Kategorie-Archiv: Buchtipps

DAS BUCH: 8 Autoren. 8 Fiktionen. Acht Visionen.

8-Visionen-Cover_Interims250„Die Literatur war schon immer ihrer Zeit voraus.“ Doch gilt dies auch noch in Zeiten einer weltweiten Pandemie? Ob Thomas Morus 1516 in „Utopia“ oder Aldous Huxley 1932 in „Schöne neue Welt““ – schon immer haben Autorinnen und Autoren ihren literarischen Blick auf die Zukunft gerichtet und gefragt, wie unsere Welt, unsere Gesellschaft, aussehen könnte. Genau diese Frage stand am Anfang des Projekts „Acht Visionen. Zukunft. Arbeit. Literatur“, das 2019 vom Literaturhaus Frankfurt und dem Museum für Kommunikation Frankfurt ins Leben gerufen wurde. Diese Frage ist derzeit spannender denn je, denn mit Homeoffice, Homeschooling und anderen hybriden Arbeitsweisen hat die Zukunft der Arbeit im digitalen Transformationsprozess durch die Corona-Krise über Nacht begonnen, beginnen müssen. Und eventuell sogar die Literatur überholt. Welch unterschiedlich literarische Blicke in die Zukunft die acht Autorinnen und Autoren Katharina Adler, Isabelle Lehn, Mariana Leky, Lukas Rietzschel, Jochen Schmidt, Thomas von Steinaecker, Daniel Wisser und Julia Wolf geworfen haben, lässt sich jetzt im Buch „8 Autoren. 8 Fiktionen. Acht Visionen“, herausgegeben von Hauke Hückstädt und Dr. Helmut Gold, nachlesen.

„Dies ist kein Buch über eine Krise. Diese »Acht Visionen« ragen aber in eine Krise hinein. Wir haben Kontaktverbot. Und das hätte eine mögliche Szenerie für eine der Visionen sein können, die Beschreibung einer heruntergekühlten Arbeitswelt, in der man einander nur noch virtuell begegnen darf. Die entworfenen Visionen, denen wir im Buch begegnen, sind in Summe eher kritischer Apparat. Also vielmehr Skepsis, Analyse und Überspitzung anstatt Jubelstimmung, Technologieglaube und Fortschrittsdoktrin“, so Hauke Hückstädt, Leiter des Literaturhaus Frankfurt e.V.

Dialog zwischen Gegenwart und Zukunft
Aufgerufen waren die acht Autorinnen und Autoren zu einem Dialog zwischen Gegenwart und Zukunft, zwischen Realität und Fiktion, zwischen Kommunikation und Literatur. Thomas von Steinaecker formuliert seine Teilnahme an dem Projekt so: „Über die Dinge, die mir wichtig sind, kann ich mir nur klar werden, wenn ich eine Geschichte über sie erfinde.“ Daniel Wisser führt aus: „In einem Großteil der literarischen Werke verschwindet die Arbeit der Protagonist*innen, das Projekt Acht Visionen hingegen will Arbeit in der Literatur sichtbar machen und sie in die Zukunft weiterdenken.“

Leben & Lernen X.0
Thematisch inspiriert wurden die Visionen von dem Projekt „Leben & Lernen X.0. Digitale Bildung– Unsere Zukunft“, welches das Museum für Kommunikation 2017 angestoßen hat. „Eine bemerkenswerte Überraschung war für mich bei dem Projekt »Acht Visionen«: Dass der Blick nach vorne oft mit dem Blick zurück verbunden ist“, so Dr. Helmut Gold, Direktor des Museums für Kommunikation. Und weiter: „In den Texten der Autorinnen und Autoren werden Relikte aus der Jugendzeit in Verbindung gebracht mit gegenwärtigen und zukünftigen Diskussionen. Das ist genau das, was wir im Museum für Kommunikation unter Storytelling versuchen: Geschichte und Geschichten zu erzählen, die in den Objekten schlummern, in Dialog treten mit der Gegenwart und Zukunft wie bei den Leseabenden.“

Sechs der acht Autorinnen und Autoren trafen zwischen September 2019 und Februar 2020 im Museum in Premierenlesungen auf ihr Publikum, die Veranstaltungen mit Mariana Leky und Lukas Rietzschel sowie die für Juni geplante Buchpremiere werden aufgrund der Kontakteinschränkungen zusammengefasst und auf 2021 verschoben.

Informationen zur Publikation
„8 Autoren. 8 Fiktionen. Acht Visionen. Zukunft. Arbeit. Literatur“ Texte von Katharina Adler, Isabelle Lehn, Mariana Leky, Lukas Rietzschel, Jochen Schmidt, Thomas von Steinaecker, Daniel Wisser und Julia Wolf
Herausgegeben von Hauke Hückstädt und Helmut Gold
Preis: 12 Euro // ISBN 978-3-96320-029-8
Erscheinungstermin: 15.06.2020 // Verlag Henrich Editionen

ACHT VISIONEN ist ein Projekt des Literaturhauses Frankfurt mit dem Museum für Kommunikation in Zusammenarbeit mit hr2-kultur. Gefördert von „experimente#digital“, einer Kulturinitiative der Aventis Foundation, sowie dem Kulturamt Frankfurt am Main.

Über den Geist hinaus – Alan Watts über Möglichkeiten, sich von Selbsttäuschungen für ein höheres Bewusstsein zu befreien

alan-watts-ueber-den-geist-hinausKaum ein anderer  hat die einstige New Age-Szene der 1970er und 1980er Jahre so prägend beeinflusst und inspiriert wie der berühmte Religionsphilosoph und Altmeister Alan Watts, der zudem die geniale Gabe besaß, neben Sendungsbewusstsein komplizierte Sachverhalte klar  auszudrücken.  Alan Watts gilt zu Recht als einer der größten spirituellen Denker und Lehrer. Und seine Bücher gehören bis heute zu den Juwelen der Weisheitsliteratur.

Posthum erschien in diesen Tagen  im O.-W. Barth-Verlag ein Meisterwerk des weltberühmten Weisheitslehrers Alan Watts „Über den Geist hinaus – Die östliche Weisheit der Befreiung“ (288 Seiten,  SU € [D] 20, – / € [A] 20,60), in dem Watt höchst inspirierend  und humorvoll  uns zur Essenz der Weisheitstraditionen Japans, Chinas und Indiens als auch des europäisch geprägten Westens führt mit der Intension, uns die  Grenzen des rationalen Verstandes aufzuzeigen und wie wir sie durchbrechen und  mehr Bewusstsein und Wertschätzung für das großartige Spiel des Lebens entwickeln könnten.

„Über den Geist hinaus“, ein Werk, das auf den Radio­features von Alan Watts beruht, lässt die Stimme des bekannten Weisheitslehrers wieder lebendig werden – und sie ist beeindruckender und in diesen Zeiten vielleicht wichtiger denn je. Denn es geht immer wieder auch um die Fragen, wie und auf welche Weise wir lernen können, besser mit dem Leiden in der Welt, also mit unserem eigenen inneren Zuständen, umzugehen? Und wie schaffen wir es, die existenzielle Unsicherheit und die Vergänglichkeit unseres Lebens zu akzeptieren und einen tieferen Sinn zu finden? Dies sind grundlegende Fragen im Leben eines jeden Menschen, vor allem in schwierigen Zeiten wie diesen, mit denen sich auch die großen spirituellen Traditionen der verschiedenen Religionen beschäftigen. Alle spirituellen Anschauungen drehen sich um die Kernfrage: Wie können wir uns von Selbsttäuschungen befreien, höhere Bewusstheit erlangen und echte Verbundenheit mit allem Leben spüren? Alan Watts führt in Über den Geist hinaus die Weisheitslehren des Buddhismus aus Japan und Tibet, des Daoismus aus China und des Hinduismus mit Yoga und Advaita Indiens und der christlichen Tradition des europäischen Westens zusammen. Der einzigartige spirituelle Lehrer und Vermittler zwischen Ost und West macht deutlich, dass die Grenzen des rationalen Verstandes zu eng sind, um allen Facetten des Menschseins gerecht zu werden. Durch seine sehr pointierte Art vermittelt er Einsichten mit großer Weisheit wie kein anderer Denker, und es sind Erkenntnisse, die die Kraft haben, die Sicht auf einen selbst und auf die Welt zu verändern. Ein brillant und unkonventionell geschriebener Führer durch die spirituellen Traditionen der Welt.

Das Buch ist sehr empfehlenswert und inspiriert zu Selbstreflexionen und heißen Diskussionen. Besonders befreiend wirkt es gegen Langeweile und Gefühle von Ausweglosigkeit, weil es zeigt: es gibt immer noch eine Welt hinter unserer Welt.

Diether  v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst

 

Allen-Watts © -Margo-Moore
Allen-Watts © -Margo-Moore

Alan Watts (1915–1973) war welt­berühmter Religionsphilosoph und Autor von über 25 Büchern. Der anglikanische Theologe war fünf Jahre Priester in der Episkopalkirche in den USA, bis eine außereheliche Affäre seine Ehe wie seine Priesterkarriere beendete. Daraufhin widmete er sich mit wachsender Intensität den östlichen Weisheitstraditionen, vor allem dem Zen und dem Daoismus. Er ist eine der markanten Persönlichkeiten, die die östlichen Weisheitslehren in den 60er- und 70er-Jahren in der westlichen Welt bekannt gemacht haben. Weitere Informationen: www.alanwatts.org

Alan Watts
buchcover-ueber-geist-hinaus160Über den Geist hinaus
Die östliche Weisheit der Befreiung
Übersetzt von Horst Kappen
288 Seiten, Hardcover mit SU
€ [D] 20, – / € [A] 20,60
ISBN 978-3-426-29304-1
O.W. Barth, München

Coronavirus: Deutscher Sachbuchpreis 2020 wird nicht vergeben – Erste Verleihung der Auszeichnung startet mit dem Preisjahr 2021

© Diether v Goddenthow
© Diether v Goddenthow

Der Deutsche Sachbuchpreis wird aufgrund der unklaren Entwicklungen im Hinblick auf das Coronavirus in diesem Jahr nicht vergeben. Das hat der Vorstand der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels nach Beratung mit dem Vorstand des Börsenvereins entschieden. Der Deutsche Sachbuchpreis wird somit mit dem Preisjahr 2021 das erste Mal verliehen werden.

Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins: „Mit der Eindämmung des Coronavirus stehen wir aktuell vor einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung immensen Ausmaßes. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten und die sich laufend verändernde Lage verhindern eine zuverlässige Planung, sodass wir eine angemessene Durchführung des Deutschen Sachbuchpreises in diesem Jahr nicht gewährleisten können. Wir bedauern es sehr, in diesem Jahr nicht das Sachbuch des Jahres auszeichnen zu können. Wir freuen uns schon jetzt auf den Deutschen Sachbuchpreis 2021, auf die nominierten Titel und vielfältige Debatten über gesellschaftlich relevante Themen.“

Die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels verleiht den mit insgesamt 42.500 Euro dotierten Deutschen Sachbuchpreis an ein herausragendes, in deutscher Sprache verfasstes Sachbuch, das Impulse für die gesellschaftliche Auseinandersetzung gibt. Hauptförderer des Preises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Unterstützer sind der Technologie- und Informationsanbieter MVB und die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss.

Prof. Susanne Schröter präsentiert am 16.10.2019 im Historischen Museum ihr Buch zum politischen Islam

politischer-Islam-schroeterSusanne Schröter, Professorin an der Goethe-Universität und Mitglied des Forschungsverbundes Normative Ordnungen, spricht am 16. Oktober im Historischen Museum über ihre jetzt erschienene Publikation.

FRANKFURT. Die Mehrheit der Deutschen glaubt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Sie verbinden diese Religion vor allem mit dem Terror im Namen eines unbarmherzigen Gottes, der Unterdrückung von Frauen und Minderheiten sowie einer Ablehnung westlicher Werte. Für solche Assoziationen gibt es nachvollziehbare Gründe, sie resultieren aus dem Erstarken des politischen Islam. Seine Erforschung gehört zu den Schwerpunkten von Susanne Schröter, Professorin für Ethnologie und Mitglied des Forschungsverbundes Normative Ordnungen an der Goethe-Universität. Die interessierte Öffentlichkeit ist herzlich willkommen bei der Vorstellung ihres Buches

„Politischer Islam – Stresstest für Deutschland“
am Mittwoch, dem 16. Oktober 2019, um 18.30 Uhr
im Historischen Museum Frankfurt,
Saalhof 1, Römerberg, 60311 Frankfurt am Main.

Der Eintritt ist frei. Veranstaltet wird die Buchpräsentation vom Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität. Die Begrüßung übernimmt Rebecca Caroline Schmidt, Geschäftsführerin des geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsverbundes. Moderiert wird die öffentliche Veranstaltung von Jürgen Kaube, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Der politische Islam stellt eine Sonderform des Islam dar und sollte nicht als charakteristisch für diese Weltreligion insgesamt gesehen werden, die auch in Deutschland eine Vielzahl von Facetten besitzt. Gleichwohl übt gerade der politische Islam durch machtbewusstes und strategisch geschicktes Agieren seiner Funktionäre großen gesellschaftlichen Einfluss aus und dominiert zunehmend die staatliche Islampolitik sowie den öffentlichen Dialog. Vielen Menschen fehlt jedoch das Wissen über die Ursprünge und die Ausprägungen des politischen Islam, um Konfliktsituationen richtig einzuschätzen sowie angemessen argumentieren und handeln zu können. Das vorliegende Buch will diese Lücke mit einem fundierten und verständlichen Überblick schließen.

Susanne Schröter, ist Professorin für Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen an der Goethe-Universität, Mitglied des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und Gründungsdirektorin des „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“ (FFGI) am Exzellenzcluster. Zu ihren Forschungsgebieten gehören Islamismus und Dschihadismus, progressiver und liberaler Islam sowie Frauenbewegungen in der islamischen Welt. Sie ist Mitglied der „Hessischen Integrationskonferenz“ und des „Hessischen Präventionsnetzwerk gegen Salafismus“. Zu ihren jüngsten Publikationen zählen: „Religiöse Rechtfertigungen des Dschihadismus“, in: Schellhöh, Jennifer u.a., Hg.: Großerzählungen des Extremen. Neue Rechte, Populismus, Islamismus, War on Terror (Bielefeld: Transcript 2018) und „Islamischer Fundamentalismus“, in: Zentralrat der Juden in Deutschland, Hg.: Jüdische Bildungslandschaften (Berlin: Hentrich & Hentrich 2018).

Infos

Hinweis: Bereits am Montag, 14. Oktober, 19.00 Uhr, wird Prof. Susanne Schröter ihr Buch „Politischer Islam – Stresstest für Deutschland“ im Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität (Am Wingertsberg 4, 61348 Bad Homburg vor der Höhe) im Gespräch mit dem Journalisten Meinhard Schmidt-Degenhard vorstellen. Anmeldungen unter service@freiheit.org.

Zitadelle kompakt – Der kleine Festungsführer

Cover_Zitadelle-kompaktVerlag Bonewitz und Herausgeber Stefan Schmitz stellen neue Publikation vor
Die Zitadelle Mainz zählt neben dem Dom und dem Kurfürstlichen Schloss zu den bedeutendsten Bauwerken der Stadt. Seit über 350 Jahren thront sie über der Stadt auf dem Jakobsberg und diente während dieser Zeit den unterschiedlichsten Zwecken. Heute beherbergt sie unter anderem Museen, Vereine sowie vor allem städtische Ämter – und mit dem Drususstein das wohl älteste Steindenkmal Deutschlands, das auf die 2.000-jährige Geschichte der Stadt Mainz verweist. Zugleich hat sich die Zitadelle zu einer beliebten Event-Location entwickelt, die Touristen und auch internationale Gäste nach Mainz lockt.

Im Gewölbesaal der Initiative Zitadelle Mainz wurde heute die neue Publikation „Zitadelle kompakt – Der kleine Festungsführer“ vorgestellt. In dem druckfrischen Büchlein, das im praktischen Westen- und Handtaschenformat daher kommt und im Verlag Bonewitz erscheint, schildert der bekannte Mainzer Autor Dr. Matthias Dietz-Lenssen auf 48 Seiten die bewegte Geschichte der einstigen Bundesfestung und nimmt die Leserinnen und Leser mit auf einen Rundgang durch das Areal. „Die Zitadelle ist ein einzigartiges Kulturdenkmal, das Geschichte erlebbar macht. Umso mehr freut es mich, dass die umfangreichen Sanierungen voranschreiten und die Zitadelle Stück für Stück wieder etwas von ihrem ursprünglichen Glanz zurückerhält. Mit der heute vorgestellten Publikation möchten wir diesen Weg begleiten und allen Touristen, Gästen und Kulturfreunden einen Überblick über dieses geschichtsträchtige Areal bieten“, so der Herausgeber von „Zitadelle kompakt“, Stefan Schmitz.

Von links: Herausgeber Stefan Schmitz, Autor Dr. Matthias Dietz-Lenssen, Michael Sowada, Redakteur bei Agentur und Verlag Bonewitz, und Kay-Uwe Schreiber, Vorsitzender der Initiative Zitadelle Mainz © Agentur Bonewitz (Foto: Karolina Wojnicka)
Von links: Herausgeber Stefan Schmitz, Autor Dr. Matthias Dietz-Lenssen,
Michael Sowada, Redakteur bei Agentur und Verlag Bonewitz, und Kay-Uwe Schreiber,
Vorsitzender der Initiative Zitadelle Mainz
© Agentur Bonewitz (Foto: Karolina Wojnicka)

Der kompakte, kleine Festungsführer beinhaltet einen detaillierten Lageplan mit 30 Highlights und eignet sich somit ideal als praktischer Begleiter bei der Erkundung der ehemaligen Festungsanlage.

„Zitadelle kompakt – Der kleine Festungsführer“
Herausgegeben von Stefan Schmitz. Erschienen im Verlag Bonewitz, Bodenheim, 48 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Verkaufspreis 5 Euro. Erhältlich im gut sortierten Buchhandel oder im Online-Shop unter www.bonewitz.de.

Eröffnung des Zentrums für Frankreich- und Frankophoniestudien an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Der Angriff auf Reims im September 1914 führte zu einem radikalen Bruch in den deutsch-französischen Beziehungen, so dass selbst ein wissenschaftlicher Austausch nicht mehr möglich war. Vor diesem Hintergrund des seitherigen totalen Bruchs erhält der nach dem zweiten Weltkrieg zwischen Konrad Adenauer und Charles de Gaulle geschlossene Friedensvertrag eine noch viel größere Bedeutung. Erst hierdurch wurden kulturelle und wissenschaftliche Kooperationen zwischen beiden Ländern überhaupt erst wieder möglich. Postkarte vom Brand der Kathedrale von Reims, aus dem Fest-Vortrag von Prof. Dr. Thomas W. Gaehtgens, Gründungsdirektor des Deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris.  © Foto: Diether v. Goddenthow
Der Angriff auf Reims im September 1914 führte zu einem radikalen Bruch in den deutsch-französischen Beziehungen, so dass selbst ein wissenschaftlicher Austausch nicht mehr möglich war. Vor diesem Hintergrund des seitherigen totalen Bruchs erhält der nach dem zweiten Weltkrieg zwischen Konrad Adenauer und Charles de Gaulle geschlossene Friedensvertrag eine noch viel größere Bedeutung. Erst hierdurch wurden kulturelle und wissenschaftliche Kooperationen zwischen beiden Ländern überhaupt erst wieder möglich. Postkarte vom Brand der Kathedrale von Reims, aus dem Fest-Vortrag von Prof. Dr. Thomas W. Gaehtgens, Gründungsdirektor des Deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris. © Foto: Diether v. Goddenthow

Am 4. Juli 2019 wurde feierlich das  Zentrums für Frankreich- und Frankophoniestudien (ZFF) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz  im Atrium maximum in der Alten Mensa auf dem Gutenberg-Campus eröffnet.
Grußworte sprachen Prof. Dr. Georg Krausch, Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Anne-Marie Descôtes, Botschafterin der Republik Frankreich, Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Alain Bonin, Präsident der Université de Bourgogne, Günter Beck, Bürgermeister der Stadt Mainz, Dr. Jürgen Hartmann, Staatssekretär a.D., Präsident der Deutsch-Französischen Kulturstiftung sowie Prof. Dr. Gregor Wedekind, Zentrum für Frankreich- und Frankophoniestudien.

„Die Wiedereröffnung unserer Universität im Mai 1946 erfolgte auf Initiative der damaligen französischen Besatzungsbehörde. Seither spielen die deutsch-französische Zusammenarbeit und die Frankreichforschung eine wichtige Rolle im universitären Leben der JGU“, betont Prof. Dr. Georg Krausch, Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „So besteht beispielsweise seit mehr als 40 Jahren eine enge Hochschulpartnerschaft zwischen der JGU und der Université de Bourgogne in Dijon, ergänzt durch zahlreiche Partnerschaften mit weiteren französischen Hochschulen etwa in Paris, Nantes und Straßburg. Wir können unseren Studierenden heute bi- und teils sogar trinationale Studiengänge vom Bachelor- über Lehramts- und Masterstudiengänge bis hin zum Deutsch-Französischen Doktorandenkolleg anbieten – ein Ausdruck lebendigen kulturellen Austauschs und gelebter Kooperation.“

Im Hinblick auf vergleichbare Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland besteht eine Besonderheit des neuen Zentrums für Frankreich- und Frankophoniestudien darin, dass es sich in seinen Fragestellungen nicht auf Frankreich beschränkt, sondern die geografische und kulturelle Öffnung auf die Frankophonie fördert. Hierzu unterstützt, pflegt und erweitert das ZFF die zahlreichen bestehenden institutionellen und persönlichen Kontakte mit Frankreich und französischen bzw. frankophonen Hochschulen insbesondere in Kanada und Nordafrika. Zum anderen ist die Arbeit des ZFF dezidiert fächerübergreifend und nachdrücklich nicht auf die Geistes- und Sozialwissenschaften beschränkt. Ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal des ZFF ist die an der Universitätsbibliothek der JGU angesiedelte, mit Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) aufgebaute herausragende Bibliothek des Forums Interkulturelle Frankreichforschung (FIFF), die eine wertvolle Ressource für Lehre, Forschung und Wissensvermittlung bietet.

„Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz und die Deutsch-Französische Kulturstiftung setzen mit den neuen Zentrum für Frankreich- und Frankophoniestudien hier in Mainz ein klares Zeichen für europäisches und internationales Miteinander“, hebt Anne-Marie Descôtes, Botschafterin der Republik Frankreich, im Rahmen ihres Besuchs auf dem Gutenberg-Campus hervor. „Gerade im aktuellen politischen Kontext ist eine internationale Zusammenarbeit auf allen Ebenen von großer Bedeutung. Die französische Botschaft begrüßt und unterstützt daher diese wichtige Initiative zur Vertiefung der deutsch-französischen Beziehungen – allem voran in den Bereichen der sprachlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Kompetenzen sowie im Einbeziehen der Vielfältigkeit der frankophonen Regionen in der Welt. Allen beteiligten Akteuren danken wir für ihr Engagement und ermutigen sie, auch weiterhin gemeinsam Europa neue derartige Impulse zu geben.“

Das ZFF wird den Austausch und die Kooperation mit anderen universitären Frankreichzentren etwa in Berlin, Bonn, Freiburg, Leipzig und Saarbrücken suchen ebenso wie mit deutsch-französischen Forschungsinstituten wie dem Centre Marc Bloch in Berlin, dem Deutsch-Französischen Institut für Geschichts- und Sozialwissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg. Darüber hinaus kooperiert das ZFF mit den in Mainz ansässigen außeruniversitären deutsch-französischen Einrichtungen – dem Institut français, dem Haus Burgund-Franche-Comté und der Deutsch-Französischen Gesellschaft – und nutzt seine Kapazitäten für den Bereich der Wissensvermittlung sowie für die Kooperation mit deutsch-französischen Akteuren auf politischer Ebene.

Eröffnung des Zentrums für Frankreich- und Frankophoniestudien an der JGU: (v.l.) Prof. Dr. Georg Krausch, Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Anne-Marie Descôtes, Botschafterin der Republik Frankreich, Prof. Dr. Alain Bonin, Präsident der Université de Bourgogne, Prof. Dr. Gregor Wedekind, Zentrum für Frankreich- und Frankophoniestudien, Dr. Jürgen Hartmann, Staatssekretär a.D., Präsident der Deutsch-Französischen Kulturstiftung, Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz, und Günter Beck, Bürgermeister der Stadt Mainz. Foto/©: Stefan F. Sämmer, JGU
Eröffnung des Zentrums für Frankreich- und Frankophoniestudien an der JGU: (v.l.) Prof. Dr. Georg Krausch, Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Anne-Marie Descôtes, Botschafterin der Republik Frankreich, Prof. Dr. Alain Bonin, Präsident der Université de Bourgogne, Prof. Dr. Gregor Wedekind, Zentrum für Frankreich- und Frankophoniestudien, Dr. Jürgen Hartmann, Staatssekretär a.D., Präsident der Deutsch-Französischen Kulturstiftung, Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz, und Günter Beck, Bürgermeister der Stadt Mainz. Foto/©: Stefan F. Sämmer, JGU

 

Reims in Flammen. Drama und Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich

In seinem Festvortrag widmete sich Prof. Dr. Thomas W. Gaehtgens, Gründungsdirektor des Deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris und langjähriger Direktor des Getty Research Institute in Los Angeles, dem Thema „Reims in Flammen. Drama und Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich“. Der deutsche Angriff am 19. September 1914 auf die Kathedrale von Reims, der Krönungskirche, die als Ursprungsort der französischen Monarchie gilt, rief einst einen Schrei der Empörung, der Wut, ja des Hasses in Frankreich aus und verfestigte das Deutschland-Bild von den kulturlosen deutschen Barbaren, das sich seit 1871 in französischen Köpfen festgesetzt hatte. Wenngleich gar nicht wirklich gesichert war, ob das Gotteshaus gezielt oder kollateral aufgrund des heftigen Beschusses des Ortes Reims getroffen wurde und in Brand geriet, wurde „Reims“ so zum Symbol deutsch-französischer Zwietracht – und umso wunderbarer erscheine es, so Gaehtgens, dass ausgerechnet hier einige Jahrzehnte später die deutsch-französische Versöhnung zwischen Charles De Gaulle und Konrad Adenauer besiegelt und die tiefe Kluft im Kulturstreit überwunden werden konnte. Aus einem «lieu de discorde», einem Ort der Zwietracht, konnte ein Erinnerungsort der deutsch-französischen Versöhnung, ja Freundschaft, werden.

Nach allen Auseinandersetzungen zwischen Franzosen und Deutschen ist längst „die“ Kooperation Grundlage der deutsch-französischen Beziehungen geworden, so wie es auch das Frankreich-Zentrum der Universität Mainz in der Zukunft verkörpern wird, unterstrich der Festredner.

die-brennende-kathedrale2Buchtipp: Thomas W. Gaehtgens: Die brennende Kathedrale. Eine Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg. Verlag C.H. Beck, München 2018. 351 S. m. 88 Abb., 29,95 €.
Zur Geschichte der JGU-Frankreichforschung 

Seit der Wiedereröffnung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) im Mai 1946 durch die damalige französische Besatzungsbehörde spielen die deutsch-französische Zusammenarbeit und die Frankreichforschung eine wichtige Rolle im universitären Leben auf dem Gutenberg-Campus. So besteht seit mehr als 40 Jahren eine enge Hochschulpartnerschaft zwischen der JGU und der Université de Bourgogne in Dijon, die durch eine Reihe integrierter Studiengänge sowie eine rege universitätsweite Erasmus-Partnerschaft Semester für Semester gelebt wird. Darüber hinaus bestehen mittlerweile auch diverse integrierte Studienprogramme mit weiteren französischen Hochschulen, etwa in Paris, Nantes und Straßburg. Im Jahr 1991 gründete die Universitätsbibliothek Mainz den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sammelschwerpunkt Frankreichforschung, aus dem 2013 das Forum Interkulturelle Frankreichforschung (FIFF) hervorgegangen ist.

Die musikalische Einlage erfolgte durch die Jazzabteilung der Hochschule für Musik.  © Foto: Diether v. Goddenthow
Die musikalische Einlage erfolgte durch die Jazzabteilung der Hochschule für Musik. © Foto: Diether v. Goddenthow

Das neue Zentrum für Frankreich- und Frankophoniestudien (ZFF) an der JGU, das maßgeblich durch die Deutsch-Französische Kulturstiftung finanziert wird, verfolgt das Ziel, die verschiedenen auf Frankreich und frankophone Regionen, Institutionen, Gesellschaften und Kulturen bezogenen Aktivitäten der Universität zu betreiben, zu bündeln, zu vernetzen, aus ihrem Zusammenwirken gemeinsamen Nutzen zu generieren, in ihrer wissenschaftlichen Exzellenz zu steigern sowie kooperative Drittmittel einzuwerben. Mit Blick auf vergleichbare Einrichtungen in ganz Deutschland besteht die Besonderheit des ZFF darin, dass das Zentrum sich nicht auf Frankreich beschränkt, sondern die geographische und kulturelle Öffnung auf die Frankophonie zum Programm hat, und das die Arbeit des ZFF dezidiert multi- und transdisziplinär über die Geistes- und Kulturwissenschaften hinaus ausgerichtet ist.
Forum Interkulturelle  Frankreichforschung
Deutsch-Französische Studiengänge in den Geistes- und Kulturwissenschaften Mainz-Dijon

Prof. Dr. Gregor Wedekind
Zentrum für Frankreich- und Frankophoniestudien
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz

Ede und Unku – ein zeitgeschichtliches Dokument über die grausame Verfolgung der Sinti im Dritten Reich

Der durch die Gruppe „Sinti Swing“ bekannte Berliner Jazz-Musiker Janko Lautenberger hat gemeinsam mit der Journalistin Juliane von Wedemeyer mit „Ede und Unku – die wahre Geschichte“, 240 Seiten, Gütersloh 2018,  das erschütternde Schicksal seiner Sinti-Familie von der Weimarer Republik bis heute nachgezeichnet. Das Autorenduo hat mit ihrer Neuversion von „Ede und Unku“ ein über einen Roman weit hinausgehendes zeitgeschichtlich wertvolles Dokument gegen Rassismus, Diskriminierung  und Verfolgung von Minderheiten als Plädoyer für eine offene Gesellschaft geschaffen.

Ede_und_UnkuDie wahre Geschichte von Ede und Unku ist eine von den beiden Autoren in mühevoller Recherche-Arbeit zusammengetragene, sozialgeschichtlich absicherte „Fortsetzung“ des ursprünglichen Romans „Ede und Unku“, der mit über 5 Mio Exemplaren eines der meistverkauften Bücher in Deutschland ist. Die Erstausgabe erschien 1931, das Buch war viele Jahre Schullektüre und erzählt von der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen dem Arbeiterjungen Ede und dem Sintimädchen Unku während der Weimarer Republik. Doch was kaum jemand weiß: Schon kurz nach der Machtergreifung Hitlers wurde das Buch verboten und das »Zigeunermädchen« Unku in einem Konzentrationslager umgebracht. Eben von diesem grausamen Schicksal seiner Ur-Groß-Cousine Unku erzählt der Musiker Janko Lauenberger und dokumentiert, wie sich die Nachfahren, seine Sinti-Familie und er,  in der ehemaligen DDR und später im wiedervereinigten Deutschland arrangiert und etabliert haben.

Gerade in diesen Tagen, da wir den 90. Geburtstag der mit 15 Jahren im KZ ermordeten Jüdin Anne Frank und ihren in 70 Sprachen übersetzten Tagebüchern gedenken, sei dieses Werk sehr empfohlen, weil es am Schicksal des  20jährigen Sinti-Mädchens Unku insgesamt das oftmals übersehene Unrecht  aufgreift, das  den Sinti- und Roma im dritten Reich grausamst widerfahren ist.

( Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst )

Leseprobe

„Smartphone-Epidemie“ – Kurzsichtigkeit, IQ-Verlust, Notenverschlechterung – Manfred Spitzer warnt dringend vor einer weiteren Digitalisierung von Kindergärten, Schulen und sonstigen Lernorten

Bärbel Schäfer talkt mit Professor Dr. Dr. Manfred Spitzer im ARD-Forum auf der 70. Frankfurter Buchmesse am 10. Oktober 2018 über die Risiken und Nebenwirkungen  unkontrollierten Smartphone-Konsums bei Kindern und Jugendlichen. © Foto: Diether v. Goddenthow
Bärbel Schäfer talkt mit Professor Dr. Dr. Manfred Spitzer im ARD-Forum auf der 70. Frankfurter Buchmesse am 10. Oktober 2018 über die Risiken und Nebenwirkungen unkontrollierten Smartphone-Konsums bei Kindern und Jugendlichen. © Foto: Diether v. Goddenthow

Manfred Spitzer warnt auf der diesjährigen Buchmesse beim Talk mit Bärbel Schäfer im ARD-Forum dringend vor einer weiteren Digitalisierung von Lernmedien und unkontrolliertem Smartphone-Konsum bis zum 25. Lebensjahr. Seine zentralen, wissenschaftlich abgesicherten Aussagen über Negativfolgen wie Kurzsichtigkeit, IQ-Verlust, Notenverschlechterung und Suchtentwicklung hat Spitzer in seinem neuen, im Klett-Cotta-Verlag erschienen Werk „Smartphone-Epidemie. Gefahren für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft“ festgehalten. Das 360 Seiten umfassende Werk nennt allein 100 internationale Studien auf 45 Seiten, die belegen, wie gefährlich insbesondere für Kinder und Jugendliche ungezügelter Handykonsum und eine Verdigitalisierung ihrer Lernmittel sind.

Gefahr Kurzsichtigkeit
Die Studien zeigten insgesamt, „dass das Ding (Smartphone) wirklich massive Risiken und Nebenwirkungen macht“, so  der Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm und Neurowissenschaftler Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer. Beispielsweise wisse man seit drei, vier Jahren, „dass sich bei Heranwachsenden Kurzsichtigkeit entwickelt, wenn sie zu viel in die Nähe auf einen Bildschirm schauten. Wenn das heranwachsende Auge versuche scharf zu stellen, schaffe es das nur durch Längenwachstum, wodurch zwangsläufig Kurzsichtigkeit entstünde, und zwar nur im Alter zwischen 0 und 25 Jahren“, so Spitzer. Zudem sei das Dumme halt, dass das Smartphone, welches das am meisten benutzte digitale Endgerät sei, auch noch den kleinsten Bildschirm habe, „weswegen man es, um zu lesen, besonders nah vor die Augen hält“, so der Neurowissenschaftler.
In Südkorea wären bereits 95 Prozent der Unter20jährigen  kurzsichtig. „Das nennt man Epidemie, und zwar Sehbehinderungs-Epidemie, eine erworbene Sehbehinderung, die normalerweise ein bis fünf Prozent der Bevölkerung betrifft“, erklärt Spitzer. In Europa liege die Kurzsichtigkeitsrate bei den Unter20jährigen mittlerweile bei 30 Prozent und in China, einem ähnlich wie  Korea hoch digitalisiertem Land,  bei 80 Prozent.

Gefahr Suchtpotential
Woran es denn liege, hakt Moderatorin Bärbel Schäfer nach, dass wir sehenden Auges auf eine medizinische Katastrophe zusteuerten und dass junge Menschen ein so emotionales Verhältnis zu ihrem Gerät entwickelten und sagten „das ist mein Leben“?
Unter anderem läge es daran, so Spitzer, dass viele Anwendungen, die auf dem Smartphone laufen, Sucht erzeugten. Das haben Programmierer selbst publiziert. In Südkorea gäbe es bereits 30 Prozent Smartphone-Süchtige, so der Neurowissenschaftler.

Das Smartphone macht süchtig. Das sei auch seit Sommer 2017 von der WHO als Krankheit anerkannt. „Über Jahre hinweg war es nur für die Forschung anerkannt, um es weiter zu untersuchen. Mittlerweile sind Internet und Computersucht eine anerkannte Krankheit“ und die laufe zumeist über das häufigste benutzte digitale Endgerät, nämlich über das Smartphone, genauso wie die Facebook-Sucht untersucht und bestätigt sei. Es wäre nachgewiesen, dass bei der Facebook-Sucht die gleichen Hirnzentren wie bei der Kokainsucht beteiligt wären. „Wir wissen darüber ganz viel. Ich wollte das Buch schreiben, damit keiner mehr sagen kann: ‚Hey, Sie wussten das alles, und Sie haben nichts gesagt. Wäre doch wichtig gewesen!‘ Jetzt kann keiner mehr sagen: ‚Wir haben’s nicht gewusst!‘“, erklärt Spitzer sein kompromissloses Engagement gegen den leichtfertigen, vom allgemeinen Mainstream und der Bitkom-Industrie befeuerten  Smartphone-Konsum von Kindern und Jugendlichen.

smartphone-epidemie4Die Facebook-Sucht funktioniere beispielsweise über die Verstärkung von bestimmten Verhaltensweisen: „Wir sind neugierige Menschen vor allem auf soziale Sachverhalte“, so Spitzer, und bei Facebook gäbe man Zeit rein und kriege Likes raus! „Menschen mögen gemocht werden – das ist eines unserer Grundbedürfnisse. Genauso sind wir von Grund auf neugierig: wir wollen wissen, was die anderen machen. Und wenn die uns dauernd Nachrichten schicken, gucken wir auch dauernd rein.“, erklärt der Neurowissenschaftler.

Gefahr IQ-Verlust
Es sei mittlerweile sogar wissenschaftlich nachweisen, dass Leute dann einen wesentlich geringeren IQ haben, wenn sie bei ihrer Arbeit ein Smartphone neben sich auf dem Schreibtisch liegen haben, selbst, wenn es ausgeschaltet ist: „Sie könnten es ja einschalten und etwas nachgucken. Und sie müssen dauernd versuchen, aktiv das nicht zu tun. Und weil wir diesen Impuls dauernd unterdrücken müssen, fehlt ihnen der Gehirnschmalz, zum Beispiel, wenn Sie einen IQ-Test machen, was sich so auswirkt, dass einer, der mit einem IQ von Gymnasiasten sein Smartphone auf den Tisch legt, dann bloß noch einen IQ von einem Hauptschüler hat“, erklärt der Neurowissenschaftler. Das habe eine große amerikanische Studie herausgefunden.
Selbst wenn das Smartphone ausgeschaltet in einer Handtasche läge, könne es die Konzentration beeinträchtigen, aber nicht ganz so schlimm, als wenn es auf dem Tisch läge. Auch das wurde untersucht, so Spitzer. Am ‚sichersten‘ sei es natürlich das Smartphone ausgeschaltet im Nachbarzimmer zu lassen, damit man es gar erst nicht sähe.

Gefahr von Lernverhinderung
„Wenn ich mich dem jetzt entziehe, bin ich ja plötzlich gestrig, old school, old fashion und gar nicht mehr vorne, wo angeblich alles passiert“, so Bärbel Schäfer und fragt: „Was antworten Sie denn  denen, die sagen: Sei nicht von gestern, wir müssen nach vorne?“. „Die sollten besser ihre Hausaufgaben machen, so Spitzer, denn es könne doch nicht sein, „dass wir dieses Ding kaufen, nur weil es alle kaufen, nur weil jemand sagt, das sei die Zukunft!“, so der Neurowissenschaftler. Er habe zwar auch Smartphone und Computer, weil es „ein tolles Werkzeug ist, wenn man bestimmte geistige Arbeiten verrichten will“. Aber tauge nicht zum Lernen!  Denn gelernt werde ja nicht durch Downloaden: „Mein Gehirn macht sowas nicht, kann es nicht. Gehirne lernen, indem sie arbeiten. Denn Gehirne müssen arbeiten, und wenn sie dann arbeiten, dann ändern sich die Verbindungen zwischen den Nervenzellen. Die nennt man Synapsen, und die werden wirklich stärker. Und diesen Prozess nennen wir lernen“, erläutert Spitzer die neuronalen Basics des Lernens und legt noch ein Schippchen drauf: „alles, was ich dem Geist an Arbeit abnehme, verhindert Lernen. weswegen Computer Lernverhinderungsmaschinen sind!“, warnt der Neurowissenschaftler uns schimpft: Es sei daher ein Skandal, dass aber all unsere Schulen wider besseren Wissens dennoch digitalisiert werden sollen.

Gefahr von Notenverschlechterung

Längst sei nachgewiesen, dass, wenn Schulen digitalisiert würden, „der Lernerfolg um zirka 20 Prozent abnimmt“. Dazu gäbe es große, riesige Studien, die Spitzer alle in seinem Buch benennt. Wenn man Pisa-Daten der letzten 10 Jahre analysiere und schaue, wie sich Schüler der etwa 60 miteinander verglichenen Nationen in Pisa verändert haben und wie viel in jedem dieser Länder in digitale IT-Technik an Schulen investiert wurde, sähe man, dass überall dort, wo am meisten in die digitale schulische Infrastruktur gesteckt wurde, die Noten der Schüler am meisten heruntergegangen seien. Australien zum Beispiel investierte im Jahr 2008 rund 2,4 Milliarden mit der Folge, dass hier die Schüler in den PISA-Ergebnissen am heftigsten abgeschmiert sind und sich massiv verschlechtert hätten, so Spitzer. Der Neurowissenschaftler warnt dringend davor, hierzulande entgegen aller neuen Erkenntnisse der Neurowissenschaft   Kitas und Klassenzimmer digital aufrüsten zu wollen, während man in anderen Ländern aufgrund negativer Erfahrungen wie Verschlechterung der Schulnoten zurückrudere. So habe beispielsweise der französische Präsident Macron ab Herbst 2018 ein Smartphone-Verbot an Schulen durchgesetzt.

Marcron habe vielleicht eine große Londoner Studie von Wirtschaftswissenschaftlern über Telefonverbote zwischen 2002 und 2012 an 90 Schulen für 30 000 Schüler  gelesen. Der Effekt war, dass sich innerhalb der fünf Jahre nach dem Handyverbot die Notendurchschnitte im Vergleich der fünf Jahre vor dem Handybot deutlich verbessert hatten.

Gefahr, dass die Lernschwachen noch schwächer werden

Aber die Studie, die aufgrund der enormen Datenmenge Subgruppen-Analysen ermöglicht habe, hätte außerdem gezeigt, dass die Schwächsten, zirka 20 Prozent der Schüler, sich durch Smartphone-Verbot am meisten verbessert hätten. Der Notenschnitt der 20 Prozent besten Schüler änderte sich hingegen  nicht. In den Leistungsgruppen dazwischen ginge es mit der Notenverbesserung wie  in Treppchen. Es stimme also nicht, das man Bildungs-Gegerechtigkeit dadurch schaffe, indem man jedem Hartz-IV-Empfängerkind ein Smartphone oder anderes digitales Endgerät kostenlos zur Verfügung stelle, damit „ein Arbeiterkind den gleichen Zugang zur Bildung habe“, so der Neurowissenschaftler. Das wäre ideologisches Wunschdenken, da Fakt sei: „Wenn sie ‚den Schwachen‘ digitalisieren, wird der noch schwächer, und das ist das Unsozialste, was sie machen können!“
Mit Digitalisierung des Unterrichtes werde vor allem denen geschadet, „die sowieso schon schwach sind. Das ist nachgewiesen, nicht nur in der Studie, die ich gerade erwähnt habe, sondern in fünf, sechs anderen auch“, so Spitzer.

Vorwissen entscheidet über Digitalnutzen
Um überhaupt digitale Medien produktiv nutzen zu können, benötige man weder große Medienkompetenz noch einen Internet-Führer-Schein, sondern entsprechendes Vorwissen, so Spitzer. Denn „je mehr Sie wissen, desto besser können Sie auch googlen. Ihr Vorwissen hilft Ihnen, das, was ihnen Google auf den Bildschirm schmeißt, zu werten. Wenn Sie kein Vorwissen haben, dann nützt Ihnen Google null.“, so der Neurowissenschaftler.

Es sei daher ganz wichtig, dass in Kindheit und Jugend das Gehirn massiv auftrainiert werde, weil es nur so funktioniere. Das kindliche Sprachzentrum, lerne beispielsweise dadurch sprechen, dass mit dem Kind gesprochen werde. Es sauge sozusagen aus dem Gespräch die Information, die Bedeutung des Gesagten, was in den Synapsen abgebildet werde. Der Witz dabei sei, so Spitzer: „Wenn Sie dann noch eine zusätzliche Sprache lernen, werden die Sprachzentren noch trainierter, und wenn sie noch eine weitere Sprache lernen, noch trainierter. Und mein Punkt ist: Wenn einer fünf Sprachen kann, dann lernt er dann besser noch eine sechste, als einer, der nur die Muttersprache kann, weil er schon fünf Sprachen kann.“ Es sei ein Irrglaube, wenn man sage „Meine Sprachzentren sind langsam voll. Ich kann schon fünf Sprachen.“ Daraus folge, dass das Gehirn im Gegensatz zu einer Festplatte, die irgendwann voll ist, umso mehr noch weitere Informationen aufnehmen kann, „je mehr schon da drin ist“.

Es stimme einfach nicht, wenn gesagt werde, die Digital Natives seien gut dran, weil sie Informationen auslagerten und deswegen mehr Platz für anderes in ihrem Gehirn reservierten. „Wenn sie in der Schule kein Englisch lernen, dann haben sie nicht 20 Prozent mehr Platz für Chinesisch, das ist dummes Zeug.  Alles, was sie in ihrer Jugend nicht gelernt haben, erschwert Ihnen weiteres Lernen im Alter, weswegen es so wichtig ist, dass wir im Gegenteil in der Jugend nichts auslagern. Rechtschreiben, Kopfrechnen, auf Bäume klettern, Fußballspielen, sich mit den Händen beweisen, all das ist Lernen, ist wichtig zum Lernen“, so Spitzer. Es wäre zudem für die Hirnentwicklung ganz furchtbar, dass sich in den letzten 30 Jahren der Aktionsradius von Kindern auf 10 Prozent verringert habe.

Apple baut Haftungsansprüchen wegen Smartphone-Risiken vor

Selbst Apple-Chef Tim Cook empfiehlt zu einem maßvolleren Umgang mit Smartphones, weswegen auf den letzten Entwicklerkonferenzen Software vorgestellt wurde, „die uns besser erlaubt, auch unsere eigene Smartphone-Nutzung zu begrenzen und vor allem auch Eltern ermöglicht, den Smartphone-Konsum der Kinder besser zu kontrollieren.“ Der Hintergrund dieser Entwicklung sei gewesen, erläutert Spitzer,  dass im Januar 2018 Apple-Investoren  besorgt auf die gesundheitlichen Nebenwirkungen von Smartphones hingewiesen und angefragt hätten, was  Apple eigentlich täte, wenn 5 Milliarden Nutzer den Konzern verklagten: „dann seid sogar ihr, die reichste Firma der Welt, pleite. Apple hat das sehr ernst genommen, und hat tatsächlich reagiert: Daran sieht man ja auch, wie schlimm es schon ist“, unterstreicht der Neurowissenschaftler.

„Was ich sage, ist ja nur das, was in der medizinischen Literatur steht. Daten, die zeigen, dass Kinder in der Schule besserwerden, wenn sie Computer einführen oder Smartphone, Tablets, die gibt es nicht!“, resümiert Spitzer und schimpft mit Recht: „Wenn man weiß, dass dieses Ding (Smartphone) dem Lernen von Schülern massiv schadet, und andere digitale Medien an Schulen auch, dann bin ich doch dagegen, dass erstens die Regierung dafür 5 Mrd. in die Hand nimmt, zweitens, eine Grundgesetzänderung macht, um das Lernen zu stören und gleichzeitig noch die Bildungshoheit den Ländern zu entziehen und sie nach Kalifornien weiterreicht an die reichsten Firmen der Welt, die sich um unsere Kinder nicht kümmern, aber um ihren eigenen Profit. Das ist ein Skandal!“

Pflichtlektüre für alle, der die Lerngesundheit unserer Kinder ernsthaft am Herzen liegt:

smartphone-epidemie4 Manfred Spitzers höchst empfehlenswertes, fundiertes und trotzdem für interessierte Laien sehr lesbares und verständlich geschriebenes Werk „Smartphone-Epidemie. Gefahren für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft“, Klett-Cotta-Verlag, Stuttgart 2018, sollte Pflichtlektüre werden für alle, die politisch, beruflich oder privat mit Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu tun haben, sei es in Kindergarten, Schule, Freizeit oder Zuhause.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Zur Person des Autors

Professor Dr. Dr. Manfred Spitzer. © Foto: Diether v. Goddenthow
Professor Dr. Dr. Manfred Spitzer. © Foto: Diether v. Goddenthow

Manfred Spitzer, Prof. Dr. Dr., geboren 1958, studierte Medizin, Psychologie und Philosophie in Freiburg. Von 1990 bis 1997 war er als Oberarzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Heidelberg tätig. Zwei Gastprofessuren an der Harvard-Universität und ein weiterer Forschungsaufenthalt am Institute for Cognitive and Decision Sciences der Universität Oregon prägten seinen Forschungsschwerpunkt im Grenzbereich der kognitiven Neurowissenschaft und Psychiatrie. Seit 1997 hat er den neu eingerichteten Lehrstuhl für Psychiatrie der Universität Ulm inne und leitet die seit 1998 bestehende Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm. Seit 1999 ist er Herausgeber des psychiatrischen Anteils der Zeitschrift Nervenheilkunde; seit Frühjahr 2004 leitet er zudem das von ihm gegründete Transferzentrum für Neurowissenschaft und Lernen in Ulm und moderiert eine wöchentlich in BR-alpha ausgestrahlte Fernsehserie zum Thema Geist und Gehirn.

Kleines Addendum:

Auch in den Niederlanden weiß man seit Sommer 2018, dass der „Traum von der digitalisierten Schule“ geplatzt ist. Hollands Digital-Schulen waren ein Flop: Was Deutschland aus den Fehlern lernen kann
Siehe auch Vortrag von Peter Hensinger, M.A. bei der GEW in Gelsenkirchen. Er weist nach, dass die Forderung nach digitalisiertem Unterricht nicht von der Erziehungswissenschaft, sondern von der Industrie kommt: Trojanisches Pferd „Digitale Bildung“: Big Brother ist teaching you!,

 

 

 

Die sechs Finalisten für den Deutschen Buchpreis 2018 sind ermittelt

Deutscher Buchpreis: Die Shortlist 2018 María Cecilia Barbetta, Maxim Biller, Nino Haratischwili, Inger-Maria Mahlke, Susanne Röckel und Stephan Thome ziehen mit ihren Werken ins Finale ein. © Foto: Christina Weiß
Deutscher Buchpreis: Die Shortlist 2018
María Cecilia Barbetta, Maxim Biller, Nino Haratischwili, Inger-Maria Mahlke, Susanne Röckel und Stephan Thome ziehen mit ihren Werken ins Finale ein. © Foto: Christina Weiß

Die Jury hat die sechs Romane für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2018 ausgewählt:

  • María Cecilia Barbetta: Nachtleuchten (S. Fischer, August 2018)
  • Maxim Biller: Sechs Koffer (Kiepenheuer & Witsch, September 2018)
  • Nino Haratischwili: Die Katze und der General (Frankfurter Verlagsanstalt, August 2018)
  • Inger-Maria Mahlke: Archipel (Rowohlt, August 2018)
  • Susanne Röckel: Der Vogelgott (Jung und Jung, Februar 2018)
  • Stephan Thome: Gott der Barbaren (Suhrkamp, September 2018)

Christine Lötscher (freie Kritikerin), Sprecherin der Jury des Deutschen Buchpreises 2018, zur Auswahl: „,Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen‘ – der berühmte Satz, den Faulkner 1951 schrieb, hängt wie ein unausgesprochenes Motto über der deutschsprachigen Literatur dieses Jahres. Die sechs nach Ansicht der Jury gelungensten und wichtigsten Romane folgen ganz unterschiedlichen Spuren in die Vergangenheit oder in mythische Schichten der Wirklichkeit – fabulierend, spekulierend, verspielt; mit lakonischer Eleganz und bittersüßer Präzision, mit epischer Langsamkeit und spannungsgeladener Wucht. Antworten bekommen wir auf diesen Reisen durch Raum und Zeit nicht, und schon gar keine einfachen Wahrheiten. Umso faszinierter lässt man sich als Leserin, als Leser auf vielstimmige Erzählkompositionen und auf die Sinnlichkeit einer anderen Zeit ein, die immer auf unsere verweist.“

Die sieben Jurymitglieder haben seit Ausschreibungsbeginn 199 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2017 und dem 11. September 2018 erschienen sind.

Der Jury für den Deutschen Buchpreis 2018 gehören neben Christine Lötscher an: Christoph Bartmann (Goethe-Institut Warschau), Luzia Braun (ZDF), Tanja Graf (Literaturhaus München), Paul Jandl (freier Kritiker), Uwe Kalkowski (Literaturblog „Kaffeehaussitzer“) und Marianne Sax (Bücherladen Marianne Sax, Frauenfeld).

Mit dem Deutschen Buchpreis 2018 zeichnet die Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Der Preisträger oder die Preisträgerin erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalistinnen und Finalisten erhalten jeweils 2.500 Euro. Die Preisverleihung findet am 8. Oktober 2018 zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt.

Der Deutsche Buchpreis wird von der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung vergeben. Förderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland. Interessierte können die Preisverleihung per Live-Stream unter www.deutscher-buchpreis.de verfolgen.
Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur übertragen die Preisverleihung im Rahmen von „Dokumente und Debatten” im Digitalradio und auf www.deutschlandradio.de/debatten.

Ab 26. September 2018 werden Auszüge aus den Shortlist-Titeln in englischer Übersetzung und ein englischsprachiges Dossier zur Shortlist auf dem Internetportal www.new-books-in-german.com präsentiert. „Die Buchpreisblogger“ stellen auf www.deutscher-buchpreis-blog.de alle nominierten Titel vor. Die Bloggerinnen und Blogger lesen die 20 Bücher der Longlist, verfassen Rezensionen, bieten Hintergrundinformationen und kritische Debattenbeiträge. Zusammengeführt werden die Beiträge auch auf der Facebook-Seite des Deutschen Buchpreises sowie unter dem Hashtag #dbp18.

„Homo Deus – Eine Geschichte von Morgen“ von Yuval Noah Harari ist bestes Wirtschaftsbuch – Wirtschaftsbuchpreis 2017 verliehen

Yuval Noah Harari  erhielt für „Homo Deus – Eine Geschichte von Morgen“ aus dem C.H.Beck –Verlag, den Wirtschaftsbuchpreis 2017 - Foto aus der Videobotschaft - (Handelsbltt)
Yuval Noah Harari erhielt für „Homo Deus – Eine Geschichte von Morgen“ aus dem C.H.Beck –Verlag, den Wirtschaftsbuchpreis 2017 – Foto aus der Videobotschaft – (Handelsbltt)

Der mit 10 000 Euro dotierte Wirtschaftsbuchpreis 2017 geht an Yuval Noah Hararis für sein opulentes Werk „Homo Deus – Eine Geschichte von Morgen“ aus dem C.H.Beck –Verlag München. Das Werk wurde international bereits über eine Millionen mal verkauft, und sprengt alle Denk-Dimensionen.  Der israelische Autor und Historiker Yuval Noah Harari gilt als einer der letzten Universalgelehrten und wurde mit seinem Weltbestseller «Eine kurze Geschichte der Menschheit» berühmt.

Yuval Harari: Homo Deus. Eine Geschichte von morgen. Beck, 576 Seiten, 24,95 Euro

Gabor Seingart, Herausgeber des Handelsblatts, Jury-Vorsitzender und Laudator.
Gabor Seingart, Herausgeber des Handelsblatts, Jury-Vorsitzender und Laudator.

Obwohl Hararis Werk weit über einen Wirtschaftsbuchtitel hinausragt, ist es von einer hochkarätigen Experten-Jury zum besten Wirtschaftsbuch des Jahres 2017 gekürt worden. „Wer dieses Buch liest, nimmt eine Weltbibliothek des Wissens in sich auf. Er nimmt an einem ‚Studium Generale‘ teil, das mit einem Zertifikat in Futurologie endet.“, sagte Gabor Steingart, Herausgeber des Handelsblatts und Juryvorsitzender des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises. Der Juryvorsitzende machte es bei der Preisverleihung am vorigen Freitagabend im Steigenberger Frankfurter Hof mit der Bekanntgabe des Siegertitels aus 10 Finalisten des Wirtschaftsbuchpreises spannend.

Jury-Mitglied Professor Ann-Kristin Achleitner. Foto: Diether v. Goddenthow
Jury-Mitglied Professor Ann-Kristin Achleitner. Foto: Diether v. Goddenthow

Eröffnet hatte die Präsentation der 10 Finalisten-Titel Jury-Mitglied Professor Ann-Kristin Achleitner mit einer fulminanten Keynote über das Lesen und was gute Bücher ausmacht. Auf neuropsychologische Studienergebnisse gestützt, sei es nun auch wissenschaftlich bewiesen, dass gute Bücher unsere Neugierde und damit die Ausschüttung von Dopamin anregten, kurzum: „ein gutes Buch kann glücklich machen und hält jung“, so Achleitner, die mit Voltaires – nun posthum neurowissenschaftlich belegten – Worten schloss: „Die nützlichsten Bücher sind die, die den Leser dazu anregen, sie zu ergänzen.“.

Anschließend stellten die Shortlist-Autoren bzw. vertretungsweise ihre Verleger in zweiminütigen Statements, in einem so genannten „elevator pitch“, die 10 Finalisten-Titel vor. Das Publikum, Mitglieder des Handelsblatt-Wirtschaftsclubs, Verleger, Medienleute usw., war begeistert.

Die Spannung stieg, und bevor Gabor Steingart, in Beisein von Buchmessen-Geschäftsführer Juergen Boos und den Co-Vorstandsvorsitzenden der Goldman Sachs AG, Dr. Wolfgang Fink und Dr. Jörg Kukies die Katze aus dem Sack ließ, wurde das Saalpublikum um ein Votum gebeten. Die Handzeichen-Abstimmung brachte jedoch keinen bestimmten Trend für eins, zwei Titel.
Schließlich lüftete Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart das Geheimnis: „Der Sieger des Deutschen Wirtschaftsbuchpreises 2017 ist Yuval Noah Harari mit seinem im Beck-Verlag erschienenen Buch „Homo Deus – Eine Geschichte von Morgen.“ In der Begründung der Jury heißt es: „Es geht um die Folgen des technisch-zivilisatorischen Umbruchs, in dem wir uns befinden. Der Autor bietet brillant geschriebene Denkanstöße und startet eine Debatte, die von uns allen fortgeführt werden muss“. Das Buch sei keine Science-Fiction und Harari sei auch kein Zukunftspessimist. Der Autor habe extrem spannende Ansätze, eine neue Sicht der Dinge, um auf die Themen der Zukunft zu fokussieren, erläuterte Steingart.

Harari wurde von seinem Verleger Jonathan Beck vertreten. Denn einmal im Jahr zieht sich der Historiker und Universalgelehrte Harari für zwei Monate zum Meditieren nach Indien zurück, wo er zur Zeit verweilt, und zwar: ohne E-Mails, Computer, Telefon und sogar ohne Bücher. Wie er in einer Videoeinspielung mitteile, spräche er während seiner Auszeit mit niemandem und versuche,  ganz im Jetzt zu leben und  seinen Körper und Geist tz hören. Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart hatte Yuval Noah Harari in Tel Aviv besucht und dabei die Video-Aufzeichnung des Interviews anfertigen lassen.
Per Video erläutert  Harari den Ansatz seines neuen Buches: Er habe in seinem letzten Werk «Eine kurze Geschichte der Menschheit» beschrieben, wie die einzigartige Fähigkeit des Menschen, an kollektive Mythen wie „Gott, Menschenrechte oder Geld“  glauben zu können, ihn befähigt habe, diesen Planeten zu erobern.
In seinem neuen Werk «Homo Deus» untersuche er nun, was passieren könnte, wenn unsere alten Mythen mit revolutionären neuen Technologien verbunden würden. Wie würde der Islam mit der Gentechnik umgehen? Wie würde der Sozialismus auf den Aufstieg der Nichtarbeiterklasse reagieren? Wie würde der Liberalismus mit einem Big Brother, der mit Big Data gefüttert wird, zurechtkommen? Würde das Silicon Valley am Ende nicht nur neue Geräte, sondern auch neue Religionen produzieren? Was würde mit der Demokratie passieren, wenn Google und Facebook unsere Vorlieben und unsere politischen Einstellungen besser kennen als wir selbst? Was würde aus dem Wohlfahrtsstaat, wenn Computer die Menschen vom Arbeitsmarkt verdrängen und eine gigantische Klasse der «Unnützen» schaffen? Was wäre, wenn die Biotechnologie die menschliche Lebenserwartung radikal verlängerte und es uns erlaubte, sowohl unserem Körper als auch unserem Geist ein Upgrade zu gönnen. Würden diese Verbesserungen dann für alle und jeden verfügbar sein? Oder würden wir eine noch nie dagewesene biologische Ungleichheit zwischen Arm und Reich erleben? Harari meint, dass der  Unterschied zwischen technologisch aufgerüsteten «Übermenschen» und den einfachen Menschen aus Fleisch und Blut sogar größer sein könnte, als der zwischen dem Homo Sapiens und dem Neandertaler.

Harari geht von der Grundüberzeugung aus, dass Erfolg nicht Glück bedeute, sondern  das Verlangen nach mehr hervorrufe, weswegen der Mensch letztlich alles, was machbar sei, auch zu realisieren versuche, und keine Grenzen kenne. Im Kern geht es um die Erkenntnis, dass alles in unserer Welt mehr oder weniger datengesteuert sei, und dass Jene, die die Algorithmen programmierten und Datenströme beherrschten, die Macht und das Sagen hätten. Hier setzt Hararis Erklärungsmodell der Welt an, ein Erklärungsmodell  wie wir es noch nie kennengelernt haben, so Gabor Steingart. Harari spekuliert über eine neue Datenreligion und verknüpft diese mit der Menschheitsgeschichte. „Wir sollen uns trauen, auch das bisher Undenkbare zu denken. Denn wenn wir eine Chance haben wollen, den Algorithmus zu schlagen, dann müssen wir disruptiv denken. Wir müssen den Computer erst durchschauen und dann überlisten.“, so Handelsblatt-Herausgeber Cabor Seingart in seiner Laudatio.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Siehe auch  im Handelsblatt die Beiträge: von Regina Krieger:  Gegen die Gegenwartsverliebtheit von Gabor Steingart„Das System ist erstarrt“