des Vergessens sichtbar und verzahnt Erkenntnisse aus ganz unterschiedlichen Disziplinen miteinander. Als Beiprogramm zur Ausstellung findet

am Donnerstag, 23., und Freitag, 24. Mai
im Historischen Museum Frankfurt
Saalhof 1 (ehemals Fahrtor 2), 60311 Frankfurt am Main

in Kooperation mit dem Sigmund-Freud-Institut und Wissenschaftlern der Goethe-Universität eine öffentliche Tagung statt, die die Themenfelder Gedächtnis, Biografie, Identität, kultureller Wandel von Erinnern und Vergessen, Vergessen als Verdrängen des Vergangenen und Trauma beleuchtet. Der Titel der Tagung lautet „Dynamiken des Erinnerns und Vergessens“.

30-minütige, allgemeinverständliche Vorträge wechseln sich mit moderierten Gesprächen ab. So spricht Prof. Tilmann Habermas (Goethe-Uni) über die Veränderung von Lebensgeschichten im Laufe des Lebens. Prof. Vera King, Direktorin des Sigmund-Freud-Instituts und Inhaberin einer Professur für Soziologie und psychoanalytische Sozialpsychologie an der Goethe-Uni, wird sich in ihrem Vortrag mit „Vergessen und Bewahren in der digital beschleunigten Gesellschaft“ befassen. Die moderne Mediengesellschaft habe ein durchaus ambivalentes Verhältnis zum Vergessen, so King: Einerseits „vergisst“ das Internet nichts, was die Frage nach dem Recht auf Vergessen aufwerfe. Andererseits habe die mediale Beschleunigung weitreichende Folgen für das menschliche Gedächtnis, der mit Zeitaufwand verbundene Erwerb von Erfahrungswissen werde immer schwieriger.

Prof. Vera King war Mitglied im wissenschaftlichen Beratungsgremium zur Ausstellung, ebenso wie die Kulturwissenschaftlerin Prof. Astrid Erll (Goethe-Uni, Fachbereich 10 / „The Frankfurt Memory Studies Platform“), die über den Zusammenhang von Medien und Vergessen am Beispiel von „Homer“ vortragen wird. Weitere Vorträge befassen sich, u.a. aus kultur- und psychoanalytischer Sicht, mit verschiedenen Bedingungen und Funktionen des Vergessens bis hin zu Traumafolgen und kollektivem „Vergessen“.

Im Michael Imhof Verlag ist eine Begleitpublikation erschienen, die Themen von Ausstellung und Tagung vertieft. Das Buch besteht aus 20 Beiträgen u. a. von Christine Abbt, Aleida Assmann, Astrid Erll, Kurt Grünberg, Ulrike Jureit, Vera King, Jan Lohl, Sharon Macdonald, Hannah Monyer, Bettina Rudhof, Heinz Weiß.

Die Tagung wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.

Ausgewählte Punkte aus dem Programm:

Donnerstag, 23. Mai
9:30 Uhr
Vergessen und Erinnerung. Zur Bedeutung eines Bindeworts
Key Note mit anschließender Podiumsdiskussion
Prof. Christine Abbt, Universität Luzern

10:45 Uhr
Von Mnemosyne zum NMDA-Rezeptor
Prof. Dr. Hannah Monyer, Universität Heidelberg und Deutsches Krebsforschungsinstitut Heidelberg

11:20 Uhr
Erinnern, wie es (zu) uns passt. Die Veränderung der Lebensgeschichten im Laufe des Lebens
Prof. Dr. Tilmann Habermas, Goethe-Universität
Anschließend: Hannah Monyer und Tilmann Habermas

14:10 Uhr
Immer schneller, immer mehr… Vergessen und Bewahren in der digital beschleunigten Gegenwart
Prof. Dr. Vera King, Goethe-Universität, Sigmund-Freud-Institut

14:40 Uhr
Langsam und ungewiss? Homer vergessen und bewahren von der Antike bis zur Gegenwart
Prof. Dr. Astrid Erll, Goethe-Universität
Anschließend: Vera King und Astrid Erll im Gespräch

19:00 Uhr
Öffentlicher Abendvortrag: Räumliche und zeitliche Bilder des Erinnerns und Vergessens
Prof. Dr. Aleida Assmann, Anglistin, Literatur- und Kulturwissenschaften

 

Freitag, 24. Mai

9:30
Erinnern, hin und zurück
Key Note mit Publikumsdiskussion
Jochen Gerz, Künstler

11 Uhr
Vergessen und Erinnern im Historischen Museum
Dr. Jan Gerchow, Direktor des Historischen Museums Frankfurt

14:40 Uhr
Langsam und ungewiss? Homer vergessen und bewahren von der Antike bis zur Gegenwart
Prof. Dr. Astrid Erll, Goethe-Universität Frankfurt
Anschließend im Gespräch: Vera King und Astrid Erll

16 Uhr
Heimat im Vergessen
Dr. Verena Boos, Autorin

16:45 Uhr
Im Gespräch: Christine Abbt und Aleida Assmann

19 Uhr
Räumliche und zeitliche Bilder des Erinnerns und
Vergessens
Öffentlicher Abendvortrag
Prof. Dr. Aleida Assmann Anglistin, Literatur- und Kulturwissenschaftlerin

11:40 Uhr
„Wer bin ich?“
Identitätsbrüche und die Auslöschung der eigenen
Vergangenheit infolge eines massiven Traumas
Ilany Kogan, Psychoanalytikerin

14:10 Uhr
The need to remember and the need to forget.
Verarbeitung von Trauma und Verlust bei Kindern mit Bindungsabbrüchen
Prof. Dr. Patrick Meurs, Universität Kassel u. Sigmund-Freud-Institut Frankfurt

14:40 Uhr An Abschiede erinnere ich mich
Jenny Erpenbeck, Autorin

15:45 Uhr
Vergessen und Nicht-Vergessen-Können. Eine psychoanalytische Perspektive
Prof. Dr. Heinz Weiß, Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart und Sigmund-Freud-Institut Frankfurt

16.30
Im Gespräch: Jenny Erpenbeck, Jochen Gerz und Heinz Weiß

Die Moderation übernimmt die HR-Journalistin Insa Wilke. Die Tagung endet um 17:30 Uhr. Während der Tagung besteht auch Gelegenheit zum Besuch der Ausstellung.

Anmeldung bis 15. Mai unter david.barth@stadt-frankfurt.de. Die Tagungsgebühr beträgt 80 bzw. 40 Euro (inklusive Lunch und Kaffeepausen) und ist an der Museumskasse zu bezahlen. Der Abendvortrag kostet für Nichttagungsteilnehmer 4 bzw. 2 Euro.

Was geschah vor 4000 Jahren am Ural?

Ural Konopljanka 2 Ausgrabung 2018 DSC 2126
Ural Konopljanka 2 Ausgrabung 2018 DSC 2126

Archäologen der Universitäten Frankfurt und Mainz erforschen gemeinsam mit russischen Wissenschaftlern bronzezeitliche Prozesse in der Steppe zwischen Europa und Asien – 600.000 Euro für zunächst zwei Jahre von der DFG

FRANKFURT. Archäologen der Goethe-Universität um Prof. Rüdiger Krause werden wieder im Ural forschen. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und russischen Kollegen wollen sie herausfinden, was im 2. Jahrtausend vor Christus zu großen Veränderungen in der Lebensweise geführt haben könnte. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zunächst bis Ende 2020 mit 600.000 Euro gefördert. Die Forschungen knüpfen an ein früheres Projekt an, das von 2009 bis 2014 stattfand.

Ziel ist es, demographische Prozesse und Siedlungsstrukturen der Übergangszeit von der Bronze- zur Eisenzeit rekonstruieren zu können, die so genannte Post-Sintaschta-Petrovka-Periode. Bisherige Funde haben gezeigt, dass der südliche Trans-Ural an der Trennlinie zwischen Europa und Asien am nördlichen Rand der Eurasischen Steppe eine einzigartige Kulturlandschaft darstellt. Herausragende Denkmäler der Bronze- und Eisenzeit wie Grabhügel („Kurgane“) und Siedlungen zeigen, dass sich hier ein Zentrum wirtschaftlicher Entwicklung und soziokultureller Prozesse befand, die bereits im dritten Jahrtausend vor Christus einsetzten. Nach dem Niedergang der befestigten Siedlungen veränderte sich die Wohnstruktur, es entstanden „offene“ Siedlungen mit Reihenhausbauten ohne Befestigungsanlagen. Russische Forschungen datieren diese Siedlungen in die Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr., also in die späte Bronzezeit.

In der von 2009 bis 2014 andauernden Forschungsphase hat sich Professor Rüdiger Krause vor allem den befestigten Siedlungen der Sintaschta-Petrovka-Phase gewidmet. Diese Kultur zeichnete sich durch frühe Streitwagen aus, durch intensiven Kupferbergbau und eine hoch entwickelte Bronzeherstellung. Nun rücken verschiedene andere archäologische Stätten der Bronze- und Eisenzeit in der Mikroregion des Flusses Yandyrka-Akmulla und am oberen Karagaily-Ayat in den Fokus. Wie haben sich die Siedlungsstrukturen verändert? Wie wurde die Landschaft als ökonomische Basis für Tierhaltung genutzt? Und wie haben sich die Bestattungsformen gewandelt? Die demographischen Prozesse, die alldem zugrunde liegen, sollen im Lauf des interdisziplinären Projekts erforscht werden. Dabei kommen Methoden der Palaeogenetik zum Tragen, aber auch archäologische Ausgrabungen, geophysikalische Prospektionen und die Interpretation der materiellen Kultur und die Archäobotanik.

Ural Neplujevka Grab 6 Kurgan Grabung 2016
Ural Neplujevka Grab 6 Kurgan Grabung 2016

Wer waren die Menschen, die den damaligen Wandel von einer sesshaften Lebensform zum Nomadismus vollzogen haben? Woher stammten sie und wie sind sie in den Ural gekommen? Auf der Suche nach Antworten werden Archäologie und Palaeogenetik eng zusammenarbeiten. Ein Ziel der Kollaboration ist es, mit modernsten Genomanalysen populationsgenetische Analysen durchzuführen.

Das Team von Professor Joachim Burger an der Universität Mainz ist auf die Analyse von Genomen aus archäologischen Skeletten spezialisiert. In diesem Projekt werden die Mainzer Palaeogenetiker der Frage nachgehen, inwiefern genetische Einflüsse aus Europa oder der zentralasiatischen Steppe einhergehen mit dem kulturellen Wandel, der im Transural zu beobachten ist. Waren es Fremde, die den Wandel einleiteten? Oder haben hier regionale kulturelle Entwicklungen stattgefunden? Wie hat sich die Bevölkerungsstruktur und Demographie über die Jahrtausende verändert? Um Antworten zu finden, werden die Mainzer Forscher die Genome aus den archäologischen Fundstellen des Projekts hochauflösend sequenzieren und sie mit eigens entwickelten statistischen Methoden analysieren, um möglichst viele Details über die Menschen der Bronze- und Eisenzeit herauszufinden.

Information: Prof. Dr. Rüdiger Krause, Institut für Archäologische Wissenschaften, Vor- und Frühgeschichte, Campus Westend, Norbert-Wollheim-Platz 1, Telefon +49(0)69 798-32120; https://www.uni-frankfurt.de/61564916/LOEWE-Schwerpunkt

Prof. Dr. Joachim Burger, AG Palaeogenetik, Institut für Oragnismische und Molekulare Evolutionsbiologie (iomE), Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Anselm Franz von Bentzel Weg 7, 55128 Mainz, Telefon +49 (0)6131 39-20981; http://palaeogenetics-mainz.de