Basler Fasnacht zum Immateriellen Welterbe der Menschheit erklärt

Laternen beim Morgenstreich 2017 auf dem Basler Marktplatz Foto: Jutta Ziegler
Laternen beim Morgenstreich 2017 auf dem Basler Marktplatz Foto: Jutta Ziegler

Geschafft: Was den Mainzern bislang leider noch versagt blieb, können die Basler für sich verbuchen: die offizielle Aufnahme der Basler Fasnacht in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit.

Am 7. Dezember 2017 war es so weit: Das Zwischenstaatliche Komitee der UNESCO hat in seiner Sitzung auf der südkoreanischen Insel Jeju die Aufnahme der Basler Fasnacht in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit beschlossen. Nach dem Winzerfest „Fête des Vignerons“ in Vevey im Kanton Waadt ist sie erst das zweite Schweizer Kulturerbe, welches mit dem UNESCO-Prädikat für immaterielle Werte ausgezeichnet wurde.

"Exit for Brexit – Tea for One": Laterne der Muggedätscher Alti Garde beim Morgenstreich 2017. Foto: Jutta Ziegler
„Exit for Brexit – Tea for One“: Laterne der Muggedätscher Alti Garde beim Morgenstreich 2017. Foto: Jutta Ziegler

Während der Fasnacht, die in Basel am Montag nach Rosenmontag um Punkt vier Uhr morgens, mit dem Glockenschlag der ältesten Basler Kirche St. Martin eingeläutet wird, herrscht in Basel 72 Stunden lang der Ausnahmezustand. Zum größten und einzigen protestantischen Karneval der Schweiz gehören zwei rund 14 km lange Umzüge am Montag und Mittwoch, die in Basel Cortège heißen. Der Fasnachtsdienstag ist dem nachmittäglichen Cortège für Kinder und Familien gewidmet. Pfeiffer und Trommler sind ebenso typische Elemente der Fasnacht wie die Guggenmusiken, die am Dienstagabend an verschiedenen Plätzen der Stadt ihre schräg tönenden Konzerte geben, und die Schnitzelbänkler, die mit satirisch-humorvollen Versen durch die Lokale tingeln. Die Basler Fasnacht kann etwa 20.000 aktiv teilnehmende Fasnächtler, die das Brauchtum das ganze Jahr über pflegen, verbuchen. Zu den „drey scheenschte Dääg“ (drei schönsten Tagen) empfängt die Stadt am Rhein rund 200.000 Schweizer und ausländische Besucherinnen und Besucher als Zuschauer.

Trommler im Gerbergässlein am Fasnachtsmontag. Foto: Jutta Ziegler
Trommler im Gerbergässlein am Fasnachtsmontag. Foto: Jutta Ziegler

Mit der Einstufung der Basler Fasnacht als immaterielles Kulturgut würdigte das Gremium der UNESCO die reiche Tradition und nicht zuletzt die Einzigartigkeit der Veranstaltung. Die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit beinhaltet kulturelle Ausdrucksformen wie Tanz, Theater und Musik sowie mündliche Überlieferungen, Bräuche und Handwerkskünste.

Felix Rudolf von Rohr, der ehemalige Obmann des Basler Fasnachts-Comités und erfahrener Fasnachtskenner, war als Vorsitzender des Bewerbungsausschusses eine der treibenden Kräfte, die die Kandidatur mit viel Herzblut und Engagement voranbrachten. Im Mediengespräch im Vorfeld der Fasnacht 2017 hatte er die charakteristischen Bestandteile, die es in Zukunft weiterhin zu pflegen gelte, in drei Besonderheiten zusammengefasst, die die Fasnacht in Basel von ähnlichen Veranstaltungen unterscheiden: Erstens komme den in den Cliquen und als Schnitzelbänkler Aktiven die Rolles eines Hofnarren zu, der der Gesellschaft den Spiegel vorhalte.

Trommler im Gerbergässlein am Fasnachtsmontag.  Foto: Jutta Ziegler
Trommler im Gerbergässlein am Fasnachtsmontag. Foto: Jutta Ziegler

Die jedes Jahr neu erdachten Sujets, die auf großen Laternen am Morgenstreich und in den Versen der Schnitzelbänkler präsentiert werden, seien als Persiflage auf die jeweils aktuelle welt- oder lokalpolitische Lage zu verstehen. Zweitens habe die Fasnacht eine wichtige soziale Komponente, da sich hier alle Schichten, Alt und Jung und Menschen unterschiedlicher politischer oder weltanschaulicher Orientierung gleichberechtigt begegneten. Dies trage zum Zusammenhalt der Basler bei. Und schließlich spiele die Kunst in drei Bereichen eine besondere Rolle: in der künstlerischen Gestaltung der Laternen und Kostüme, in Form der Musik der Trommler, Pfeiffer und Guggenmusiker und nicht zuletzt als Wortkunst in der für die Fasnacht unerlässlichen Basler Mundart Baseldytsch.

Steinenvorstadt: Stillleben mit Trommel und Larve ("Alti Tanti") an der Fasnacht 2014. Foto: Jutta Ziegler
Steinenvorstadt: Stillleben mit Trommel und Larve („Alti Tanti“) an der Fasnacht 2014. Foto: Jutta Ziegler

Dies hat wohl auch das UNESCO-Komitee überzeugt. Ganz untypisch für die Basler, ist Felix Rudolf von Rohr nach der Aufnahme auch ein wenig stolz. Vor allem aber überwiegt die Freude, dass der umfangreiche und langwierige Eingabeprozess Früchte getragen hat. Insbesondere sieht er diesen Erfolg als moralische Verpflichtung, das Brauchtum weiter gut zu pflegen, und hofft, dass auch die Behörden durch die Bereitstellung von mehr geeigneten Übungsräumen und Ateliers für die Cliquen ihren Beitrag dazu leisten. Und vielleicht könne der Basler Fasnacht nun sogar auch eine Vorbildfunktion für andere Fastnachten zukommen, meint der überzeugte Fasnächtler.

Basler Fastnacht 2018
Die nächste Basler Fasnacht findet vom 19. bis 21. Februar 2018 statt. Sie beginnt mit dem Morgenstreich am Montag um 4:00 Uhr und endet 72 Stunden später mit dem Endstreich am Donnerstag, ebenfalls um 4:00 Uhr. Die neue Fasnachts-Plakette wird auf der Plakettenvernissage am 28. Dezember 2017 im Volkshaus Basel präsentiert.

Wissenswertes:

Bannerherren, "Vogel Gryff" und "Leu" in der Rheingasse. Foto: Jutta Ziegler
Bannerherren, „Vogel Gryff“ und „Leu“ in der Rheingasse. Foto: Jutta Ziegler

Eine Veranstaltung in Basel mit anderem Ursprung, aber mit ähnlicher Faszination ist dem „Vogel Gryff“ gewidmet. Die Wurzeln liegen im Spätmittelalter, als einmal jährlich Waffenmusterungen durch die drei für die Bewachung der Stadtmauer verantwortlichen Ehrengesellschaften durchgeführt wurden. Bei der Vorfasnachtsveranstaltung, die als „höchster Kleinbasler Feiertag“ gilt, stehen die drei heraldischen Figuren, auch Ehrenzeichen genannt, „Vogel Gryff“, „Wild Maa“ und „Leu“ im Mittelpunkt.

"Wild Maa" auf seinem Floß bei der Talfahrt auf dem Rhein. Foto: Jutta Ziegler
„Wild Maa“ auf seinem Floß bei der Talfahrt auf dem Rhein. Foto: Jutta Ziegler

Das Ritual beginnt mit der Talfahrt des „Wild Maa“-Floßes auf dem Rhein. Anschließend ziehen die drei Gestalten, begleitet von drei Tambouren, drei Bannerherren und vier Ueli, die Geld für Bedürftige sammeln, durchs rechtsrheinische Kleinbasel und führen dabei an verschiedenen Orten ihre traditionellen Tänze auf. Das nächste Mal am 20. Januar 2018.

(Jutta Ziegler /Rhein-Main.Eurokunst)