Der Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels hat den in Mumbai (Indien) geborenen Schriftsteller Salman Rushdie zum diesjährigen Träger des Friedenspreises gewählt.
In der Begründung des Stiftungsrats, dessen Vorsitzende Börsenvereins-Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs ist, heißt es:
„Seit seinem 1981 erschienenen Meisterwerk ,Mitternachtskinder‘ beeindruckt Salman Rushdie durch seine Deutungen von Migration und globaler Politik. In seinen Romanen und Sachbüchern verbindet er erzählerische Weitsicht mit stetiger literarischer Innovation, Humor und Weisheit. Dabei beschreibt er die Wucht, mit der Gewaltregime ganze Gesellschaften zerstören, aber auch die Unzerstörbarkeit des Widerstandsgeistes Einzelner. Weil der iranische Ajatollah Chomeini 1989 eine Fatwa gegen ihn ausgesprochen hat, lebt Salman Rushdie in ständiger Gefahr. Dennoch ist er nach wie vor einer der leidenschaftlichsten Verfechter der Freiheit des Denkens und der Sprache – und zwar nicht nur seiner eigenen, sondern auch der von Menschen, deren Ansichten er nicht teilt. Unter hohen persönlichen Risiken verteidigt er damit eine wesentliche Voraussetzung des friedlichen Miteinanders. Kurz vor Veröffentlichung seines jüngsten Romans ,Victory City‘ wurde er im August 2022 Opfer eines Mordanschlags. Trotz massiver körperlicher und psychischer Folgen, mit denen er noch immer ringt, schreibt er weiter: einfallsreich und zutiefst menschlich. Wir ehren Salman Rushdie für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt bereichert.“
Salman Rushdie, der heute, am Tag der Verkündung, seinen 76. Geburtstag feiert, zu der Entscheidung: „Ich fühle mich sehr geehrt und bin dankbar für diese wichtige Auszeichnung. Ich kann der Jury nur für ihre Großzügigkeit danken. Ich weiß, wie bedeutsam dieser Preis ist, und ich bin ein wenig eingeschüchtert von der Liste der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger, zu der sich mein Name nun gesellen wird. Ich freue mich wirklich sehr.
Sir Salman Ahmed Rushdie, geboren am 19. Juni 1947 in Bombay (heute Mumbai, Indien), gehört zu den bedeutendsten Schriftsteller*innen der englischsprachigen Gegenwartsliteratur. Seine Romane, die in über 40 Sprachen übersetzt wurden, verknüpfen häufig magischen Realismus mit historischer Fiktion. Sie handeln von Verbindungen, Migration und Brüchen zwischen östlichen und westlichen Zivilisationen und sind oft auf dem indischen Subkontinent angesiedelt. Rushdie schreibt neben Romanen auch Kurzgeschichten, Reiseberichte, Essays und journalistische Beiträge.
Darstellungen des Propheten Mohammed in Rushdies viertem Roman „Die Satanischen Verse“ nahm der damalige Oberste Führer des Iran, Ruhollah Chomeini, 1989 zum Anlass, den Schriftsteller mittels einer Fatwa zum Tode zu verurteilen. Rushdie und sein berufliches Umfeld wurden seitdem zum Gegenstand zahlreicher Morddrohungen und Attentate durch Extremisten. Er selbst lebte jahrzehntelang unter Polizeischutz im Untergrund. Wirkungsvoll beteiligt er sich an Debatten über Zensur, Meinungsfreiheit und religiös motivierte Gewalt. Er setzt sich in seinem Schaffen für die friedliche Koexistenz von Kulturen ein.
Von 2004 bis 2006 war Rushdie Präsident des PEN American Center und anschließend für zehn Jahre Vorsitzender des PEN World Voices International Literary Festival. Für sein literarisches Schaffen und sein gesellschaftliches Engagement wurde Salman Rushdie mit zahlreichen internationalen Preisen bedacht. Im Jahr 2007 erhob Queen Elizabeth II. den Schriftsteller als Knight Bachelor in den Ritterstand.
Kurz nach der Vollendung seines Romans „Victory City“ wurde Salman Rushdie am 12. August 2022 bei einer Veranstaltung im Bundesstaat New York von einem Angreifer auf der Bühne niedergestochen und lebensgefährlich verletzt. Rushdie überlebte, verlor aber ein Auge, und seine Schreibhand blieb nachhaltig beeinträchtigt. Die Veröffentlichung von „Victory City“ Anfang 2023, einer matriarchalischen Utopie, die Themen wie Machtmissbrauch und Liebe behandelt und vom Aufstieg und Fall einer wundersamen Stadt berichtet, erhielt angesichts des Attentats eine zusätzliche, in die heutige Realität weisende bedrückende Dimension.
Anfang Juni 2023 kündigte Salman Rushdie an, ein Buch über das auf ihn verübte Attentat schreiben zu wollen.
Dem Stiftungsrat gehören an: Klaus Brinkbäumer, Prof. Dr. Raphael Gross, Prof. Dr. Moritz Helmstaedter, Dr. Nadja Kneissler, Prof. Dr. Ethel Matala de Mazza, Prof. Bascha Mika, Dr. Mithu Sanyal, Christiane Schulz-Rother sowie Karin Schmidt-Friderichs.
Die Verleihung des Friedenspreises findet am Sonntag, 22. Oktober 2023, in der Frankfurter Paulskirche statt und wird live um 11 Uhr im ZDF übertragen. Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert.
Der Gewinner des Deutschen Sachbuchpreises 2023 ist Ewald Frie. Er erhält die Auszeichnung für sein Werk „Ein Hof und elf Geschwister. Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland“ (Verlag C.H.Beck).
Die Begründung der Jury:
„Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben geschieht überall. Eine persönliche und überraschende Perspektive auf diesen Veränderungsprozess nimmt Ewald Frie ein: Am Beispiel seiner Familie aus dem Münsterland beschreibt er Spannungen, die sich zwischen Stadt und Land entwickelt haben und uns gegenwärtig intensiv beschäftigen. In seiner verblüffend einfachen und zugleich poetischen Sprache schafft Frie Zugang zu einer Welt im Wandel – immer empathisch, aber nie nostalgisch. Auf der Basis von Interviews mit seinen Geschwistern hat Ewald Frie ein tiefes und gleichzeitig zugängliches und unterhaltsames historisches Sachbuch verfasst. Diese Alltagsgeschichte geht von leicht zu übersehenden Details aus und entwickelt große Gedanken. Ein inspirierendes Beispiel für innovative Geschichtsschreibung.“
Der Jury für den Deutschen Sachbuchpreis 2023 gehören an: Julika Griem (Kulturwissenschaftliches Institut Essen), Stefan Koldehoff (Deutschlandfunk), Michael Lemling (Buchhandlung Lehmkuhl), Markus Rex (Alfred-Wegener-Institut), Jeanne Rubner (Technische Universität München), Adam Soboczynski (Die ZEIT) und Mirjam Zadoff (NS-Dokumentationszentrum München).
„Der Deutsche Sachbuchpreis hat sich als wichtige Plattform für Sachbücher und die Themen der Zeit etabliert. Die von der Jury nominierten Titel sind ein Panoptikum aktuell relevanter Fragen. Sie zeigen mir auf, wo meine Weltsicht und mein Wissen Unterfütterung brauchen. Hier wird unsere Selbstverpflichtung als Buchbranche deutlich: Wir möchten vielfältige und qualitativ hochwertige Inhalte anbieten und Neugier und Interesse wecken, damit sie gerne geteilt werden“, sagte Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, bei der Preisverleihung.
Für die Auszeichnung waren außerdem nominiert: Omri Boehm: Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität (Propyläen Verlag), Teresa Bücker: Alle_Zeit. Eine Frage von Macht und Freiheit (Ullstein), Judith Kohlenberger: Das Fluchtparadox. Über unseren widersprüchlichen Umgang mit Vertreibung und Vertriebenen (Verlag Kremayr & Scheriau), Meron Mendel: Über Israel reden. Eine deutsche Debatte (Verlag Kiepenheuer & Witsch), Hanno Sauer: Moral. Die Erfindung von Gut und Böse (Piper Verlag), Martin Schulze Wessel: Der Fluch des Imperiums. Die Ukraine, Polen und der Irrweg in der russischen Geschichte (Verlag C.H.Beck), Elisabeth Wellershaus: Wo die Fremde beginnt. Über Identität in der fragilen Gegenwart (Verlag C.H.Beck).
Frie erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die sieben Finalist*innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Der Preisträger wurde in mehreren Auswahlstufen ermittelt. Die sieben Jurymitglieder haben seit Ausschreibungsbeginn 231 Titel gesichtet, die ab Mai 2022 erschienen sind. Aus diesen Sachbüchern hat die Jury eine acht Titel umfassende Nominierungsliste zusammengestellt. Die Preisverleihung fand im Kleinen Saal der Elbphilharmonie in Hamburg statt. Der Stream der Veranstaltung ist online abrufbar.
Mit dem Deutschen Sachbuchpreis zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels das Sachbuch des Jahres aus. Ausgezeichnet wird ein herausragendes Sachbuch in deutschsprachiger Originalausgabe, das Impulse für die gesellschaftliche Auseinandersetzung gibt.
Hauptförderer des Preises ist die Deutsche Bank Stiftung, darüber hinaus unterstützen die Stadt Hamburg und die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius die Auszeichnung. Schirmfrau ist Kulturstaatsministerin Claudia Roth.
Zum Buch:
Die stolze bäuerliche Landwirtschaft mit Viehmärkten, Selbstversorgung und harter Knochenarbeit ist im Laufe der Sechzigerjahre in rasantem Tempo und doch ganz leise verschwunden. Ewald Frie erzählt am Beispiel seiner Familie von der großen Zäsur. Mit wenigen Strichen, anhand von vielsagenden Szenen und Beispielen zeigt er, wie die Welt der Eltern unterging, die Geschwister anderen Lebensentwürfen folgten und der allgemeine gesellschaftliche Wandel das Land erfasste.
Zuchtbullen für die monatliche Auktion, Kühe und Schweine auf der Weide, Pferde vor dem Pflug, ein Garten für die Vorratshaltung – der Hof einträglich bewirtschaftet von Eltern, Kindern und Hilfskräften. Das bäuerliche Leben der Fünfzigerjahre scheint dem Mittelalter näher als unserer Zeit. Doch dann ändert sich alles: Einst wohlhabende und angesehene Bauern gelten trotz aller Modernisierung plötzlich als ärmlich und rückständig, ihre Kinder riechen nach Stall und schämen sich. Wege aus der bäuerlichen Welt weist die katholische Kirche mit neuer Jugendarbeit. Der Sozialstaat hilft bei Ausbildung und Hofübergabe. Schon in den Siebzigerjahren ist die Welt auf dem Land eine völlig andere. Staunend blickt man zurück, so still war der Wandel: «Mein Gott, das hab ich noch erlebt, das kommt mir vor wie aus einem anderen Jahrhundert.» Ewald Frie hat seine zehn Geschwister, geboren zwischen 1944 und 1969, gefragt, wie sie diese Zeit erlebt haben. Sein glänzend geschriebenes Buch lässt mit treffsicherer Lakonie den großen Umbruch lebendig werden.
Anlässlich der dritten Woche der Meinungsfreiheit, die vom 3. – 10. Mai 2023 stattfindet, enthüllten Irina Sherbakova, Germanistin und Kulturwissenschaftlerin, Dr. Ina Hartwig, Kultur- und Wissenschaftsdezernentin der Stadt Frankfurt am Main, Steffen Decker, Regionalleiter der Ströer Deutsche Städte Medien GmbH und Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, ein mobiles 18/1 Plakat mit Irina Sherbakovas Konterfei und ihrer ganz persönlichen Botschaft zur Woche der Meinungsfreiheit. Ort der Enthüllung war der Frankfurter Paulsplatz mit der Paulskirche, der Wiege und dem Symbol der Demokratie in Deutschland, deren 175-jähriges Jubiläum dieses Jahr in Frankfurt gefeiert wird.
Irina Sherbakova ist Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial, die 2022 für ihren Kampf gegen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverstöße in Russland mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.
Sie steht mit ihrer Meinung und ihrem Plakat stellvertretend für 11 Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Medien und Literatur, die mit ihren Gesichtern und ihren starken, eigenständigen Meinungen für eine lebendige Debattenkultur eintreten. Weitere Testimonials kommen u.a. von der Autorin Tupoka Ogette, dem Autor Sebastian Fitzek, der Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa und dem Friedenspreisträger Liao Yiwu. Die Plakate sind Teil einer Kampagne, die durch die großzügige Unterstützung von Ströer während der Woche der Meinungsfreiheit bundesweit auf über 3750 digitalen Screens von Ströer zu sehen sein wird.
In ihrem Statement zur Eröffnung blickte Frankfurts Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig auf ein paar Meilensteine der Geschichte der Meinungsfreiheit zurück: „1849 entschied das Paulskirchenparlament, die Meinungsfreiheit in Deutschland zum verbrieften Grundrecht zu machen: Artikel IV der Paulskirchenverfassung schrieb sie fest. Auch, wenn die Verfassung niemals Rechtskraft erlangte, war dies ein Meilenstein der Demokratiegeschichte. Knapp 175 Jahre später gilt es, nicht wieder dahinter zurückzufallen: Unsere Demokratie ist heute mehr denn je gefordert, die Meinungsfreiheit gegen vielseitige Bedrohungen zu verteidigen. Die Woche der Meinungsfreiheit bietet eine ideale Gelegenheit, sich dies zu vergegenwärtigen.“
Und jetzt, wo wir seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und Verabschiedung des Grundgesetztes endlich eine rechtlich verbriefte Meinungsfreiheit haben, muss diese Meinungsfreiheit aktiv verteidigt werden, weil sie nicht selbstverständlich ist. Wörtlich sagte Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels:
„Dass Menschen ihre Meinung öffentlich und frei aussprechen können, ist keine Selbstverständlichkeit: Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die aktuelle Lage im Iran sowie Unterdrückung und Krieg in vielen weiteren Regionen der Welt führen uns das leider täglich vor Augen. Deswegen müssen wir uns auch weiterhin stark machen für Frieden, Demokratie und die freie Meinungsäußerung. Ich freue mich, dass wir so viele großartige Stimmen für die Kampagne gewinnen konnten, die mit ihren persönlichen Botschaften die Meinungsvielfalt in unserer Gesellschaft abbilden und für sie einstehen. Ein großer Dank geht an unserenPartner Ströer für die Unterstützung bei diesem wichtigen Thema.“
Inzwischen sind bereits rund 60 Organisationen und Unternehmen dem Bündnis für Meinungsfreiheit beigetreten!
Die „Woche der Meinungsfreiheit“ stellt vom 3. bis 10. Mai 2023 die Bedeutung der Meinungsfreiheit und lebendiger Debatten für eine freie, demokratische Gesellschaft in den öffentlichen Fokus. Vom Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai bis zum Tag der Bücherverbrennung in Deutschland am 10. Mai organsiert ein breites gesellschaftliches Bündnis unter dem Claim #MehrAlsMeineMeinung bundesweit über 60 Veranstaltungen, Aktionen und Kampagnen. Das Bündnis wurde vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels initiiert und besteht aus rund 60 Organisationen und Unternehmen: von Amnesty International über das PEN-Zentrum Deutschland und Reporter ohne Grenzen bis hin zu Eintracht Frankfurt. Viele Buchhandlungen, Verlage, Presseverkaufsstellen und Medien beteiligen sich bundesweit an der Aktionswoche. Inhaltliche Basis ist die „Charta der Meinungsfreiheit“, die Bürger*innen unterzeichnen können. Unterstützt wird das Bündnis durch die „Frankfurter Agenturallianz“, – 14 Kreative, die sich größtenteils pro bono für die Woche der Meinungsfreiheit engagieren.
Breites Bündnis aus über 60 Partnern / Mehr als 60 Veranstaltungen, Diskussionen, Aktionen: www.woche-der-meinungsfreiheit.de/programm Verlage, Buchhandlungen, Bibliotheken und Pressehandel unterstützen bundesweit
Die „Woche der Meinungsfreiheit“ hat sich als fester Bestandteil der gesellschaftspolitischen Debatte in Deutschland etabliert. Zur dritten Ausgabe vom Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai bis zum neunzigsten Gedenktag der Bücherverbrennung am 10. Mai rückt ein breites Bündnis von 60 Partnern die Bedeutung der Meinungsfreiheit und lebendiger Debatten für eine freie, demokratische Gesellschaft in den öffentlichen Fokus. Bereits jetzt stehen über 60 Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet fest. Initiator der Aktionswoche ist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Als Förderer unterstützen erstmals die Crespo Foundation und die Stiftung Polytechnische Gesellschaft die Woche der Meinungsfreiheit.
„Die russische Aggression in der Ukraine, die Unterdrückung von Menschenrechten in Iran und vielen anderen Ländern, aber auch die Polarisierung in den Debatten hierzulande machen klar: Frieden, Demokratie und Verständigung sind nicht selbstverständlich. Mit einem starken Bündnis und einem vielfältigen Programm möchten wir während der Woche der Meinungsfreiheit ein Bewusstsein für die Bedeutung demokratischer Freiheiten schaffen, Denkanstöße geben und Debatten fördern“, erklärt Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins.
Mit drei zentralen Veranstaltungen setzt der Börsenverein die Eckpunkte der Aktionswoche:
• Auftakt-Diskussion: „Die Deutschen, der Krieg und die Medien“
27. April 2023, 12.30 Uhr, Leipziger Buchmesse, Forum Offene Gesellschaft, Halle 4, Stand E101
Der Historiker Gerd Koenen und der Soziologe Harald Welzer debattieren über Sprache im Krieg, das deutsch-russische Verhältnis und das ideologische Konstrukt der „Meinungskorridore“. (Zugang mit Messe-Eintrittskarte)
• Offizieller Auftakt: Diskussionsabend „Unsere Demokratie und das freie Wort“
Mit Nancy Faeser, Igor Levit, Michel Friedman und Nargess Eskandari-Grünberg. Gemeinsame Veranstaltung mit der Stadt Frankfurt und der Frankfurter Buchmesse zum Internationalen Tag der Pressefreiheit und im Rahmen des Jubiläums „175 Jahre Deutsche Nationalversammlung Paulskirche Frankfurt“. (Begrenztes Karten-Kontingent. Anmeldung erforderlich bis 28. April an: protokoll@stadt-frankfurt.de; Anmeldung für Medien: akkreditierung@stadt-frankfurt.de).
• Lesung und Gespräch zum 90. Gedenktag der Bücherverbrennung:
„Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen“
7. April 2023, 13 Uhr, Maxim Gorki Theater, Berlin
Mit Aslı Erdoğan, Aysima Ergün, Doğa Gürer, Herta Müller, Moritz Rinke, Felicitas Hoppe, Maria Stepanova, Jan Wagner und Basha Mika. Zum Karten-Vorverkauf
60 Veranstaltungen in ganz Deutschland
Der Veranstaltungskalender der Woche der Meinungsfreiheit deckt eine große Vielfalt an Themen, Formaten und Durchführenden ab. Thematisch setzen sich die Teilnehmer:innen sowohl mit den großen Themen der Zeit wie Krieg und Frieden, Rassismus oder Menschen-rechte in Autokratien auseinander aber auch mit Fragen, die derzeit die kulturelle Debatte in Deutschland prägen, wie Genderfragen, Diversität oder Sensitivity Reading. Die Formate reichen von Diskussionen und Lesungen über Konzerte bis hin zu Ausstellungen. Organisiert werden sie von Partnern aus Verlagen, Buchhandel, Pressehandel, Bibliotheken, Gewerkschaften, Kirchen, Musikszene, Vereinen, Verbänden und Stadtverwaltungen. Als Partner aus den Medien sind u.a. der Hessische Rundfunk, die Frankfurter Allgemeine Zeitung, der Rundfunk Berlin Brandenburg, der Tagesspiegel und die Leipziger Zeitung dabei.
Für die begleitende Kampagne haben sich zahlreiche Prominente als Testimonials zur Verfügung gestellt, darunter die Autorinnen Irina Sherbakova und Tupoka Ogette, der Autor Sebastian Fitzek, die Psychologin und Autorin Stefanie Stahl, die Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa und der Friedenspreisträger Liao Yiwu.
Partner der Woche der Meinungsfreiheit
Amnesty International
Bildungsstätte Anne Frank
Das Blaues Sofa Bertelsmann
Buchkinder Leipzig e.V.
Buchhandlung „Bücher bei Dausien“, Hanau
Büchner-Verlag eG
Crespo Foundation
Deutsche Nationalbibliothek
Eintracht Frankfurt
Frankfurter Agenturallianz
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Frankfurter Buchmesse
frankfurtersalon
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Gangart Leipzig
Gesamtverband Pressegroßhandel
Global Digital Women
Hessischer Rundfunk
International Journalists Association
Jazz Montez
Leipziger Buchmesse
Leipziger Internet Zeitung
LINDLEY LINDENBERG
Literaturhaus Karlsruhe
Margit-Horváth-Stiftung
Maxim Gorki Theater
mediacampus frankfurt
MVB
Netzwerk der Literaturhäuser
Nicolaische Buchhandlung, Berlin
Penguin Random House Verlagsgruppe
PEN-Zentrum Deutschland
Stiftung Polytechnische Gesellschaft
RBL Media
Reporter ohne Grenzen
Rundfunk Berlin Brandenburg
Schweizer Buchhandels- und Verlags-Verband
S. Fischer Verlage
Stadtakademie München
Stadt Leipzig
Stadtbücherei Frankfurt am Main
Ströer
Tagesspiegel
Thalia
Ullstein Verlag
Verband Bildungsmedien e. V.
Verbrannte Orte
Verlag C.H.Beck
Volkshochschule Frankfurt am Main
VS Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller
Verlagsgruppe Droemer Knaur
Wallstein Verlag
3. Oktober – Deutschland singt
Zudem gestalten bundesweit viele weitere Buchhandlungen, Verlage, Bibliotheken und Pressehändler die Aktionswoche mit. Die „Frankfurter Agenturallianz“, bestehend aus Kommunikationsexpert:innen aus dem Rhein-Main Gebiet, die größtenteils pro bono für die Initiative arbeiten, unterstützt den Börsenverein bei der Aktionswoche.
Über die „Woche der Meinungsfreiheit“
Die „Woche der Meinungsfreiheit“ wurde 2021 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels initiiert. Ziel ist es, mit einem breiten Bündnis eine Woche lang auf die Bedeutung des freien Wortes für unsere Gesellschaft aufmerksam zu machen. Zentrale Akteure der Initiative sind Buchhandlungen und Verlage. Darüber hinaus haben sich bereits über 50 zivilgesellschaftliche Organisationen und Unternehmen der Woche der Meinungsfreiheit angeschlossen. Die Grundlage der Aktionswoche bildet die Charta der Meinungsfreiheit mit elf Leitsätzen zur Freiheit des Wortes. Sie kann unter www.woche-der-meinungsfreiheit.de/charta-der-meinungsfreiheit/ abgerufen und unterzeichnet werden.
111 deutschsprachige Verlage schickten insgesamt 172 Titel ins Rennen um den Roman des Jahres. 81 Verlage sitzen in Deutschland, 10 in der Schweiz und 20 in Österreich.
Von den eingereichten Titeln stammen 97 aus dem aktuellen Frühjahrsprogramm, 70 weitere kommen im Herbst auf den Markt. 5 Titel sind bereits im vergangenen Herbst erschienen. Jeder Verlag konnte maximal zwei Titel einreichen, die zwischen Oktober 2022 und dem 19. September 2023 (Bekanntgabe der Shortlist) erschienen sind bzw. erscheinen. Darüber hinaus konnten bis zu fünf weitere Titel empfohlen werden. Auf der Empfehlungsliste landeten dieses Jahr 105 Romane. Aus der Liste kann die Jury Titel für den Auswahlprozess anfordern.
Bei ihrer ersten gemeinsamen Jurysitzung wählten die Jurymitglieder Katharina Teutsch (freie Kritikerin) zu ihrer Jurysprecherin. Der Jury gehören außerdem an: Shila Behjat (Journalistin und Publizistin), Heinz Drügh (Goethe-Universität Frankfurt am Main), Melanie Mühl (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Lisa Schumacher (Steinmetz’sche Buchhandlung, Offenbach), Florian Valerius (Gegenlicht Buchhandlung, Trier), Matthias Weichelt (Zeitschrift Sinn und Form).
Die Jury entscheidet über den Roman des Jahres in einem mehrstufigen Auswahlverfahren. Am 22. August 2023 gibt sie die 20 nominierten Titel bekannt. Aus dieser Longlist wählen die Juror*innen sechs Titel für die Shortlist, die am 19. September 2023 veröffentlicht wird. Erst am Abend der Preisverleihung, am 16. Oktober 2023, erfahren die sechs Autor*innen, wer von ihnen den Deutschen Buchpreis gewonnen hat.
Der Deutsche Buchpreis wird von der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vergeben. Hauptförderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.
Informationen zum Deutschen Buchpreis 2022 können Interessierte unter www.deutscher-buchpreis.de abrufen.
128 deutschsprachige Verlage haben 206 Titel für den Deutschen Sachbuchpreis 2023 eingereicht. 100 Verlage haben ihren Sitz in Deutschland, je 13 in Österreich und der Schweiz, einer in Liechtenstein und einer in Großbritannien.
Jeder Verlag konnte maximal zwei Monografien einreichen, die zwischen Mai 2022 und April 2023 (Bekanntgabe der Nominierten) erschienen sind bzw. erscheinen. Darüber hinaus konnte jeder Verlag bis zu fünf weitere Titel aus dem eigenen Programm empfehlen. Diese Empfehlungsliste umfasst 156 Titel. Aus der Empfehlungsliste kann die Jury des Deutschen Sachbuchpreises weitere Titel anfordern.
Bei ihrer ersten gemeinsamen Sitzung haben die Jurymitglieder Jeanne Rubner (Technische Universität München) als ihre Sprecherin benannt. Der Jury gehören außerdem an: Julika Griem (Kulturwissenschaftliches Institut Essen), Stefan Koldehoff (Deutschlandfunk), Michael Lemling (Buchhandlung Lehmkuhl), Markus Rex (Alfred-Wegener-Institut), Adam Soboczynski (Die ZEIT) und Mirjam Zadoff (NS-Dokumentationszentrum München).
Die Jury ermittelt den Siegertitel in zwei Auswahlstufen: Im ersten Schritt stellt sie eine acht Titel umfassende Nominierungsliste zusammen, die sie am 18. April 2023 bekanntgibt. Aus dieser Auswahl kürt sie das Sachbuch des Jahres. Die Bekanntgabe erfolgt im Rahmen der Preisverleihung am 1. Juni 2023 im Kleinen Saal der Elbphilharmonie.
Die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vergibt die mit insgesamt 42.500 Euro dotierte Auszeichnung an ein herausragendes, in deutscher Sprache verfasstes Sachbuch, das Impulse für die gesellschaftliche Auseinandersetzung gibt. Der oder die Preisträger*in erhält 25.000 Euro, die sieben Nominierten erhalten je 2.500 Euro. Im letzten Jahr wurde Stephan Malinowski für sein Sachbuch „Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration“ mit dem Preis ausgezeichnet.
Hauptförderer des Preises ist die Deutsche Bank Stiftung, darüber hinaus unterstützen die Stadt Hamburg und die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius die Auszeichnung.
Die Bilanz der 74. Frankfurter Buchmesse vom 19.-23. Oktober 2022 kann sich sehen lassen. Mit 93.000 Fachbesuchern gegenüber 36.000 im Corona-Jahr 2021 und 87.000 Privatbesuchern (37.500 Privatbesuchern) war sie wieder internationaler weltweit größter Treffpunkt der Buch- und Medienbranche. Über 4.000 Aussteller aus 95 Ländern präsentierten sich in den Hallen, im Literary Agents & Scouts Centre (LitAg) und an den neuen Workstations. Rund 6.400 Medienvertreter berichteten über die Veranstaltung. Das Literary Agents & Scouts Centre (LitAg), wo der Handel mit Rechten und Lizenzen stattfindet, war das Herz der Fachmesse. Mit mehr als 450 Arbeitsplätzen und rund 300 Agenturen war die LitAg überbucht.
Und es war eine der politischsten, aber auch sichersten Buchmessen trotz brisanter Themen. Selbst das eigens zum Aufspüren von Diskriminierungen sehr engagierte Awareness-Team konnte keinerlei konkrete Fälle von Diskriminierung benennen. Unbehelligt von irgendwelchen Störungen diskutierten im Frankfurt Pavilion Politiker, Kulturschaffende, Autoren und Übersetzer engagiert über die Protestbewegung im Iran, über die Situation der Menschen in der Ukraine, über Spaltungstendenzen in der Gesellschaft und über russische Opposition. Lesungen und Autorengespräche unter anderem mit Buchpreisträger*in Kim de l’Horizon, mit Ian Kershaw, Vanessa Mai, Judith Holofernes oder Karen Duve standen im Zentrum des Geschehen.
Klima-Aktivistin Luisa Neubauer präsentierte ihr neues Buch, das sie mit ihrer Großmutter geschrieben hat. Und der diesjährige Friedenspreisträger Serhij Zhadan absolvierte einen Termin nach dem anderen.
Mit dem Motto „Translate. Transfer. Transform.“ stellte die diesjährige Buchmesse die Arbeit von Übersetzern in den Mittelpunkt. Rund 1.500 Besucher kamen zum Bühnenprogramm des Internationalen Zentrums für Übersetzung, um dort an einer der fast 30 Veranstaltungen teilzunehmen.
Publikumsmagnete waren wieder die ARD-Bühne und das blaue sofa ZDF, die ab Freitag auch allen privaten Bücherfans offenstanden. Einer der zahlreichen Diskussionshighlights war der Streit zwischen dem Medienjournalist Stefan Niggemeier und dem Philosoph Richard David Precht und dem Soziologen Harald Welzer über deren Thesen im umstrittenen Buch „Die vierte Gewalt – Medien auf dem Prüfstand“, welches seit Wochen die Spiegel-Bestsellerliste Sachbuch anführt. Welzer prangert den sich in Zeiten von Krisen ausbreitenden „Cursor-Journalismus“ an, den „Curser des gefühlten Anstands“, wodurch bei gewissen Themen rasch eine gewisse Übermoralisierung eintrete. Auch Precht hat erlebt und beobachtet, dass „wer deutlich von der Position abweicht“, sie dann nicht mehr alle habe. Es gehe dann nur noch „um Schwarz und Weiß“. Aber gerade Precht spitze doch gerne Themen auf Schwarz Weiß zu, erwiderte Niggemaier, was die Sache so ironisch mache. Er habe das Gefühl, „dass Sie die Mechanismen, die Sie beschreiben, selbst anwenden“, so der Gründer des Onlinemagazins „Übermedien“.
Originell mit schnoddriger Schnauze und bissig wie immer, zeigte sich Elke Heidenreich im Talk mit Bärbel Schäfer über ihr neues Buch „Ihr glücklichen Augen“, erschienen bei Hanser, worin die beliebte und nicht immer bequeme Autorin heitere und spannende Episoden ihrer Reisen schildert. „Man bewegt sich in Welten, Häusern, Gegenden, die anderen gehören. Man kann Gefahr, Willkür, Ablehnung begegnen. Und weil alles immerfort überall möglich ist, wird man gelassen. Ich bin auf Reisen nie aufgeregt oder ängstlich, ich bin wie in einer Art Meditation – ich nehme an, was auf mich zukommt, und das sind keine touristisch geplanten Sehenswürdigkeiten“, so Heidenreich.
Am FAZ-Stand stellte Ahmad Mansour im Gespräch mit Thomas Thiel sein Buch „Operation Allah . Wie der politische Islam unsere Demokratie unterwandern will“, erschienen bei S. Fischer, vor. Er ist einer der wenigen Kenner der Szene, der sich traut, brisante Fragen anzusprechen. Mansour warnt seit Jahren, ähnlich vergeblich wie Professorin Dr. Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI) ( „Allahs Karawane“, Beck 2021), vor dem politischen Islam, der weniger auf salafistische Strömungen, sondern eher auf die Moslembruderschaft und ihren nahestehenden Organisationen á la DIDIB zurückginge. Für den Autor des Bestsellers »Generation Allah« ist der Islam in Deutschland eine Konsequenz einer vielfältigen Gesellschaft, die weder zelebriert noch verteufelt werden sollte. „Doch wir müssen genau hinsehen: Es gibt Islamisten, die etwa politische wie wissenschaftliche Institutionen unterwandern und dabei vorgeben, sich für Integration einzusetzen. Doch sie wollen unsere Gesellschaft umformen. Es sind falsche Freunde.“ Der Islamismusexperte Ahmad Mansour, dessen »Einsatz für Integration in einer freien, demokratischen und sicheren Gesellschaft« 2022 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, zeigt die Versäumnisse der Politik auf und fordert von ihr, endlich zu handeln und entschieden für die Werte unserer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft einzutreten: mit konkreten Maßnahmen, die vom Wohnungsbau bis hin zur Schulpolitik reichen. »Operation Allah« ist ein engagiertes und mutiges Plädoyer für eine säkulare Zukunft. »Das Schlimmste für den radikalen Islam wäre“, so Mansour, „ein europäisch geprägter liberaler Islam mit demokratischen Werten. Deshalb brauchen wir genau den.«
Auf dem Stand von Deutschlandradio sprach Professorin Dr. Maja Göpel, die seit 25 Jahren als Politökonomin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft arbeitet, über die Art, wie wir momentan noch leben und wie fundamental sich unser Leben in den nächsten Jahren verändern werde. Bisherige Selbstverständlichkeiten in Umwelt, Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Technologie zerbröselten. Doch es gibt auch Wege, wie wir die neuen insgesamt komplexen Entwicklungen besser verstehen und dieses Wissen für eine bessere Welt nutzen könnten. Denn in der Geschichte habe es immer wieder Große Transformationen gegeben. Sie wurden von uns Menschen ausgelöst, so Göpel, weswegen wir sie auch gestalten werden können. Unser Fenster zur Zukunft stehe offen wie nie. Mit dieser Haltung sei Strukturwandel keine Zumutung, sondern eine Chance. Es sei Zeit, dass wir – jeder Einzelne von uns, aber auch die Gesellschaft als Ganzes – uns erlauben, neu zu denken, zu träumen und eine radikale Frage stellen: Wer wollen wir sein?
Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, sagte: „Inmitten einer bedrückenden weltpolitischen Lage sendete diese Messe wichtige Signale: Das persönliche Gespräch ist in Zeiten aufgeheizter Debatten ein Gegenmittel zu Polarisierung. Es zeigt sich, wie wichtig die Frankfurter Buchmesse als Treffpunkt der internationalen Publishing-Community ist: Hier werden an wenigen Tagen wertvolle Beziehungen gepflegt und geknüpft. Wir ziehen eine positive Bilanz und freuen uns über fünf erfolgreiche Messetage.“
Ein großes Fest der Buchbegeisterung
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, sagte: „Die Frankfurter Buchmesse war ein großes Fest der Buchbegeisterung und der Demokratie. In vollen Messegängen und bei lebendigen Debatten spürte man deutlich die Kraft von Büchern, die Freude des Wiedersehens und den Willen zur konstruktiven Auseinandersetzung mit den Themen der Zeit. Drängende Fragen der Gegenwart standen auf der Tagesordnung – von der Situation in der Ukraine und im Iran bis hin zu Themen wie Diversität und dem Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Die Frankfurter Buchmesse gab so wichtige Anstöße angesichts der aktuellen Herausforderungen in Branche, Gesellschaft und Weltpolitik. Damit konnte die Frankfurter Buchmesse ihre Bedeutung als wichtigster Handelsplatz für Bücher sowie als Ort der Vielfalt und des friedlichen Austauschs unterstreichen.“
Ehrengast Spanien mit vielfältigen literarischen Stimmen
Unter dem Motto „Sprühende Kreativität“ präsentierte sich der Ehrengast Spanien mit sprachlicher und kreativer Vielfalt. Insgesamt sind seit Projektbeginn im Jahr 2019 rund 400 neue Bücher in deutscher Sprache sowie zahlreiche Titel in anderen europäischen Sprachen erschienen. Spanien hat auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse mit zahlreichen Veranstaltungen auf der Messe und vielen weiteren über das Messegelände hinaus gezeigt, wie greifbar die Theorie der spanischen Schriftstellerin Carmen Martín Gaite ist: Geschichten sind wie Kirschen – wenn du an einer ziehst, bekommst du eine weitere dazu. Weltstars wie Rosa Montero, Arturo Pérez-Reverte und Fernando Aramburu waren in Frankfurt zu Gast. Auch der Ehrengast Spanien zieht eine positive Bilanz: „Wir haben die große spanische Literatur geehrt und neuen vielversprechenden Stimmen eine Bühne geboten. Wir hoffen, dass die in und um Frankfurt neu geknüpften und vertieften Verbindungen zu Lesenden, Verlagen und Buchfreunden aus aller Welt noch lange Bestand haben.“, so Maria José Gálvez.
Lebhafter Rechtehandel und umfassendes Fachprogramm
Die im Literary Agents & Scouts Centre (LitAg) vertretene Agenturen waren mit ihren Geschäften sehr zufrieden: „Es war großartig, auf eine pulsierende Messe zurückzukommen. Das LitAg war voll, man spürte die positive Energie und es fanden zahlreiche Vertragsabschlüsse statt“, fasste Literaturagentin Maria Cardona Serra von Aevitas Creative Management (UK/USA) zusammen.
An drei Fachbesuchertagen bot die Frankfurter Buchmesse ein umfassendes Programm. Internationale Branchengrößen wie Peter Warwick, President and CEO, Scholastic; Charlie Redmayne, CEO HarperCollins UK; Markus Dohle, CEO Penguin Random House, Jesús Badenes del Río, CEO Planeta, Jonny Geller, CEO Curtis Brown, und Núria Cabutí, CEO, Penguin Random House Grupo Editorial sowie Vertreter*innen von Plattformen wie TikTok, Spotify und Wattpad Webtoon kamen zu Wort. 1.700 Teilnehmer*innen nahmen am zweitägigen Publishing Perspectives Forum teil.
Alle Videoaufzeichnungen von Veranstaltungen auf der #fbm22 sind in der Mediathek und auf dem YouTube-Kanal der Frankfurter Buchmesse abrufbar.
Nach der feierlichen Eröffnung mit dem spanischen Königspaar König Felipe VI und Königin Letizia und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Messevorabend, hatte am 19.10.2022 der weltweit größte Marktplatz für Bücher – umrahmt von einem gewaltigen Kultur- und Leseprogramm – seine Pforten für Fachbesucher und ab Freitag auch für die Allgemeinheit geöffnet.
Schon am frühen Morgen strömten die Gäste in großer Menge auf die weltweit größte Bücherschau. Bereits hier zeichnete sich ab, dass es nach den beiden Jahren mit Zugangsbeschränkungen endlich wieder eine relativ „ normale“ Frankfurter Buchmesse werden würde, fast so wie früher: noch etwas abgespeckt, aber mit spannenden Lesungen, Diskussionen, Gesprächen, Preisverleihungen und einer überall anzutreffenden Betriebsamkeit, ob in den Hallen, auf der Agora, an den Veranstaltungsbühnen von ARD, ZDF, Kulturradio Frankfurt oder der Verlage und im Ehrengast-Pavillon der Spanier.
Der Herzstück des Ehrengast-Auftritts der Spanier, deren letzte Teilnahme als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse einunddreißig Jahre zurückliegt, ist der farbenfrohe Ehrengast-Pavillon im Forum Halle 1. Hier erwarteten Besucher spannende Begegnungen mit Spaniens renommiertesten Autorinnen /Autoren und neuen literarischen Stimmen bei Lesungen und Diskussionsveranstaltungen sowie Musik- und Theaterperformances spanischer Künstlerinnen und Künstler.
Einer der ersten Gäste im Ehrengastpavillon war Mittwochmorgen der spanische König Felipe VI. mit Gattin Königin Letizia, die sich in Begleitung von Bundeskulturministerin Claudia Roth und Buchmessen-Direktor Jürgen Boos unter die Fachbesucher gemischt hatten, um sich zunächst in Halle 4 einen Eindruck von den Messeständen der internationalen und wissenschaftlichen Verlage zu verschaffen.
Anschließend besuchte das Königspaar den Ehrengast-Pavillon ihres Landes im Forum der Halle 1. Dabei Überquerte das Königspaar die Agora vorbei an der Open-Air-Sonderausstellung spanischer, flandrischer, italienischer und deutscher Renaissance-Malerei. Dieser Bilderschau soll Appetit auf mehr machen und eine Einladung in Prado Madrid und zu vielen anderen Kulturschätzen Spaniens sein. Schon am Vorabend der Buchmessen-Eröffnung hatte der spanische König Felipe VI für die Demokratie und das europäische Projekt geworben. In seiner Ansprache hatte der spanische König den Weg, den Spanien seit der Franco-Diktatur hin zu Freiheit und Demokratie genommen habe, gewürdigt. Deutschland und Spanien vereine Freundschaft für das Engagement für das Europäische Projekt.
Während der „royale Tross“ vorbeizog, diskutierten nur eine Zeltwand weit davon entfernt im Frankfurt Pavilion Frankfurt Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg mit Shila Rebecca Behjat, frühere ARD-Korrespondentin in Teheran, und der Moderatorin Shahrzad Osterer über die „Revolution der Frauen im Iran: „Frau. Leben. Freiheit.“ Es ging um die Hintergründe des Todes der jungen Kurdin Mahsa Jhina Amini in Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen falsch getragenem Schleier von der Religionspolizei verhaftet worden war. Das hatte weltweit eine Welle des Protests und der Solidarität mit den Iranerinnen ausgelöst. Hunderttausende Demonstranten gingen und gehen unter Folter- und Todesgefahr im Iran auf die Straßen, um gegen die staatliche Unterdrückung zu protestieren. Ihre Sache wird mittlerweile von Politikern, Journalisten und Intellektuellen auf der ganzen Welt unterstützt. „Das darf uns nicht kaltlassen. (..) Deutschland und Europa dürfen diese Frauen nicht alleine lassen, sie brauchen uns“, so Nargess Eskandari-Grünberg. Deswegen wäre es wichtig, wenn auch die gesamte deutsche Frauenbewegung der Revolution der Frauen im Iran Rückendeckung gäbe, etwa auch, indem sie das Kopftuch als das, was es ist, nämlich als Unterdrückungs-Instrument der Frauen benennt.
In der sich hieran anschließenden Veranstaltung diskutierte PEN Berlin in Kooperation mit der Frankfurter Buchmesse mit Natalie Amiri, Cinur Ghaderi, Behzad Karim Khani, Omid Nouripour MdB, Deniz Yücel und der Moderation Doris Akrap über die Frage „Iran – wo lang? Der Aufstand gegen das Mullah-Regime, und was der Rest der Welt tun kann“. Messedirektor Juergen Boos hatte die Diskutanten und die Gäste und Spontan-Demonstrantinnen im Frankfurt Pavilion begrüßt.
Wie ein übergroßer Stolperstein, legte sich die ukrainische Künstlerin Maria Kulikovska zu einem stillen Protest auf auf die Agora mitten auf dem Messegelände, umhüllt mit der ukrainischen Flagge. Es war die Wiederaufführung ihrer in St. Petersburg nicht genehmigten Performance „254“, bei der sie sich wie verwundet auf die Stufen eines Museums gelegt hatte.
In Halle 3.1 hatte der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels zu einem Auftaktempfang geladen, um das Augenmerk des internationalen Lesepublikums auf seine Buchszene mit bekannten Autoren und Autorinnen wie Eva und Robert Menasse, Heinrich Steinfest usw, und neuen literarischen Stimmen sowie hochkarätigen Verlagen zu lenken. Das ungewöhnliche Motto als bewusster Gegenbegriff zum tief verwurzelten „mia san mia“ markiere dabei die Qualität in der Vielfalt, die Österreichs mehrsprachige, multikulturelle und multireligiöse literarische Landschaft mit 350 unabhängigen Verlagen auszeichne.
Auf der ARD-Bühne im Forum, Ebene 0, präsentierte und kommentierte, Denis Scheck neueste Comics, Familien- und Reiseromane bis hin zu Nobelpreisliteratur. Zu Gast war unter anderem Heinrich Steinfest mit seinem neuen im Piper-Verlag erschienen Werk „Der betrunkene Berg“, indem er über menschliche Abgründe und Aufstiege spannend ermitteln lässt.
In Halle 4 verlieh der Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer u. wissenschaftlicher Werke e.V. die Übersetzerbarke VdÜ an die im Frankfurter Schöffling-Verlag tätige Verlagslektorin und literarische Übersetzerin Dr. Sabine Baumann durch Marieke Heimburger. Dr. Baumann betreut als Chefredakteurin das Fachblatt Übersetzen und gehörte im Juni 2022 zu den Gründungsmitgliedern des PEN Berlin.
Mit scharfer Zunge ging es wieder in der Gesprächsreihe „SHEROES: Wir – für Alt und Jung!“ zur Sache. Es diskutierten die FAZ-Journalistin Livia Gerster über ihre Publikation „Die Neuen: Eine Generation will an die Macht“ (C.H.Beck) und die 18jährige Ananda Klaar über ihre Neuerscheinung „Nehmt uns endlich ernst! Ein Aufschrei gegen die Übermacht der Alten“ (Piper). Junge Menschen fühlten sich in der Politik oft nicht gehört, weswegen sie ihr Wut-Buch geschrieben habe. Der Vorschlag, die jungen Leute sollten doch vor Ort in den Parteien ihre Anliegen voranbringen, so wie es in demokratischen Prozessen üblich sei, wollte sie nicht gelten lassen, weil das zu lange dauere, da die Baby-Boomer (50 bis 70jährigen) dort dominierten. Dass zur Zeit noch nie so viele Jüngere im Bundes Wird sich das mit dem Generationswechsel im Bundestag ändern? Darüber diskutieren Klimaaktivistin Ananda Klaar und FAZ-Journalistin Livia Gerster bei
Am Stand des Zeit-Verlages treffen wir Dörte Hansen im Gespräch mit Volker Weidermann über ihren dritten Roman „Zur See“, der zurzeit Nr. 1 auf der Spiegelbestsellerlist rangiert. Hierin schildert die Autorin, zurzeit auch Stadtschreiberin der Stadt Mainz, die Geschichte einer alteingesessenen Insel-Familie. Die Familienmitglieder, allesamt eng mit der Insel verbunden, leben jedoch komplett nebeneinander her. Was manchen vielleicht als Mangel an gegenseitiger menschlicher Empathie und Nähe erscheinen mag. kann für manch anderen, eher introvertierten Typen und Eigenbrötler durchaus eine glücklichere Lebensweise sein.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein startete seinen Rundgang auf der Buchmesse am Hessischen Gemeinschaftsstand „Literatur in Hessen“. Er war es, der einst in seiner Funktion als hessischer Kunst- und Kulturminister diesen Gemeinschaftsstand „Literatur in Hessen“ zur Frankfurter Buchmesse 2018 ins Leben gerufen hatte. Boris Rhein hatte auch noch der im selben Jahr den Hessischen Verlagspreis „Literatur in Hessen“ ins Leben gerufen. Der Hessische Gemeinschaftsstand versteht sich als Plattform, um hessische Verlage, Autoren und Autorinnen zu unterstützen, ihre Programme und Werke auch auf der weltweit größten Plattform für Bücher den Messebesuchern präsentieren zu können. Dietlind Grabe-Bolz, Vorsitzende des Hessischen Literaturrats, und Geschäftsführerin Madelin Rittner sowie Andrea Wolf, Geschäftsführerin des Börsenvereins Hessen, Rheinland, Saarland, hießen den Ministerpräsidenten herzlich willkommen und fachsimpelten mit ihm über die gegenwärtig schwierige Entwicklung auf dem Buchmarkt, insbesondere über die sich dramatisch zuspitzende Situation des – ohnehin durch zwei Coronajahre – gebeutelten stationären Buchhandel.
Etwas später gesellte sich Ayse Asar, die hessische Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft und Kunst, hinzu. Gemeinsam hatte sie mit Lothar Wekel, Vorsitzender des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels-Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland e.V., und Dietlind Grabe-Bolz zum Empfang am Hessischen Gemeinschaftsstand gegen 16.00 Uhr eingeladen.
Asar kam aber extra früher um dem Gespräch und der Lesung der Autorin und Büchner-Preisträgerin 2012 Felicitas Hoppe mit Ernst Osterkamp, Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, beiwohnen konnte. Die Staatssekretärin betonte, dass es nach über zwei Jahren coronabedingten Beschränkungen mit vielen einschneidenden Konsequenzen für das Verlagswesen, für Autoren und Autorinnen und für Kulturveranstaltungen „uns im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst ein großes Anliegen“ sei, „Verlage in Hessen in ihrer Sichtbarkeit und kulturellen Bedeutung zu stärken“, „Es ist ein schönes Gefühl, am Hessischen Gemeinschaftsstand wieder Literatur live zu erleben. Denn trotz Krisenzeiten gilt weiterhin: Hessens literarisches Erbe ist immens. Wir haben eine starke Literaturförderung mit Veranstaltungsreihen, Schreibwettbewerben, Schreibworkshops, Leseförderprojekten, Literaturpreisen und Autorenstipendien. All das wollen wir den Menschen zeigen. Zudem gibt es in Hessen viele kleine Verlage, die eine große kulturelle Bandbreite und viele Themen abdecken. Vor allem ihnen wollen wir mit dem Gemeinschaftsstand die Möglichkeit geben, ihr Programm auf dem Gemeinschaftsstand zu präsentieren. Vielen wäre das aufgrund der Standmieten sonst nicht möglich.“, so die hessische Staatssekretärin.
Auf dem Blauen ZDF-Sofa in Halle 3 und am Donnerstagabend bei der Lesung im Congresscenter stellte Bestseller-Autorin Donna Leon ihre Autobiografie „Ein Leben in Geschichten“, erschienen bei Diogenes, vor. Dieses Mal ging es nicht um einen Kriminalfall oder um die in Venedig spielende deutsche Krimireihe Donna Leon mit Commissario-Brunetti (Uwe Kockisch) und Vice Questore Giuseppe (Michael Degen). Dieses Mal plauderte die Grand Dame des Krimi-Genres über ihr turbulentes Leben. Am Buchmessen-Mittwoch war sie 80 Jahre alt geworden, was man ihr wirklich nicht anmerkt. „Es war ein Leben, das keinen Ehrgeiz hatte, kein Ziel, das sich einfach so entwickelt hat“, so Donna Leon, die es als ein Glück empfand, dass er Erfolg erst so spät in ihr Leben kam, da man mit 50 immun dagegen sei, den eigenen Erfolg allzu ernst zu nehmen. Sie trägt den Humor auf ihrer Zunge, und amüsierte ihr Publikum mit kleinen spitzen Pointen und viel Selbstironie. Die Welt brauchte mehr Menschen wie sie, Menschen, die sich nicht so wichtig nehmen.
Am Nachmittag verlieh im Frankfurt Pavilion der HOFFMANN UND CAMPE Verlag der Frankfurter Buchmesse den Julius-Campe-Preis 2022 für ihre Verdienste um die Literatur. Tim Jung, verlegerischer Geschäftsführer von HOFFMANN UND CAMPE, würdigte die Messe mit den Worten: »Die Frankfurter Buchmesse überführt Geschichten, Ideen, Argumente und Meinungen in eine gesellschaftliche Erfahrung. Damit ist sie von herausragender Bedeutung für die Vermittlung und für das Verständnis der Literaturen unserer Welt.«
Claudia Roth, MdB und Staatsministerin für Kultur und Medien, erklärte in ihrer Laudatio: »Die Frankfurter Buchmesse ist längst ein Synonym für gelingende Literaturvermittlung und das weltweit bedeutendste Forum für Literatur. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren hat sie in der Pandemie Herausragendes geleistet und mit der Entwicklung neuer Formate den unverzichtbaren Austausch in der Buchbranche aufrechterhalten.« Im Anschluss an die Laudatio überreichte Tim Jung dem Direktor der Frankfurter Buchmesse, Juergen Boos, die Preisurkunde.
Der Preis ist benannt nach Julius Campe (1792-1867), der zu den größten Verlegern der deutschen Geschichte zählt. Als Entdecker von Heinrich Heine und als mutiger Förderer der Autoren des »Jungen Deutschlands« wurde er zum Inbegriff des idealistischen Verlegers, der literarische Entdeckungsfreude mit gesellschaftlichem Engagement vereint. Die Julius-Campe-Preisträger der vergangenen Jahre: 2019: Mara Delius, 2018: Christian Petzold. 2017: Staatsministerin Prof. Monika Grütters, 2016: Das Netzwerk der Literaturhäuser, 2015: Denis Scheck, 2014: Buchhandlungskooperation 5 plus, 2013: Felicitas von Lovenberg, 2012: Petra Roth, 2011: Roger Willemsen, 2010: Elke Heidenreich, 2009: Elisabeth Niggemann, 2008: Wendelin Schmidt-Dengler (posthum), 2007: Klaus Reichert, 2006: Michael Naumann, 2005: Jan Philipp Reemtsma, 2004: Joachim Kaiser,2003: Heinrich Detering, 2002: Martin Walser.
In Halle 3.1 diskutierte auf dem blauen sofa das „ZDF-Buchzeit-Team“, die Literaturexpertinnen Barbara Vinken, Sandra Kegel und Katrin Schumacher mit Gert Scobel über die neuen Bücher von Monika Fagerholm (Wer hat Bambi getötet), Johan Harstad (Auf frischer Tat), Behzad Karim Khani (Hund, Wolf, Schakal) und Andrej Kurkow (Samson und Nadjeschada).
Zwei Gänge weiter hatte der Gemeinschaftsstand des Bundeslandes Thüringen eingeladen: Im Auftrag des Thüringer Wirtschaftsministeriums wird, ähnlich wie bei „Literatur in Hessen“, thürinigschen Verlagen, Medien- und Kreativunternehmen preiswert eine prominente Plattform angeboten, auf der sie sich mit ihren Neuerscheinungen und ihrem Angebot auf dem weltweit bedeutendsten Handelsplatz für Bücher, Medien, Rechte und Lizenzen präsentieren können.
Die Jury hat diese sechs Romane für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2022 ausgewählt:
Fatma Aydemir: Dschinns (Carl Hanser, Februar 2022)
Kristine Bilkau: Nebenan (Luchterhand, März 2022)
Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter (Kiepenheuer & Witsch, August 2022)
Jan Faktor: Trottel (Kiepenheuer & Witsch, September 2022)
Kim de l’Horizon: Blutbuch (DuMont, Juli 2022)
Eckhart Nickel: Spitzweg (Piper, April 2022)
Jurysprecherin Miriam Zeh, Deutschlandfunk Kultur: „Ein Roman gibt sich eigene Gesetze und steht doch unweigerlich in Kontakt zur Gegenwart, in der er geschrieben und gelesen wird. Alle sechs Titel der Shortlist 2022 konnten uns in ihrer ästhetischen Eigenheit überzeugen. Mit sprachlicher Brillanz und formaler Innovationskraft beschreiben sie soziale Realitäten und Phantasmen, vermessen Mitte und Ränder, umkreisen Trauer und Komik. Damit bilden die nominierten Autor*innen die thematische wie stilistische Vielfalt der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ab. Gemeinsam ist ihnen: eine künstlerische Unbedingtheit. Mit ihren Büchern beziehen sie Position, zeigen sich streitbar und zugleich offen für den Dialog. So laden wir mit der Lektüre dieser Shortlist auch ein, in einen Austausch zu treten und den eigenen Blick auf die Welt neu zu justieren.“
Die sieben Jurymitglieder haben seit Ausschreibungsbeginn 233 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2021 und dem 20. September 2022 erschienen sind. Der Jury gehören neben Miriam Zeh an: Erich Klein (freier Kritiker, Wien), Frank Menden (stories! Die Buchhandlung, Hamburg), Uli Ormanns (Agnes Buchhandlung, Köln), Isabelle Vonlanthen (Literaturhaus Zürich), Selma Wels (Kuratorin und Moderatorin, Frankfurt) und Jan Wiele (Frankfurter Allgemeine Zeitung).
Mit dem Deutschen Buchpreis 2022 zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Der oder die Preisträger*in erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalist*innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Die Preisverleihung findet am 17. Oktober 2022 zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt und wird live übertragen. Interessierte können die Preisverleihung unter www.deutscher-buchpreis.de verfolgen.
Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur übertragen die Veranstaltung live über den Sonderkanal „Dokumente und Debatten“ im Digitalradio und als Livestream auf Dokumente und Debatten | deutschlandradio.de.
Hauptförderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.
Ab 4. Oktober 2022 werden Auszüge aus den Shortlist-Titeln in englischer Übersetzung und ein englischsprachiges Dossier zur Shortlist auf dem Internetportal www.new-books-in-german.com präsentiert.
Auf der Webseite und den Social-Media-Kanälen des Deutschen Buchpreises vermitteln Videoporträts einen Eindruck von den nominierten Werken und ihren Autor*innen.
Der Hashtag zum Deutschen Buchpreis lautet: #dbp22
Das Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ soll im kommenden Jahr nicht weitergeführt werden. So steht es im Entwurf für den Bundeshaushalt 2023, dessen finale Verabschiedung im November stattfindet. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und seine Interessengruppe (IG) Leseförderung kritisieren die geplante Beendigung der Förderung. Sie unterstützen die Initiative „Sprach-Kitas retten“, die den Erhalt des wichtigen Programms fordert, und ruft zur Unterzeichnung einer Petition auf.
„Kitas sind Schlüsselakteure in der Sprach- und Leseförderung. Dort wird der Grundstein für faire Bildungsvoraussetzungen für Kinder gelegt. Es wäre fatal, wenn die Bundesregierung gerade an dieser Stelle den Rotstift ansetzt. Aufgrund der großen Defizite bei der Sprach- und Lesekompetenz hierzulande, die sich durch die Pandemie weiter zugespitzt haben, braucht unser Land nicht weniger, sondern mehr Förderung und Unterstützung durch die Politik, um die Leseförderung nachhaltig zu verbessern“, sagt Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins.
„Die Sprach-Kitas vermitteln die Grundlagen für das Leseverständnis, das die Zukunftschancen von Kindern maßgeblich beeinflusst. Besonders in einer diversen Gesellschaft wie in Deutschland bildet Sprachförderung einen wichtigen Faktor für Chancengleichheit, soziale wie persönliche Entwicklung. In vielen Elternhäusern wird nicht mehr vorgelesen – damit sind die Kitas stärker gefragt, Sprach- und Lesefähigkeit zu vermitteln. Und was im Kleinkindalter an Leseförderung versäumt wird, ist später immer schwieriger auszugleichen. Deshalb ist das Programm der Bundesregierung so entscheidend und darf nicht Sparmaßnahmen zum Opfer fallen“, sagt Susanne Lux, Sprecherin der IG Leseförderung des Börsenvereins.
Petition unterzeichnen und Unterschriften sammeln
Die öffentliche Petition für den Erhalt der Sprach-Kitas wurde von Kita-Leiterin Wenke Stadach ins Leben gerufen und beim Deutschen Bundestag eingereicht. Wenn sie bis zum 20. September 2022 über 50.000 Unterschriften erhält, findet eine verpflichtende Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages statt. Es gibt zwei Möglichkeiten, die Petition zu unterstützen: als Einzelperson online unterzeichnen unter bundestag.de oder eine Liste ausdrucken und Unterschriften sammeln z.B. bei Mitarbeitenden oder Kund*innen. Die Liste ist bis zum 15. September an den Petitionsausschuss einzusenden.
Mehr Informationen, der Link zur Petition und zum Download der Unterschriftenliste finden sich auf der Website: sprachkitas-retten.de
Der Börsenverein setzt sich mit zahlreichen Initiativen für Leseförderung in verschiedenen Altersgruppen ein. In Kooperation mit dem Deutschen Bibliotheksverband (dbv) vergibt er jährlich das Gütesiegel Buch-Kita an Kindertagesstätten, die im Bereich der Leseförderung und der Lese- und Sprachentwicklung von Kindern aktiv sind.