Kategorie-Archiv: Frankfurter Museen

Städel Frankfurt: VOR DÜRER. KUPFERSTICH WIRD KUNST 28. SEPTEMBER 2022 BIS 22. JANUAR 2023

Das Städel Museum widmet dem frühen Kupferstich als künstlerischem Bildmedium eine eigene Ausstellung. Vom 28. September 2022 bis 22. Januar 2023 werden etwa 130 bedeutende deutsche und niederländische Kupferstiche des 15. Jahrhunderts präsentiert. Die Ausstellung zeichnet die Entwicklung des Kupferstichs von einfachen Anfängen zu immer anspruchsvolleren Schöpfungen nach. Zu sehen sind herausragende Blätter u. a. von Martin Schongauer, Wenzel von Olmütz oder Israhel van Meckenem sowie von frühen, anonymen Stechern wie dem Meister ES, dem Meister mit den Bandrollen oder dem Meister b(x)g. Den Abschluss bilden einige der ersten Kupferstiche des großen deutschen Renaissancekünstlers Albrecht Dürer.

Im oben gezeigten Film stellen der Kurator der Schau, Prof. Dr. Jochen Sander, sowie Städel-Direktor Max Hollein zentrale Werke der Ausstellung vor und erklären, was Dürer anders als andere machte und was darüber hinaus zu seinem Ruhm beitrug und ihn weltweit bekannt machte.

STÄDEL MUSEUM
Schaumainkai 63
60596 Frankfurt am Main

FREI. SCHAFFEND. Die Malerin Ottilie W. Roederstein – Umfassende Retrospektive im Städel Museum Frankfurt

Ausstellungsansicht „FREI. SCHAFFEND. Die Malerin Ottilie W. Roederstein Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz
Ausstellungsansicht „FREI. SCHAFFEND. Die Malerin Ottilie W. Roederstein Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz

Frankfurt am Main, 19. Juli 2022. Die deutsch-schweizerische Malerin Ottilie W. Roederstein (1859–1937) zählte zu den erfolgreichsten Künstlerinnen der Zeit um 1900. Diesen Sommer präsentiert das Städel Museum eine umfassende Retrospektive, die mit 75 Gemälden und Zeichnungen einen Überblick über die künstlerische Entwicklung der stilistisch vielseitigen Malerin gibt. Nach Ausbildungsstationen in Zürich, Berlin und Paris lebte Roederstein ab 1891 in Frankfurt am Main. 1909 ließ sie sich mit ihrer Lebensgefährtin, der Gynäkologin Elisabeth H. Winterhalter, im benachbarten Hofheim am Taunus nieder. Roederstein war als freischaffende Porträtmalerin eine feste Größe im männlich dominierten Kunstbetrieb und setzte sich selbstbewusst über die vorherrschenden gesellschaftlichen Normen hinweg. Ihre Werke wurden in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen, von Zürich über Paris und Frankfurt bis nach London und Chicago, gezeigt und fanden große Anerkennung. Heute ist die Malerin trotz ihrer regen Ausstellungstätigkeit und ihres einstigen Renommees einem größeren Publikum nahezu unbekannt.

Das Schaffen von Ottilie Roederstein ist von der Geschichte des Städel Museums und der Stadt Frankfurt nicht zu trennen. Nur wenige Meter lagen zwischen ihrem Atelier in der Städelschule und dem Museum, das sie regelmäßig besuchte und von dessen Sammlung sie sich inspirieren ließ. Ihre eigenen Werke fanden schon zu Lebzeiten Eingang in die Sammlung. 1902 erwarb das Städel Museum Roedersteins Gemälde Lesende alte Frau als erstes Werk einer zeitgenössischen Künstlerin. Die Grundlage der Ausstellung bildet demnach die Sammlung des Städel Museums, die mit 28 Werken der Künstlerin neben dem Stadtmuseum Hofheim am Taunus und dem Kunsthaus Zürich über einen der bedeutendsten Bestände verfügt.

Die Ausstellung wird durch die Gemeinnützige Kulturfonds Frankfurt RheinMain gGmbH gefördert und zusätzlich unterstützt von der Friede Springer Stiftung, der Ernst Max von Grunelius-Stiftung sowie von der Damengesellschaft des Städelschen Museums-Vereins e. V.

Seit Jahren widmen wir uns mit unserem Ausstellungsprogramm zu wegweisenden Künstlerinnen der Erweiterung des kunsthistorischen Kanons. Mit der Retrospektive über die große Porträtmalerin Ottilie Roederstein fügen wir der Kunstgeschichte nun ein weiteres Kapitel hinzu. Ottilie Roederstein war eine wichtige Person des Frankfurter Kunst- und Kulturbetriebs. Der Ruhm, den sie hier zu Lebzeiten genossen hat, ist weitgehend verblasst. Damit teilt sie das Schicksal zahlreicher erfolgreicher Künstlerinnen, die nach dem Zweiten Weltkrieg zusehends in Vergessenheit gerieten. Ein größeres Publikum wieder mit ihrem Schaffen vertraut zu machen, ist uns ein besonderes Anliegen“, so Philipp Demandt, Direktor des Städel Museums.

„Ottilie Roedersteins Stil war vor allem in den frühen Jahren geprägt durch die französische akademische Malerei. Sie arbeitete bewusst für den Kunstmarkt und richtete sich mit Bildnissen und Stillleben nach den Wünschen ihrer Auftraggeberschaft. In ihren freien Kompositionen überschritt sie jedoch gezielt das für malende Frauen übliche thematische Terrain, indem sie religiöse Bilder und gar Akte schuf. Sie wandte sich der altmeisterlichen Temperamalerei zu und experimentierte mit impressionistischen, symbolistischen und neusachlichen Stilmitteln, wobei ihre individuelle Handschrift stets erkennbar blieb. Unsere Ausstellung macht es sich zur Aufgabe, Ottilie Roedersteins beeindruckende Karriere als Malerin gebührend zu würdigen und sie im Kontext ihrer Zeit zu verorten“, erläutern Alexander Eiling und Eva-Maria Höllerer, die Kuratoren der Ausstellung.

Der Fokus der Ausstellung liegt auf Roedersteins spezifischer Malweise, doch auch ihre Rolle als Netzwerkerin und Lehrerin wird beleuchtet. Ihre enge Verbindung mit Frankfurt und der Region zeigt sich darüber hinaus eindrücklich anhand einer Fülle historischer Dokumente, Fotografien und Briefe aus dem Nachlass der Künstlerin, die dem Städel Museum 2019 von den Erben ihres Biografen Hermann Jughenn übereignet wurden. Jughenn lebte in Hofheim am Taunus und war mit beiden Frauen über Jahre hinweg befreundet. Nach dem Tod Roedersteins 1937 initiierte Elisabeth Winterhalter die Arbeit an einem Verzeichnis der Werke Roedersteins und einer Biografie. Zu diesem Zweck übergab sie Jughenn den brieflichen Nachlass der Künstlerin sowie zahlreiche historische Fotografien und Werkbesprechungen. Er bearbeitete diesen Bestand über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren und ergänzte ihn durch seine eigene Korrespondenz, Werkaufnahmen und Aufzeichnungen. Nach seinem Tod im Jahr 1967 ging sein mit Roedersteins Nachlass verbundenes Archiv in den Besitz seiner Familie über und wird in seinem Hofheimer Haus untergebracht. Im Städel Museum wird das RoedersteinJughenn-Archiv nun wissenschaftlich erschlossen – erste Ergebnisse sind in die Ausstellung und den begleitenden Katalog eingeflossen.

 

Rundgang durch die Ausstellung

Die Ausstellung beginnt mit Roedersteins frühen Werken der 1880er- und 1890er-Jahre und nimmt vor allem ihre Ausbildungszeit in Paris in den Fokus. Wie die meisten ihrer Malerkolleginnen konnte sie ihre Ausbildung nicht strategisch planen. Frauen waren an den Kunstakademien noch nicht zugelassen, und der Beruf der Kunstmalerin war gesellschaftlich nicht akzeptiert. Roederstein studierte in sogenannten Damenklassen oder Damenateliers in Zürich, Berlin und schließlich Paris. Dort zeigte sie ihre Werke fünf Jahre lang regelmäßig in den Salons. Einen großen, internationalen Erfolg erzielte sie auf der Pariser Weltausstellung 1889, wo sie mit einer Silbermedaille prämiert wurde. Sie zeigte dort die Porträts Miss Mosher oder Sommerneige (um 1887), Helene Roederstein mit Schirm (1888) und mit Ismael (1880) erstmals eine Aktdarstellung und eine biblische Historie – Genres, die ausschließlich männlichen Künstlern vorbehalten waren.

1891 zog Roederstein zusammen mit Elisabeth H. Winterhalter nach Frankfurt. Die in der Schweiz approbierte Ärztin konnte in der Stadt eine gynäkologische Praxis eröffnen. Roederstein hielt die Profession ihrer Lebensgefährtin beispielhaft in dem Bildnis Dr. Elisabeth Winterhalter (1887) fest. Das als liberal und der emanzipatorischen Bewegung gegenüber aufgeschlossen geltende Frankfurt bot günstige Rahmenbedingungen, sich privat wie beruflich zu entfalten. Als freischaffende Porträtmalerin konnte Roederstein direkt nach ihrer ersten Ausstellung im Frankfurter Kunstverein 1891 schnell in der bürgerlichen Gesellschaft Fuß fassen. Sie war teilweise über Jahrzehnte hinweg mit den Porträtierten und deren Familien befreundet. Die Ausstellung präsentiert u. a. die Bildnisse Auguste Andreas, geb. Walluf (1892), Hanna Bekker vom Rath (1923) und Lilly von Schnitzler (1929).

Die Selbstbildnisse der Künstlerin bilden einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung. Sie entstanden in allen Phasen ihres Schaffens in verschiedenen Medien und boten der Malerin die Möglichkeit der künstlerischen Positionierung und Selbstbefragung. Außerdem spielten sie bei der Erprobung neuer Stilrichtungen und Maltechniken eine wichtige Rolle. Die Ausstellung vereint u. a. das Selbstbildnis mit roter Mütze (1894), das Selbstbildnis mit Hut (1904) und das Selbstbildnis mit Pinseln (1917). Meist inszenierte sich Roederstein mit verschränkten Armen und abweisendem Blick in geradezu maskuliner Attitüde als ernst zu nehmende und erfahrene Künstlerin, die sich Respekt und Erfolg erarbeitet hatte. Bereits zu Lebzeiten wurde Roederstein öffentlich als schöpferische Künstlerin wahrgenommen, eine Rolle, die man zuvor nur den männlichen Kollegen zugestanden hatte. Um 1900 wurden Frauen in der Malerei als Dilettantinnen und Kopistinnen akzeptiert, nicht aber als „frei“ schaffende Künstlerinnen mit eigener Erfindungsgabe. Roederstein gelang es jedoch, sich mit ihrem Werk einen Freiraum zu erobern, von dem viele ihrer Zeitgenossinnen kaum zu träumen wagten.

Roedersteins Malerei erfuhr in Frankfurt innerhalb weniger Jahre einen stilistischen Wandel. 1892 bezog sie ein Atelier in der Städelschule. Ab der Mitte des Jahrzehnts orientierte sie sich intensiv an Werken der deutschen und italienischen Renaissance, wie z. B. Die Verlobten (1897) oder Mila von Guaita (1896) zeigen. Sie führte ihre Malerei nicht mehr in Öl auf Leinwand, sondern in Tempera auf Holz aus und weitete ihre Themen zudem auf allegorisch-heroische Stoffe und religiöse Motive aus. Diese waren im späten 19. Jahrhundert noch vorwiegend den männlichen Kollegen vorbehalten.

Roedersteins Lebensgefährtin Elisabeth Winterhalter war eine der ersten Chirurginnen Deutschlands und forschte ab 1895 am Dr. Senckenbergischen Institut. Sie engagierte sich aktiv in der Frankfurter Frauenbewegung und beteiligte sich federführend an der Gründung des Vereins „Frauenbildung – Frauenstudium“. Dessen Zielsetzung war es, Mädchen den Weg zum Abitur zu ebnen, um ihnen damit den Zugang zu einem Hochschulstudium zu ermöglichen. Roederstein war Mitglied des Hauptvorstands im Frauenkunstverein Frankfurt, der sich für professionelle Ausbildungs- und Ausstellungsmöglichkeiten für Künstlerinnen einsetzte. In ihrem Atelier in der Städelschule bot sie Mal- und Zeichenkurse für Frauen an, da bis 1919 Frauen nicht an deutschen Kunstakademien zugelassen wurden. Mit Privatunterricht förderte Roederstein ihr weibliches Umfeld und erweiterte dadurch auch ihre Auftraggeberschaft.

Zeitlebens hatte die Malerin den Kunstmarkt fest im Blick und war über erfolgreiche Kompositionen und Trends bestens informiert. Als freischaffende Künstlerin ohne großen finanziellen Rückhalt durch ihre Familie war sie auf den Verkauf ihrer Werke angewiesen und orientierte sich daher an gefragten Themen und Stilen. Sie wandte sich etwa dem Frankfurt-Cronberger Künstler-Bund zu, einer sezessionistischen Bewegung, die als Ausstellungsgemeinschaft die aus Frankreich kommende impressionistische Freilichtmalerei in Deutschland etablieren wollte – sichtbar etwa in dem Werk Bildnis des Malers Jakob Nussbaum (1909).

Ihrem Umzug 1909 nach Hofheim zusammen mit Winterhalter folgten außerordentlich produktive Jahre, in denen Roederstein erneut mit unterschiedlichen Stilen experimentierte. In Hofheim kam sie zudem mit zahlreichen Vertretern des Expressionismus in Kontakt. Die Künstlerin nahm jedoch nur wenige expressive Anklänge in ihrem Werk auf. Sie blieb ihrem eigenen, von Linearität und einer dekorativen Flächigkeit geprägten Stil weitgehend treu, der in den 1920er-Jahren angesichts der aufkommenden Malerei der neuen Sachlichkeit wieder en vogue war. 1929 veranstaltete der Frankfurter Kunstverein aus Anlass ihres 70. Geburtstags eine Sonderausstellung; sie erhielt die Ehrenplakette der Stadt Frankfurt und wurde Ehrenbürgerin von Hofheim. Die letzte Phase von Roedersteins Schaffen fiel in die Zeit des Nationalsozialismus. Sie war nun staatlicher Reglementierung durch die Reichskammer der bildenden Künste unterworfen, um weiterhin ausstellen und verkaufen zu können. Nach Roedersteins Tod richtete der Frankfurter Kunstverein 1938 eine große Gedächtnisausstellung aus, die anschließend im Kunsthaus Zürich und in der Kunsthalle Bern gezeigt wurde. Bis Kriegsende war Roedersteins Werk noch in ihrem Atelierhaus zu sehen, das Winterhalter und Hermann Jughenn zu einer Gedenkstätte für die Künstlerin machten. Danach waren ihre Arbeiten lange Zeit nicht mehr in größerem Umfang zu sehen. Erst in den 1980er-Jahren wurde die Kunst von Ottilie Roederstein durch Ausstellungen im Stadtmuseum Hofheim wieder einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht, erlangte aber nicht mehr die einstige internationale Reichweite.

Die Ausstellung des Städel Museums entstand in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Zürich.

FREI. SCHAFFEND. DIE MALERIN OTTILIE W. ROEDERSTEIN Kuratoren: Dr. Alexander Eiling (Sammlungsleiter Kunst der Moderne, Städel Museum), Eva-Maria Höllerer (Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Sammlung Kunst der Moderne, Städel Museum) Archiv: Dr. Iris Schmeisser (Leiterin Provenienzforschung und historisches Archiv, Städel Museum) Ausstellungsdauer: 20. Juli bis 16. Oktober 2022

Ort: Städel Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt am Main Information: www.staedelmuseum.de

Besucherservice: +49(0)69-605098-200, info@staedelmuseum.de Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do 10.00–21.00 Uhr Sonderöffnungszeiten: Aktuelle Informationen zu besonderen Öffnungszeiten an Feiertagen unter www.staedelmuseum.de

Überblicksführungen: Vom 20. Juli bis 16. Oktober: Do 18.00 Uhr / Sa 14.00 Uhr / So 11.00 Uhr sowie am Mo 3. Oktober, 14.00 Uhr; Überblicksführung mit ausführlicher Bildbeschreibung So 21. August, 11.00 Uhr; Überblicksführung mit Gebärdensprachdolmetscherin So 4. September, 11.00 Uhr Tickets für die Überblicksführungen sind im Online-Shop unter shop.staedelmuseum.de erhältlich, Restkontingente je nach Verfügbarkeit an der Kasse. Aktuelle Informationen zu den Überblicksführungen und besonderen Angeboten an den Feiertagen sowie zu den Öffnungszeiten unter staedelmuseum.de.

RENOIR. ROCOCO REVIVAL. DER IMPRESSIONISMUS UND DIE FRANZÖSISCHE KUNST DES 18. JAHRHUNDERTS

Pierre-Auguste Renoir. Frau mit Sonnenschirm in einem Garten, 1875. Öl auf Leinwand. © Foto Diether v. Goddenthow
Pierre-Auguste Renoir. Frau mit Sonnenschirm in einem Garten, 1875. Öl auf Leinwand. © Foto Diether v. Goddenthow

Von heute an bis zum 19. Juni 2022 präsentiert das Frankfurter Städel Museum die erste bedeutende Pierre-Auguste-Renoir-Sonderausstellung in Deutschland nach 25 Jahren. Dabei widmet sich das Städel Museum  auf zwei Etagen  den überraschenden Bezügen Renoirs Kunst zur Malerei des Rokoko, und zwar  auf  gesellschaftspolitischer, biografischer, motivischer und mal- und zeichentechnischer Ebene.

Ausgangspunkt groß angelegten einzigartigen Sonderausstellung ist die Frage, in welchem historischen Kontext Renoirs Schaffen zu verstehen ist. Denn Renoir sei, so Philipp Demandt, Direktor des Städel Museums, auch noch viel, viel mehr als einer der herausragenden Maler des französischen Impressionismus. „Schau’n Sie sich das Leben des Künstlers an, dann sehen Sie, dass dieses Leben überaus bewegt gewesen ist“. Er wird 10 Jahre nach der sogenannten Juli-Revolution von 1830 und der Abdankung der Bourbonen geboren. Es folgt die Regierung des Bürgerkönigs Louis Philippe dann die Februar-Revolution von 1848, das Ende der zweiten Republik und der Staatstreich von 1852, und das zweite Kaiserreich und dann Napoleon III., schließlich der Deutsch-Französische Krieg, die Dritte Republik und am Ende sogar noch der Erste Weltkrieg. Ein Jahr nach dessen Ende, im Schicksalsjahr Europas 1919 stirbt Renoir. „Ein Leben also, das geprägt gewesen ist von Revolution und von Umbrüchen und von Zeitenwenden, und um solche Zeitenwenden und Umbrüche soll es auch in der Ausstellung „Renoir. Rococo Revival“ vom 2. März bis 19. Juni 2022 im Städel-Museum Frankfurt gehen“, so Phillipp Demandt, Direktor des Städelmuseums, beim Pressegespräch.

Impressionismus aus historischer Entwicklung verstehen

„Wir haben schon seit Jahren den Anspruch, den Impressionismus von seinen historischen Wurzeln her zu denken“, so Dr. Alexander Eiling, Sammlungsleiter Kunst der Moderne, im Städel Museum. Er sowie Dr. Juliane Betz, seine Stellvertreterin, und  Dr. Fabienne Ruppen, wissenschaftliche Mitarbeiterin, bilden das Kuratorenteam dieser wunderbaren  Ausstellung mit insgesamt 132 Exponaten aus 11 Ländern, darunter 71 der schönsten Werke Renoirs sowie 29  Werke aus dem  Rokoko des 18. Jahrhunderts und 19 Bilder von Zeitgenossen und Wegbegleitern wie Edgar Degas, Édouard Manet und weitere. Diese Gegenüberstellungen mit Werken des 18. Jahrhunderts, aber auch Vergleiche mit Künstlerinnen und Künstlern aus dem Umfeld des Impressionismus bieten Besuchern die Gelegenheit, Renoirs Schaffen neu zu entdecken.

Landläufig ist Renoire vor allem für seine häufig lockere, skizzenhafte Malweise sowie die leuchtende Palette seiner Gemälde bekannt und zum Inbegriff jenes impressionistischen Malers geworden, der flüchtige Eindrücke auf der Leinwand festhält. Und ja!, wie kaum andere, prägen Renoirs Schilderungen des modernen Lebens aus dem Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts unsere Sicht auf diese Zeit nach wie vor. Aber weniger bekannt ist, dass Renoir  seine Inspirationen jedoch nicht nur in seinem Alltag fand, sondern auch in der Kunst vorangegangener Epochen. Von besonderer Bedeutung war für ihn die französische Malerei des 18. Jahrhunderts. Diese erfreute sich zu Renoirs Lebzeiten so großer Wertschätzung, dass man heute von einem „Rococo Revival“ spricht.
Renoirs Bezüge zum 18. Jahrhundert sind vielschichtig. Zum einen teilte er mit dem Rokoko die Vorliebe für bestimmte Motive: Darunter finden sich das Flanieren in Parkanlagen und am Flussufer, die Rast im Freien oder das Gartenfest. Darüber hinaus widmete sich auch Renoir der Darstellung häuslicher Szenen und befasste sich immer wieder mit dem familiären Beieinander sowie mit privaten Momenten wie dem Baden, Lesen oder dem heimischen Musizieren. Zudem lehnte er sich in seiner offenen Malweise sowie in der Verwendung bestimmter Zeichenmittel an die Kunst des vorangegangenen Jahrhunderts an. Schließlich verbindet Renoir und das Rokoko ein Bekenntnis zur dekorativen Funktion von Kunst, die übergreifend alle Lebensbereiche gestalten sollte.

„Rococo-Revival“ mehr als bloß „Neorokoko“

Die Darstellung von weiblichen Badenden zählt seit der Antike zu den Kernthemen der bildenden Kunst und war im 19. Jahrhundert ausgesprochen beliebt. Auch in Renoirs Werk bildete der weibliche Akt zeitlebens ein zentrales Thema. Vor allem Kompositionen von Boucher dienten ihm als Vorbilder, insbesondere dessen Diana, dem Bade entsteigend.  © Foto Diether v. Goddenthow
Die Darstellung von weiblichen Badenden zählt seit der Antike zu den Kernthemen der bildenden Kunst und war im 19. Jahrhundert ausgesprochen beliebt. Auch in Renoirs Werk bildete der weibliche Akt zeitlebens ein zentrales Thema. Vor allem Kompositionen von Boucher dienten ihm als Vorbilder, insbesondere dessen Diana, dem Bade entsteigend. © Foto Diether v. Goddenthow

Der Impressionismus sei ja nicht voraussetzungslos über Nacht entstanden, so Eiling. Ähnlich wie die französische Kunst generell immer etwas traditioneller als viele andere Kunstrichtungen sei und immer wieder aus der vorausgegangenen Kunst Anknüpfungspunkte gefunden und geschöpft habe, so habe es natürlich diese Beziehungen auch zwischen Renoir und des Rococo gegeben. In der Ausstellung solle dies auf vier verschiedenen Ebenen wiedergeben: „Das ist einmal gesellschaftspolitisch, im Bereich des Rococo-Revival. Das ist ein englischer Terminus, der auch in der Literatur gewählt wird, weil er anders als Neo-Rococo sich nicht nur auf die Kunst bezieht, sondern auch alle gesellschaftspolitischen Hintergründe, die sich mit der Rückkehr des Rococo als den französischem Nationalstil beschäftig“, so Kurator Eiling. Und diese viel umfassendere Begrifflichkeit „Rococo-Revival“ noch einmal zu betonen, sei einfach wichtig für das bessere Verständnis. Das Kuratorenteam habe für die Ausstellung auch noch einen weiteren Begriff gewählt, „den Begriff des ‚Echos‘, weil es immer wieder sozusagen ferne Erinnerungen sind. Es sind nicht immer nur eins-zu-eins motivische Übersetzungen oder Kopien, sondern es ist im Grunde genommen ein Anverwandeln einer Motivwelt des Rokoko im Impressionismus, die zu den Zeiten von Renoir sehr wohl immer wieder auch gesehen wurde.“, so Eiling.

Die Wurzeln seiner Kunst als Porzellan-Maler
Zudem möchte die Ausstellung aber auch biographisch anknüpfen. Besonders wichtig sei für die Rezeption von Renoirs Werken, einen Blick auf seine Ausbildung zu werfen. Renoir fand zur Kunst über seine Ausbildung zum Prozellanmaler, die er 1854 in der Werkstatt der Lèvy-Frères et Cie in Paris begann. Die Firma stellte Porzellane mit Motiven her, die häufig an Werke von Rokoko-Malern wie Watteau, Boucher oder Nicolas Lancret (1690¬1743) angelehnt waren. Renoir studierte deren Gemälde im Louvre. In Zeichnungen entwickelte er eigenständige Interpretationen, die er auf die Porzellanrohlinge übertrug. Auf diese Weise fand er im Rahmen seiner Tätigkeit als Dekorateur bereits in jungen Jahren einen Zugang zum Rokoko, das ihm fortan als Inspirationsquelle dienen sollte. Nur wenige Werke aus dieser Frühzeit haben sich erhalten: zum einen Skizzenbuchblätter mit Studien von Kartuschen und Girlanden sowie von Figuren, die nach der Mode des 18. Jahrhunderts gekleidet sind. Zum anderen kann Renoir etwa die Bemalung eines vasenförmigen Kerzenständers mit Bronzemontierungen aus der Produktion der Lèvy-Frères zugeschrieben werden. In der Rückschau stilisierte Renoir seine Lehrjahre als prägend für sein Selbstverständnis, demzufolge Kunst und Handwerk ebenso eng miteinander verbunden waren wie im 18. Jahrhundert.

„Gerade für den Porzellanmaler ist das Rokoko das kleine Einmaleins. So etwas vergisst man einfach nicht. Und als Porzellanmaler malt man auch auf knallweißen Untergrund. Renoir hat das dann bei seinen Leinwänden auch gemacht. Die Farben stehen umso leuchtender, umso brillanter. Die eigene Ausbildung vergisst man nie. Die bleibt einem tiefverwurzelt, und so ist Renoir eigentlich immer auch ein Porzellanmaler auf eine gewisse Art und Weise geblieben, motivisch natürlich“, beleuchtet Eiling Renoirs handwerkliches Rüstzeug.
Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung sei, einen Blick auf die Mal- und Zeichentechniken zu werfen: „Welche Maltechnik und welche Maltechnik übernimmt Renoir aus dem 18. Jahrhundert? „

Weitere zentrale Stichworte der Ausstellung sind unter anderem „Renoir & der Impressionismus“, „Renoir, der ‚neue Watteau‘“, “Was bedeutet Rokoko?“, „Was bedeutet ‚Rococo Revival‘?“, “Die Goncourts & das Rokoko“, „Moderne Fête galante“ (galante Feste), „Renoir & die moderne Freizeitkultur“, „Renoir als Zeichner“, Renoirs Amazone“, „Renoir & die Dekoration“, „Boudoir“, „Lesen & Handarbeit“, „Aktdarstellungen & Badende“, „Landschaft & Facture“, „Stillleben“,“ Genredarstellungen & Rollenporträts“ sowie „Peinture morale“.

Eine großartige Ausstellung, übrigens „das erste Ausstellungshighlight im Frankfurter Städel 2022, so Philipp Demandt, Direktor, Städel Museum

Sie wird gezeigt auf zwei Etagen. Sie auch höchst empfehlenswert für alle, die sich „bloß“ an der Schönheit, Pracht und Leuchtkraft der Farben und vollendeter Bildsprache erfreuen möchten.

„Das erste Ausstellungshighlight im Frankfurter Städel 2022 ist dem Meister des Impressionismus und seiner Rokoko-Leidenschaft gewidmet.“ Philipp Demandt, Direktor, Städel Museum © Foto Diether v. Goddenthow
„Das erste Ausstellungshighlight im Frankfurter Städel 2022 ist dem Meister des Impressionismus und seiner Rokoko-Leidenschaft gewidmet.“
Philipp Demandt, Direktor, Städel Museum © Foto Diether v. Goddenthow

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Schaumainkai 63
60596 Frankfurt am Main
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Begleitkatalog
Renoir_Katalog_250Sehr empfohlen sei auch der gelungene reichlich bebilderte Begleitkatalog zur Ausstellung: „Renoir. Rococo Revival. Der Impressionismus und die französische Kunst des 18. Jahrhunderts. 328 Seiten, erschienen im Hatje Cantz Verlag, Museumsausgabe 39,90 Euro.

Ausstellungsprogramm 2022 im Museum für Kommunikation Frankfurt

© Foto Diether v. Goddenthow
© Foto Diether v. Goddenthow

Nach diversen Schließungen und massivem Besucherrückgang in der Jahren 2020 und 2021 verspürt das Museum für Kommunikation in Frankfurt neue Aufbruchsstimmung und gibt einen ersten Überblick über geplante geplante Wechselausstellungen und Projekte in 2022 von „Klima-Kommunikation“ bis hin zu Jubiläumsshow „150 Jahren Sammlungen“

 „ON AIR. 100 Jahre Radio“ (bis 28.8.2022) 

Nach der Geburtstags-Online-Ausstellung „Smartphone.25″ 2021, wird das Museum für Kommunikation Frankfurt 2022 erneut wegweisende technische Neuerungen in den Blick nehmen und ihre Auswirkungen auf unser gesellschaftliches Miteinander:
Die Ausstellung „ON AIR. 100 Jahre Radio“ (bis 28.8.2022) erzählt die wechselvolle Geschichte des Rundfunks.

Mit der Sendereihe Abendstudio und dem Funkkolleghat der Hessische Rundfunk gesellschaftliche Debatten begleitet und dabei auch das demokratische Grundverständnis seiner Hörerinnen und Hörer geprägt: Die Begleitausstellung „Funk für Fans. Hessische Rundfunkgeschichten“ (17.2.-4.9.2022) resümiert Programmereignisse mit Ausstrahlung weit über die Landesgrenzen hinaus und gibt Einblick in die Archive des HR.

„KLIMA_X“ (bis 28.8.2023)

In seinen großen Wechselausstellungen verknüpft das Museum historische Zusammenhänge mit gegenwärtigen Themen, um für aktuelle Diskurse Orientierungshilfe zu bieten: Am 12. Oktober eröffnet die Ausstellung „KLIMA_X“ (bis 28.8.2023): Seit mehr als 50 Jahren wird über den Klimawandel publiziert, gestritten und agitiert. „KLIMA_X“ nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Erfahrungs- und Veränderungsreise: Es ist weitgehend Konsens, dass die Klimakrise eine Herausforderung höchster Dringlichkeit und Priorität ist und eine große Mehrheit hält darum Veränderungen auch für notwendig. Allein bei der konkreten Umsetzung wird es schwierig, in der Politik wie bei jedem Einzelnen – zwischen Einsicht, Wissen und Handeln besteht oft eine große Diskrepanz. Emotionen spielen dabei eine große Rolle. Klimakampagnen vergangener Jahre werden zeigen, dass der Klima-Kommunikation eine immer wichtigere Rolle zukommt.

„Von Monstern, Mäusen und Menschen. Axel Schefflers fantastische Briefbilder“ (12.3. bis 24.7.2022)

In der Pandemie ist es schwierig, in Verbindung zu bleiben: Die weltbekannte Illustrator Axel Scheffler pflegt seit vielen Jahren Künstlerfreundschaften mit u.a. Anke Kuhl, Philipp Waechter und Julia Donaldson. Mit der Ausstellung „Von Monstern, Mäusen und Menschen. Axel Schefflers fantastische Briefbilder“ (12.3. bis 24.7.2022) macht das Museum nicht nur eine Liebeserklärung an den Zeichner des „Grüffelo“, sondern auch an die analoge Korrespondenz des Briefes.

„PotzBlitz. Vom Fluch des Pharaos bis zur Hate Speech“ (11.8.2022 bis 29.1.2023)

Die Kulturgeschichte des Fluchens reicht zurück bis ins Alte Ägypten: Die Ausstellung „PotzBlitz. Vom Fluch des Pharaos bis zur Hate Speech“ (11.8.2022 bis 29.1.2023) widmet sich den Ursprüngen des Fluchens, der Lust am Tabubruch und greift natürlich auch das Phänomen des „Shitstorms“ auf.

150 Jahre Sammlungen der Museumsstiftung Post und Telekommunikation
2022 ist auch deswegen ein besonderes Jahr, weil die Museumsstiftung Post und Telekommunikation das 150-jährige Bestehen ihrer Sammlungen feiert. Sie gehen zurück auf die Gründung des Reichspostmuseums 1872 in Berlin, eines der ersten und modernsten technikhistorischen Museen der Welt. Schon damals war wegweisend für den Sammlungsauftrag, dass Heinrich von Stephan auch Gegenwart und Zukunft im Blick hatte. Seither pflegen die Sammlungen nicht nur einen regen Leihverkehr mit bedeutenden Museen weltweit, sondern erforschen auch ihre Bestände: Seit 2021 wird beispielsweise der Nachlass von Paul Nipkow, einem der „Gründerväter des Fernsehens“, digital erschlossen. Das Sammlungsjubiläum wird u.a. flankiert von einer Fachtagung.

Für Besucher gilt zurzeit die 2G+-Regel (zweimal geimpft + gültiger 24stunden-Test oder dreifach geimpft – geboostert).

Öffnungszeiten:
Di-Fr 11-18 Uhr
Sa, So + feiertags 11-19 Uhr

Museum für Kommunikation Frankfurt
Schaumainkai 53 (Museumsufer)
60596 Frankfurt am Main
Weitere Infos zum Besuch

Die neuen Ausstellungen 2022 im Museum Angewandte Kunst Frankfurt

Museum Angewandt Kunst Frankfurt.© Foto Diether v. Goddenthow
Museum Angewandt Kunst Frankfurt.© Foto Diether v. Goddenthow

Nach den coronabedingten Schließungen der Jahre 2020 und 2021 mit einem Rückgang der Besucherzahlen von jeweils 70 Prozent  schaut das Museum Angewandte Kunst wieder optimistisch auf das vorliegende Ausstellungsjahr und startet mit einer „Fülle“  neuer, spannender und inspirierender Ausstellungen: Darunter mit der Sonderausstellung „Mythos Handwerk. Zwischen Ideal und Alltag“ vom 29. April – 11. September 2022. Diese Schau legt den Fokus auf die universellen Werte und Botschaften, die in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit dem Handwerk verbunden werden.

Ein wenig später, 7. Mai – 27. August 2022, widmet sich das Museum Angewandte Kunst und seine Abteilung Buchkunst und Grafik dem „Erfolgsprogramm Künstlerbücher. Der Verlag der Buchhandlung Walther König“.
Vom 14. Mai – 18. September 2022 startet die Ausstellung „Die Natur der Natur. Fukushima Project“ mit zahlreichen Fotos und Videos des Künstlers Norbert Schoerner und Unblock Gaudi.

Auch noch im ersten Halbjahr, vom 26. Mai – 24. Juli 2022, lenkt die Inszenierung „Unblock Gaudi. Digitale Kunst via Blockchain“ den Fokus auf die sehr junge Kunstgattung Digitale Blockchain-Kunst.

Fünf weitere Eröffnungen feiert das Museum Angewandte Kunst im zweiten Halbjahr, nämlich: mit „E. R. Nele. Zeitzeugenschaft“ vom 24. September 2022 – 8. Januar 2023; „亞歐堂 meet asian art: Pekingglas“, vom 29. September 2022 – 4. Juni 2023; „Contact Zones – Murat Adash, Céline Berger, Syowia Kyambi“ vom 8. Oktober 2022 – 15. Januar 2023, sowie als Abschluss des Jahres mit der Präsentation der einzigartigen „Sammlung Maximilian von Goldschmidt-Rothschilds“ vom 5. November 2022 – 26. Februar 2023.
Spannende laufende Ausstellungen zurzeit:

Kunsthandwerk ist Kaktus. Die Sammlung von 1945 bis heute
Bis 27. März 2022

IDEOLOGIEN
RAY Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain
Bis 24. April 2022

亞歐堂 meet asian art: Fragmente. Über das Unvollständige in der ostasiatischen Kunst
Bis 18. September 2022

Sehr inspirierend und lehrreich zugleich sind die Dauerausstellungen im MAK

Dieter Rams. Ein Stilraum
Richard Meier. Ein Stilraum
Stilräume. Aus den Sammlungen
Elementarteile. Aus den Sammlungen
Neues Museum für Bienen

Für Besucher gilt zurzeit die 2G+-Regel (zweimal geimpft + gültiger 24stunden-Test oder dreifach geimpft – geboostert).

Öffnungszeiten
Mo geschlossen
Di, Do–Fr 12–18 Uhr
Mi 12–20 Uhr
Sa–So 10–18 Uhr

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt
www.museumangewandtekunst.de

069 212 44539 (Kasse/Foyer)
069 212 34037 (Informationen zum Museum)
069 212 38522 (Informationen zu Führungen)
info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de

Deutsches Romantik Museum „Als wäre ich selbst dabei gewesen“ Die erste Sammlung Karl Ströher aus dem Vermächtnis von Ulrike Crespo 8.02. bis 11.04.22

Deutsches Romantik Museum Frankfurt mit angrenzendem Goethehaus  © Foto Diether v. Goddenthow
Deutsches Romantik Museum Frankfurt mit angrenzendem Goethehaus © Foto Diether v. Goddenthow

Aus dem Nachlass der Frankfurter Psychologin, Fotografin und Philanthropin Ulrike Crespo (1950 – 2019) erhielt das Freie Deutsche Hochstift 2021 ein Konvolut von 35 Zeichnungen des 19. Jahrhunderts. Ursprünglich zusammengetragen wurden diese von ihrem Großvater Karl Ströher (1890 – 1977), dem bedeutenden Förderer und Sammler von Kunst der Nachkriegszeit und der Moderne. Er sammelte Werke der klassischen Moderne und direkter Zeitgenossen und stand mit vielen internationalen Künstlern in enger Verbindung. Sein Nachlass prägt heute das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt und bereichert die Sammlung des Städel Museums. Das Freie Deutsche Hochstift würdigt die Schenkung Ulrike Crespos nun mit einer Schau im Handschriftenstudio des Deutschen Romantik-Museums. Unter dem Titel ‚Als wäre ich selbst dabei gewesen. Die erste Sammlung Karl Ströher aus dem Vermächtnis von Ulrike Crespo‘ werden vom 8. Februar bis 11. April 2022 18 ausgewählte Zeichnungen des Konvoluts gezeigt, darunter Arbeiten von Jakob Becker und Karl Peter Burnitz, Heinrich Crola, Wilhelm von Kobell, Thomas Ender sowie Johann Christoph Erhard.

Eduard Leonhardi Seeufer-© FDH
Eduard Leonhardi Seeufer-© FDH

Karl Ströher begann erst als 50-Jähriger, Kunst zu sammeln, angefangen mit Zeichnungen des 19. Jahrhunderts. In einem autobiographischen Bericht schilderte er 1976: „Ich liebte vor allem Blätter der Deutschen in Rom und der Romantiker“. Es sei eine persönliche Nähe gewesen, die er zu diesen Malern und Zeichnern aufbauen konnte. Die Lektüre von Lebensläufen, Berichten und Briefen der Künstler brachte ihm deren Arbeiten nah: „Die vielerlei Einzelheiten darüber habe ich ganz in mich aufgenommen, als wäre ich selbst dabei gewesen“. Bald umfasste diese erste „Romantiker-Sammlung“ viele hundert Blätter, darunter Arbeiten von Künstlern wie Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge, Johann Friedrich Overbeck oder Adrian Ludwig Richter.

Die 35 Handzeichnungen, die das Freie Deutsche Hochstift erhalten hat, zeigen skizzenhafte Arbeiten, die selten bildhaft ausgeführt wurden, umfassen versunkene Figuren, kleine Naturszenen, Blicke auf und in Gebäude oder in die Landschaft. Allen Blättern ist ein nahezu privater Blick zu eigen, etwas schnell Erfasstes, so als halte der Künstler eine Körperhaltung, eine unspektakuläre, ihm vertraute Szene oder auch eine Lichtstimmung fest. Die Zeichner dieser Sammlung entstammen der Spätromantik, dem Biedermeier manche bereits dem frühen Realismus. Einige gehören in das Umfeld Frankfurts, einige in den Dresdener Kontext mit seiner großen romantischen Tradition, oder in den süddeutschen Raum. Andere Zeichnungen entstanden auf den im 19. Jahrhundert so wichtigen Künstlerreisen nach Italien, von denen Karl Ströher fasziniert erzählte.

Eintritt
Der Besuch der Ausstellung ist im Museumseintritt enthalten.

Öffnungszeiten
Dienstag, Mittwoch, Freitag, Samstag, Sonntag 10 – 18 Uhr, Donnerstag 10 – 21 Uhr / Montag geschlossen

Besucherinformation
www.freies-deutsches-hochstift.de
www.deutsches-romantik-museum.de

Senckenberg-Vortragsreihe: „Forschendes Kuratieren“ oder: Was passiert im Museum? – Digitaler Vortrag mit Museumsdirektorin Dr. Brigitte Franzen am 2. Februar

© Foto Diether v. Goddenthow
© Foto Diether v. Goddenthow

Frankfurt, den 27.01.2022. Der Begriff „Kuratieren“ wird heute sehr breit verwendet. Ob Modemagazine oder Musikprogramme, alles wird „kuratiert“. Was bedeutet das für die Museen, die den Begriff aus dem Angelsächsischen in den vergangenen Jahrzehnten für das Ausstellungsmachen adaptiert haben? Was ist in diesem Zusammenhang „forschendes Kuratieren“, ein Begriff, den die Vortragende Dr. Brigitte Franzen für die Arbeit in Museen entwickelt hat? Die Direktorin des Senckenberg Naturmuseums erläutert dies im nächsten Vortrag der Senckenberg-Reihe „Museum for Tomorrow: Die Praxis der Museen“.

Der Schlüssel zum musealen Ausstellungsmachen ist in allen Museumssparten – vor allem aber in einem Naturmuseum – die faktenbasierte Forschung. Immer ist die Glaubhaftigkeit der Inhalte abhängig von den Forschungsfragestellungen und ihrem Verhältnis zu den Ausstellungsobjekten. Die Tätigkeit der Ausstellungsmacher*innen ist per se transdisziplinär angelegt, u.a. weil die Ebene des „Sichtbarmachens“ eine zentrale Rolle spielt. Ausstellungen konzipieren ist Raum-, Forschungs-, Gestaltungs-, Text- und Vermittlungsarbeit sowie vieles mehr. Mit dem Konzept des integrierten Forschungsmuseums definiert Senckenberg diese Verhältnisse gerade – gemeinsam mit sieben weiteren Leibniz-Forschungsmuseen – neu. Dabei geht es u.a. darum, wissenschaftliche Zukunftsthemen, wie die Biodiversitätsforschung, die Thematik des Anthropozäns, die Klimaforschung oder die Geschichte und Zukunft des Lebens auf unserem Planeten, multidimensional wissenschaftlich-kuratorisch so zu erschließen, dass daraus komplexe, verständliche neue Wissensräume werden. Der Anspruch ist, diese sinnlich und kommunikativ genauso erfahrbar zu machen, wie gedankliche Vertiefung zu ermöglichen. Museen werden so zu innovativen Kommunikationszentren zwischen Kultur und Wissenschaft, die einen vielfältigen Dialog mit der Gesellschaft ermöglichen und wichtige Plattformen für die Reflexion wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch kultureller Konstruktionen – beispielsweise von der Natur – sind.

Die Kunst- und Kulturwissenschaftlerin Dr. Brigitte Franzen ist Direktorin des Naturmuseums am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt. Zuvor war sie Alleinvorstand der international tätigen Peter und Irene Ludwig Stiftung. Einer ihrer wissenschaftlichen Schwerpunkte ist die Ideen- und Kulturgeschichte der Natur. Brigitte Franzen hat in ihrer Laufbahn rund 100 Ausstellungsprojekte verantwortet.

Vortrag: „Forschendes Kuratieren“ oder: Was passiert im Museum?
Referentin: Dr. Brigitte Franzen (Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt)
Datum: Mittwoch, 2. Februar, 19:15 Uhr

Aufgrund der Covid-19-Pandemie finden die Vorträge bis auf Weiteres rein virtuell statt. Sie können per Livestream unter www.senckenberg.de/live (ohne Kommentarmöglichkeit) oder über den Kanal www.youtube.com/SenckenbergWorld (mit Kommentar-möglichkeit über die Chatfunktion) mitverfolgt werden. Wer virtuell mit den Referent*innen diskutieren möchte, meldet sich über den Anmeldelink im Senckenberg-Veranstaltungskalender an und erhält dann die Zugangsdaten für die Zoom-Veranstaltung.

Informationen zu den Vorträgen, Referent*innen und Themen unter: https://www.senckenberg.de/Vortragsreihe-Museum

Die Vortragsreihe wird im Rahmen des Aktionsplans „Eine Welt in Bewegung“ der Leibniz-Forschungsmuseen veranstaltet.

LÖWEN – SPHINGEN – SILBERHÄNDE Der unsterbliche Glanz etruskischer Familien aus Vulci“ im Archäologischen Museum Frankfurt

Impression der Sonderausstellung „LÖWEN – SPHINGEN – SILBERHÄNDE Der unsterbliche Glanz etruskischer Familien aus Vulci“ im Archäologischen Museum Frankfurt vom 3. November 2021 bis 10. April 2022. Hier: Nekropole von Poggio Mengarelli – Grabbeigaben des-7.Jh’s v.Chr.  Foto Diether v Goddenthow
Impression der Sonderausstellung „LÖWEN – SPHINGEN – SILBERHÄNDE Der unsterbliche Glanz etruskischer Familien aus Vulci“ im Archäologischen Museum Frankfurt vom 3. November 2021 bis 10. April 2022. Hier: Nekropole von Poggio Mengarelli – Grabbeigaben des-7.Jh’s v.Chr. Foto Diether v Goddenthow

Erstmals außerhalb Italiens präsentiert das Archäologische Museum Frankfurt vom 3. November 2021 bis 10. April 2022 in der Sonderausstellung „Löwen – Sphingen – Silberhände. Der unsterbliche Glanz etruskischer Familien aus Vulci“ einzigartige archäologische Neuentdeckungen aktueller Grabungen aus den Nekropolen der Etruskerstadt Vulci.

Die Exponate stammen im wesentlichen aus einem Areal in der südlichen Toscana, das erst im 18. Jahrhundert als die untergegangene etruskische Stadt Vulci identifiziert wurde. Hier werden seit den 2010er Jahren verstärkt archäologische Ausgrabungen durchgeführt mit dem Ziel, die Zerstörung von wertvollem Kulturgut durch Raubgräber zu verhindern. Dabei kamen erstaunlich reiche etruskische Gräber zum Vorschein. Sie zeigen den unsterblichen Glanz etruskischer Familien aus Vulci“, womit sich das Archäologische Museum Frankfurt erneut als Präsentationsstätte internationaler archäologischer Forschung ersten Ranges präsentiert.

Die Ausstellung im Refektorium des ehemaligen Karmeliterklosters in der Karmelitergasse 1, Frankfurt, ist das Ergebnis erfolgreicher, freundschaftlicher deutsch-italienischer Zusammenarbeit des Archäologischen Museums Frankfurt mit der Fondazione Vulci, dem Parco del Colosseo und der Soprintendenza für Archäologie, Schöne Künste und Landschaft für die die Provinz Viterbo und Süd-Etrurien.

Zur Ausstellung:

LÖWEN – SPHINGEN – SILBERHÄNDE Der unsterbliche Glanz etruskischer Familien aus Vulci © Foto Diether v Goddenthow
LÖWEN – SPHINGEN – SILBERHÄNDE Der unsterbliche Glanz etruskischer Familien aus Vulci © Foto Diether v Goddenthow

Bislang standen in Ausstellungen über die Etrusker wertvolle Einzelobjekte als kunsthistorische Kostbarkeiten im Vordergrund. In der Ausstellung LÖWEN – SPHINGEN – SILBERHÄNDE werden erstmals vollständige Grabausstattungen, die erst in den vergangenen 10 Jahren nach modernen wissenschaftlichen Standards ausgegraben wurden, gezeigt. Dieser besondere Zugang zur etruskischen Welt wurde durch die guten Kontakte des Direktors des Archäologischen Museum Frankfurt, Dr. Wolfgang David, zu seinen italienischen Kolleginnen und Kollegen in Vulci und Rom möglich.

Die Funde stammen aus dem 8. bis 3. Jahrhundert vor Christus, mit dem Schwerpunkt auf dem 7. und 6. Jahrhundert, also der orientalisierenden Periode. Besonders eindrucksvoll sind die Steinplastiken geflügelter Löwen, Sphingen und Panther aus archaischer Zeit.

Im monumentalen Bau des „Grabes der Silberhände“ (Tomba delle Mani d’argento) fanden sich in drei zusammengehörigen Grabkammern reiches Tafelgeschirr, ein Streitwagen, kostbares Pferdegeschirr und Schmuckgegenstände aus Gold, Silber, Bernstein und Glaspaste © Foto Diether v Goddenthow
Im monumentalen Bau des „Grabes der Silberhände“ (Tomba delle Mani d’argento) fanden sich in drei zusammengehörigen Grabkammern reiches Tafelgeschirr,
ein Streitwagen, kostbares Pferdegeschirr und Schmuckgegenstände aus Gold, Silber, Bernstein und Glaspaste © Foto Diether v Goddenthow

Zu dieser Zeit befand sich Vulci auf einem Höhepunkt seiner Macht. Es war eine Phase politischer und wirtschaftlicher Expansion. Diese ging einher mit gesellschaftlicher Differenzierung, wie anhand der in Frankfurt ausgestellten Grabinventare eindrücklich vermittelt wird. Die führenden Familien der Stadt verfügten über importierte Luxusgüter wie Bernstein, Bronzegefäße und wertvolle bemalte Keramik aus Griechenland. Luxuriöser Schmuck aus Gold, Silber und Edelsteinen zeugen vom Reichtum der örtlichen Aristokratie, die den Seeverkehr und die Produktion der Güter kontrollierte. In den Jahren 2012/2013 wurden in der schon lange bekannten Nekropole an der alten Osteria von Vulci Gräber und Strukturen eines Kultareals ausgegraben. Es war vom Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. bis um 500 v. Chr. in Gebrauch. Im monumentalen Bau des „Grabes der Silberhände“ (Tombadelle Mani d’argento) fanden sich in drei zusammengehörigen Grabkammern reiches Tafelgeschirr, ein Streitwagen, kostbares Pferdegeschirr und Schmuckgegenstände aus Gold, Silber, Bernstein und Glaspaste. Aus dem ‚Grab der Silberhände‘ werden in der Ausstellung Teile eines zweirädrigen Streitwagens im Original präsentiert. Wie diese Wägen verwendet wurden, ist auf den bemalten griechischen Vasen in der Antikensammlung des Archäologischen Museums zu sehen.

Aus einem Königsgrab: Hausurne aus Impasto © Foto Diether v. Goddenthow
Aus einem Königsgrab: Hausurne aus Impasto © Foto Diether v. Goddenthow

Das Grab des vergoldeten Skarabäus wurde erst 2016 entdeckt. Es datiert an den Anfang des 7. Jahrhunderts. Einer einflussreichen Frau aus der Oberschicht Vulcis wurden zwei in vergoldete Silberringe gefasste Skarabäen mit ägyptischen Hieroglyphen in ihr Grab mitgegeben. Diese bezeugen eindrucksvoll die Kontakte zwischen Etrurien und Ägypten.

Die engen Beziehungen zwischen Vulci und dem Rom der Königszeit werden in der Sonderausstellung anhand von Funden vom Forum Romanum und Palatin vorgestellt. Die Welt der einflussreichen Personen und Familien, die hinter diesen etruskischen Gräbern stehen, wird greifbar. Buchbare Schulklassenprogramme vervollständigen das Angebot.

Attische Kylix – Augenschale aus der Gruppe der Liebeswerbungsschalen © Foto Diether v. Goddenthow
Attische Kylix – Augenschale aus der Gruppe der Liebeswerbungsschalen © Foto Diether v. Goddenthow

Museumsdirektor Dr. Wolfgang David: „Mit dem ‚Grab des vergoldeten Skarabäus‘ und dem ‚Grab der Silberhände‘ sind Gräber der führenden Familien der Etrusker in Frankfurt zu sehen. Aus dem Kreis dieser Familien stammte möglicherweise auch einer der frühen Könige Roms, denn Servius Tullius (ca. 578–534 v. Chr.) ist nach antiken Quellen mit dem aus Vulci stammenden Etrusker Mastarna identisch. Gerade die Archäologie hat gezeigt, dass die Überlieferung zur ältesten Geschichte Roms bei weitem nicht so legendenhaft oder frei erfunden ist, wie Philologen und Historiker lange Zeit angenommen haben.“

Die Ausstellung im Refektorium des ehemaligen Frankfurter Karmeliterklosters ist das Ergebnis erfolgreicher, freundschaftlicher deutsch-italienischer Zusammenarbeit des Archäologischen Museums Frankfurt mit der Fondazione Vulci, dem Parco del Colosseo und der Soprintendenza für Archäologie, Schöne Künste und Landschaft für die die Provinz Viterbo und Süd-Etrurien. Die Sonderausstellung „LÖWEN – SPHINGEN – SILBERHÄNDE. Der unsterbliche Glanz etruskischer Familien aus Vulci“ ist noch bis 10. April 2022 zu sehen.

Ort:

Impression der Sonderausstellung „LÖWEN – SPHINGEN – SILBERHÄNDE Der unsterbliche Glanz etruskischer Familien aus Vulci“ © Foto Diether v. Goddenthow
Impression der Sonderausstellung „LÖWEN – SPHINGEN – SILBERHÄNDE Der unsterbliche Glanz etruskischer Familien aus Vulci“ © Foto Diether v. Goddenthow

Archäologisches Museum Frankfurt, Karmelitergasse 1, 60311 Frankfurt am Main, www.archaeologisches-museum-frankfurt.de
Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 10:00 – 18:00 Uhr, Mittwoch 10:00 – 20:00 Uhr.
Eintritt: Erwachsene € 7,00, ermäßigt € 3,50
Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
Ab 1. Januar 2022 gelten neue Führungsgebühren für offene

 

 

 

Führungen:
€ 5,00 Erwachsene
€ 3,00 ermäßigt/Kinder/Freunde AMF
Kuratorenführungen:
€ 7,00 Erwachsene
€ 3,50 ermäßigt/Kinder/Freunde AMF
Direktorenführungen:
€ 10,00 Erwachsene
€ 5,00 ermäßigt/Kinder/Freunde AMF
Die Eintrittspreise bleiben gleich.
www.archaeologisches-museum-frankfurt.de
Anfahrt:
U-Bahn: U1 – U5, U8; RMV-Haltestellen Willy-Brandt-Platz, Dom / Römer
Straßenbahn: Tram 11, 12 und 14; RMV-Haltestelle Karmeliterkloster

Es gilt die 2G-Regelung. Ein Besuch des Museum ist nur mit Geimpft- oder Genesenen-Nachweis möglich.
Für Jugendliche unter 18 mit Negativtestnachweis.

Historisches Museum Frankfurt drei Ausstellungen „Frankfurt und der NS“

Frankfurt und der NS, Eine Stadt macht mit © HMF, Petra Welzel
Frankfurt und der NS, Eine Stadt macht mit © HMF, Petra Welzel

Ab 9. Dezember zeigt das Historische Museum Frankfurt mit „Frankfurt und der NS“ gleich drei Ausstellungen parallel, nämlich: „Eine Stadt macht mit“, „Mit dem Stadtlabor auf Spurensuche im Heute“ und „Nachgefragt: Frankfurt und der NS“. Damit wird erstmals 80 Jahre nach dem Ende des „Drittens Reiches“  eine Gesamtschau über die Zeit des Nationalsozialismus in Frankfurt gezeigt. Mit den drei Ausstellungen wollen die Veranstalter ein umfassendes Bild der (Nach-)Wirkungen des NS in der Mainmetropole aus drei Perspektiven zeigen.

„Eine Stadt macht mit“

Die zeitgeschichtliche Ausstellung „Eine Stadt macht mit“ untersucht, wie sich das vor 1933 als liberal und demokratisch geltende Frankfurt entsprechend der NS-Ideologie umstrukturierte. Auf 900 m² Sonderausstellungsfläche bietet sie im Neubau des HMF einen alltagsweltlichen Zugang zur Entwicklung des Nationalsozialismus und seiner Besonderheiten in Frankfurt. An 19 typischen urbanen Orten greifen die Kuratorinnen gezielt die Frage der Täterschaft im kommunalen Zusammenhang und die Folgen für das Leben der Verfolgten auf. Dabei richten sie ihren Blick auf die Handlungsoptionen aller Mitglieder der Stadtgesellschaft und reflektieren die Konsequenzen von Mitmachen, Duldung, politischer Untätigkeit, Wegsehen, Profitieren oder blindem Gehorsam. Konträr dazu stellen sie auch die Perspektiven der Verfolgten und den Widerstand Einzelner dar. Dem mörderischen Antisemitismus der Nationalsozialisten wird man an jedem der 19 Orte begegnen – und damit auch denjenigen, die daraus ihre Vorteile zu ziehen wussten. In einer großen digitalen Medienanwendung zur NS-Topografie wird eindrücklich sichtbar, dass Entrechtung, Verfolgung und Bereicherung direkt vor der Haustür stattfanden und sich nicht übersehen ließen, sondern bewusst verdrängt wurden.

„Mit dem Stadtlabor auf Spurensuche im Heute“

Frankfurt und der NS im Stadtlabor © HMF, Petra Welze
Frankfurt und der NS im Stadtlabor © HMF, Petra Welze

Das Stadtlabor wiederum geht „Auf Spurensuche im Heute“. In einer Reihe von Workshops erkundeten die Stadtlaborant*innen, welchen Spuren der NS-Zeit sie in ihrem Leben begegnen und wo in Frankfurt sie diese finden. Welche Prägungen, Gefühle, Einstellungen oder Ideale aus der Zeit des NS wirken heute noch? In der Ausstellung teilen die Stadtlaborant*innen die Vielheit ihrer Erfahrungen und ihres Wissens. Die Ausstellung zeigt 25 verschiedene und persönliche Zugänge zum Thema, die sich in fünf Kategorien aufteilen: Die Fortwirkungen des Nationalsozialismus, das Aufdecken und Sprechen darüber, die eigene (Familien-) Geschichte, die Konsequenzen sowie das Erinnern an Unrecht und Verbrechen sowie das Gedenken an die Opfer. Dabei geht es auch um die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben wollen.

„Nachgefragt“

Das Junge Museum gibt mit der Ausstellung „Nachgefragt“, die sich an junge Menschen ab 10 Jahren richtet, Einblicke in das Alltags- und Familienleben junger Frankfurter*innen. Einführend steht die Frage, was die Zeit des Nationalsozialismus mit der heutigen Gesellschaft zu tun hat. Daran schließt die Auseinandersetzung mit historischen Biografien und Lebensgeschichten junger Frankfurter*innen während der NS-Zeit an. Den Themen Schule, Familie, Spiel, Jugend und Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg sind jeweils eigene Bereiche gewidmet. Im Mittelpunkt steht die Vielfalt der Perspektiven und Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen, die anhand von Zeitzeug*innen-Interviews, biografischen Dokumenten und Objekten erzählt werden. Zur Ausstellung werden Führungen ab der 4. Klasse angeboten.
Ein umfangreiches Begleitprogramm bietet sowohl Vorträge und Tagungen mit Expert*innen als auch Kunst-Performances, Führungen und Stadtgänge.

Nachgefragt, Frankfurt und der NS © Junges Museum Frankfurt, Uwe Dettmar
Nachgefragt, Frankfurt und der NS © Junges Museum Frankfurt, Uwe Dettmar

„Dass das Historische Museum Frankfurt jetzt dieses große Ausstellungsprojekt durchführt, begrüße ich sehr“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann. „Wir rühmen uns als Stadt zurecht mit unserer liberalen und weltoffenen Tradition. Der Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch, wie zerbrechlich diese Tradition ist, wie schnell sich Hass und Ausgrenzung ihren Weg bahnten. In kaum einer deutschen Metropole war die Anhängerschaft der NSDAP schon vor 1933 so stark wie hier. Der Rassenwahn der Nazis hatte unsere Stadt schon lange vor der Machtergreifung unterwandert. Frankfurt hat nicht am Rande gestanden, Frankfurt hat mitgemacht.“
„Erinnerungskultur ist ein Prozess, der sich im stetigen Wandel befindet. Mit diesen Ausstellungen und mit dem großen Begleitbuch verfügen wir in unserer Stadt nun über ein weiteres Grundlagenwerk, das auf lange Zeit Gültigkeit beanspruchen und weit über Fachkreise hinaus auf großes Interesse hoffen kann. Mit diesem umfangreichen Paket an Ausstellungen und vielschichtigen Angeboten positioniert sich das Historische Museum Frankfurt klar und deutlich gegen jede Schlussstrich-Debatte in Deutschland“, erklärte Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig.

Weitere Informationen unter: www.frankfurt-und-der-ns.de
Tickets erhalten Sie über den Besucherservice oder direkt an der Kasse.

Besucherservice und Führungsanfragen
Mo – Fr, 10.00 – 16.00 Uhr, Tel. +49 (0)69-212-35154
besucherservice@historisches-museum-frankfurt.de

Eintritt:
Dauerausstellungen (HMF und Junges Museum): 8 € / erm. 4 €e
Wechselausstellungen (HMF): 10 € / erm. 5 €
Alle Ausstellungen: 12 € / erm. 6 €
Schneekugel: 3 € / erm. 1.50 €
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren: Eintritt frei!

Es wird um die Einhaltung der geltenden Maßnahmen zum Infektionsschutz gebeten: Der Besuch des Museums ist mit einem Negativnachweis (geimpft/genesen) in Verbindung mit einem amtlichen Ausweisdokument und mit einer medizinischen Mund-Nasen-Maske (FFP2, KN 95 (ohne Ventil), OP–Maske, Typ I, II und IIR) möglich. Ausgenommen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren und Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.

Öffnungszeiten
Montag geschlossen
Dienstag bis Freitag: 10 bis 18 Uhr
Mittwoch: 10 bis 21 Uhr
Samstag und Sonntag: 11 bis 19 Uhr

Zeichen der Freundschaft – Städel Museum zeigt 90 intime Werke aus dem geschenkten Nachlass Ulrikes Crespos

Oskar Schlemmer Bauhaustreppe 1931 Bleistift und Aquarell auf Velinpapier Blatt: 279 × 219 mm Erworben 2019 als Vermächtnis von Ulrike Crespo aus der Sammlung Karl Ströher Foto: Städel Museum, Frankfurt am Main
Oskar Schlemmer Bauhaustreppe 1931 Bleistift und Aquarell auf Velinpapier Blatt: 279 × 219 mm Erworben 2019 als Vermächtnis von Ulrike Crespo aus der Sammlung Karl Ströher Foto: Städel Museum, Frankfurt am Main

Frankfurt am Main, 22. Oktober 2021. Es ist eines der bedeutendsten Vermächtnisse der letzten Jahrzehnte: Die Frankfurter Fotografin und Mäzenin Ulrike Crespo hinterlässt dem Städel Museum über 90 herausragende Gemälde und Arbeiten auf Papier der Klassischen Moderne und der internationalen Nachkriegskunst, darunter Werke von Wassily Kandinsky, Franz Marc, Otto Dix, Max Ernst, Fernand Léger, Jean Dubuffet, Cy Twombly und anderen. Ein Spitzenstück des Vermächtnisses ist Oskar Schlemmers Aquarell zu seinem weltberühmten Gemälde Bauhaustreppe (New York, Museum of Modern Art).

Das Städel Museum würdigt diese beeindruckende Geste Ulrike Crespos mit einer Sonderausstellung. Unter dem Titel „Zeichen der Freundschaft. Ulrike Crespo beschenkt das Städel Museum“ treten vom 24. November 2021 bis zum 6. März 2022 ausgewählte Arbeiten aus dem Vermächtnis in einen Dialog mit Werken aus der Sammlung des Städel Museums. Es werden insgesamt 72 Arbeiten gezeigt, darunter 44 aus dem Vermächtnis von Ulrike Crespo. Die geschenkten Werkgruppen und Einzelpositionen korrespondieren in der Ausstellung immer wieder mit Arbeiten aus dem Bestand des Städel Museums: Sie beziehen sich aufeinander, bereichern sich gegenseitig und schließen auch Lücken, die beispielsweise 1937 durch die Beschlagnahme von Kunstwerken im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ durch die Nationalsozialisten entstanden sind.

„Mit ihrem Vermächtnis reiht sich Ulrike Crespo ein in beste Frankfurter Bürgertradition, verdankt sich doch schon die Gründung des Städel Museums solch einer mäzenatischen Tat. Dabei ergänzen die Meisterwerke aus dem Nachlass von Ulrike Crespo die Bestände des Städel Museums auf das Schönste. Mit unserer Sonderausstellung möchten wir der Stifterin gedenken und ihr großartiges für Frankfurt feiern. Das Städel Museum ist Ulrike Crespo zu größtem Dank verpflichtet“, so Städel Direktor Philipp Demandt.

„Ulli Crespo war eines sehr wichtig: Die Kunst sollte der ganzen Gesellschaft zugänglich sein. Sie wollte es noch mehr Menschen ermöglichen, ihre Persönlichkeit durch die sinnlich-ästhetische Erfahrung von Kunst und Kultur zu entfalten – und gründete auch dafür ihre Stiftung, die Crespo Foundation. Ihr Vermächtnis an das Städel Museum folgt dieser Logik. Wir sind sehr glücklich, nun diese Ausstellung zu Ehren der Werke und Werte von Ulli Crespo zu erleben“, so Christiane Riedel, Vorständin, Crespo Foundation.

Ausstellungsansicht „Zeichen der Freundschaft. Ulrike Crespo beschenkt das Städel Museum“ Foto: Städel Museum  - Norbert Miguletz
Ausstellungsansicht „Zeichen der Freundschaft. Ulrike Crespo beschenkt das Städel Museum“ Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz

Die Fotografin, Psychotherapeutin und Philanthropin Ulrike Crespo (1950–2019) gründete 2001 die Crespo Foundation in Frankfurt, die mit zahlreichen Projekten gesellschaftlich Benachteiligte fördert und dabei einen Schwerpunkt auf Bildung und Kreativität legt. Zugleich unterstützte sie Künstlerinnen und Künstler sowie Kunstinstitutionen und baute eine Sammlung zeitgenössischer Kunst auf. Bildende Kunst war ihr ein existenzielles Anliegen – und hatte Familientradition. Ursprünglich waren die dem Städel Museum vermachten Werke Teil der weit umfangreicheren Sammlung von Karl Ströher (1890–1977), Ulrike Crespos Großvater. Geprägt von der eigenen Vorliebe für Arbeiten auf Papier – Karl Ströher war selbst begeisterter Zeichner –, aber auch durch den Austausch mit befreundeten Künstlern wie Willi Baumeister, mit Kunsthistorikern wie Will Grohmann und mit Galeristen erwarb Ströher nach dem Zweiten Weltkrieg Werke der Klassischen Moderne und der unmittelbaren Zeitgenossenschaft, vom Expressionismus bis zur US-amerikanischen Pop-Art.

Rundgang durch die Ausstellung
Die Schau in der Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung ist nach Werkgruppen weitestgehend chronologisch in sieben Kapitel gegliedert und beginnt mit den vielleicht wichtigsten Neuzugängen für das Städel Museum, mit Werken der einstigen Bauhauslehrer Oskar Schlemmer, Paul Klee, Lyonel Feininger und László Moholy-Nagy. Da alle Lehrkräfte dieser 1919 gegründeten, interdisziplinären Kunstschule angehalten waren, ihre eigene ästhetische Vision deutlich zu vermitteln, bündelte das Bauhaus viele formal eigenständige und für die Moderne wichtige Positionen. Auch wenn nicht alle in diesem Kapitel versammelten Werke unmittelbar am Bauhaus entstanden, zeigen sie doch dessen charakteristische Suche nach einer neuen Formensprache. Landschaft und Figur werden mal zeichenhaft reduziert, mal kubistisch zerlegt oder geometrisch konstruiert. Zeichnungen von Schlemmer und Moholy-Nagy waren in der Graphischen Sammlung des Städel Museums dabei bisher gar nicht oder nur als Leihgaben vertreten. Schlemmers Aquarell zur längst ikonischen Bauhaustreppe (1931) sowie seine beiden malerisch experimentellen Figurengruppen in Öl auf Ölpapier von 1942 schließen mit Moholy-Nagys geometrisch-abstrakter Komposition Graue Überschneidungen (1930) diese Lücke nun auf höchstem Niveau.

Ausstellungsansicht „Zeichen der Freundschaft. Ulrike Crespo beschenkt das Städel Museum“ Foto: Städel Museum  - Norbert Miguletz
Ausstellungsansicht „Zeichen der Freundschaft. Ulrike Crespo beschenkt das Städel Museum“ Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten Adolf Hölzel sowie die Künstler des „Blauen Reiter“ Wege in die Abstraktion eingeschlagen. Hölzel, der sich um 1905 von einer rein gegenständlichen Malerei löste, prägte als Lehrer in Stuttgart und wichtiger Theoretiker nicht nur Oskar Schlemmer, Johannes Itten oder Ida Kerkovius, die später am Bauhaus wirkten, sondern beispielsweise auch Willi Baumeister. Etwa zur selben Zeit fand in München die Künstlervereinigung „Blauer Reiter“ zu neuen formalen Möglichkeiten. Für Kandinsky, der später gleichfalls am Bauhaus lehrte, entstand wahre Kunst losgelöst von der äußeren Welt aus innerer Notwendigkeit. Sein Schaffen ist dank Ulrike Crespo am Städel Museum mit der frühen Landschaft in Öl, Kallmünz – Hellgrüne Berge (1903), und (seit 2016) einer Improvisation (1911/12) in Aquarell erfahrbar, der Zeichner Franz Marc mit einer einfühlsamen Pferdestudie in Bleistift aus einem Skizzenbuch von 1910/11.

Neben Hölzel in Stuttgart und dem „Blauen Reiter“ in München bildete sich um 1905 mit der Künstlergemeinschaft „Brücke“ in Dresden ein weiteres Zentrum der Moderne. „Unmittelbar und unverfälscht“ wollten Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, aber auch Emil Nolde schaffen. Die vermachten Werke dieser Künstler sowie des ihnen nahestehenden Christian Rohlfs fügen sich dabei nahtlos in die reichen Expressionismus-Bestände des Städel Museums und damit in die einstige Sammlung Carl Hagemanns (1867–1940) ein. Mit dem Kopf Ernas von 1912 verfügt das Städel nun über den einzigen bekannten Abzug dieses Holzschnitts von Ernst Ludwig Kirchner. Einen neuen Aspekt bringt das farbenprächtige, expressive Aquarell anonymer Großstadtmenschen von Otto Dix, das im schöpferischen Ausdruck an Nolde anschließt und doch ein ganz anderes koloristisches Temperament wie auch Menschenbild verrät.

Neben diesen größeren Werkgruppen zur Klassischen Moderne gelangten mit dem Vermächtnis auch für sich stehende, bedeutende Einzelwerke ins Städel Museum. Sie stammen von Gustav Klimt und Paula Modersohn-Becker, von Fernand Léger und Max Ernst, von Ben Nicholson und Alberto Giacometti und fächern über ein halbes Jahrhundert internationaler Schaffensvielfalt auf. Ein Höhepunkt ist Max Ernsts surrealistisches Gemälde Grätenwald von 1927: Es kombiniert ‚klassische‘ Malerei mit experimentellen Verfahren; Zufall und freie Assoziation werden Teil der Bildfindung.

Ähnlich experimentell arbeitete Jean Dubuffet, dem das folgende Kapitel gewidmet ist. Dubuffet sah in der Unmittelbarkeit und Unverstelltheit der Kunst von Kindern und psychisch Beeinträchtigten eine größere Glaubwürdigkeit als in der Formensprache ausgebildeter Künstler. Ihn interessierte scheinbar formlose Materie, das Erdige, Schrundige. Sand, Gips und andere ungewöhnliche Materialien verwendete er als Malgrund, in den er ritzte oder auf den er spachtelte. Eindrucksvoll ist dies gerade in den beiden vermachten Werken nachvollziehbar, einem Gemälde und einem Relief aus Papiermaché, die mit grafischen Arbeiten aus dem eigenen Bestand in Dialog treten.

An Dubuffet schließt die Werkgruppe um Willi Baumeister an, einen der wichtigsten Protagonisten der deutschen Nachkriegsmoderne. Werke von ihm, aber auch von Julius Bissier und Fritz Winter bilden in der Schenkung eine wichtige Gruppe. Sie werden ergänzt um US-amerikanische Kunst. Karl Ströher, der zunächst Werke von Sam Francis und Cy Twombly erwarb, kaufte 1968 die Pop-Art-Sammlung des New Yorker Versicherungsmaklers Leon Kraushar, die wesentlich den internationalen Ruf seiner Sammlung bestimmte. Im Städel Museum, das etwa zur selben Zeit US-amerikanische Kunst auf Papier zu erwerben begann, vertiefen die geschenkten Werke diesen seitdem kontinuierlich ausgebauten Sammlungsschwerpunkt. Die Ausstellung macht so nicht nur die Vielfalt der internationalen Kunst von 1905 bis 1965, sondern auch das Sammeln als lebendigen Prozess erfahrbar.

Alle Werke, die Ulrike Crespo für das Städel Museum bestimmte, sind mit Beginn der Ausstellung in einem Album in der Digitalen Sammlung zu entdecken. Nicht ausgestellte Werke auf Papier können sich die Besucherinnen und Besucher im Studiensaal der Graphischen Sammlung vorlegen lassen.

In der Ausstellung und auf dem Städel YouTube-Kanal ist ein filmisches Porträt über Ulrike Crespo zu sehen. Es spürt dem Wirken der Fotografin, Psychotherapeutin und Philanthropin nach. Wichtige Wegbegleiter, Freunde und die Familie Ulrike Crespos geben Einblicke in ein Leben, das in vielfacher Hinsicht von Kunst bestimmt war.

Infos zur Ausstellung 

Ausstellungsansicht „Zeichen der Freundschaft. Ulrike Crespo beschenkt das Städel Museum“ Foto: Städel Museum  - Norbert Miguletz
Ausstellungsansicht „Zeichen der Freundschaft. Ulrike Crespo beschenkt das Städel Museum“ Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz

Ausstellungsdauer: 24. November 2021 bis 6. März 2022
Ort: Städel Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt am Main
Information: www.staedelmuseum.de
Besucherservice: +49(0)69-605098-200, info@staedelmuseum.de
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do 10.00–21.00 Uhr
Sonderöffnungszeiten: Aktuelle Informationen zu besonderen Öffnungszeiten etwa an Weihnachten und Neujahr unter www.staedelmuseum.de Studiensaal der Graphischen Sammlung: Mi, Fr 14.00–17.00 Uhr, Do 14.00–19.00 Uhr, nach Voranmeldung unter graphischesammlung@staedelmuseum.de
Eintritt: Preise während der Sonderausstellung „Nennt mich Rembrandt!“ (bis 30.1.2022): Tickets online buchbar unter shop.staedelmuseum.de. Di–Fr 16 Euro, ermäßigt 14 Euro; Sa, So + Feiertage 18 Euro, ermäßigt 16 Euro; freier Eintritt für Kinder unter 12 Jahren