Kategorie-Archiv: Caligari Filmbühne

Ein großartiger Abend zum 80. für und mit Volker Schlöndorff und Wegbeleitern Mario Adorf, Klaus Doldinger und Daniel Cohn-Bendit in der Caligari-Filmbühne

Volker Schlöndorff mit Weggefährten und Freund Mario Adorf im Foyer der Caligari Filmbühne. © Foto: Diether v. Goddenthow
Volker Schlöndorff mit Weggefährten und Freund Mario Adorf im Foyer der Caligari Filmbühne. © Foto: Diether v. Goddenthow

Zu Ehren des Regisseurs Volker Schlöndorff anlässlich seines 80. Geburtstags veranstaltet das Kulturamt in Kooperation mit dem DFF – Deutsches Filminstitut und Filmmuseum, Frankfurt am Main, und der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung  eine Werkschau in drei Kinos in Wiesbaden und in Frankfurt, die vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain gefördert wird. Und gestern Abend war der Auftakt, zunächst im Rathaus mit Eintrag ins Goldene Buch der Stadt, anschließend in der Caligari-Filmbühne mit Lesung, Live-Talk, Jazz und Filmvorführung.

Programm-Flyer der Werkschau

Begonnen hatte der Abend feierlich im Ratssaal mit dem Eintrag Volker Schlöndorffs ins Goldene Buch der Stadt der Landeshauptstadt Wiesbaden. Volker Schlöndorff gehöre ohne Zweifel zu den deutschen Regisseuren mit dem international größten Ansehen, betonte Oberbürgermeister Sven Gerich. Seit über 50 Jahren habe er regen Anteil an der Geschichte des Films mit über 35 sehr bekannten Filmen und unzähligen Preisen aus dem In- und Ausland, weswegen ihm einen der herausragenden Plätze in der Geschichte des Films schon heute gebühre. An erster Stelle sei hier sicherlich die Verfilmung von Heinrich Bölls Roman „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ zu nennen. Schlöndorff drehte diesen Film, so der Oberbürgermeister, gemeinsam mit seiner damaligen Frau Margarete von Trotha. Ein Jahr später, im Jahr 1980 gelingt Volker Schlöndorff mit seinem Film „Die Blechtrommel“ das beinahe Unmögliche: Als erster Deutscher Regisseur erhält er einen Oskar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“. Diese hohe Auszeichnung haben bis heute neben ihm nur Caroline Link und Florian Henckel von Donnersmarck  erhalten.
Was aber viele nicht wüssten, so Seven Gerich, dass Volker Schlöndorff seine Wurzeln in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden habe. „1939 als Sohn eines Lungenfacharztes in Wiesbaden geboren, verbrachte Schlöndorff seine ersten Kindheitsjahre in Biebrich, um genau zu sein, so der Oberbürgermeister, in der Rathausstrasse 60, also schräg gegenüber des heutigen Polizeireviers. „Und lieber Herr Schlöndorff, was Sie nicht wissen können, ich spreche hier sozusagen von Biebricher Bub zu Biebricher Bub. Denn ich bin in unmittelbarer Nähe, in der Wilhelm-Tropp-Strasse gegenüber der alten Feuerwache großgeworden.“

Volker Schlöndorff kurz nach dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt.© Foto: Diether v. Goddenthow
Volker Schlöndorff kurz nach dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt.© Foto: Diether v. Goddenthow

Ein wenig gerührt, dankte Volker Schlöndorff für den Empfang und die Ehre, sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen haben zu dürfen. Er sei eigentlich nie weggekommen von Wiesbaden, „ich bin zwar mit 16 abgehauen, wie man so sagt, erst nach Frankreich, dann nach München, nach USA.  Aber ich hatte immer wieder Anlass natürlich zurückzukommen, und als es keine Familie mehr gab,  gab’s die Familie im Caligari, und vielen Dank, dass ich das erlebt habe, und ich freue mich auch jedes Mal, wenn ich da bin“, sagte Schlöndorff, der auch hoffe, dass die Stadt Wiesbaden den Mut habe, das Walhalla wieder zu beleben. Denn was seien  schon 43 Millionen? „Na und! Das sollte uns doch die Kultur, die Baukultur, allemal wert sein!“.

Auftakt zur Werkschau in der CaligariFilmbühne

Volles Haus in der Caligari Filmbühne anlässlich der Eröffnung von Volker Schlöndorffs Werkschau. © Foto: Diether v. Goddenthow
Volles Haus in der Caligari Filmbühne anlässlich der Eröffnung von Volker Schlöndorffs Werkschau. © Foto: Diether v. Goddenthow

Da sie es zeitlich zum Empfang ins Rathaus nicht schaffen konnten, traf Volker Schlöndorff seine engen Weggefährten dann im Anschluss in der ausverkauften Caligari-Filmbühne, unter ihnen der Schauspieler Mario Adorf, der Jazzmusiker und Komponist Klaus Doldinger und den deutsch-französischen Publizisten und Politiker Daniel Cohn-Bendit, der zugleich die  Moderation übernahm.

Kulturdezernent Axel Imholz begrüßte die Gäste herzlich, noch einmal besonders den Ehrengast Volker Schlöndorff und seine Weggefährten. Er plauderte dabei auch ein wenig aus dem Nähkästen, etwa über die Zitterpartie hinter den Kulissen im Kulturamt im Vorfeld der Veranstaltung was die Terminkoordination angesichts der prominenten Gäste anging, und ja bestens geglückt sei, worüber er sich sehr freue.

Volker Schlöndorff  dankte herzlich für die Einladung und die Ehre, so gefeiert zu werden, und las dann ein paar Seiten über seine Wiesbadener (Jugend-)Zeit  aus seiner druckfrischen Autobiographie „Licht, Schatten und Bewegung – Mein Leben und meine Filme“, 472 Seiten, die im Hanser Verlag“ München erschienen ist. Das Werk ist absolut empfehlenswert, nicht nur als Geschenk, sondern insbesondere auch als einzigartiges Zeitzeugendokument über die 60er, 70er und 80er Jahre für nachwachsene Generationen.

Regisseur Volker Schlöndorff im Talk mit Freund und Alt-Sponti Daniel Cohn-Bendit.© Foto: Diether v. Goddenthow
Regisseur Volker Schlöndorff im Talk mit Freund und Alt-Sponti Daniel Cohn-Bendit.© Foto: Diether v. Goddenthow

Vertiefende biographische Eindrücke über Volker Schlöndorff erfuhren die Caligari-Besucher dann beim Talk mit seinem Freund, dem deutsch-französischen Alt-Sponti Daniel Cohn-Bendit.  Schlöndorff war als Regisseur mit Günter Grass, Max Frisch, Heinrich Böll und Arthur Miller befreundet. Er verfilmte zahlreiche ihrer Bücher, die als Literaturverfilmungen Filmgeschichte geschrieben haben.

Ich fühlte mich wie der Größte

Mit wachsenden Erfolgen wurde Volker Schlöndorff mit Ehrungen und Preisen überhäuft, wobei jedoch die Oskar-Verleihung für „Die Blechtrommel“ als „besten fremdsprachigen Film“ der Gipfel gewesen sei, den man, so Schlöndorff, nie wieder erklimmen könne, was man aber nicht im Augenblick, sondern erst viele Jahre später wisse. An eine Szene erinnere er sich jedoch noch genau, als er am nächsten Morgen im Swimmingpool vom Hilton-Hotel Beverly Hills auf die von einem Fotograf auf den Beckenrand gestellte Statue (Oskar) zuschwamm: „Ich kam mir vor wie das Größte überhaupt, und dachte: Jetzt stehen mir alle Türen offen. Also erstmal habe ich den Ritterschlag, jetzt gehöre ich auch zu denen hier in Hollywood, womit ich solche Leute meinte wie Billy Wilder, Fritz Lang, alle die ausgewandert waren, auswandern mussten aus Deutschland, die immer meine großen Vorbilder waren. Jetzt bin ich also richtig bei denen angekommen.“, schilderte Schlöndorff, wie er sich damals  auf dem hohen Ross wähnte. „Das waren schon ein paar ganz tolle Jahre!“, aber er habe „dann ziemlich schnell diesen Credit vergeigt, indem ich nicht das Angebot von Steven Spielberg  angenommen habe, was ich gleichzeitig bekommen hatte für einen Film, den er produzieren wollte“.  Sondern er habe sich gesagt: „Das brauche ich ja jetzt nicht hier in Hollywood. Jetzt bin ich selbst in Hollywood“, und er habe abgelehnt mit der Begründung: „Ich mache einen Film über den Bürgerkrieg im Libanon, den kriege ich ja jetzt finanziert.“ Nach noch so eins, zwei Sachen sei dann in Hollywood die Oskarverleihung rasch vergessen gewesen.

Die RAF im realexistierenden Spießer-Paradies

An einen einschneidenden emotionalen „Höhepunkt“ ganz anderer Art erinnerte sich Volker Schlöndorff als er, durch den Mauerfall zur Rückkehr aus New York nach Deutschland motiviert, 1990 gleich zuerst „in den Zeitungen gelesen habe: ‚Elf der gesuchtesten RAF-Terroristen sind in der DDR untergetaucht und jetzt von den Behörden dem Westen ausgeliefert worden‘. Das war eine so unglaubliche Meldung, da er nicht begreifen konnte, wie solche durchgeknallten Terroristen vom „kleinbürgerlichen realexistierenden Sozialismus aufgenommen, mit neuen Namen, Pässen und Legenden versehen“ wurden, und in der DDR leben durften. „Das passt doch überhaupt nicht von dem Bild, was ich von der DDR hatte, oder von Herrn Mielke oder Honecker. Und noch viel weniger passt in mein Bild, mir vorzustellen, dass diese Typen, die dann wirklich durchgeknallt und ausgebrochen sind bis zum Extrem, dass die sich in diese realexistierende proletarische kleinbürgerliche Gesellschaft eingliedern, und zwar wie“, so Volker Schlöndorff, was schließlich für ihn und Wolfang Kohlhase Anlass gewesen sei, diese unglaubliche Story im Film „Die Stille nach dem Schuss“ zu verarbeiten.

Deutscher mit französischer Seele
Sein Handwerk lernte Schlöndorff in Frankreich als Assistent von Jean-Pierre Melville, Louis Malle und Alain Resnais. „Alles was ich kann, alle meine Einflüsse, alle meine Vorbilder sind alle französisch, und ich wollte auch als ersten Film natürlich einen französischen Film machen.“ Aber da hätten seine Vormeister ihm gesagt: „No, no, no!“, wir haben in Frankreich genug Regisseure. So bin ich dann zurückgekommen und hab‘ die Filme hier gemacht. Schon sein Debütfilm „Der junge Törless“ (1965/1966) wurde hierzulande zu einem großen Erfolg und gilt als einer der Schlüsselfilme des Neuen Deutschen Films. „Aber“ an Moderator Chon-Bendit gerichtet, „ich weiß nicht, wie es Dir geht, (…), ich hab einen starken französischen Teil in mir, der im Laufe der Jahre sogar irgendwie immer stärker wird. Ob das durch die Literatur oder durch die Filme ist, das ist eben so.“ Und je länger er von Frankreich fort wäre, um so französischer fühle er sich.

Beichtvater Adorf

Erweiterte Talkrunde, rechts um Mario Adorf und links um Klaus Doldinger. © Foto: Diether v. Goddenthow
Erweiterte Talkrunde, rechts um Mario Adorf und links um Klaus Doldinger. © Foto: Diether v. Goddenthow

In der erweiterten Runde erinnerte sich Mario Adorf noch recht lebhaft an die Dreharbeiten für die Günter-Grass-Verfilmung „Die Blechtrommel“ nahe bei Danzig. Mario Adorf war neben seiner Rolle unter anderem auch mit für das Wohlbefinden des kleinen 12jährigen Hauptdarstellers David Bennent, alias Oskar, zuständig, wobei die größte Angst am Set war, dass Oskar aus seiner Rolle herauswachsen könne, bevor der Dreh im Kasten sei. Auf „Oskars“ Körpergröße und Erscheinungsbild baute  maßgeblich die gesamte „Blechtrommelverfilmung“ auf. Und gerade deswegen sei auch Schlöndorff damals sehr aufgeregt und um Oskars Wohl bemüht gewesen, was ihn anfangs einmal zu den Worten brachte: „Also ich habe in diesem Film eine große Aufgabe mich um meinen Hauptdarsteller zu kümmern. Ich habe euch engagiert, ihr könnt alle sehr gut euren Beruf, spielt so gut ihr könnt. Ich lass euch machen, wenn ihr gut seid, seid ihr im Film, und wenn ihr nicht gut seid, werdet ihr geschnitten“, erinnert sich  Adorf an eine Drehsituation am Set mit seinen Freund.

Schlöndorff bestätigte das sofort und bekannte,  dass er nicht nur wegen der allgemeinen schwierigen Örtlichkeiten  oft beim Drehen verzweifelt gewesen, „selbst mit dem genialen Kameramann. Aber so genial der auch war, so schwierig war er auch“. Und da „habe ich mich oft an Mario geklammert, bin zu Dir hingekommen, hab Dir mein Leid geklagt, hab überlegt, ob ich mich von dem Kameramann trennen sollte, und du warst mein Beichtvater“. Auch wenn Günter Grass auftauchte, der oft sehr gute Ideen einbrachte, war Schlöndorff, wie er sagte, anfangs manchmal wie paralysiert gewesen. Einmal habe er einen ganzen Tag, den er in Anwesenheit von Grass gedreht hatte, neu drehen müssen, weil ihm bei dessen Anwesenheit nichts mehr eingefallen sei. Später habe er eine sehr gute Freundschaft mit Günter Grass gehabt.

Ins Boot geholt

Klaus Doldinger mit Band Passport bietet in seinem typischen Sound Jazz vom Feinsten. © Foto: Diether v. Goddenthow
Klaus Doldinger mit Band Passport bietet in seinem typischen Sound Jazz vom Feinsten. © Foto: Diether v. Goddenthow

Klaus Doldinger lernte Volker Schlöndorff näher und später als Freund während der Vorbereitung zum Film „Das Boot“ kennen. Für die Kinoverfilmung schrieb Doldinger die Filmmusik. „Für mich war das eine große Erfahrung für diesen Film die Musik zu machen, weil es eine völlig neue Art des Umgangs war für mich als Musiker, auch dass ich das erleben durfte, wie viele Musiker da mit Schauspielern zusammenkamen, um an dem Film mitzuwirken“.
Eine längere Kostprobe seiner genialen Kompositionen von der Filmmusik „Das Boot“ bis hin zur Langfassung der Tatort-Titelmusik gaben anschließend Klaus Doldinger  und seine Kollegen der 1971 gegründeten legendären Band „Passport“.

Werkschau
Den Anfang von Volker Schlöndorffs Werkschau machte die auf einer wahren Begebenheit beruhende Kriminalgeschichte „Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach“ aus dem Jahr 1971. Filmisch nacherzählt wird ein 1822 von armen Bauern in Nordhessen begangener Raubüberfall, der in die Kriminalgeschichte als der Postraub in der Subach einging. Das Drehbuch hierzu hatte Schlöndorff gemeinsam mit seiner Frau Margarethe von Trotta verfasst. Bei diesem Film, für den er auch auf Grimm’sche Märchen zurückgriff und tief in die Sozialgeschichte einstieg, lernte er seine hessische Heimat nochmal ganz neu kennen und schätzen.

Programm-Flyer der Werkschau

Schlöndorffs Archiv wird im Deutsche Filmmuseum bewahrt
Im Jahr 1992 übergab Schlöndorff sein Archiv dem Deutschen Filmmuseum in Frankfurt. Die Sammlung Schlöndorff, die als eine der wichtigsten zum Neuen Deutschen Film gilt, wird beständig um Exponate erweitert und ist seit 2014 online zugänglich. Auch den beiden in Wiesbaden beheimateten Kooperationspartnern der Werkschau ist der Regisseur seit Jahren treu verbunden. Als engagiertes Gründungsmitglied des Fördervereins der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung setzt sich Schlöndorff für die Bewahrung und Erhaltung des Filmerbes ein. In der Caligari Filmbühne präsentiert Schlöndorff nicht nur seine Werke, er ist auch seit Jahrzehnten ein profilierter Fürsprecher und Pate des Wiesbadener kommunalen Kinos.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

goEast 2019: In dieser Woche startet in Wiesbaden das 19. Festival des mittel- und osteuropäischen Films

© Foto: Diether v. Goddenthow
© Foto: Diether v. Goddenthow

Bereits in seiner 19. Ausgabe startet vom 10. bis zum 16. April 2019 goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films: In 109 Filmen aus 39 Ländern wird die ästhetische und inhaltliche Vielfalt des mittel- und osteuropäischen Filmschaffens präsentiert, darunter 23 Deutschlandpremieren, drei Internationale Premieren und eine Weltpremiere. Daneben bietet das Festival ein deutlich ausgebautes Begleitprogramm mit Ausstellungen, Workshops, Vorträgen, Filmgesprächen und natürlich den legendären goEast Partys. Neu in diesem Jahr und nur durch die Förderung des Kulturfonds Frankfurt RheinMain ist das „Paneuropäische Picknick“, einmal als cinematisches Format, und darüber hinaus am 13. April ab 11.00 Uhr als Begegnungs-Event auf dem Wiesbadener Schloss-Platz. Es soll als interdisziplinäre Sektion insbesondere internationale Festivalgäste und das Wiesbadener Publikum näher zusammenbringen.

Das www.filmfestival-goeast.de/de/auf einen Blick:
ALLE SEKTIONEN – Programm auf einen Blick
WETTBEWERB
BIOSKOP
RHEINMAIN KURZFILMPREIS
OPEN FRAME AWARD
BLEIBT ALLES ANDERS? DIE WILDEN 90ER
HOMMAGE
OPPOSE OTHERING!
SYMPOSIUM
ANARCHO SHORTS
ADAMI SHORT FILM
SPECIALS
PROGRAMMHEFT
TIMETABLE
RAHMENPROGRAMM

Die Spielstätten auf einen Blick

Die Jugend vom Damals und Heute

Auf der Pressekonferenz in der Caligari-Filmbühne wies Ellen Harrington, Direktorin des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseums darauf hin, dass mit der 19. Ausgabe von goEast das DFF gleichzeitig auch seinen 70. Geburtstag seiner Gründung hier in Wiesbaden als erste Filmerbe-Organisation der Bundesrepublik Deutschland feire, und dankte der Landeshauptstadt und dem Land Hessen „für die Unterstützung unserer Mission und für die Unterstützung von goEast, das sich seit 2001 für eine lebendige Debattenkultur einsetzt.“ Mittel der Wahl sei dabei der Film, der auf vielfältige Weise deutlich mache, dass Demokratie ein zentrales Gut eines vereinten Europas sei. „goEast ist ein Schaufenster für das Kino Ost- und Mitteleuropas und fordert – 30 Jahre nach dem Fall der Mauer – zugleich Respekt für alle, insbesondere auch für die marginalisierten Teile der Gesellschaft“, betonte Harrington. Entsprechend greift das diesjährige Programm von GoEast schwerpunktmäßig den gesellschaftlichen Wandel Ost- und Mitteleuropas nach der Wendezeit, also die Phase ab den 1990er Jahren auf, und zeigt insbesondere die auch damit verbundenen Generationenkonflikte auf, ein Leitgedanke, der sich auch im Festivalmotto „Die Jugend von Damals und Heute“ wiederfindet.

Wettbewerb

Der goEast Wettbewerb besteht traditionell wieder aus sechzehn Filmen, die um die drei Hauptpreise des Festivals konkurrieren. Der diesjährige Wettbewerb zeichne sich aus durch Werke von jungen Filmschaffenden, darunter einige Debütfilme, und Werke, in denen Generationskonflikte inhaltlich eine Rolle spielen. Damit knüpften die Filme an aktuelle gesellschaftliche Tendenzen in Ost- und Mitteleuropa an, aber nicht nur, denn auch im Westen gingen Jugendliche und Millennials auf die Straße und lehnten sich „gegen die Entscheidungen und die Politik der älteren Generationen auf“, erklärte Festivalleiterin Heleen Gerritsen und unterstrich im Hinblick auf die gezeigten Festivalfilme: „Im Osten wird der Konflikt noch dadurch verschärft, dass die Generationen in unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Systemen aufgewachsen sind. Ästhetisch und inhaltlich wählt die neue Generation von Filmschaffenden eine andere, neue Filmsprache“. In vielen der in diese Jahr präsentierten Festival-Filme stünden oft „Junge Menschen und ihre Motivation im Leben, ihr Entdeckungs- und Emanzipationsdrang oder auch ihr Verhältnis zu älteren Familienmitgliedern und Autoritäten“ im Mittelpunkt des Geschehens. Aber es würde auch danach gefragt, „warum junge Menschen bereit sind, Opfer zu bringen für ihre politischen Überzeugungen“, verriet Gerritsen.
Wettbewerbsfilme auf einen Blick

Treffpunkt der mittel- und osteuropäischen Filmszene
Rund 200 Filmschaffende aus Mittel- und Osteuropa werden bei goEast als Gäste erwartet. Dazu gehörten so bekannte Namen wie Želimir Žilnik und Sami Mustafa, die auch zu den Gästen des diesjährigen Symposiums „Konstruktionen des Anderen. Roma und das Kino Mittel- und Osteuropas“ am Freitag, 12.April ab 9.30 Uhr im Museum Wiesbaden gehören werden.
Dem Altmeister der polnischen Neuen Welle, Krzysztof Zanussi, ist in der Hommage mit der Darbietung von 8 seiner wichtigsten Werke eine umfangreiche Werkschau gewidmet.

Eröfnungsfilm: GOSPOD POSTOI, IMETO I’ E PETRUNIJA GOTT EXISTIERT, IHR NAME IST PETRUNYA Teona Strugar Mitevska. Macedonia, Belgien, Slowenien, Kroatien, Frankreich 2019  © DFF
Eröfnungsfilm: GOSPOD POSTOI, IMETO I’ E PETRUNIJA GOTT EXISTIERT, IHR NAME IST PETRUNYA Teona Strugar Mitevska. Macedonia, Belgien, Slowenien, Kroatien, Frankreich 2019 © DFF

Die vielfach ausgezeichnete Regisseurin und diesjährige goEast Jury-Präsidentin Teona Strugar Mitevska präsentiert ihren Eröffnungsfilm „GOTT EXISTIERT, IHR NAME IST PETRUNYA“.

Zum ersten Mal kooperiert goEast anlässlich 30 Jahre Mauerfalls mit dem FilmFestival Cottbus mit vielversprechenden hintergründigem Motto „Bleibt alles anders? sowie „Die Wilden Neunziger“. Bei dieser gemeinsamen Film- und Gesprächsreihe wird zurückgeschaut „auf das Kino der 1990er Jahre, um diejenigen filmischen Tendenzen aufzuspüren, die zwischen der politischen Eurphorie und der Etablierung einer neuen – kapitalistischen – Ordnung des Filmschaffens geboren wurden“ (Seite 14, Programm goEast)

„Paneuropäisches Picknick“ 

Mit der – parallel zum gleichnamigen Schlossplatztreff am 13.4. – neu geschaffenen Veranstaltungsreihe „Paneuropäisches Picknick“ werden sowohl die Grenzen zwischen Ost und West als auch interdisziplinäre Grenzen zwischen Film, Literatur und Kunst überschritten. Bei den Filmtalks im „goEast Salon“ hat das Publikum die Möglichkeit, in entspannter Atmosphäre mit den Filmschaffenden des Wettbewerbs direkt ins Gespräch zu kommen. Das Motto „Paneuropäisches Picknick“ geht zurück auf eine gleichnamige legendäre Friedensdemonstration von Performance-Künstlern in Österreich und Ungarn von vor 30 Jahren zurück (Seite 16, Programm goEast).
Paneuropäisches Picknick auf einen Blick

Wiesbaden – historisch eine Brücke nach Osteuropa

Für Axel Imholz, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Wiesbaden, sei Wiesbaden traditionell schon immer eine Brücke in die osteuropäischen Länder gewesen, zuletzt auch durch die vielen Ost-Vertriebenen des 2. Weltkrieges, die in der Landeshauptstadt eine neue Heimat gefunden hätten. Einer der bekanntesten Vertreter wäre der Maler Jawlensky, der in Wiesbaden lebte und auch beigesetzt sei. Und welche Stadt verfüge schon wie Wiesbaden über eine Russisch-Orthodoxe Kirche der heiligen Elisabeth Romanow auf dem Neroberg. Dostojewski, einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller habe in Wiesbaden sein Werk „Der Spieler“ geschrieben. Man sähe die Verbundenheit Wiesbadens zum mittel- und osteuropäischen Kulturkreis auch in den Straßennamen. In dieser guten Tradition bringe „goEast internationale Filmschaffende und Filminteressierte nach Wiesbaden und schafft mit seinen Filmen und Gesprächsangeboten wichtige Einblicke und Verständnis für die Kulturen unserer östlichen Nachbarn – das ist heute ebenso aktuell und wichtig wie zu Beginn des Festivals“, so Imholz. Wiesbaden schätze sich glücklich, ein so einzigartiges Festival-Highlight wie goEast in der Landeshauptstadt zu haben, betonte der Kulturdezernent.

Dr. Helmut Müller, Geschäftsführer des Kulturfonds Frankfurt RheinMain, der das Pilotprojekt „Paneuropäisches Picknick“ durch eine entsprechende Förderung erst ermöglichte, unterstrich, dass wir uns heute, 30 Jahre nach dem Paneuropäischen Picknick von Sopron an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich fragen müssen, „wie einig und grenzfrei unser Europa ist und wie es um den Zusammenhalt und die Verständigung bestellt ist.“ Umso wichtiger sei es, die Errungenschaften der Verständigung auf allen Ebenen und in allen Ausprägungen zu wahren und auszubauen, so Müller. „Das ist der Ansatz des Paneuropäischen Picknicks in Wiesbaden: Es geht darum, eine Brücke zu schlagen zwischen dem etablierten Filmfestival und kleinen Kulturvereinen; eine Brücke zu Orten außerhalb der Filmbühnen, an denen Menschen mit mittel- und osteuropäischem Migrationshintergrund aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zusammenkommen.“

Dr. Markus Ingenlath, Geschäftsführer von Renovabis, dem Osteuropa-Hilfswerk der Katholischen Kirche, und ein weiterer neuer wichtiger Sponsor begründet das Engagement von Renovabis unter anderem damit, dass goEast mit der Auslobung eines Recherche-Stipendiums für Dokumentarfilme im Bereich Menschen- und Minderheitenrechte in Osteuropa aktuell brisante Themen in den Blick nehme. „Das ist ganz im Sinne der Arbeit von Renovabis: Wir wollen einen glaubhaften und ungeschönten Blick auf die Situation in unserer Nachbarschaft werfen, denn nur so kann echter Dialog gelingen“, so Ingenlath.

Am 10. April wird das 19.  goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films um 19.00 Uhr in der Caligari-Filmbühne eröffnet  mit  GOTT EXISTIERT, IHR NAME IST PETRUNYA (GOSPOD POSTOI, IMETO I‘ E PETRUNIJA, Nordmazedonien, Belgien, Slowenien, Kroatien,
Frankreich 2019) der nordmazedonischen Regisseurin Teona Strugar Mitevska.

goEast Programm online // goEast Wettbewerb // Jury & Preise
© Foto: Diether v. Goddenthow
© Foto: Diether v. Goddenthow

Herzstück des Festivals ist der Wettbewerb, in dem 16 Filme – zehn Spiel- und sechs Dokumentarfilme – gegeneinander antreten. „Neben Filmen, die sich mit aktuellen politischen Themen auseinandersetzen, gibt es 2019 auffällig viele Filme, die von Generationskonflikten erzählen“, verrät Festivalleiterin Heleen Gerritsen. „30 Jahre nach dem Mauerfall haben die Menschen, je nachdem in welchem System sie aufgewachsen sind, unterschiedliche Erwartungen vom Leben.

GoEastprogramm auf einen Blick

Jury & Preise
Unter den 16 Wettbewerbsbeiträgen feiern zehn Filme bei goEast ihre Deutschlandpremiere, daneben wird es zwei Internationale Premieren und eine Weltpremiere geben. Über die Vergabe der Preise entscheidet die internationale Jury. Es geht um die Goldene Lilie für den Besten Film (10.000 Euro), den Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie (7.500 Euro) und den Preis für kulturelle Vielfalt (4.000), der vom Auswärtigen Amt ausgelobt wird. Den JuryVorsitz übernimmt 2019 die vielfach preisgekrönte mazedonische Regisseurin Teona Strugar Mitevska, die auch für den Eröffnungsfilm verantwortlich zeichnet. Mit Magdalena Żelasko, Gründerin und Leiterin des Wiener LET’S CEE Filmfestivals, und Stjepan Hundić, Gründer und Leiter des Fantastic Zagreb Film Festivals, erhält sie Unterstützung aus dem europäischen Festivalkosmos. Daneben gehört die Arthouse-Produzentin Anna Katchko zur Wettbewerbsjury. Außerdem ist die FIPRESCI mit einer eigenen Jury vertreten und zeichnet jeweils den besten Spielund den besten Dokumentarfilm mit dem Preis der Internationalen Filmkritik aus.

goEast Wettbewerb
Der goEast Wettbewerb zeigt einen vielfältigen und anspruchsvollen Querschnitt des mittel- und osteuropäischen Filmschaffens. Der Dokumentarfilm STRIP AND WAR (Belarus, Polen 2019) von East-West Talent Lab-Alumnus Andrei Kutsila, der bei goEast seine Weltpremiere feiert, offenbart den Clash der Generationen zwischen einem Kriegsveteranen und dessen als Stripper arbeitenden Enkelsohn und spiegelt dabei die belarussische Gesellschaft wider. Der tschechische Debütfilm MOMENTS (CHVILKY, Tschechien, Slowakei 2018) von Beata Parkanová stellt eine junge Frau ins Zentrum, die sich durch das Dickicht von Erwartungen und Ansprüchen innerhalb der drei Generationen ihrer Familie einen eigenen Weg bahnen muss. In seinem Coming-of-Age Drama ACID (KISLOTA, Russland 2018) wirft der Regisseur und Schauspieler des Gogol Centers um Kirill Serebrennikov, Alexander Gorchilin, sein Publikum mit voller Wucht in das wilde Leben einer desillusionierten jungen Moskauer Clique und mitten hinein in die Grabenkämpfe zwischen den
Generationen.

Die bittersüße Geschichte einer kasachischen Familie erzählt Adilkhan Yerzhanov, der 2013 mit seinem Debütfilm zum ersten Mal bei goEast zu Gast war, in THE GENTLE INDIFFERENCE OF THE WORLD (LASKOVOE BEZRAZLICHIE MIRA, Kasachstan,
Frankreich 2018) als Mafia-Tragikomödie à la Camus. Ein aufrüttelndesEmanzipationsdrama aus der Plattenbausiedlung der Millionenstadt Baku ist END OF SEASON (Deutschland, Aserbaidschan, Georgien 2019) von Elmar Imanov. Auch der Dokumentarfilm WHITE MAMA (BELAYA MAMA, Russland 2018, Regie: Zosya Rodkevich, Evgeniya Ostanina) stellt das ungewöhnliche Schicksal einer Großfamilie in den Mittelpunkt und zeigt mit kompromissloser Ehrlichkeit, was passiert, wenn die psychischen Kräfte einer Mutter nachlassen.

Ena Sendijarevićs Debütfilm TAKE ME SOMEWHERE NICE (Niederlande, Bosnien und Herzegowina 2019) nimmt das Publikum mit auf eine in frischbunten Bildern inszenierte Reise durch Bosnien und zeigt Landschaft und Leute durch die Augen eines Mädchens, das zum ersten Mal seine Wurzeln entdeckt. In HOME GAMES (DOMASHNI IGRI, Ukraine, Frankreich, Polen 2018, Regie: Alisa Kovalenko) versucht die junge Ukrainerin Alina, den Kraftakt zwischen einer professionellen FußballKarriere und ihrer sozial prekären familiären Situation zu schaffen.

Einen Blick hinter die Kulissen der ungarischen Parlamentswahl im vergangenen Jahr gewährt der Polit-Dokumentarfilm HUNGARY 2018 (Ungarn, Portugal 2018) von Eszter Hajdú. Auch historische Stoffe aus Mittel- und Osteuropa sind im diesjährigen Wettbewerb vertreten. Mit JAN PALACH (Tschechien, Slowakei 2018) widmet sich Regisseur Robert Sedláček einer der wichtigsten Figuren des tschechoslowakischen kulturellen Gedächtnisses und der Frage, was einen jungen Menschen dazu bringt, sich aus politischem Protest in Brand zu setzen. COLD NOVEMBER (NËNTOR, FTOHTË,
Kosovo, Albanien, Nordmazedonien 2018, Regie: Ismet Sijarina) thematisiert den Krieg in Jugoslawien 1992 in Prishtina und erzählt vom (Über-)Leben in bösen Zeiten. Igor Drljačas Dokumentarfilm THE STONE SPEAKERS (KAMENI GOVORNICI,
Kanada, Bosnien und Herzegowina 2018) lenkt den Blick darauf, was nach Staatsverfall, Systemwechsel und Krieg vom multiethnischen Bosnien-Herzegowina geblieben ist, offenbart groteske Auswüchse des Tourismus und hört den Menschen vor Ort beim Fabulieren zu.

Der experimentelle Naturfilm ACID FOREST (RŪGŠTUS MIŠKAS, Litauen 2018) von Rugilė Barzdžiukaitė, die Litauen bei der diesjährigen Biennale in Venedig vertreten wird, nimmt das Publikum mit auf die Kurische Nehrung und fordert mit Endzeitstimmung unsere anthropozentrische Art des Denkens heraus.
Mit dem abgedrehten Science-Fiction-Drama HIS MASTER’S VOICE (AZ ÚR HANGJA, Ungarn, Kanada 2018) legt der ungarische Kultregisseur Györgi Pálfi eine unorthodoxe und skurrile Stanisław Lem-Adaption vor, die Genregrenzen sprengt.

Die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion hingegen verschwimmen für den Protagonisten in Anca Damians doppelbödigem Noir-Thriller MOON HOTEL KABUL (Rumänien, Frankreich 2018) um einen Journalisten auf Reportagereise zwischen Kabul und Bukarest. Nachdem die Goldene Lilie 2018 an die estnische Produktion NOVEMBER ging, ist die Produktionsfirma Homeless Bob mit Kaur Kokks geheimnisvollem Langfilmdebüt THE RIDDLE OF JAAN NIEMAND (PÕRGU JAAN, Estland  2018) erneut im goEast Wettbewerb vertreten. Kokks Film ist im Estland des 18. Jahrhunderts angesiedelt, die Kamera führte wie in NOVEMBER Mart Taniel.
Genauso vielfältig wie die Themen sind auch die Blickwinkel und die Filmsprache der diesjährigen Wettbewerbsfilme.

ALLE SEKTIONEN – Programm auf einen Blick
WETTBEWERB
BIOSKOP
RHEINMAIN KURZFILMPREIS
OPEN FRAME AWARD
BLEIBT ALLES ANDERS? DIE WILDEN 90ER
HOMMAGE
OPPOSE OTHERING!
SYMPOSIUM
ANARCHO SHORTS
ADAMI SHORT FILM
SPECIALS
PROGRAMMHEFT
TIMETABLE
RAHMENPROGRAMM

Die Spielstätten auf einen Blick

Cybermobbingdrama „Rufmord“ gewinnt in Wiesbaden den 15. Deutschen FernsehKrimi-Preis, beste Regie für Julia von Heinz, Darstellerpreise an Ulrich Tukur und Katrin Wichmann

Deutscher FernsehKrimi-Festival-Preis und Publikumspreis 2019 für „Rufmord“(ZDF/ARTE). V.l.n.r.: Drehbuchautorin Claudia Hoffmann, Regisseurin Viviane Andereggen, Britta Stöckle (Drehbuch) und ARTE-Redakteur Olaf Grunert. Im Hintergrund die Jurymitglieder Zoë Beck, Benjamin Dörr und der Kulturdezernent Wiesbadens, Axel Imholz. © Foto: Diether v. Goddenthow
Deutscher FernsehKrimi-Festival-Preis und Publikumspreis 2019 für „Rufmord“(ZDF/ARTE). V.l.n.r.: Drehbuchautorin Claudia Hoffmann, Regisseurin Viviane Andereggen, Britta Stöckle (Drehbuch) und ARTE-Redakteur Olaf Grunert. Im Hintergrund die Jurymitglieder Zoë Beck, Benjamin Dörr und der Kulturdezernent Wiesbadens, Axel Imholz. © Foto: Diether v. Goddenthow

Jury in Wiesbaden ehrt „Rufmord“ (ZDF/ARTE) und die Tatort-Produktionen „ Für immer und dich“ (SWR), „Murot und das Murmeltier“ (HR) und „Borowski und das Glück der Anderen“ (NDR). Ulrich Tukur und Julia von Heinz nehmen ihre Preise am Abend persönlich entgegen.

Am gestrigen Abend des 15. März 2019 fand in der Caligari-FilmBühne in Wiesbaden zum 15. Mal die feierliche Verleihung des Deutschen FernsehKrimi-Preises in Beisein zahlreicher prominenter Schauspieler, Filmschaffender und Gäste aus Gesellschaft und Politik statt. Durch die Gala führte 3-SAT-Moderator Rainer Maria Jilg, der auch von der Berlinale 2019 her bekannt ist. Für das pop-rockige musikalische Begleitprogramm sorgte das Streicherinnen-Duo La Finesse.

Moderator Rainer Maria Jilg im Gespräch mit taatssekretärin Ayse Asar vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst.© Foto: Diether v. Goddenthow
Moderator Rainer Maria Jilg im Gespräch mit Staatssekretärin Ayse Asar vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst.© Foto: Diether v. Goddenthow

Jilg begrüßte zahlreiche Ehrengäste, unter Ihnen auch Staatssekretärin Ayse Asar vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, welches über die HessenFilm und Medien GmbH das Deutsche FernsehKrimi-Festival in diesem Jahr mit 12.000 Euro gefördert hat. Im Interview Rainer Maria Jilg sagte Frau Asar, dass das FernsehKrimi-Festival eine Besonderheit in Hessens großer bunter Festivallandschaft sei und  sich zurecht zu einem starken Publikumsmagneten entwickelt habe. „Die Faszination des Verbrechens beschäftigt unsere Gesellschaft und so ist der Sonntagsabendkrimi für viele Menschen ein wichtiges Ritual. Ganz besonders gelungen ist auch das Rahmenprogramm des Festivals, das sich dem Genre ‚Krimi‘ mit Filmgesprächen, Wettbewerben, Lesungen und Kunstausstellungen nähert. Auch Schülerinnen und Schüler haben die Gelegenheit, Themen wie Cybermobbing und organisierte Kriminalität im Dialog mit Filmschaffenden zu diskutieren und den Arbeitsalltag in der Filmbranche aus erster Hand zu erfahren.“, sagte die Staatssekretärin und wünschte dem Festival weiterhin eine kluge Auswahl aus den Wettbewerbseinreichungen.

Duo-La-Finesse. © Foto: Diether v. Goddenthow
Duo-La-Finesse. © Foto: Diether v. Goddenthow

Kulturdezernent Axel Imholz glaubt, dass das Fernsehkrimifestival nicht mehr in Tradition der Film- und Fernsehstadt Wiesbaden á la „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ stünde. „Da sind wir ein paar Schritte weiter. Aber das Fernsehkrimifestival passe wunderbar „ins moderne Wiesbaden, in die moderne Filmstadt Wiesbaden“. Das sähe man auch am Publikum des Festivals. Das Schöne sei natürlich, dass wir Krimis mal in groß sehen können, und nicht nur in den doch nach wie vor begrenzten Flimmerkisten daheim. Im Kino hier sei das eine ganz andere Atmosphäre, insbesondere, wenn dann Filmmacher und wichtige Schauspieler in Fleisch und Blut da wären, die man sonst ja nur durch die getrennte Scheibe sähe. Das ist ein Anreiz für alle Krimifans. Imholz bevorzugt übrigens so schräge und abgedrehte Fernsehkrimis wie den „Murmeltiertatort“ „MUROT UND DAS MURMELTIER“

Damit es bis zum Schluss der Gala spannend blieb, wurden, bevor der Gewinnerfilm des Hauptpreises bekannt gegeben wurde, zunächst die Preise aller anderen Kategorien, darunter der Sonderpreis für Regie, der Publikumspreis des Wiesbadener Kurier und Nachwuchs-Preis für „Deutschlands spannendsten FernsehKrimiDrehbuchnachwuchs“ verliehen.

Dion-Schumann,„Deutschlands spannendsten FernsehKrimiDrehbuchnachwuchs“, rechts SANDRA DUSCHL von HessenFilm und Medien. © Foto: Diether v. Goddenthow
Dion-Schumann,„Deutschlands spannendsten FernsehKrimiDrehbuchnachwuchs“, rechts SANDRA DUSCHL von HessenFilm und Medien. © Foto: Diether v. Goddenthow

Seit drei Jahren wird der Nachwuchs-Preis für „Deutschlands spannendsten FernsehKrimiDrehbuchnachwuchs“ vergeben. Unter dem Aufruf „Drehbuchnotruf 110“ suchte das Deutsche FernsehKrimi-Festival von September 2018 an gemeinsam mit der HessenFilm und Medien nach abendfüllenden Stoffen kreativer Nachwuchsautorinnen und -autoren. Die Voraussetzungen: Es sollte sich um den ersten oder zweiten unverfilmten Drehbuchstoff handeln. Durchgesetzt hatte sich letztlich Dion Schumann mit seinem sehr abgefahrenen Drehbuch-Exposé „Der Apfelgriebschmann“. Dion Schumann habe ein Genre-Stück geschrieben, das so nicht alle Tage im deutschen Fernsehen zu sehen sei. „Bei allen Horror- und ThrillerElementen überwiegen aber immer der tiefschwarze Humor und die Skurrilität seiner Hauptfiguren“, begründet die Jury des Drehbuchpreises ihre Entscheidung. Juroren waren SANDRA DUSCHL von HessenFilm und Medien, DANIEL LORENZ Regisseur und Filmstoffentwickler für verschiedene Formate und Sender sowie Tom Winter, unter anderm für Programm und Wettbewerbe beim Fernsehkrimifestival zuständig. Der Gewinner erhält keinen Sach- oder Geldpreis, sondern eine fachkundige Unterstützung durch das renommierte TOP: Talente e. V.-Institut. Mit dieser professionellen Hilfe kann er seinen Exposé-Stoff bis zum Treatment entwickeln und diese dann in der Hoffnung einen Produzenten zu finden auf dem FernsehfilmFestival Baden-Baden 2019 während eines Pitch-Workshop vorstellen.

Im „Schnelldurchgang“ wurden die 10 im Wettbewerb befindlichen Fernsehkrimis ausschnittweise kurz angerissen, bevor der Reigen der Preisvergaben startet, beginnend mit dem Publikumspreis der Publikumsjury des Wiesbadener Kuriers.

Die Publikumsjury

Adolf E. Bremer, Angelika Pohl, Elke Boger, und Sarah Müller im Gespräch mit dem Moderator. © Foto: Diether v. Goddenthow
Adolf E. Bremer, Angelika Pohl, Elke Boger, und Sarah Müller im Gespräch mit dem Moderator. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Publikumsjury setzt sich jedes Jahr aus fünf krimibegeisterten Wiesbadener Zuschauern zusammen, die vom Wiesbadener Kurier ermittelt werden. In diesem Jahr hießen die Juroren: Elke Boger, Angelika Pohl, Heidrun Groeger, Sarah Müller und Adolf E. Bremer, die in den Tagen davor alle 10 Wettbewerbsfilme angeschaut hatten und in der Nacht zuvor diskutieren, welcher diesjährige Fernsehkrimi ihrer Meinung nach den ersten Publikums-Preis bekommen sollte. Für unsere Entscheidung des Gewinnerfilms der Publikumsjury war maßgebend, so die Jurysprecherin Angelika Pohl, die emotionale Betroffenheit, die dieser Film bei uns ausgelöst hat, die schauspielerische Leistungen, die beeindruckenden Bilder, der bis zum Ende gehaltene Spannungsbogen der Handlung, die thematische Wichtigkeit und vor allem „die eindrucksvolle Darstellung der sukzessiven Zerstörung der Persönlichkeit der Protagonistin, aber auch die Kraft, die sie gezeigt hat, aus der Opferrolle herauszutreten“.
2-rufmord.jpgDeswegen fiel die Entscheidung des Publikumspreises 2019 auf „Rufmord“, in dem das Cybermobbing zum Thema gemacht wird. Zu diesem Zeitpunkt wussten weder die Galagäste noch die Publikums-Juroren, dass sie für denselben Fernsehkrimi gevotet hatten. „Rufmord“ wird am 1. April im ZDF um 20.15 Uhr ausgestrahlt werden.

Die Jury 

(v.l.n.r.) Die Juroren des Deutschen FernsehKrimi-Festivals 2019 Schauspielerin Ann-Kathrin Kramer, Schauspieler Oscar Hoppe, Zoë Beck (Krimistipendiatin der Landeshauptstadt Wiesbaden und Krimiautorin), Heike Borufka (Gerichtsreporterin des HR) und Benjamin Dörr (Strafverteidiger), © Foto: Diether v. Goddenthow
(v.l.n.r.) Die Juroren des Deutschen FernsehKrimi-Festivals 2019 Schauspielerin Ann-Kathrin Kramer, Schauspieler Oscar Hoppe, Zoë Beck (Krimistipendiatin der Landeshauptstadt Wiesbaden und Krimiautorin), Heike Borufka (Gerichtsreporterin des HR) und Benjamin Dörr (Strafverteidiger), © Foto: Diether v. Goddenthow

Über den Gewinner des Deutschen FernsehKrimi-Preises 2019 in den Kategorien „Sonderpreis Regie“, „Bester Darsteller“, „Beste Darstellerin“ und „Hauptpreis“ entschied die Festival- Jury. In diesem Jahr gehörten ihr an: Zoë Beck (Krimistipendiatin der Landeshauptstadt Wiesbaden und Krimiautorin), Heike Borufka (Gerichtsreporterin des HR), Benjamin Dörr (Strafverteidiger) und die Schauspielerin Ann-Kathrin Kramer sowie der Schauspieler Oscar Hoppe.

Sonderpreis für Regie

Julia von Heinz  erhielt für ihren „Für immer und dich“ (SWR)  den Preis für die beste Regie.  © Foto: Diether v. Goddenthow
Julia von Heinz erhielt für ihren „Für immer und dich“ (SWR) den Preis für die beste Regie. © Foto: Diether v. Goddenthow

Mit einem Sonderpreis für Regie zeichnet die Jury Julia von Heinz für ihren sensiblen und gleichzeitig schonungslos radikalen Umgang mit dem Thema Kindesmissbrauch und Kindesentzug in dem Tatort „Für immer und dich“ (SWR) aus. Der Regisseurin sei ein Ausnahmetatort gelungen, urteilt die Jury. „Hier wird eine Geschichte wirklich ausgelotet und es wird nicht weggeschwenkt, wenn es ans Eingemachte geht. Das ist mutig und wahrhaftig und absolut preiswürdig.“

 Preis “Bester Darsteller“

Ulrich Tukur, Preis für "Bester Darsteller" im HR-Tatort „Murot und das Murmeltier“, © Foto: Diether v. Goddenthow
Ulrich Tukur, Preis für „Bester Darsteller“ im HR-Tatort „Murot und das Murmeltier“, © Foto: Diether v. Goddenthow

Für die Rolle des LKA-Ermittlers Felix Murot im HR-Tatort „Murot und das Murmeltier“, der in einer Wiederholungsschleife denselben Tag immer wieder erleben muss, erhält  Ulrich Tukur den Preis “Bester Darsteller“. In einem selten gesehenen Variantenreichtum lasse Tukur den routinierten Felix Murot erlebbar werden, „immer im Moment, sich wundernd, grummelig, verwirrt, hoffend, verzweifelt kämpfend, gleichgültig, lebensfreudig“, lobt die Jury.

 

„Beste Darstellerin“

Katrin Wichmann , Preis für "Beste Darstellerin" in ihrer Rolle im NDR-Tatort „Borowski und das Glück der Anderen“. Foto aus ihrer Video-Botschaft.
Katrin Wichmann , Preis für „Beste Darstellerin“ in ihrer Rolle im NDR-Tatort „Borowski und das Glück der Anderen“. Foto aus ihrer Video-Botschaft.

Mit dem Preis  „Beste Darstellerin“ wird Katrin Wichmann für ihre Rolle im NDR-Tatort „Borowski und das Glück der Anderen“ (NDR) ausgezeichnet. Die Tragik um die Supermarkt-Kassiererin Peggy Stresemann beginnt mit ihrem Neid auf die Nachbarn und deren vermeintliches Lottoglück. Unzufrieden, neidisch und gierig sei diese Figur, so die Jury, eine Suchende, die Gefühle anspreche, die wir alle kennen. „Wir sehen selten eine Figur aus dieser Schicht in einer solchen Wahrhaftigkeit wie Katrin Wichmann als Peggy Stresemann.“

Filme gut,  Festival gut!

Ein Hoch auf das FernsehKrimi-Festival. Festivalleiterin Cathrin Ehrlich im Gespräch mit dem Moderator bevor es zur Verleihung des Hauptpreises kommt. © Foto: Diether v. Goddenthow
Ein Hoch auf das FernsehKrimi-Festival. Festivalleiterin Cathrin Ehrlich im Gespräch mit dem Moderator bevor es zur Verleihung des Hauptpreises kommt. © Foto: Diether v. Goddenthow

Bevor die Jury den Hauptpreis bekannt geben konnte, fragte der Moderator die kurz auf die Bühne geholte Krimifestivalleiterin Cathrin Ehrlich, wie denn das diesjährige Fernsehkrimifestival für sie war: „Ich könnte jetzt weiterhin jeden Tag ins Kino gehen, Filme gucken, nette Leute treffen, Gespräche führen und Prominenz neben sich sitzen haben“, das habe man ja auch nicht jeden Tag, so Ehrlich. Es sei für sie einfach eine wirklich tolle Zeit gewesen, was „natürlich auch an der hohen Qualität der Filme“ lag. Denn seien die Filme gut, gelänge auch ein Festival, so Ehrlich. Auch habe insbesondere die hohe Qualität beider Jurys, der die Festivalleiterin herzlich dankte, zum guten Gelingen beigetragen. Darauf und auf alle Mitstreiter des Festivals und aufs Publikum stieß Krimifestivalleiterin mit Moderator Jilg an, bevor die Jury den Hauptpreis bekannt geben konnte.

Gewinner des Deutschen FernsehKrimi-Preises 2019

Gewinner des Deutschen FernsehKrimipreises Drehbuchautorin Claudia Hoffmann, Regisseurin Viviane Andereggen, Britta Stöckle (Drehbuch) und ARTE-Redakteur Olaf Grunert mit den  Jurymitgliedern Zoë Beck und Benjamin Dörr und dem Kulturdezernent  Axel Imholz bei der Preisverleihung. © Foto: Diether v. Goddenthow
Gewinner des Deutschen FernsehKrimipreises Drehbuchautorin Claudia Hoffmann, Regisseurin Viviane Andereggen, Britta Stöckle (Drehbuch) und ARTE-Redakteur Olaf Grunert mit den Jurymitgliedern Zoë Beck und Benjamin Dörr und dem Kulturdezernent Axel Imholz bei der Preisverleihung. © Foto: Diether v. Goddenthow

Der Gewinner des Deutschen FernsehKrimi-Preises 2019 ist die ZDF/ARTEProduktion „Rufmord“. Das Cybermobbingdrama um die selbstbewusste, kompromisslose junge Lehrerin Luisa Jobst (Rosalie Thomass) überzeugte die Jury. In dem Film habe nahezu jede Person einen Ruf zu verlieren und halte deshalb auch gegen besseres Wissen daran fest. Jeden und jede von uns könne es treffen, nicht nur als Opfer, sondern auch als Täter oder Täterin, so die Jury. Der in „Rufmord“ dargestellte Mikrokosmos sei „ein Abbild unserer Gesellschaft, die ausgeübte digitale Gewalt letztlich nur eine Variation archaischer Rachemotive“. Die Regie zu „Rufmord“ führte Viviane Andereggen, das Drehbuch verfassten Claudia Kaufmann und Britta Stöckle; die Schauspielerin Rosalie Thomass und der Schauspieler Johann von Bülow sind in den Hauptrollen zu sehen, produziert wurde der Fernsehfilm von der hager moss film (Kirsten Hager und Carmen Stozek). Das Filmteam erhält 1.000 Liter Wein als Preis.

Eintrag ins Goldene Buch der Stadt (vlnr.) Zoë Beck (Krimistipendiatin der Landeshauptstadt Wiesbaden und Krimiautorin), Ulrich Tukur (Schauspieler), Cathrin Ehrlich (FernsehKrimi-Festivalleiterin) und Sozialdezernent Axel Imholz. © Foto: Diether v. Goddenthow
Eintrag ins Goldene Buch der Stadt (vlnr.) Zoë Beck (Krimistipendiatin der Landeshauptstadt Wiesbaden und Krimiautorin), Ulrich Tukur (Schauspieler), Cathrin Ehrlich (FernsehKrimi-Festivalleiterin) und Sozialdezernent Axel Imholz. © Foto: Diether v. Goddenthow

Anschließend begrüßten Kulturdezernent Axel Imholz und Cathrin Ehrlich die Preisträger, Filmschaffenden und Gäste herzlich zum Empfang der Stadt Wiesbaden im Ratssaal. Dabei wurde das Team des Deutschen FernsehKrimi-Festivals mit heftigen Applaus für die großartige Organisation und Umsetzung des Festivals gefeiert. Die Gewinner des 15. Deutschen Fernsehkrimipreises sowie die Juroren trugen sich in das Goldene Buch der Stadt ein.

Abschlussbild aller Beteiligten des 15. Fernsehkrimifestivals in der Caligari FilmBühne am 15. März 2019 © Foto: Diether v. Goddenthow
Abschlussbild aller Beteiligten des 15. Fernsehkrimifestivals in der Caligari FilmBühne am 15. März 2019 © Foto: Diether v. Goddenthow

Das Deutsche FernsehKrimi-Festival ist eine Veranstaltung des Kulturamtes der Landeshauptstadt Wiesbaden mit Unterstützung der HessenFilm und Medien GmbH und des Hessischen Rundfunk, in Kooperation mit dem Literaturhaus Villa Clementine, dem Medienzentrum Wiesbaden, der Friedrich-Wilhelm-MurnauStiftung, der SV SparkassenVersicherung, dem Hessischen Staatstheater Wiesbaden und dem Wiesbadener Kurier.

 

15. FernsehKrimi-Festival mit dem Sozial-Thriller „Polizeiruf 110 – Kindeswohl“ eröffnet

Ansturm auf die Caligari Filmbühne zur Eröffnung des 15. FernsehKrimi-Festivals am 12.10.2019 in Wiesbaden. © Foto: Diether v. Goddenthow
Ansturm auf die Caligari Filmbühne zur Eröffnung des 15. FernsehKrimi-Festivals am 12.10.2019 in Wiesbaden. © Foto: Diether v. Goddenthow

Der eigentliche Wettbewerb des Fernsehkrimi-Festivals startete am Dienstag, 12. März, um 20 Uhr mit der Premiere des Wettbewerbsbeitrags „Polizeiruf 110 – Kindeswohl“. Das erschütternde, wie spannende Krimidrama im Jugendhilfe-Milieu wird wiederholt am Sonntag, 17. März 2019, 03.50 Uhr in der „LangeFernsehkrimiNacht“. Diese beginnt bereits am Samstag 16. März um 19.30 Uhr und geht bis Sonntag-Mittag um 12.00 Uhr. In den Hauptrollen sind Charly Hübner als Kommissar Alexander Bukow und Anneke Kim Sarnau als seine Kollegin Katrin König sowie Jack Owen Berglund und Junis Marlon. Regisseur und Drehbuchautor: Lars Jessen. Drehbuchautorin: Christina Sothmann. Produzentin: Iris Kiefer.

Polizeiruf 110 – Kindeswohl   © NDR_filmpool fiction
Polizeiruf 110 – Kindeswohl © NDR_filmpool fiction

Der gewaltige Sozial-Thriller „Kindeswohl“ unter der brillanten Regie von Lars Jessen, entlarvt den an mafiöse Strukturen erinnernden Verschiebebahnhof schwersterziehbarer, krimineller Jugendlicher an „Pflegefamilien“ ins osteuropäische Ausland durch staatlich beauftragte Privatunternehmen der Jugendhilfe. In diesen Kinderverschickungs-Unternehmen sei, so Jessen beim anschließenden Filmgespräch mit Moderator Knut Elstermann, das Kindeswohl anscheinend nicht unbedingt davon abhängig, was pädagogisch, sondern, was ökonomisch geboten ist. Das Ganze sei ein riesiger Skandal.

Regisseur und Drehbuchautor Lars Jessen mit Hauptdarstellers Junis Marlon "Ken" . © Foto: Diether v. Goddenthow
Regisseur und Drehbuchautor Lars Jessen mit Hauptdarstellers Junis Marlon „Ken“ . © Foto: Diether v. Goddenthow

Auf das in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Thema seien er und Drehbuchautorin Christina Sothmann über Jessens Frau gekommen. Diese habe selbst einmal in solch einer Einrichtung der Jugendhilfe gearbeitet, und dabei mitgekriegt, dass private Unternehmen der Jugendhilfe für „normal“ schwererziehbare Kinder und Jugendliche rund 4.900 Euro, und für schwersterziehbare um die 9.900 Euro monatlich zu deren Unterbringung in Heimen oder Pflegefamilien kriegten. Die von den örtlichen Jugendämtern beauftragten privaten Jugendhilfeunternehmen würden, ohne, dass die Ausgaben tatsächlich kontrolliert würden, häufig, wie im Film, schwersterziehbare Jugendliche in Pflegefamilien im osteuropäischen Ausland unterbringen. Die Gastfamilien erhielten dann nur einen Bruchteil der Pflegegelder, so zwischen 600 bis 800 Euro wie die polnische Pflegefamilie im Film, wobei es häufig, wie gleichfalls dargestellt, massive Sprachbarrieren gäbe. Zurzeit seien rund 850 Jugendliche so oder ähnlich im Ausland untergebracht, oftmals völlig unnötig, da Jugendbehörden bzw. deren beauftragte Einrichtungen hierzulande manche sich anbietende pädagogisch bessere und preiswertere Unterbringungsmöglichkeit, etwa wie im Film bei der Großmutter, nicht nutzen.

Im Anschluss an das Filmgespräch trafen sich die Filmschaffenden, Juroren und Gäste zum traditionellen Empfang in der Villa Clementine. Hierbei wurde gegen Mitternacht auf den 19. Geburtstag des Hauptdarstellers Junis Marlon angestoßen, der als schwersterziehbarer „Ken“ in „Kindeswohl“ sehr überzeugend rüberkommt.

Gegen Mitternacht wurde in der Villa Clementine im Kreis der Filmschaffenden auf den 19. Geburtstag des Hauptdarstellers  Junis Marlon "Ken" angestoßen. © Foto: Diether v. Goddenthow
Gegen Mitternacht wurde in der Villa Clementine im Kreis der Filmschaffenden auf den 19. Geburtstag des Hauptdarstellers Junis Marlon „Ken“, 2. v. links, angestoßen. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Erstausstrahlung von „Polizeitruf 110 – Kindeswohl“ erfolgt in der ARD am 7. 4.2019. Sehr empfehlenswert! Aber nur etwas für starke Nerven!

(Diether v. Goddenthow / Rhein-Main.Eurokunst)

Ehrung Ulrike Folkerts mit dem ersten Ehrenpreis des Deutschen Fernsehkrimifestivals

(v.li.): Erste Laudatorin Liane Jessen, Preisträgerin Ulrike Folkerts und Kulturdezernent Axel Imhols bei der Verleihung des ersten Ehrenpreis des Deutschen Fernsehkrimifestivals am 10.3.2019 auf der Caligari FilmBühne in Wiesbaden.  © Foto: Diether v. Goddenthow
(v.li.): Erste Laudatorin Liane Jessen, Preisträgerin Ulrike Folkerts und Kulturdezernent Axel Imhols bei der Verleihung des ersten Ehrenpreis des Deutschen Fernsehkrimifestivals am 10.3.2019 auf der Caligari FilmBühne in Wiesbaden. © Foto: Diether v. Goddenthow

Gegen 17.15 Uhr eröffneten am 10. März 2019 Kulturdezernent Axel Imholz, Fernsehkrimifestivalleiterin Cathrin Ehrlich, Schauspieler Heino Ferch und Thüringens bekanntester Künstler Harald Reiner Gratz im Foyer der Caligari FilmBühne den 2. Teils der Ausstellung „Hinter den Spiegeln“, bevor um 18 Uhr Deutschlands dienstälteste Tatortkommissarin Ulrike Folkerts, alias Lena Odenthal, mit dem allerersten Ehrenpreis des Fernsehkrimifestivals ausgezeichnet wurde. Zuvor musste die von zahlreichen Fans und Medienleuten umlagerte, beliebte Schauspielerin noch zahlreiche Autogramme und erste Interviews geben.

Krimifestivalleiterin Cathrin Ehrlich. © Foto: Diether v. Goddenthow
Krimifestivalleiterin Cathrin Ehrlich. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Jurysitzung habe maximal 2 Minuten betragen, da stand die erste Preisträgerin des Ehrenpreises des Deutschen Fernsehkrimifestivals, nämlich „Ulrike Folkerts“, fest. „Wir wollten anlässlich des Jubiläums zum 15. Deutschen FernsehKrimi-Festivals etwas Besonderes machen, und da kamen wir auf die Idee des „Ehrenpreises“, berichtet die Festivalleitern und freut sich, dass die Presse „unsere Auswahl sehr goutiert hat“. „Wir waren in der Bildzeitung auf der ersten Seite, die Presseresonanz ist toll“, ist Cathrin Ehrlich begeistert. Aber es ging den Veranstaltern nicht nur um Aufmerksamkeit, sondern darum, eine Persönlichkeit zu ehren, „die sich in besonderer Weise für den deutschen Fernsehkrimi verdient gemacht hat“. Ulrike Folkerts ist nicht nur als dienstälteste Tatortkommissarin eine Idealauswahl, sie habe auch den deutschen Fernsehkrimi beeinflusst und verändert. Die große Zustimmung und Beliebtheit der Person hinter der Tatortkommissarin Lena Odenthal zeigte sich einmal mehr auch und gerade in den emotionalen Laudationes von Jurymitglied und Festivalgründerin Liane Jessen vom Hessischen Rundfunk und von Regisseur Axel Ranisch, mit dem die Preisträgerin die beiden experimentellen Tatorte „Babbeldasch“ und „Waldlust“ gedreht hatte. Für diese herrlichen Drehs ohne Drehbuch hatten beide, insbesondere Ranisch, ordentlich harte Kritik aushalten müssen. Hierbei hatte sich Folkerts ganz hinter Axel Ranisch gestellt, eine weitere Tugend, die „Kommissarin Odenthal“ auszeichnet: Haltung!

(v.li.) Brigitta Lamparth, Leiterin der Feuilletonredaktion Wiesbadener Kurier, Ulrike Folkerts mit Autogramm-Jäger auf dem roten Teppich im Foyer der Caligari FilmBühne. © Foto: Diether v. Goddenthow
(v.li.) Brigitta Lamparth, Leiterin der Feuilletonredaktion  im Wiesbadener Kurier, Ulrike Folkerts mit Autogramm-Jäger auf dem roten Teppich im Foyer der Caligari FilmBühne. © Foto: Diether v. Goddenthow

„ Sehnsuchtsblick mit resignativer Ironie“ – Laudatio von Liane Jessen

Ulrike Folkerts gehöre zu den Menschen, die man, so die Leiterin Fersehspiel beim HR, leider zu selten „in unserer Branche der Eitelkeiten“, des ewigen „Hallosagens“ und „in den weiten Blumenfeldern der Narzissten“ träfe. Schon nach dem ersten Treffen sei Jessen von der Einheit von Mensch, Abbild und Fiktionalem und von der spürbaren Integrität und Leidenschaft, die Folkerts ausstrahlte, beeindruckt gewesen. Nicht nur Höhen und Tiefen des politischen und gesellschaftlichen Lebens, sondern auch die Entwicklung als Frau hätten sich „in den Themen ihrer Tatorte gespiegelt“, wobei ihr innerer Kern „in den Jahren für mich immer sichtbarer hervorgetreten“, „während das Fernsehen leider gleichzeitig immer weniger wagemutig geworden ist.“, so die Laudatorin.

Liane Jessen, Leiterin Fersehspiel beim Hessischen Rundfunk. © Foto: Diether v. Goddenthow
Liane Jessen, Leiterin Fersehspiel beim Hessischen Rundfunk. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Faszination gehe nicht nur von ihrer vom Glück getragenen äußeren Schönheit „und ganz altmodisch formuliert,“ von ihrer Anmut aus, sondern auch von einem „Ausdruck von Verlorenheit“ mit einem Blick, der sich bis an die Schwelle der Sehnsucht erstrecke, wobei sich ein inneres Feuer hinter einer feinen, resignativen Ironie verbürge. Und trotzdem kämpfe „Lena Odenthal wie wir alle weiter durch Alltag, Widrigkeiten, Abgründe“, so Jessen ganz emotional und persönlich. Diese spezielle Verbindung von uns zu ihrer fiktiven Person mache den Zauber dieser Tatortkommissarin aus. „Ihre Tatorte sind herausragend, haben eine Eigenschaft, auf die das Fernsehen unbedingt nicht verzichten kann: Sie alle ergänzen unseren Vorrat des persönlichen Erlebens, docken an Gefühle an und auch an Wunden, die wir alle in uns tragen.“, brachte die Laudatorin ihre Wertschätzung – wohl stellvertretend für die meisten im großen Kinosaal – „mit ein wenig Pathos“ auf den Punkt.
„Du bist im besten Sinne uneitel“ – Laudatio von Axel Ranisch

Axel Ranisch, Regisseur u.a. von den beiden Tatort-Krimis „Babbeldasch“ und „Waldlust“ © Foto: Diether v. Goddenthow
Axel Ranisch, Regisseur u.a. von den beiden Tatort-Krimis „Babbeldasch“ und „Waldlust“ © Foto: Diether v. Goddenthow

Nicht minder emotional, beinahe schon einer Liebeserklärung gleich, folgte Axel Ranisch Laudatio: “Du hast in den vergangenen drei Jahren, sehr, sehr viele liebe Dinge über mich und unsere Zusammenarbeit gesagt, dass ich mich also jetzt von ganzem Herzen freue, dass ich das jetzt hier vor großem Publikum und diesem wunderschönen Saal auch über Dich tun darf.
Du bist für die Menschen hier im Saal und da draußen, ich weiß nicht im Umkreis von 700 Kilometern oder mehr, eine Legende. Selbst Menschen ohne Fernseher kennen Dich, doch!
Du bist aber noch so unendlich viel mehr als eine TV-Kommissarin, Du bist eine Mutmacherin, eine Kämpferin, eine Heldin. Du stehst für Gerechtigkeit, für Stärke, für Verlässlichkeit, für Durchhaltevermögen und Beständigkeit. Du bist für Millionen von Menschen eine Freundin, die zweimal im Jahr zu Besuch kommt. Und die gar nicht so viele Wort braucht, um einem das Gefühl zu geben, dass man sich zuhause fühlen kann. In den letzten 30 Jahren hast Du mit Konsequenz und ganz unprätentiös die Fernsehlandschaft verändert, einfach so. Du hast sie sinnlicher gemacht. Du hast Zwischentöne zum Klingen gebracht. Du hast mit Vorurteilen aufgeräumt, und bist ein Vorbild geworden, ein Idol für Generationen“, feuerte der Laudator aus tiefstem inneren Bedürfnis eine „Liebeserklärung nach der anderen“ auf Folkerts ab, und unterstrich noch einmal seine Wertschätzung: „Das Treppchen, auf dass ich Dich jetzt da stelle, das existiert fernab dieser Laudatio. Du stehst da wirklich drauf, und gleichwohl ist es Dir fast körperlich unangenehm, diesen Platz da oben einzunehmen. Dass ist eine riesige Stärke von Dir. Du bist immer nah, Du bist kein Star, Du bist keine Diva, Du hast keine Allüren, wie viele Deiner Kollegen. Du bist eine richtige Menschenfreundin. Du bist einfach mega cool, loyal, fair und im besten Sinne uneitel.“

„Es war die richtige Rolle“ Ulrike Folkerts gerührt über die tolle Auszeichnung

Ulrike Folkerts, geehrt mit dem ersten Ehrenpreis des Deutschen FernsehKrimi-Festivals für 30 Jahre Tatortkommissarin Lena Odenthal. . © Foto: Diether v. Goddenthow
Ulrike Folkerts, geehrt mit dem ersten Ehrenpreis des Deutschen FernsehKrimi-Festivals für 30 Jahre Tatortkommissarin Lena Odenthal. . © Foto: Diether v. Goddenthow

Ulrike Folkerts, ganz gerührt über diese Lobreden und noch nach Worten ringend, sagte, dass dies ein „sehr bewegender Moment für mich“ sei, und sie sich „in den Laudatien sehr gut wiederfinde“, die sie sehr bewegt hätten. Diese Ehrenpreisverleihung, bei der auch ein kleiner Tatort-Rückblick auf 30 Jahre Kommissarin Lena Odenthal gezeigt wurde, „werfe mich zurück, wie ich angefangen habe“. Sie habe diese Bilder, diese Ausschnitte gesehen, in der auch so viel „Ulrike-Geschichte eingefangen ist“. Das war echt. Sie sei auch ein ängstlicher Mensch gewesen und habe sich in der Branche allmählich ihren Platz erkämpfen müssen, wobei die Rolle für sie perfekt gewesen sei und ist, „weil, ich nicht beispielsweise so Girlies spielen brauchte, „die sich ausziehen müssen oder die vergewaltig werden oder den Männern den Kopf abschneiden“. Sie konnte „Polizistin sein, die auf Gerechtigkeit setzt, die für andere wütend sein darf, Bösewichter einsperren, Lügner aufdecken und Arschlöcher entlarven kann, mit denen ich mich kloppen oder sie auch zu einer Schießerei herausfordern kann“, so die Folkerts, die bekennt: „Ich habe nicht immer gewonnen als Kommissarin, aber es war die richtige Rolle für mich. Ich habe mich da so wohl gefühlt, das war so richtig meins“. Danke, danke für diese tolle Auszeichnung!“

Impression aus der Caligari FilmBühne. © Foto: Diether v. Goddenthow
Impression aus der Caligari FilmBühne. © Foto: Diether v. Goddenthow

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Gemalte Tatorte – Harald Reiner Gratz Sonderausstellung „Hinter den Spiegeln“ –zum 15. Deutschen Fernsehkrimifestival in Wiesbaden eröffnet

Künstler Harald Reiner (li.) Gratz mit Schauspieler-Freund Heino Ferch bei der Eröffnung der Sonderausstellung "Hinter den Spiegeln" am 10.3..2019 in der SV-AtriumGalerie der Sparkassenversicherung anlässlich  des 15. Deutschen FernsehKrimi-Festivals. © Foto: Diether v. Goddenthow
Künstler Harald Reiner (li.) Gratz mit Schauspieler-Freund Heino Ferch bei der Eröffnung der Sonderausstellung „Hinter den Spiegeln“ am 10.3..2019 in der SV-AtriumGalerie der Sparkassenversicherung anlässlich des 15. Deutschen FernsehKrimi-Festivals. Im Hintergrund Harald Reiner Gratz Werk „Stadt sucht einen Mörder (Leihgabe aus Privatbesitz). © Foto: Diether v. Goddenthow

Dem glücklichen Umstand der Freundschaft zwischen Schauspieler Heino Ferch, Fernsehkrimipreisträger „Bester Darsteller“ 2018, und Thüringens bekanntestem Maler Harald Reiner Gratz ist die wunderbar-abgründig anmutende Festival-Begleitausstellung „Hinter den Spiegeln“ an den zwei Standorten in der SV-Sparkassen-Versicherung und in der Caligari FilmBühne zu verdanken. Kuratiert wurde die Sonderausstellung von Dr. Verena Titze-Winter. Sie wurde zwei Tage vor dem eigentlichen Start des 15. Fernehkrimiwettbewerbs am 10. März 2019 gegen 15 Uhr eröffnet von Dr. Stefan Korbach, Vorstandsmitglied der SV Sparkassenversicherung, gemeinsam mit Cathrin Ehrlich, Leiterin des Fernsehkrimifestivals und Kulturdezernent Axel Imholz in Beisein der Künstlerfreunde Gratz und Ferch.

Dr. Stefan Korbach eröffnete die Sonderausstellung "Hinter den Spiegeln" in der AtriumGalerie der Sparkassenversicherung  , Bahnhofstrasse 69.© Foto: Diether v. Goddenthow
Dr. Stefan Korbach eröffnete die Sonderausstellung „Hinter den Spiegeln“ in der AtriumGalerie der Sparkassenversicherung , Bahnhofstrasse 69.© Foto: Diether v. Goddenthow

Stefan Korbach, bekannt für seinen feinsinnigen Humor, fand so auch den Ort für eine derartige Ausstellung solch zwielichtiger, an Massaker und Tatorte erinnernde Gemälde durchaus passend: Denn vor einiger Zeit erst habe sich während zweier ZDF-Krimi-Drehtage „Der Staatsanwalt“ mit Rainer Hunold in einem „unserer Büros heraus gestellt: Der Böse war ein Versicherer, einer, der zudem noch einen Callgirlring leitete“, so Korbach augenzwinkernd.

Kulturdezernent und Krimifan Axel Imholz. © Foto: Diether v. Goddenthow
Kulturdezernent und Krimifan Axel Imholz. © Foto: Diether v. Goddenthow

Krimifan Axel Imholz verriet, dass jedes Gratz-Bild, über das er während seines Vorabrundgangs schon mal seinen Blick schweifen ließ, ihn zusehends beeindruckt habe, „gerade weil ich’s auch gerne blutrünstig mag“.

 

 

 

Einige Werke hat Gratz eigens für das Fernsehkrimifestival geschaffen, den Großteil musste der bekennende Fernsehkrimifan jedoch aus seinem Fundus und über Leihgaben für die Ausstellung gemeinsam mit der Kuratorin auswählen. Das war aber von der Motivauswahl her nicht sonderlich kompliziert, da viele seiner Bilder alltägliche Gewalt, Sex, Gemetzel und menschliche Abgründe widerspiegeln.

Harald Reiner Gratz: Porträt Tom Waits (aus der Serie Hinter den Spiegeln), 150 x 240 cm, Öl auf Leinwand 2018. © Foto: Diether v. Goddenthow
Harald Reiner Gratz: Porträt Tom Waits (aus der Serie Hinter den Spiegeln), 150 x 240 cm, Öl auf Leinwand 2018. © Foto: Diether v. Goddenthow

Stets emotional, sensibel, sind manche Werke gar robust-berührend, hervorgehoben auch durch seinen virtuos eingesetzten, mitunter dicken Farbauftrag, oder durch seine Bildaufteilungen, mittels „abgegrenzter Bildfelder, Blickachsen oder auch Überlagerungen und Motivverbindungen“.

Gratz Werke stehen, wie es an anderer Stelle in der Begleitschrift zur Ausstellung heißt, „ in der Tradition des Deutschen Impressionismus und Expressionismus eines Lovis Corinth, aber auch der DDR-Kunst des sozialistischen Realismus eines Bernhard Heisig oder Werner Tübke.“ In seiner Ausstellung „Hinter den Spiegeln“, einer Metapher, die auf das Rätselhafte und Zweideutige, aber insbesondere auch auf die Dinge hinter dem, was wir sehen, also auf unser Unterbewusstsein anspielen, hat er Werke zusammengestellt, „die uns mit szenischen Bildern eines Kriminalfilms oder eines Tatortes konfrontieren“. Unterstrichen wird dies, indem Gratz mit Schauspielern, etwa aus dem Krimi-Genre, zusammenarbeitet, und sie wie Heino Ferch in seinen Werken „Stadt sucht einen Mörder“ oder „Götz von Berlichingen“ verewigt. Vor drei Jahren hatte Ferch Gratz kennengelernt, als er diesem zusagte, für sein Werk „Reformations-Zyklus“ Model zu stehen. Seither verbindet die beiden eine Freundschaft, und Ferchs Porträt taucht auch in zahlreichen weiteren Gratz-Werken auf.

Krimifestivalleiterin Cathrin Ehrlich. © Foto: Diether v. Goddenthow
Krimifestivalleiterin Cathrin Ehrlich. © Foto: Diether v. Goddenthow

Cathrin Ehrlich lobte, gleichsam begeistert, das Gratz Werk, das so gut zum Deutschen Fernsehkrimifestival passe. Die Festivalleiterin dankte vor allem der Sparkassenversicherung, ohne die diese gewaltige Ausstellung gar nicht möglich gewesen wäre, und den Machern und ihrem Team hinter den Kulissen, insbesondere Nicole Hauptmann (Programm, Ausstellung, Preisverleihung, Sponsoring), Ethel Dadam (Gästebetreuung, Reiseorganisation), Tom Winter ( Programm, Wettbewerb, Drehbuchnachwuchswettbewerb, Serien und Social Media), Aimée Torre Brons (Presse), Bianca Wolf (Festivalassistenz) und den Festival-Fotografen Martin Ohnesorge, Tom Augustiniak & Marisa Luna Santos sowie den vielen anderen.

(v.li.): Tom Winter, Nicole Hauptmann  und Dr. Verena Titze-Winter. © Foto: Diether v. Goddenthow
(v.li.): Tom Winter, Nicole Hauptmann und Dr. Verena Titze-Winter vom Krimi-Festivalteam. © Foto: Diether v. Goddenthow

 

 

Die Ausstellung „Hinter den Spiegeln“ ist noch bis zum 30. April 2019 in der AtriumGalerie (Montag bis Freitag 9:00 bis 18:00, Bahnhofstrasse 69) und bis 17. März (17:00 bis 22:00 Uhr) Caligari Filmbühne kostenfrei zu den jeweiligen Öffnungszeiten besichtigen.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Weitere aktuelle Infos zum 15. Deutschen Fernsehkrimifestival 

„Ost-West-Begegnung“ im Fokus von goEast 2019 – vom 10. bis 16. April in Wiesbaden

goEast_Visual_2019_450goEast 2019 wirft bereits seine „Schatten“ voraus: In diesem Jahr liegt ein Themenschwerpunkt des in seiner 19. Auflage vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstalteten Festival des mittel- und osteuropäischen Films auf „Grenzüberschreitung und Begegnung“. Das Filmfestival richtet sich mit seinem vielfältigen Programm aus Filmscreenings, Workshops, Ausstellungen und Podiumsdiskussionen gleichermaßen an heimische Filmfans, Fachpublikum und Gäste aus aller Welt und versteht sich als wichtige Plattform für Kultur und Austausch aus dem postsozialistischen Osteuropa.

Paneuropäisches Picknick
Was vor dreißig Jahren am 9. November in Berlin begann, markierte das Ende einer Epoche, die Europa und die Welt in zwei Teile teilte. Doch bereits im August 1989 war durch eine zunächst unscheinbare Kunstaktion von Friedensaktivist*innen der Eiserne Vorhang einen Spaltbreit aufgestoßen worden: Beim „Paneuropäischen Picknick“ öffnete sich die ungarisch-österreichische Grenze für einige Stunden und viele DDR-Bürger, die gerade im Urlaub am Plattensee waren, machten sich auf den Weg in den Westen. Diesem Ereignis widmet goEast in diesem Jahr eine vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain geförderte Veranstaltungsreihe, bei der sowohl die Grenzen zwischen Ost und West als auch interdisziplinäre Grenzen zwischen Film, Literatur und Kunst überschritten werden. Zu den Veranstaltungen gehört auch ein echtes Picknick auf dem Wiesbadener Schlossplatz, bei dem Festivalgäste, Kulturschaffende und Wiesbadener zusammentreffen.

Symposium: Konstruktionen des Anderen. Roma und das Kino
Mittel- und Osteuropas
Das diesjährige Symposium, zu dem internationale Filmwissenschaftler*innen, Kulturtätige und Filmemacher*innen eingeladen sind, beschäftigt sich mit einem kontroversen Themenkomplex: Einerseits werden „Zigeuner“-Stereotype im Film, von der NS-Zeit bis Emir Kusturica, einer kritischen Revision unterzogen. Andererseits stehen Filme von Roma-Filmschaffenden und die Lebenswelten der Roma in Mittel- und Osteuropa im Fokus. Gerahmt wird die Filmretrospektive von Vorträgen, welche die (film-)historischen, soziopolitischen und kulturellen Aspekte des Themenkomplexes kritisch unter die Lupe nehmen.

Hommage: Krzysztof Zanussi
Mit der Hommage ehrt goEast den Altmeister der polnischen Neuen Welle, Krzysztof Zanussi, mit einer umfangreichen Retrospektive. Der vielfach ausgezeichnete Regisseur und Drehbuchautor, von der Kritik als der „polnische Godard“ bezeichnet, feiert in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag und gehört zu den wichtigsten Filmemachern seiner Generation. 2001 war Zanussi der erste Jurypräsident von goEast und auch 2019 wird er erneut nach Wiesbaden reisen und neben Klassikern wie STRUKTURA KRYSZTAŁU (STRUKTUR DES KRISTALLS, 1969), ILUMINACJA (ILLUMINATION, 1972) auch sein neuestes Werk ETER (ETHER, 2018) präsentieren.

Nachwuchsförderung: RheinMain Kurzfilmpreis // East-WestTalent Lab // Renovabis-Stipendium
Zwei neue Preise und das Fortbildungsprogramm East-West Talent Lab sollen es Nachwuchsfilmemacher*innen ermöglichen, innovative Projektideen zu verwirklichen.
Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain lobt erstmals den mit 2.500 Euro dotierten RheinMain Kurzfilmpreis aus, der im neu geschaffenen Kurzfilmwettbewerb von einer Jury vergeben wird, die sich aus Kultur- und Migrationsvereinsmitgliedern des Rhein-Main-Gebiets zusammensetzt. Renovabis setzt sich seit Beginn der 1990er Jahre für die soziale Erneuerung der postsozialistischen Länder ein und stiftet ein mit 3.500 Euro dotiertes Recherche-Stipendium für dokumentarische Vorhaben zu den Themen Menschen- und Minderheitenrechte. Der ebenfalls mit 3.500 Euro dotierte goEast Development Award wird seit diesem Jahr von Russian Standard Vodka ausgelobt und geht an den besten Projektpitch.

Dziga Vertovs ANNIVERSARY OF THE REVOLUTION und weitere
Archiv-Schätze
Neben aktuellen Produktionen aus Mittel- und Osteuropa haben historische Filme und Archivwerke bei goEast traditionell einen festen Platz. Ein ganz besonderes Highlight ist 2018 die Deutschlandpremiere VON ANNIVERSARY OF THE REVOLUTION (GODOVSHINA REVOLYUCII, UdSSR, 1918) des Dokumentarfilm-Pioniers Dziga Vertov. Der vielleicht erste abendfüllende Dokumentarfilm der Filmgeschichte, der lange als verschollen galt, wurde vom russischen Filmhistoriker Nikolai Izvolov rekonstruiert. In einem Werkstattgespräch wird Izvolov Einblicke in seine Arbeit an der rekonstruierten Fassung geben.

Im Rahmen des Symposiums wird u.a. das dynamische Werk GROßSTADT-ZIGEUNER (Deutschland, 1932) des Bauhaus-Künstlers László Moholy-Nagy zu sehen sein. Daneben finden zwei wichtige Archiv-Montagen ihren Weg auf die Leinwand. THE TRIAL (PROTSESS, Niederlande, 2018), in dem der weißrussische Regisseur Sergei Loznitsa Archivmaterial sowjetischer Schauprozesse aus dem Jahr 1930 bearbeitet. Loznitsa wird beim Festival anwesend sein und eine Masterclass geben. In ihrer bezaubernden Archiv-Montage BRIDGES OF TIME (LAIKA TILTI, Lettland, Litauen, Estland, 2018) setzen Audrius Stonys und Kristīne Briede der baltischen poetischen Dokumentarfilmschule ein Denkmal.

Das komplette Programm der 19. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und
osteuropäischen Films wird Anfang April veröffentlicht.

15. Deutsches FernsehKrimi-Festival Wiesbaden: Die Wettbewerbsfilme 2019

krimifestival-logoVom 12. bis 17. März findet das diesjährige Deutsche FernsehKrimi-Festival statt. Der Wettbewerb wird mit der Premiere „Polizeiruf 110 – Kindeswohl“ am 12. März eröffnet. Schauspielerin Anneke Kim Sarnau und Schauspieler Charly Hübner werden zur Filmvorführung in der Caligari Filmbühne, Marktplatz 9, in Wiesbaden erwartet.

Der Entscheidung über die zehn Wettbewerbsfilme ging ein Einreichungsrekord voraus: 67 Produktionen von Sendern und Produktionsfirmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden eingereicht, darunter 18 Premieren. „So viel wie nie zuvor“, teilt Festivalleiterin Cathrin Ehrlich mit: „Das zeigt, dass der Deutsche FernsehKrimi-Preis auch in seinem 15. Jahr eine begehrte Auszeichnung darstellt.“ Die nominierten Filme überzeugen durch ihre thematische und atmosphärische Bandbreite: „Wir tauchen in die Wirren des Verfassungsschutzes und in das Berliner Clan-Leben ein, sehen was Cybermobbing auslöst und wie Fremdenhass Früchte trägt, mal geht es tragisch und dramatisch, mal heiter und Dank Murot ganz skurril zu.“

Die zehn Wettbewerbsfilme werden vom 12. bis 14. März in der Caligari Filmbühne in Wiesbaden zu sehen sein. Eröffnet wird das Festival am Dienstag, 12. März, 20 Uhr, mit der Premiere des Wettbewerbsbeitrag „Polizeiruf 110 – Kindeswohl“. Unter der Regie von Lars Jessen haben es Charly Hübner als Kommissar Alexander Bukow und Anneke Kim Sarnau als seine Kollegin Katrin König mit einem ganz persönlichen Fall zu tun: In Rostock wird der Leiter eines privaten Kinderheimträgers erschossen. Schnell gerät das Heimkind Keno in Verdacht. Keno ist jedoch verschwunden – und zusammen mit ihm offenbar auch Samuel, der Sohn von Kommissar Bukow. War Samuel auch an der Tat beteiligt oder ist er eine Geisel von Keno? Der Rostocker Kripo-Chef Henning Röder überträgt Katrin König die Leitung der Ermittlungen. Die Spur der beiden Jugendlichen führt nach Polen … Nach der Vorführung begrüßt Moderator Knut Elstermann im Filmgespräch die Schauspielerin und Schauspieler Anneke Kim Sarnau, Charly Hübner, Jack Owen Berglund, Junis Marlon, den Regisseur und Drehbuchautor Lars Jessen, die Drehbuchautorin Christina Sothmann und die Produzentin Iris Kiefer.

Die Wettbewerbsfilme des Deutschen FernsehKrimi-Festivals 2019:

Dienstag, 12. März 2019, 20.00 Uhr – Eröffnung/Premiere
Polizeiruf 110 – Kindeswohl
NDR
Regie: Lars Jessen, Buch: Christina Sothmann, Lars Jessen
mit Anneke Kim Sarnau, Charly Hübner, Andreas Guenther, Josef Heynert, Jack Owen Berglund, Junis Marlon u.a.

Mittwoch, 13. März 2019, 9.30 Uhr – Schulvorstellung
Polizeiruf 110 – Das Gespenst der Freiheit
BR
Regie: Jan Bonny, Buch: nach einer Idee von Günter Schütter
mit Matthias Brandt, Joachim Król, Jasper Engelhardt, Ricarda Seifried, Kais Setti, Victoria Sordo u.a.

Mittwoch, 13. März 2019, 12.00 Uhr
Nichts zu verlieren
BR/ORF
Regie: Wolfgang Murnberger, Buch: Ruth Toma
mit Georg Friedrich, Christopher Schärf, Susanne Wolff, Johanna Gastdorf, Emily Cox, Lisa Wagner u.a.

Mittwoch, 13. März 2019, 16.30 Uhr
Tatort – Borowski und das Glück der anderen
NDR
Regie: Andreas Kleinert, Buch: Sascha Arango
mit Axel Milberg, Almila Bagriacik, Thomas Kügel, Katrin Wichmann, Aljoscha Stadelmann, Sarah Hoststettler, u.a.

Mittwoch, 13. März 2019, 19.00 Uhr – Premiere
Gegen die Angst
ZDF
Regie: Andreas Herzog, Buch: Robert Hummel
mit Nadja Uhl, Dirk Borchardt, Andreas Pietschmann, Sabrina Amali, Atheer Adel, Burak Yigit u.a.

Mittwoch, 13. März 2019, 21.15 Uhr
Tatort – Murot und das Murmeltier
HR
Regie und Buch: Dietrich Brüggemann
mit Ulrich Tukur, Barbara Philipp, Christian Ehrich, Nadine Dubois, Tom Lass, Jörg Bundschuh u.a.

Donnerstag, 14. März 2019, 9.30 – Schulvorstellung
Rufmord
ZDF/ARTE
Regie: Viviane Andereggen, Buch: Claudia Kaufmann, Britta Stöckle
mit Rosalie Thomass, Johann von Bülow, Verena Altenberger, Johanna Gastdorf, Shenja Lacher, Lilly Forgách u.a.

Donnerstag, 14. März 2019, 12.00 Uhr
Schwartz & Schwartz – Mein erster Mord
ZDF
Regie: Rainer Kaufmann, Buch: Alexander Adolph, Eva Wehrum
mit Devid Striesow, Golo Euler, Cornelia Gröschel, Ulrich Noethen, Brigitte Hobmeier, Lisa Martinek u.a.

Donnerstag, 14. März 2019, 16.30 Uhr – Premiere
Spuren des Bösen – Sehnsucht
ZDF/ORF
Regie: Andreas Prochaska, Buch: Martin Ambrosch
mit Heino Ferch, Sabrina Reiter, Gerhard Liebmann, Jürgen Maurer, Gerda Drabek, Katrin Bauerfeind u.a.

Donnerstag, 14. März 2019, 19.00 Uhr
Tatort – Für immer und Dich
SWR
Regie: Julia von Heinz, Buch: Magnus Vattrodt
mit Eva Löbau, Hans-Jochen Wagner, Andreas Lust, Meira Marlise Durand, Saro Emirze, Ursula Werner u.a.

In der Vorjury des Deutschen FernsehKrimi-Festivals 2019 wählten Birgit Brandes (Redaktion fiktionale Filme und Serien ProSiebenSat1.), Anne Even (ehem. ARTE und ZDF-Fernsehfilmredakteurin), Jürgen Heimbach (Krimiautor, Redakteur „Kulturzeit“/3sat), Liane Jessen (Fernsehfilmchefin HR), Diana Kraus (Hauptredaktion Fernsehfilm/Serie ZDF), Wolfgang Oppenrieder (Redaktion fiktionale Filme und Serien ProSiebenSat.1) sowie die Leiterin des Festivals Cathrin Ehrlich die Filme des Wettbewerbs aus.

Der Kartenvorverkauf für das 15. Deutsche FernsehKrimi-Festival beginnt am Freitag, 22. Februar, ab 10 Uhr, in der Wiesbadener Tourist-Information, Marktplatz 1.

Die Preisverleihung findet am 15. März um 20 Uhr in der Caligari FilmBühne statt. Beendet wird das Festival traditionell mit der Langen FernsehKrimi-Nacht vom 16. auf den 17. März.

Das Deutsche FernsehKrimi-Festival ist eine Veranstaltung des Kulturamtes der Landeshauptstadt Wiesbaden mit Unterstützung durch die HessenFilm und Medien GmbH und den Hessischen Rundfunk, in Kooperation mit dem Medienzentrum Wiesbaden, der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, dem Literaturhaus Villa Clementine und dem Wiesbadener Kurier.

KLEPTOMAMI gewinnt Deutschen Kurzfilm-Wettbewerb – Preisträger*innen beim exground filmfest 31

Preisträger und Exgroundteam bei der Preisverleihung m 25.Nov.2018 © Foto: Diether v. Goddenthow
Preisträger und Exgroundteam bei der Preisverleihung m 25.Nov.2018 © Foto: Diether v. Goddenthow

KLEPTOMAMI gewinnt Deutschen Kurzfilm-Wettbewerb // Ungarische Produktion MERMAIDS AND RHINOS ist bester internationaler Kurzfilm // RESPETO von den Philippinen und RAFIKI gewinnen bei den youth days // 3. Gefangenenjury-Preis DAS BRETT für WO KEIN SCHATTEN FÄLLT

Mit der feierlichen Preisverleihung feierte das exground filmfest 31 am gestrigen Abend nach zehn Tagen einen erfolgreichen Festivalabschluss in der Caligari FilmBühne. Im Anschluss an den Deutschen Kurzfilm-Wettbewerb wurden in sieben Wettbewerben Geld- und Sachpreise im Wert von rund 20.000 EUR vergeben. Über 100 internationale und nationale Gäste aus der Filmbranche und zahlreiche Besucher*innen zeugen erneut von der großen Beliebtheit des Festivals über die Grenzen Wiesbadens hinaus.

Deutscher Kurzfilm-Wettbewerb

Nach der Vorführung des Deutschen Kurzfilm-Wettbewerbs entschied das Publikum über seine Favoriten und kürte KLEPTOMAMI von Pola Beck zum Gewinnerfilm. Der mit 3.000 EUR dotierte erste Preis wurde in diesem Jahr erneut von der Landeshauptstadt Wiesbaden gestiftet. Den zweiten Platz belegte RIEN NE VA PLUS von Sophie Linnenbaum, die sich über ein Preisgeld von 2.000 EUR freuen kann, gestiftet von der Wiesbadener Magenta TV Fernsehproduktionsgesellschaft. Kiana Naghshineh wurde für AUGENBLICKE – A BLINK OF AN EYE mit dem dritten Preis (1.000 EUR, gestiftet von der Landeshauptstadt Wiesbaden) ausgezeichnet.

Pola Becks KLEPTOMAMI erhielt außerdem beide Sachpreise: Filmequipment im Wert von 2.000 EUR von Pille Filmgeräteverleih für ihren nächsten Film sowie ein „Grading Special“ der Magenta TV Fernsehproduktionsgesellschaft im Wert von 1.500 EUR.

Vlnr: Pola Beck (KLEPTOMAMI), Viktória Traub (MERMAIDS AND RHINOS), Sophie Linnenbaum (RIEN NE VA PLUS) © Peter Fischer
Vlnr: Pola Beck (KLEPTOMAMI), Viktória Traub (MERMAIDS AND RHINOS), Sophie Linnenbaum (RIEN NE VA PLUS) © Peter Fischer

Internationaler Kurzfilm-Wettbewerb

Im Internationalen Kurzfilm-Wettbewerb kürte die internationale Jury den ungarischen Beitrag MERMAIDS AND RHINOS [SELLŐK ÉS RINOCÉROSZOK] von Viktória Traub zum Gewinner und überreichte das Preisgeld von 2.000 EUR, gestiftet vom exground-Freundeskreis. Die Jury-Mitglieder Dr. Catherine Colas (Redakteurin für kurz- und mittellange Filme bei ZDF/ARTE aus Mainz), Heleen Gerritsen (Festivalleiterin von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films in Wiesbaden) und Raymond Red (Regisseur und Produzent aus Manila/Philippinen) begründeten ihre Entscheidung mit den Worten:

„In einem düsteren Hostel an der See entfalten sich merkwürdige Szenen: Eine alte Meerjungfrau nimmt ein Bad, eine Frau versinkt vor einem Fenster in einen erotischen Tanz, ein von Liebeskummer erfüllter Vater verwandelt sich in ein Rhinozeros und entschwindet in die Wälder. All dies wird von einem jungen Mädchen beobachtet, für das Vergangenheit und Gegenwart, Fantasie und Realität Teil eines großen, eigenartigen Universums sind. Der Künstlerin, die diese grausame wie faszinierende Welt mit unverwechselbaren Charakteren, Tieren, atemberaubenden Farben sowie mehreren metaphorischen Ebenen schuf, gelingt es, eine sehr persönliche Geschichte auf eine innovative und erfinderische Art und Weise zu erzählen. Mit großer Freude vergibt die Jury den diesjährigen Preis an MERMAIDS AND RHINOS von Viktoria Traub.“

Eine lobende Erwähnung erhielt MAN OF PA-ALING [MANONG NG PA-ALING] von E del Mundo aus den Philippinen. Auch hierzu verfasste die Jury eine Begründung:

„In Schwarzweiß wird die Trostlosigkeit einer ansonsten wunderschönen Unterwasserwelt heraufbeschworen. Dieser Film erkundet die Trivialität und Großartigkeit der menschlichen Existenz. Die Jury verleiht die lobende Erwähnung an MAN OF PA-ALING [MANONG NG PA-ALING].“

DAS BRETT – 3. Gefangenenjury-Preis

Jury-Preis der weltweit ersten Gefangenen-Jury "Das Brett", gestiftet von Die Werft - Kulturbühne in der JVA Wiesbaden. © Foto: Diether v. Goddenthow
Jury-Preis der weltweit ersten Gefangenen-Jury „Das Brett“, gestiftet von Die Werft – Kulturbühne in der JVA Wiesbaden. © Foto: Diether v. Goddenthow

Zum dritten Mal wurde der Preis DAS BRETT in der Reihe „Made in Germany“ von einer Gefangenenjury aus Insassen der JVA Wiesbaden verliehen. Aus den sieben nominierten Beiträgen wählten die acht Juroren WO KEIN SCHATTEN FÄLLT von Esther Bialas:

„Die Gefangenenjury der JVA Wiesbaden verleiht DAS BRETT 2018 an WO KEIN SCHATTEN FÄLLT von Esther Bialas, weil er etwas tut, was sich deutsche Filme selten trauen: eine geheimnisvolle, düstere Geschichte mit klassischen Genre-Mitteln und überraschenden Wendungen zu kombinieren, ohne vorhersehbar zu werden oder mit Botschaften um sich zu werfen. Dazu junge Schauspielerinnen, denen man die düsteren Abgründe ihrer Figuren nicht zutraut und eine erotische Komponente, die man so nicht erwartet: Man wusste eigentlich nie, was als nächstes passiert. An dieses Gesamterlebnis für die ganze Jury kam letztlich keiner der anderen Filme heran: Hätte man beim Anschauen eine Kamera auf uns gehalten, hätte man gesehen, dass es der einzige Film war, bei dem wir alle von vorne bis hinten mitgefiebert haben.“

Dotiert ist der Preis mit 1.500 EUR, gestiftet von „Die WERFT – Kulturbühne in der JVA Wiesbaden“.

exground youth days

Kulturstadtrat Helmut Nehrbaß (2.v.l.) verliest stellvertretend für den erkrankten Kulturdezernenten Axel Imholz die Urkunde des Gewinner des Jugend-Jury-Preises RESPETO von Alberto „Treb“ Monteras II (1.v.l.). sowie Youth-days-Kurator Gerald Pucher (3.v.l.) mit der Jugendjury. © Foto: Diether v. Goddenthow
Kulturstadtrat Helmut Nehrbaß (2.v.l.) verliest stellvertretend für den erkrankten Kulturdezernenten Axel Imholz die Urkunde des Gewinner des Jugend-Jury-Preises RESPETO von Alberto „Treb“ Monteras II (1.v.l.). sowie Youth-days-Kurator Gerald Pucher (3.v.l.) mit der Jugendjury. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die philippinische Produktion RESPETO von Alberto „Treb“ Monteras II überzeugte die Mitglieder der Jugendjury im Internationalen Jugendfilm-Wettbewerb:

„Der philippinische Film RESPETO hat die Jugendjury in vielerlei Hinsicht überzeugt: Er führt uns ein in die erschreckenden Verhältnisse eines Landes, in dem Menschen aufgrund eines bloßen Verdachts auf offener Straße von der Polizei erschossen werden können. Der Film nutzt exzellent auf allen Ebenen die Sprache des Kinos: Kamera, Ton und Musik, Effekte und die authentische Darstellung verschmelzen zu einer Einheit. Inmitten einer Szenerie, geprägt von Gewalt, Drogen und Korruption, verfolgt Hendrix seinen Traum, sich in der Hip-Hop-Szene Manilas als Rapper durchzusetzen. Temporeich, angetrieben durch den Puls der Musik, zeigt RESPETO den Kampf um Respekt und Anerkennung – und wie wichtig es ist, Vorbilder zu haben. Mit der Kraft des Hip-Hop schafft es Hendrix, den Verhältnissen und der Perspektivlosigkeit etwas entgegenzusetzen. Ein echter Jugendfilm!“

Das Preisgeld von 2.500 EUR stiftete die Landeshauptstadt Wiesbaden.

Die Jugendjury kürte außerdem SOMETHING ABOUT ALEX [ANDERS] von Reinout Hellenthal zum besten Kurzfilm der exground youth days, der in diesem Jahr erstmals mit einem Preisgeld von 500 EUR bedacht wird, gestiftet vom Wiesbadener Kinofestival e. V.

Das Publikum wählte als besten Langfilm RAFIKI von Wanuri Kahiu, die sich über 1.000 EUR, gestiftet von der Landeshauptstadt Wiesbaden, freuen darf.

Im Wiesbadener Jugendfilm-Wettbewerb setzte sich LESSON von Moritz Goebel und Joshua Kiefer im Publikumsvoting durch. Der erste Platz ist dotiert mit 500 EUR, gestiftet von der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung. Den zweiten Platz belegte ALLES MUSS MAN SELBER MACHEN vom Team JAJEMoRF, das sich über einen Einkaufsgutschein des Apple-Fachhändlers ergo sum im Wert von 150 EUR freuen kann.

Wiesbaden Special – Kurzfilm-Wettbewerb

Im Publikumswettbewerb um den besten Wiesbadener Kurzfilm konnte HAYTHAM von Peter Ederer und Arne Dechow überzeugen. Neben dem Preisgeld von 500 EUR, gestiftet vom Medienpartner Wiesbadener Kurier, können die Gewinner außerdem mit dem Sachpreis „Filmsound Special“ an zwei Tagen Technik und Know-how des Wiesbadener Tonstudios klangBezirk im Wert von 2.000 EUR für die finale Tonmischung ihres nächsten Films nutzen.

exground-Gong-Show

Trash ist Kult – das bewiesen in diesem Jahr erneut die Teilnehmer der legendären exground-Gong-Show. Verdienter Gewinner von 50 EUR Preisgeld sowie der Goldenen exground-Gurke: Jet Leyco, der seinen WOMEN OF WIESBADEN am Tag der Gong-Show in Wiesbaden drehte.

(Quelle: https://exground.com/pm-preistraegerinnen-beim-exground-filmfest-31/)

exground filmfest 31 – Preisträger*innen im Überblick

DAS BRETT Gefangenenjury-Preis („Made in Germany“)
WO KEIN SCHATTEN FÄLLT von Esther Bialas (Deutschland 2018, 99 Min)
1.500 EUR , gestiftet von „Die WERFT – Kulturbühne in der JVA Wiesbaden“.

Deutscher Kurzfilm-Wettbewerb
1. Platz: KLEPTOMAMI von Pola Beck (Deutschland 2017, 10 Min.)
3.000 EUR, gestiftet von der Landeshauptstadt Wiesbaden.

2. Platz: RIEN NE VA PLUS von Sophie Linnenbaum (Deutschland 2015, 15 Min.)
2.000 EUR, gestiftet von Magenta TV Fernsehproduktionsgesellschaft.

3. Platz: AUGENBLICKE – A BLINK OF AN EYE von Kiana Naghshineh (Deutschland 2018,
4 Min.)
1.000 EUR, gestiftet von der Landeshauptstadt Wiesbaden

Sachpreis: Filmequipment im Wert von 2.000 EUR, gestiftet von Pille Filmgeräteverleih:
KLEPTOMAMI von Pola Beck (Deutschland 2017, 10 Min.)

Sachpreis: „Grading Special“ im Wert von 1.500 EUR, gestiftet von Magenta TV
Fernsehproduktionsgesellschaft:
KLEPTOMAMI von Pola Beck (Deutschland 2017, 10 Min.)

Internationaler Kurzfilm-Wettbewerb
Jurypreis:
MERMAIDS AND RHINOS [SELLŐK ÉS RINOCÉROSZOK] von Viktória Traub
(Ungarn 2017, 16 Min.)
2.000 EUR, gestiftet vom exground-Freundeskreis

Lobende Erwähnung:
MAN OF PA-ALING [MANONG NG PA-ALING] von E del Mundo (Philippinen 2017, 15
Min.)

Wiesbaden-Special – Kurzfilm-Wettbewerb
HAYTHAM von Peter Ederer und Arne Dechow (Deutschland 2018, 14 Min.)
500 EUR, gestiftet vom Wiesbadener Kurier.

Sachpreis: „Filmsound Special“ im Wert von 2.000 EUR, gestiftet vom
Tonstudio klangBezirk.

youth days – Internationaler Jugendfilm-Wettbewerb

Jurypreis bester Langfilm: RESPETO von Alberto „Treb“ Monteras II
(Philippinen 2018, 99 Min.)
2.500 EUR, gestiftet von der Landeshauptstadt Wiesbaden.

Jurypreis bester Kurzfilm: SOMETHING ABOUT ALEX [ANDERS] von Reinout Hellenthal
(Niederlande 2017, 19 Min.)
500 EUR, gestiftet von Wiesbadener Kinofestival e. V.

Publikumspreis: RAFIKI von Wanuri Kahiu
(Kenia/Südafrika/Deutschland/Niederlande/Frankreich/Norwegen/Libanon 2018, 83
Min.)
1.000 EUR, gestiftet von der Landeshauptstadt Wiesbaden.

Wiesbadener Jugendfilm-Wettbewerb
1. Platz: LESSON von Moritz Goebel und Joshua Kiefer (Deutschland 2018, 8 Min.)
500 EUR, gestiftet von der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung.

2. Platz: ALLES MUSS MAN SELBER MACHEN vom Team JAJEMoRF
(Deutschland 2018, 4 Min.)
Einkaufsgutschein im Wert von 150 EUR, gestiftet vom Apple-Fachhändler ergo sum.

exground-Gong-Show
WOMEN OF WIESBADEN von Jet Leyco
50 EUR Preisgeld und die “Goldene exground-Gurke”

Termin für das exground filmfest 32: 15. bis 24. November 2019.

31. exground filmfest eröffnet mit blutigem Selbstjustiz-Drama – bis 25.November 180 Lang- und Kurzfilme im Programm

Filmfestleiterin Andrea Wink begrüßt die Gäste und dankt namentlich allen Mitstreitern, die es wieder einmal mit ihrem ehrenamtlichen Engagement ermöglicht haben, dieses herausragende, international bekannte Filmfest zu stemmen. © Foto: Diether v. Goddenthow
Filmfestleiterin Andrea Wink begrüßt die Gäste und dankt namentlich allen Mitstreitern, die es wieder einmal mit ihrem ehrenamtlichen Engagement ermöglicht haben, dieses herausragende, international bekannte Filmfest zu stemmen. © Foto: Diether v. Goddenthow

Gestern Abend eröffneten Exground-Leiterin Andrea Wink, Kulturamtsleiter Jörg Uwe Funk, Staatssekretär Patrick Burghardt und der Geschäftsführer des Kulturfonds Frankfurt RheinMain, Dr. Helmut Müller, das 31.Exground Filmfest im Wiesbadener Caligari. Dort werden bis zum 25. November 2018 mit dem diesjährigen Filmfokus „Philippinen“ insgesamt 180 unabhängig produzierte Lang- und Kurzfilme aus 42 Ländern mit 57 Premieren zu sehen sein.

Das Wiesbadener Filmfest startete mit einem cineastischen Paukenschlag, mit „Neomanila“, eine der wohl bedeutendsten Produktion aus dem diesjährigen Länderschwerpunkt Philippinen. „Neomanila“ ist eine atemberaubend grausame Dokumentation der Sinnlosigkeit des Seins vor dem Hintergrund seit Generationen tobender Drogenkriege, in der Auftragsmord ein ganz „normales“ Geschäftsmodel zu sein scheint. In diesem blutigen Drama gibt es nur Verlierer: Die Täter werden zu Exekutions-Opfern, dazwischen trifft es Mütter mit Kindern, Familien, Drogenabhängige und zuletzt die Hauptfigur, den Straßenjungen Toto, dessen Brüder ebenfalls grausam starben, der eine gleich zu Filmbeginn vom Motorrad aus erschossen, der andere wurde Opfer eines Handgranatenanschlags in einer total überfüllten Gefängniszelle.

Szene aus Neomanila. Gedungene Mörder fungieren als Hilfstruppen der Polizei. Auftragsmord als Geschäftsmodell.
Szene aus Neomanila. Gedungene Mörder fungieren als Hilfstruppen der Polizei. Auftragsmord als Geschäftsmodell.

Hitwomen Irma, die vorgibt, früher gemeinsam mit seiner Mutter gefälschte Markenartikel verkauft zu haben, nimmt sich Totos an, um ihn zum Killer auszubilden. Als Toto während eines nächtlichen Streifzugs mit Irma und deren mörderischem Begleiter Sarge darin versagt, einen um sein Leben flehenden Junkie abzuknallen, wird er vom äußerst genervten Sarge kaltblütig von hinten niedergestreckt. Irma, zum ersten Mal tränenerschüttert, erkennt in dem mit seinem Leben davon gekommenen Junkie ihren verlorenen Sohn: „Ich habe doch alle deine Freunde getötet – und Du nimmst immer noch das Zeug!“, hält sie ihm vor. Dies wirft ein neues Licht auf Irmas Motivlage: Ihre nächtlichen Exekutionsstreifzüge erscheinen nun als Akt verzweifelter mütterlicher Selbstjustiz. Als Irma versucht, ihren Jungen aus dem städtischen Drogensumpf auf‘s Land zu retten, türmt dieser während eines Staustopps. Ihr Versuch ihm hinterher zu fahren, endet für Irma abrupt hinter ihrem Steuer im Kugelhagel eines Motorradkillers, der die gefährliche Zeugin von Totos Hinrichtung unschädlich macht. Mit einer Bilderkaskade übelst zugerichteter realer Mordopfer in allen nur denkbaren Fund-Situationen und Abtransport-Positionen endet der Film, der ähnlich mit Schlachthofszenen vom Hühnerkleinmachen begann.

Filmschaffende beim anschließenden Empfang im Caligari-Foyer. © Foto: Diether v. Goddenthow
Filmschaffende beim anschließenden Empfang im Caligari-Foyer. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Idee für Neomanila, entstand, so Regisseur Mikhail Red beim anschließendem Filmgespräch, nachdem er ein BBC-Interview mit einem philippinischen Killer-Ehepaar gesehen hatte, welches nachts als Hitmen gearbeitet hatte. Recherchiert habe er die Gewalttaten vor allem im Polizeibezirk Manila. Er hätte nachts mit der Handykamera viele der außergerichtlichen Aufragsmorde festhalten können. In seinem Film zeige er Leute, die mitten im Drogenkrieg gefangen seien. Sie seien moralisch mehrdeutig. Der Zuschauer wisse nicht, wer gut, wer schlecht sei. Er sei bei seinen Filmen immer interessiert daran, auch recht sympathische Kriminelle zu zeigen, die sich gegen korrupte Polizisten wenden. Er würde aber nicht sagen, dass der Film politisch sei, denn die Charaktere wären sich selbst und der Politik gar nicht bewusst, sondern sie machten einfach alles  für Geld.

„Neomanila“ wird ergänzt durch eine Plakatausstellung vom 17.bis 24.November 2018 im Murnau-Filmtheater. Hier werden auch einige ausgewählte Arbeiten des philippinischen Fotografen Raffy Lerma gezeigt, der zudem mit seinen Arbeiten in der Ausstellung „PARADISE LOST“ im Nassauischen Kunstverein vom 09. Nov 2018 bis 16. Dez 2018 vertreten ist.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Alle Informationen sowie das Programm und alle Spielstätten finden Sie unter exground-filmfest