Kann ein Staatstheater Parkhaus sein? Oder doch nur Parkhaus spielen?
Nach monatelangen Planungen und Vorbereitungen stellt sich heraus: Wir alle können aufatmen! Das Hessische Staatstheater kann so einfach kein Parkhaus werden, Brandschutz und Garagenverordnung stellen sich in den Weg. Nur jahrelange Umbauten könnten das Theater in ein voll funktionsfähiges Parkhaus verwandeln.
DOCH ES KANN PARKHAUS SPIELEN! Und dafür brauchen wir SIE!
Spielen Sie mit uns Zukunft! Einmalig und nur im Rahmen der WIESBADEN BIENNALE 2018! Wie könnte es sich in einer spekulativen Zukunftsvision anfühlen, wenn das Staatstheater umgebaut würde zum Parkhaus? Dafür brauchen wir jetzt IHR AUTO!
„Bei so einer Aktion dabei zu sein, ist natürlich etwas absolut Besonderes. Da darf mein 1957er Rolls-Royce mit der handgearbeiteten Hooper-Karosserie natürlich nicht fehlen! Normalerweise würde ich kaum jemand anderen ans Steuer meines Lieblings lassen, aber hier dürfen dann einige glückliche Autokinobesucher*innen auch einmal für zwei Stunden auf den Sitzen Platz nehmen!“, kommentiert Dirk Dohse, Vorstandsmitglied des Wiesbadener HMSC Clubs und Oldtimer-Fan.
Damit IHR AUTO mitspielen darf, sollte es mindestens volljährig sein, also Baujahr 2000 oder älter. Am liebsten wären uns geliebte und gepflegte Senioren, also OLDTIMER & YOUNGTIMER. Sie haben noch den Schönwetter-Zweit- oder Drittwagen in der Garage stehen? Vielleicht sogar ein Cabrio? Oder den in die Jahre gekommenen Jugend-Golf? Die Familienkutsche mit sentimentalem Erinnerungswert?
Dann bewerben Sie sich mit IHREM AUTO für das neobarocke Zukunfts-Parkhaus inklusive Autokino. Ihr Auto wird zum Hauptdarsteller auf Großer Bühne und sogar zum Spielort für das Wiesbaden Biennale-Autokino.
Einzige Bedingung: Wir brauchen Ihr Auto nicht nur für einen Abend, sondern mindestens drei (30.8.-1.9.), bzw. vier Tage (23.8.-26.8.), auch gern für beide Zeiträume, denn es muss für die Teilnahme besonders präpariert werden. Aber keine Angst, wir lassen nur Profis ans Werk. Ihren Wagen bekommen Sie natürlich unbeschadet wieder.
Alle teilnehmenden Autobesitzer*innen erhalten zum Dank zwei Freikarten für die heiß begehrten und eigentlich seit Monaten ausverkauften Vorstellungen des Autokinos sowie ein Wochenticket des RMV. Also, proben Sie schon mal den Umstieg auf die autofreie Zeit und werden Sie Kompliz*innen der spekulativen Zukunft!
Alle Besucher*innen, die eines der Tickets für die Vorstellungen im Autokino ergattert haben: Diese behalten ihre Gültigkeit, Sie können nun lediglich nicht mehr mit Ihrem eigenen Auto vorfahren, sondern nehmen in den Autos Platz, die uns von freundlichen Wiesbadener*innen zur Verfügung gestellt wurden.
Möchten Sie unbedingt im Autokino im eigenen Auto sitzen? Dann bewerben Sie sich mit Ihrem Wagen! Vielleicht kann er ja mitspielen!
Mit der WIESBADEN BIENNALE 2018 vom 23.8. bis 2.9.2018 eröffnet das Hessische Staatstheater Wiesbaden die Spielzeit 2018/2019. Nach der erfolgreichen Neuausrichtung des traditionsreichenFestivals im Jahr 2016 in der Intendanz von Uwe Eric Laufenberg lädt die zweite Ausgabe unter der Leitung des Kuratoren-Duos Maria Magdalena Ludewig und Martin Hammerknapp 25 internationale Künstler*innen, Kollektive und Ensembles in die Hessische Landeshauptstadt ein. An insgesamt elf Tagen präsentieren sie unter der Überschrift BAD NEWS zeitgenössische Positionen und vor Ort entwickelte Neuproduktionen aus den Bereichen Performance, Theater und Bildende Kunst.
BAD NEWS!
Als spekulative Zukunftsvision wird das Hessische Staatstheater einer Nachnutzung als Parkhaus, Shopping-Arcade und Autokino unterworfen. Die leerstehende City Passage hingegen, umstritten verwaistes Wasteland der Wiesbadener Innenstadt, eröffnet als neuer Ort der Künste. Während auf der großen Bühne des Staatstheaters täglich die Autos parken, entwerfen internationale Künstler*innen wie Roger Ballen, Florentina Holzinger oder Tetsuya Umeda neue Arbeiten für einen installativ-performativen Parcours in der City Passage. Mit dem Umzug von der historischen Kurpromenade in das Hinterland der Landeshauptstadt erprobt die WIESBADEN BIENNALE exemplarisch Praktiken konsumorientierter Profanierung und künstlerischer Wertschöpfung im Stadtraum und sucht die Konfrontation mit Ästhetiken vulgärer Drastik und populistischer Agitation. Im Keller des Nachgenutzten Theaters zeigt das Performative Pornokino die Arbeiten einer jungen Generation von Künstler*innen, die die Exponiertheit ihrer Körper, ihrer intimsten Sehnsüchte, Bedürfnisse und ihre Ängste zur ästhetischen Arbeitspraxis formen. Im Wechsel sind vier Soloarbeiten zwischen Performance und Videokunst von Katy Baird, Rosana Cade, Kim Noble und Samira Elagoz zu sehen. Auf der Schwalbacher Straße hingegen, im letzten Pornokino Wiesbadens, ist mit Erik van Lieshouts Videoarbeit »Sex is Sentimental«, das Selbstporträt eines schamlos Liebenden inmitten von ungehemmter Pornografie zu sehen. Die Wartburg, bisher Außenspielstätte des Staatstheaters – jetzt Migrantenstadl – erfindet sich für elf Tage neu als postmigrantische »Unterhaltungs-Mehrzweckhalle« mit täglich wechselndem Programm von und für radikal unterhaltsame Parallelgesellschaften aus Kanak-Stars, Textterroristen, Rap-Ladies, Boxkampf und Teesalon. An den topografischen Bruchlinien städtischen Wandels werden künstlerische Interventionen von Künstler*innen wie Santiago Sierra, Dries Verhoeven oder Vincent Glowinski die spekulative Verunsicherung im Stadtraum vorantreiben und eine erlebbare Kritik des Status quo schaffen.
Zur Eröffnung am 23.8.2018 weiht die kapverdische Choreografin Marlene Monteiro Freitas mit »Bacantes für die City Passage«, das neue pulsierende Herz der Biennale – die City Passage – mit einem kultischen Ausnahmezustand zwischen Zombietanz, dadaistischer Performance und wilder Lebenssehnsucht ein.
Mit Festivalzentrum und Club an der Schwalbacher Straße und Sonnendeck auf dem Parkhaus der City Passagelädt die Wiesbaden Biennale ihre Besucher wieder zum lustvollen Verweilen, zu durchtanzten Nächten, Konzerten unter freiem Himmel und hitzigen Debatten ein.
»Maria Magdalena Ludewig und Martin Hammer ist es wieder gelungen, die ideale Ergänzung, auch einen Widerspruch und eine Neuausrichtung unserer Arbeit am Hessischen Staatstheater und der Internationalen Maifestspiele zu formulieren. Ihre konsequenten Setzungen fordern erneut dazu heraus, den Status quo spielerisch zu hinterfragen. Die Arbeiten, die die Künstler*innen hier vor Ort entwickeln, sind eine mitreißende Einladung zur Konfrontation mit den Ängsten und der aufkommenden Wut, die an der Stabilität der westlichen Demokratien rütteln und Europa auffordern, neu Stellung zu beziehen! Ausgang: Offen!«, so Uwe Eric Laufenberg, Intendant des Hessischen Staatstheaters.
Noch wird nichts verraten, nur so viel: „Eines der Elemente der Wiesbadener Biennale 2018 wird die ‚Überraschung‘ sein“, beschrieb Museumsdirektor Dr. Alexander Klar, einer der drei Biennale-Kooperationspartner des Hessischen Staatstheaters, treffend den Planungs-Stand des alle zwei Jahre veranstalteten Wiesbadener Avantgarde-Festivals „Biennale“ auf der heutigen Eröffnung des Projektbüros an der Schwalbacher Straße.
Mit diesem ersten Schritt in die Öffentlichkeit setzte das Kuratoren-Team Maria Magdalena Ludwig und Martin Hammer unter der Intendanz von Uwe Eric Laufenberg den Startschuss für die künstlerische Intervention der Wiesbadener Biennale, die vom 23. August bis 2. September 2018 neben den Spielstätten „Großes Haus“, „Kleines Haus“, „Studio“, „Wartburg“, „Malsaal“, „Foyer Großes Haus“, „Warmer Damm“ und „Projektbüro“ als besonderes Highlight die im Stadtzentrum leerstehende , heruntergekommene, beinahe dörflich-morbid anmutende City Passage unter dem Schwerpunktthema „Hinterland“ bespielen wird. International renommierte Künstler, wie Santiago Sierra oder Roger Ballen, werden speziell für die Wiesbadener Biennale neue Projekte entwickeln, die zugleich als Pilotprojekt erstmals durch die Partner Museum Wiesbaden, Schlachthof Wiesbaden und dem Nassauischen Kunstverein mit dem Kunstsommer verflochten sein werden.
Von der Wilhelmstrasse ins „Hinterland“?
Dabei verschiebt die Wiesbadener Biennale 2008 ihr Zentrum von der Wilhelmstrasse an die Schwalbacher Straße und setzt, entsprechend damit den Fokus auf ein Quartier Wiesbadens, welches in starkem Kontrast zum neo-barocken Hessischen Staatstheater und den historischen Kuranlagen steht. Es sei in etwa vergleichbar mit dem Verhältnis kulturell und wirtschaftlich prosperierender Metropolen zu ihrem „Hinterland“. Solch Provinzgefühl hatte sich Maria Magdalena Ludwig einst bei einem unfreiwilligen, längerem S-Bahn-Stopp im Örtchen Flörsheim aufgedrängt, einem Ort der Pendler zwischen Wiesbaden und Frankfurt, vom Lärm dreier Einflugschneisen des nahen Flughafens gequält, ein zersiedeltes Gebiet, an dem man sich im Rhein-Main-Gebiet jedoch noch den „Traum“ vom Häuschen im Grünen leisten könne, ein Ort, der auf den ersten Blick wie Hinterland wirke, eher zweckmäßig, gesichtslos und austauschbar.
Themenschwerpunkt HINTERLAND Historisch verstanden, bezeichnete Hinterland den Einzugsbereich des Hafens oder die Versorgungsgebiete um die Metropolen, erläuterte Biennale-Kurator Martin Hammer. Im Kolonialzeitalter galt das bereits eroberte oder noch nicht kontrollierte Gebiet hinter der Grenzlinie als Hinterland. Hier gab es weniger Regeln, weniger Schutz und mehr Freiraum. In den USA nenne man es Fly-Over-Country, da es für die Bewohner von Metropolen keinen Grund gäbe, dort zu landen, so Hammer. Wer hier lebe, sei statistisch schlechter ausgebildet, verdiene weniger und stürbe früher, so der Kurator.
HINTERLAND als Themenschwerpunkt der Wiesbadener Biennale 2018 solle, so das Kuratoren-Team, jedoch „nicht nur geografisch eine Region abseits der Metropole bezeichnen, sondern auch eine Geisteshaltung: eine aufgestaute Wut und das Aufbegehren gegen das bleierne Gefühl, den Auswirkungen der globalisierten Wirtschaft nichts entgegensetzen zu können.“ So werden sich die von international renommierten Künstlerinnen und Künstlern im Rahmen von HINTERLAND entwickelten neuen Arbeiten auch explizit „ästhetisch mit der aufkeimenden Protestkultur, mit populistischer Rhetorik, vulgärer Bildsprache und aktionistischer Machtdemonstration auseinandersetzen“, so die Kuratoren. Deshalb lautet das Leitmotiv der Biennale: „Bad News“, vielleicht auch gedacht als Versuch einer kollektiven paradoxen Intervention? Denn eines soll und wird auch 2018 das experimentelle Wiesbadener Theater- und Kunstfestival Biennale gewiss nicht werden: depressiv!
Am 17. April 2018 wissen wir Genaueres. Dann wird das Festival-Gesamtprogramm mit Theater-Angeboten, Performances, künstlerischen Positionen zwischen Bildender Kunst und Intervention und weiteren Überraschungen vorliegen. Schon jetzt lädt das Projektbüro an der Schwalbacher Strasse/ Ecke Faulbrunnenstrasse zum Dialog mit dem Biennale-Team ein. Der Vorverkauf beginnt voraussichtlich ab dem 18.April 2018.
Thomas Bellincks »Das Museum: Domo de Eŭropa Historio en Ekzilo« im Alten Gericht noch bis 18. September
Auch nach dem Ende der Wiesbaden Biennale weht noch ein wenig Festivalstimmung durch die Stadt: »Das Museum: Domo de Eŭropa Historio en Ekzilo« des belgischen Künstlers Thomas Bellinck im Alten Gericht ist noch bis 18. September zur Besichtigung geöffnet.
Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Freitag16:00 bis 20:00 Uhr (letzter Einlass um 19:30 Uhr) Samstag & Sonntag11:00 bis 18:00 Uhr (letzter Einlass 17:30 Uhr)
Montags ist das Museum geschlossen.
Rundgänge sind zu jeder halben Stunde möglich. Durch die begrenzte Platzkapazität wird die Reservierung über die Theaterkasse empfohlen. Eine Tageskasse am Spielort gibt es lediglich bei Verfügbarkeit von Karten.
Karten sind außer an der Theaterkasse im Großen Haus telefonisch unter 0611.132 325 oder auf www.staatstheater-wiesbaden.de zu erwerben.
Wiesbaden Biennale – Internationales Avantgarde-Festival begeisterte Stadt und Publikum. Mehr als 200 internationale Künstler, 400 lokale Beteiligte und mehr als 10.000 Besucher machten die Hessische Landeshauptstadt Wiesbaden zum pulsierenden Asyl für müde Europäer.
Elf Tage lang bespielte die Wiesbaden Biennale, die am heutigen Sonntag endet, das Hessische Staatstheater, die Stadt und Region mit Theater, Performance und Kunst. Rund 130 Veranstaltungen, das offene Festivalzentrum am Warmen Damm und Installationen im Stadtraum lockten mehr als 10 000 Besucher zur ersten Ausgabe des neu konzeptionierten Festivals mit dem Titel “This is not Europe”.
Die beiden Kuratoren Martin Hammer und Maria Magdalena Ludewig zeigten sich überwältigt von der Resonanz des Publikums und der Neugierde der Wiesbadener, sich auf Künstler und Projekte als Mitwirkende und Besucher einzulassen: „Wir wurden beschenkt mit wilden und berührenden Theaterabenden und Performances, mit politischen Debatten in glühender Hitze, unerwarteten Begegnungen einer wachsenden Gemeinschaft unter freiem Himmel und mit lauen Festivalnächten unter Rainer Caspers Leuchtschild „This is not Europe“. Wir schauten in strahlende Augen von Übernachtungsgästen unseres Grandhotels, für die sich ein Kindheitstraum erfüllte. Wir erlebten, wie viele Helfer und Unterstützer in Behörden und Institutionen alle Hebel in Bewegung setzten, um die Arbeit der Künstler zu ermöglichen.“
Vom 25.8. bis 4.9.2016 waren in der Hessischen Landeshauptstadt und im Opelwerk Rüsselsheim neun Gastspiele auf allen Bühnen des Staatstheaters zu sehen, darunter eine Uraufführung, eine Europa-Premiere und zahlreiche Deutschland-Premieren, sowie im Programmschwerpunkt „Asyl des Müden Europäers“ zehn eigens für Wiesbaden neu produzierte Projekte an unterschiedlichsten Orten in der Stadt.
Auch der Intendant des Hessischen Staatstheaters Uwe Eric Laufenberg freute sich über den erfolgreichen Abschluss des Festivals: „Die Biennale hat viele neugierige Menschen ins Theater gelockt, sie hat das Theater in die Stadt getragen, neue Partnerschaften angestoßen und Wiesbaden ermutigt sich selbst neu kennenzulernen.
So stark jede Aufführung an sich auch war, das besondere ist, dass sich durch kluge dramaturgische Verknüpfung der europäischen Themen und Länder wirklich ein Bild des heutigen Europas ergab, seinen Problemen und seinen Hoffnungen. Wir haben immer an das Festival wie auch an die europäische Idee geglaubt, dass es zu einem wirklich europäischen künstlerischen Ereignis wurde, ist ein Gelingen, über das ich mich sehr freue.“
Auch der Wiesbadener Oberbürgermeister Sven Gerich beglückwünschte die Kuratoren: „Chapeau den beiden Kuratoren für die erfolgreiche Arbeit.“ Beide haben bereits ihren Vertrag verlängert und werden auch die nächste Biennale im Sommer 2018 kuratieren.
Noch bis zum 18.9. ist weiterhin das Museum „Domo de Eŭropa Historio en Ekzilo“ (Haus der Europäischen Geschichte im Exil des belgischen Künstlers Thomas Bellinck im Alten Gericht geöffnet.
Aktivistin und Publizistin Margarita Tsomou gibt 14 Rednern zum Thema Stadtentwicklung in Wiesbaden ein Forum
Während der Wiesbaden Biennale, die noch bis 4.9.2016 stattfindet, errichtet die griechische Aktivistin und Publizistin Margarita Tsomou im Park am Warmen Damm, frei nach dem altgriechischen Vorbild der Agora, einen Marktplatz des kritischen Dialogs, der die Repräsentationsmechanismen unseres politischen Alltags hinterfragt. Am Donnerstag, dem 1.9. ab 15 Uhr, geht es ganz konkret um Wiesbaden. Unter dem Titel „Imagine Wiesbaden: Zukunft der Stadt“ findet ein partizipativer Battle der Ideen statt.
Stadtentwicklung in Wiesbaden ist in den letzten Jahren immer wieder Ausgangspunkt für hitzige Debatten und Kontroversen geworden: Wer darf mitgestalten, wenn urbane und kulturelle Räume im historischen Zentrum Wiesbadens neu definiert werden? Wem gehört die Stadt? Gemeinsam mit der Initiative „Haus der Stadtkultur im Alten Gericht“ lädt die Wiesbaden Biennale ein zum Battle der Ideen. Jede/r Redner*in bekommt 5 Minuten Redezeit in der Agora und stellt sich anschließend 3 Minuten lang den Fragen des Plenums: egal ob Künstler*in, Stadtverordnete*r, Beteiligungsmanager*in, Rentner*in, Hochschul-professor*in oder Jugendliche*r, die Regeln sind für alle gleich.
Besucherinnen und Besucher sind herzlich eingeladen mitzureden. Eintritt frei.
Beginn 15 Uhr
Dirk Vielmeyer (Projektmanagement & Zukunftsaktivismus), Theo Baumstark (CDU – Ortsvorsteher Wiesbaden-Nordost), Harmut Bohrer (Fraktionsvorsitzender Die Linke/Piraten), Manuel Gerullis (Meeting of Styles, Wall-Street-Meeting), Hans-Georg Heinscher (Gemeinwohl hat Vorfahrt), Dr. Jürgen Uffmann (GiB Gehweg-Reinigung in Bürgerhand), Dr. Thilo Tilemann (Präsident Partners. Wiesbaden-Istanbul/Fatih), Waltraud Keller (Stadtführerin), Margarethe Goldmann (Stadträtin a.D., Vorstand AK Stadtkultur), Prof. Dr. Lorenz Jarass (Hochschullehrer, Hochschule Rhein-Main), Hans Reitz Gründer (Multi-Unternehmer, Social-Business), Mario Bohrmann (Lilienjournal), Gordon Bonnet (IHK-Wiesbaden,Ltg. Standort&Kommunikation), Wolfgang Schliemann (Klangkünstler, Artist, Kooperative New Jazz)
Seit Beginn der Wiesbaden Biennale „This is not Europe“ inszeniert der niederländische Künstler Dries Verhoeven den spekulativen Verlust. Während des Avantgarde-Theater-Festivals hält er täglich um 17.45 Uhr in der St. Augustine’s Church in Wiesbaden, Frankfurter Straße 3, einen Trauergottesdienst mit anschließender Beerdigung für eine uns lieb gewonnene Idee oder einen gesellschaftlichen Wert ab.
Mit großer Ernsthaftigkeit orientiert er sich dabei an christlichen Ritualen. Bisher wurden die „multikulturelle Gesellschaft“, „Mutter Natur“, das „Deutsche Schuldgefühl“ und gestern „unsere Privatsphäre“ zu Grabe getragen.
Überraschungsgast der heutigen Totenmesse war Trash-Ikone Gina Lisa Lohfink: 2005 Miss Frankfurt, 2006 Miss Darmstadt, 2008 Auftritt bei Germany’s next Topmodel, Model im Männermagazin Penthouse, TV-Rollen bei RTL und zuletzt ein medienwirksam inszenierter Prozess um ihre (angebliche) jahrelang zurückliegende Vergewaltigung, die ihr nicht nur Bild-Schlagzeilen und ein Bußgeld wegen falscher Vergewaltigungs-Verdächtigungen, sondern Beistand von Alt-Feministin und PorNo-Kämpferin Alice Schwarzer einbrachte: „Das Gerichts-Urteil sei skandalös“. Auch in diesem Fall gilt: Je uneindeutiger die Geschichte, umso weiter der Raum für Spekulationen. Dies macht Frau Lohfinks Auftritt als angeblich Trauernde über den Verlust ihrer Privatsphäre in Dries Verhoevens Begräbnisfeier zur Bestattung „unserer Privatsphäre“ besonders spannend.
Doch wo bleibt sie denn? Selbst als der Pfarrer (Schauspieler Ulrich Schmissat), seine weihrauchschwenkenden Messdiener und sechs schwarzgekleidete Träger, sargschulternd, gefolgt von zahlreichen Trauergästen feierlich in die Kirche einziehen, während der Chor von der Empore Gines Perez „De Prefundis“ anstimmt, fehlt von Frau Lohfink noch jede Spur. Niemand hat sie bisher gesehen. Ob sie denn überhaupt kommen wird? War ihre medienwirksame Ankündigung gar ein Fake, selbst Teil der Begräbnis-Performance?
Auch den gesamten der Begräbnisfeierlichkeiten blieb die „Haupttrauernde“ fern. Der Pfarrer begrüßte die Gemeinde mit den Worten: „heute gemeinsam den Verlust der Privatsphäre“ zu betrauern. RTL-Redakteurin Bettina von Schimmel oblag das Entzündung der Kerzen. Die Predigt begann und schließlich die Aufforderung des Pfarrers an die Trauergemeinde: „Brüder und Schwestern, bekennen wir jetzt unsere Sünden und überdenken wir unsere großen und kleinen Verfehlungen“. Die Trauergemeinde folgte ihm und bekannte eher brav als reuig ihre „große Schuld“, wohl selbst durch allzu sorglose multimedialer Internetnutzung mit zur Vernichtung „unserer Privatsphäre“ beigetragen zu haben:
„Ich bekenne den allwissenden Diensten, dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe. Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken, durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld. Leichtfertig ließ ich mich bespitzeln, sorglos gab ich meine Browserdaten, meine Bankverbindung und mein Kaufverhalten preis. Was privat war, opferte ich der Illusion von Sicherheit.
Der Pfarrer nahm salbungsvoll das Schuldbekenntnis seiner „aufrecht trauernden“ Gemeinde entgegen und huldigte in aller Namen den von uns ignorierten Warnern der gläsernen Gesellschaft: „Möge der Geist von George Orwell und Aldous Huxley sich unser erbarmen. Er lasse uns die Sünden nach und führe uns zum ewigen Leben.“
Schließlich werden die Nachteile des sozialen Exhibitionismus schmerzlich vor Augen geführt und folgerichtig gefragt, ob der Mensch nicht auch ein Recht auf Geheimnisse habe. Daraufhin bekennt die Trauergemeinde sehnsüchtig ihren Glauben an die – nun unwiederbringlich verloren gegangene -Privatsphäre: „(…) Ich glaube an die Rückkehr der vier Wände, die stille Kammer und das heimliche Gespräch, an die Auferstehung der Anoymität, So war helfe mir Edward Snowden, Von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.“
Das „Abendmahl“ beendet die Begräbnisfeier „unserer Privatsphäre“. Aber nein, dann greift der Pfarrer doch noch einmal zum Mikro und kündet den Haupttrauergast, Gina Lisa Lohfink, an. Ein ein freudiges Raunen geht durch die Reihen als Deutschlands Antwort auf Pamela Anderson mit knappem Kleidchen über dünnen Beinchen und einem ausladenden schwarzen Hut und einer beinahe eben-solchen Sonnenbrille durch die Kirche zum Predigt-Pult schreitet. Sämtliche Augen. Objektive und Blitzlichter sind magisch-voyeuristisch auf die 29jährige mit großer Vergangenheit gerichtet. Ein „Foto-Shooting“ im wörtlichen Sinne bricht über sie herein. Dies scheint Frau Lohfink , gewöhnlich lustvoll im Medienrummel badend, sichtlich schmerzhaft lästig zu werden, was die Presseleute, die gerade eindrucksvolles Zeugnis ihrer hier die Privatsphäre verletzenden Arbeit ablegen, vorführt und zu Protagonisten einer Realsatire werden lässt.
Gina Lisa Lohfink kramt rasch ihr Notizzettelchen heraus. Ausgerechnet sie, die einst eher exhibitionistisch lustvoll ihre öffentlichen Entblößungen genossen hat, outet sich nun als schmerzhaft vom Verlust ihrer Privatsphäre Betroffene:
„Liebe Privatsphäre früher warst Du mir eigentlich nicht so wichtig, ich liebte es, wenn Fans mich erkannten, meine Autogramme wollten, oder ein Foto mit mir machen wollten, du warst nicht immer da, aber das war okay, es hat mich zu der Frau gemacht, die ich jetzt bin, aber an die seltenen Momente, wo du da warst, werde ich mich immer erinnern. Im Urlaub, und bei mir zuhause, da konnte ich herumlaufen, ohne mir Sorgen zu machen, über Klamotten, Make-up und Kameras. Die letzten Monate, liebe Privatsphäre, habe ich dich vermisst. Ich frage mich: Wieso bist Du nicht da für mich? Wieso? Ich sehne mich nach den Tagen, an denen ich von niemanden erkannt werde, wo mir niemand vor der Haustür auflauert, Momente, in denen ich über die Strasse gehen konnte, ohne komisch angeguckt zu werden, Momente, in denen niemand Lügen über mich verbreitet, einfach weinen, ohne dabei beobachtet zu werden, das habe ich vermisst. Danke liebe Privatsphäre, dass es dich gab, bei dir durfte ich immer ganz ich selbst sein, Ruhe in Frieden Amen.“
Natürlich tut sie allen leid, und niemand kann einschätzen, ob ihr Schmerz echt oder der Rolle der Begräbnis-Performance geschuldet ist.
Orgel und Chor erklingen zum Abschluss Begräbnisfeier. Es erfolgt der Auszug aus der Kirche. „Gemeindeschwestern“ verteilen an die Trauergäste Blumen. Dann setzt sich der lange Trauerzug in Bewegung: über die Frankfurter Strasse entlang an der Wilhelmstrasse in Richtung Schillerdenkmal. Dort erfährt „unsere Privatsphäre“ eine würdige Erdbestattung. Anschließend finden sich die Trauergäste im „Café hinter dem Friedhof“ bei Kaffee und einem Käsebrötchen zum „Leichenschmaus“ ein. ,
Übrigens morgen gegen 17.45 Uhr wird in der Kirche St. Augustine, Frankfurter Strasse 3, der „Wohlfahrtsstaat“ beerdigt.
Donnerstag 1.9. 15 Uhr Imagine Wiesbaden: Zukunft der Stadt Ein partizipativer Battle der Ideen
Was ist Wiesbaden – wer ist die Stadt? Stadtentwicklung in Wiesbaden ist in den letzten Jahren immer wieder Ausgangspunkt für hitzige Debatten und Kontroversen geworden: Wer darf mitgestalten, wenn urbane und kulturelle Räume im historischen Zentrum Wiesbadens neu definiert werden? Wem gehört die Stadt? Es ist eine Diskussion um gesellschaftliche Teilhabe, Bürgerbeteiligung und urbane Zukunftsvisionen.
Gemeinsam mit der Initiative „Haus der Stadtkultur im Alten Gericht“ lädt die Wiesbaden Biennale ein zum Battle der Ideen.
Jede/r Redner/in bekommt 5 Minuten Redezeit in der Agora und stellt sich anschließend 3 Minuten lang den Fragen des Plenums: egal ob Künstler/in, Stadtverordnete/r, Aktivist/in, Beteiligungsmanager/in, Journalist/in, Rentner/in, Hochschulprofessor/in oder Jugendliche/r, die Regeln sind für alle gleich.
Und jeder darf mitreden. Ein Nachmittag produktiver Streitkultur und aktiver Partizipation.
Ort
Das Open-Air-Parlaments (Agora) liegt neben dem Biennale-Festival-Zentrum am Warmen Damm.
Worum geht es? Das Alte Gericht
Objekt des Streites zwischen „Stadtkulturhaus-Befürwortern“ und „-Gegnern“ ist das 1875 im Neo-Renaissance-Stil als Justizzentrum errichtete „Alte Gericht“, welches bis 2009 das „Amts- und Landgericht“ in Wiesbaden beherbergte und aufgrund seiner einzigartigen Baulichkeit auch zahlreichen Filmemachern als Kulisse diente, unter anderem für beinahe 300 ZDF-Folgen „Ein Fall für Zwei“ mit Theo Gärtner.
Statt Zerstörung dieses einzigartigen Zeugnisses historischer Wiesbadener Baukultur als Stadt des Historismus, fordert die Initiative Haus der Stadtkultur und 6500 Unterzeichner einer Petition ein öffentlich zugängliches Haus der Stadtkultur und Stadtgeschichte* dort zu etablieren.
*Davon, dass das Alte Gericht vom imposanten Archivkeller bis hin zur obersten Etage den idealen Rahmen einer (multi-)kulturellen Nutzung bieten würde, kann sich jede/r selbst überzeugen bei einem Besuch im dort gastierenden „Haus der Europäischen Geschichte im Exil“. Dieses temporäre Museum hatte der niederländische Künstler Thomas Bellinck im Rahmen der Wiesbaden Biennale eingerichtet. Es hat noch bis zum 18.September 2016 geöffnet. Karten (5 Euro) können am besten an der Theaterkasse oder auch vor Ort erworben werden.
Zum Vorabstudium: Kleine Auswahl von Beiträgen zum Thema:
Am Samstag, den 3. September, ab 14.00 Uhr öffnet das Hessische Staatstheater Wiesbaden seine Türen für große und kleine Theaterfans. Außerdem findet am Samstag und Sonntag das letzte Festivalwochenende der Wiesbaden Biennale statt.
In zwei Programmen auf der Bühne des Großen Hauses sind interessierte Besucherinnen und Besucher eingeladen, sich mit Ausschnitten aus aktuellen und kommenden Produktionen der Sparten Oper und Schauspiel mit den jeweiligen Ensembles, dem Chor und Orchester ein Bild des Programms der beginnenden Spielzeit zu machen.
Das Schauspielensemble tritt außerdem, moderiert von Jens Jekewitz vom Poetry Slam Mainz / Wiesbaden, zum »Sängerkrieg Spezial« in einem »Spielzeit-Slam« an. Das Ballett lädt zum offenen Training in den Ballettsaal ein. Die Dekorationswerkstätten gewähren Einblicke in ihre Arbeit. Im »Asyl des müden Europäers« der Wiesbaden Biennale an der Wilhelmstrasse zeigen Maskenbilderinnen und Maskenbildner ihr Können. Mit einer Kostümversteigerung, Improtheater, Thomas Kreimeyers »Kabarett der rote Stuhl«, künstlerischen Darbietungen im Foyer, musikalischen Beiträgen der Orchesterakademie und Infoständen in den Kolonnaden wird darüber hinaus ein reichhaltiges Programm geboten.
Für die jüngsten Besucherinnen und Besucher richtet das JUST eine Lesehöhle ein, Musikerinnen und Musiker des Hessischen Staatsorchesters spielen Kinderkonzerte und in den Kolonnaden gibt es eine Luftballonaktion, Bastelspaß mit dem Kunstkoffer und Kinderschminken. Für das leibliche Wohl sorgt die Gastronomie der Wiesbaden Biennale im Festivalzentrum auf dem Warmen Damm sowie die Operngastronomie.
Auf dem Programm der Wiesbaden Biennale steht u. a. ein »Hip Hop battle« bei freiem Eintritt und eine Versteigerung der selbstgebauten Biennale-Möbel. Die Vorstellungen des Festivals an diesem Tag im Theatergebäude sind im Großen Haus »Imitation of Life«, »Krieg und Frieden« im Kleinen Haus sowie »Footnotes« im Studio. Das komplette Programm der Wiesbaden Biennale aller Spielstätten ist unter www.wiesbaden-biennale.de einsehbar.
Ab 14.00 Uhr gewährt die Theaterkasse am Tag des Theaterfestes 50 Prozent Rabatt auf den regulären Kartenpreis auf viele attraktive und ausgewählte Vorstellungen.
Außerdem beginnt zeitgleich ab 14.00 Uhr der Vorverkauf für die Familienvorstellungen des diesjährigen Weihnachtsstücks »Der Zauberer von Oz«.
Wer sich beim Theaterfest für den Abschluss eines Abonnements entscheidet, nimmt automatisch an der Verlosung um eine von insgesamt fünf exklusiven Theatertaschen teil, die aus Werbebannerplane des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden handgefertigt wurden. Jede Tasche ist ein Unikat.
Theaterfest Samstag, 3. September 2016 Ab 14.00 Uhr in den Kolonnaden & an verschiedenen Orten des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden
Performanceprojekt auf Wiesbaden Biennale mit Gina Lisa Lohfink
Gina Lisa Lohfink konnte kurzfristig als Darstellerin für Dries Verhoevens „Beerdigung der Privatsphäre“, am Montag, 29.8., gewonnen werden
Seit dem Beginn der Wiesbaden Biennale, die noch bis 4.9.2016 statt findet, inszeniert der niederländische Künstler Dries Verhoven den spekulativen Verlust. Während des Festivals hält er täglich um 17.45 Uhr in der St. Augustine’s Church in Wiesbaden einen Trauergottesdienst mit anschließender Beerdigung für eine uns lieb gewonnene Idee oder einen gesellschaftlichen Wert ab. Mit großer Ernsthaftigkeit orientiert er sich dabei an christlichen Ritualen. Bisher wurden die multikulturelle Gesellschaft, Mutter Natur und das Deutsche Schuldgefühl zu Grabe getragen.
Für die Beerdigungszeremonie am kommenden Montag, dem 29.8., konnte der Künstler kurzfristig Model und Reality TV-Protagonistin Gina Lisa Lohfink gewinnen. Am Montag wird „die Privatsphäre“ beerdigt. Gina Lisa Lohfink wird die Trauerrede in der Kirche halten und als Familienmitglied „der Verstorbenen“ fungieren. „I am glad that Mrs Lohfink will take part in the funeral. I cannot imagine anyone better to bring across the pro’s and cons of living a transparant life“, sagt Dries Verhoven.
Zur Beerdigung der„Privatsphäre“ist die Presse herzlich eingeladen. Beginn 17.45 Uhr, St. Augustine’s Church, Frankfurter Str. 3, Wiesbaden.